Urteilskopf

131 I 366

36. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. Schweizerische Volkspartei des Kantons Solothurn gegen Kamber und Bühler sowie Kantonsrat Solothurn (Staatsrechtliche Beschwerde) 1P.113/2005 vom 3. Mai 2005

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Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 366

BGE 131 I 366 S. 366

Auf Ausschreibung der Stelle eines Oberrichters bzw. einer Oberrichterin hin hörte die Justizkommission des Kantonsrates des Kantons Solothurn drei Kandidaten an und unterbreitete dem
BGE 131 I 366 S. 367

Kantonsrat mit den Kandidaten Rechtsanwalt Dr. Roland Bühler (SVP) und Rechtsanwalt lic. iur. Marcel Kamber (FDP) einen Zweiervorschlag. Anlässlich der Sitzung des Kantonsrates vom 26. Januar 2005 äusserten sich die Fraktionssprecher zu den beiden Kandidaten. In geheimer Wahl wählte der Kantonsrat Marcel Kamber im ersten Wahlgang zum neuen Oberrichter. Gegen diesen Wahlbeschluss hat die Schweizerische Volkspartei des Kantons Solothurn (SVP/SO) beim Bundesgericht mit dem Antrag um Aufhebung staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Sie erachtet sich aufgrund von Art. 60 der Kantonsverfassung zur Beschwerde legitimiert und rügt wegen der Nichtberücksichtigung des SVP-Kandidaten eine Verletzung des Anspruchs auf angemessene Vertretung im Obergericht. Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen, ob die Voraussetzungen für das Eintreten auf eine staatsrechtliche Beschwerde gegeben sind (vgl. BGE 129 I 173 E. 1 S. 174). Im vorliegenden Fall ist unter diesem Gesichtswinkel insbesondere zu prüfen, ob sich die Beschwerdeführerin auf ein verfassungsmässiges Recht gemäss Art. 84 Abs. 1 lit. a
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 189 Zuständigkeiten des Bundesgerichts - 1 Das Bundesgericht beurteilt Streitigkeiten wegen Verletzung:
1    Das Bundesgericht beurteilt Streitigkeiten wegen Verletzung:
a  von Bundesrecht;
b  von Völkerrecht;
c  von interkantonalem Recht;
d  von kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
e  der Gemeindeautonomie und anderer Garantien der Kantone zu Gunsten von öffentlich-rechtlichen Körperschaften;
f  von eidgenössischen und kantonalen Bestimmungen über die politischen Rechte.
1bis    ...135
2    Es beurteilt Streitigkeiten zwischen Bund und Kantonen oder zwischen Kantonen.
3    Das Gesetz kann weitere Zuständigkeiten des Bundesgerichts begründen.
4    Akte der Bundesversammlung und des Bundesrates können beim Bundesgericht nicht angefochten werden. Ausnahmen bestimmt das Gesetz.
OG berufen kann und daher im Sinne von Art. 88
SR 131.221 Verfassung des Kantons Solothurn, vom 8. Juni 1986
KV/SO Art. 60 Ämterbesetzung - Öffentliche Ämter sind durch die am besten geeigneten Personen zu besetzen. Nach Möglichkeit sind die verschiedenen Bevölkerungskreise, namentlich die Regionen und die politischen Richtungen, angemessen zu berücksichtigen.
OG zur Beschwerde legitimiert ist.
2.1 Die Beschwerdeführerin ficht den Wahlbeschluss des Kantonsrates mit staatsrechtlicher Beschwerde gemäss Art. 84 Abs. 1 lit. a
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 189 Zuständigkeiten des Bundesgerichts - 1 Das Bundesgericht beurteilt Streitigkeiten wegen Verletzung:
1    Das Bundesgericht beurteilt Streitigkeiten wegen Verletzung:
a  von Bundesrecht;
b  von Völkerrecht;
c  von interkantonalem Recht;
d  von kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
e  der Gemeindeautonomie und anderer Garantien der Kantone zu Gunsten von öffentlich-rechtlichen Körperschaften;
f  von eidgenössischen und kantonalen Bestimmungen über die politischen Rechte.
1bis    ...135
2    Es beurteilt Streitigkeiten zwischen Bund und Kantonen oder zwischen Kantonen.
3    Das Gesetz kann weitere Zuständigkeiten des Bundesgerichts begründen.
4    Akte der Bundesversammlung und des Bundesrates können beim Bundesgericht nicht angefochten werden. Ausnahmen bestimmt das Gesetz.
OG an. Damit sieht sie zu Recht von einer Stimmrechtsbeschwerde nach Art. 85 lit. a
SR 131.221 Verfassung des Kantons Solothurn, vom 8. Juni 1986
KV/SO Art. 60 Ämterbesetzung - Öffentliche Ämter sind durch die am besten geeigneten Personen zu besetzen. Nach Möglichkeit sind die verschiedenen Bevölkerungskreise, namentlich die Regionen und die politischen Richtungen, angemessen zu berücksichtigen.
OG ab, welche lediglich bei Volkswahlen in Betracht fällt und im Fall von so genannten indirekten Wahlen durch ein Parlament nicht in Frage kommt (vgl. hierzu ZBl 92/1991 S. 260 E. 1; BGE 112 Ia 174 E. 2 S. 176, mit zahlreichen Hinweisen).
2.2 Nach Art. 189 Abs. 1 lit. a
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 189 Zuständigkeiten des Bundesgerichts - 1 Das Bundesgericht beurteilt Streitigkeiten wegen Verletzung:
1    Das Bundesgericht beurteilt Streitigkeiten wegen Verletzung:
a  von Bundesrecht;
b  von Völkerrecht;
c  von interkantonalem Recht;
d  von kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
e  der Gemeindeautonomie und anderer Garantien der Kantone zu Gunsten von öffentlich-rechtlichen Körperschaften;
f  von eidgenössischen und kantonalen Bestimmungen über die politischen Rechte.
1bis    ...135
2    Es beurteilt Streitigkeiten zwischen Bund und Kantonen oder zwischen Kantonen.
3    Das Gesetz kann weitere Zuständigkeiten des Bundesgerichts begründen.
4    Akte der Bundesversammlung und des Bundesrates können beim Bundesgericht nicht angefochten werden. Ausnahmen bestimmt das Gesetz.
BV beurteilt das Bundesgericht Beschwerden wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte. Im gleichen Sinne lässt Art. 84 Abs. 1 lit. a
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 189 Zuständigkeiten des Bundesgerichts - 1 Das Bundesgericht beurteilt Streitigkeiten wegen Verletzung:
1    Das Bundesgericht beurteilt Streitigkeiten wegen Verletzung:
a  von Bundesrecht;
b  von Völkerrecht;
c  von interkantonalem Recht;
d  von kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
e  der Gemeindeautonomie und anderer Garantien der Kantone zu Gunsten von öffentlich-rechtlichen Körperschaften;
f  von eidgenössischen und kantonalen Bestimmungen über die politischen Rechte.
1bis    ...135
2    Es beurteilt Streitigkeiten zwischen Bund und Kantonen oder zwischen Kantonen.
3    Das Gesetz kann weitere Zuständigkeiten des Bundesgerichts begründen.
4    Akte der Bundesversammlung und des Bundesrates können beim Bundesgericht nicht angefochten werden. Ausnahmen bestimmt das Gesetz.
OG gegen Erlasse oder Verfügungen (Entscheide) die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte zu. Weder Bundesverfassung noch Organisationsgesetz umschreiben im Einzelnen, was unter verfassungsmässigen Rechten zu verstehen ist.

BGE 131 I 366 S. 368

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts, dem die Konkretisierung dieses Begriffes obliegt (vgl. Botschaft zur neuen Bundesverfassung, BBl 1997 I 1, S. 425), gelten als verfassungsmässige Rechte Verfassungsbestimmungen, die dem Bürger einen Schutzbereich gegen staatliche Eingriffe sichern wollen oder welche, obwohl vorwiegend im öffentlichen Interesse erlassen, daneben auch noch individuelle Interessen schützen (ZBl 92/1991 S. 260 E. 2, mit Hinweisen; vgl. auch BGE 121 I 267 E. 3a S. 269). Bei der Bestimmung des Vorliegens von verfassungsmässigen Rechten stellt das Bundesgericht insbesondere auf das Rechtsschutzbedürfnis und die Justiziabilität ab (vgl. ZBl 92/1991 S. 260 E. 2). Nach der Doktrin gelten als verfassungsmässige Rechte justiziable Rechtsansprüche, die nicht ausschliesslich öffentliche Interessen, sondern auch Interessen und Schutzbedürfnisse des Einzelnen betreffen und deren Gewicht so gross ist, dass sie nach dem Willen des demokratischen Verfassungsgebers verfassungsrechtlichen Schutzes bedürfen (WALTER KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Aufl. 1994, S. 67; in gleichem Sinne Botschaft zur neuen Bundesverfassung, a.a.O., S. 425; ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 6. Aufl. 2005, Rz. 1966; CHRISTINA KISS/HEINRICH KOLLER, St. Galler BV-Kommentar, Zürich 2002, Rz. 7 ff. zu Art. 189
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 189 Zuständigkeiten des Bundesgerichts - 1 Das Bundesgericht beurteilt Streitigkeiten wegen Verletzung:
1    Das Bundesgericht beurteilt Streitigkeiten wegen Verletzung:
a  von Bundesrecht;
b  von Völkerrecht;
c  von interkantonalem Recht;
d  von kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
e  der Gemeindeautonomie und anderer Garantien der Kantone zu Gunsten von öffentlich-rechtlichen Körperschaften;
f  von eidgenössischen und kantonalen Bestimmungen über die politischen Rechte.
1bis    ...135
2    Es beurteilt Streitigkeiten zwischen Bund und Kantonen oder zwischen Kantonen.
3    Das Gesetz kann weitere Zuständigkeiten des Bundesgerichts begründen.
4    Akte der Bundesversammlung und des Bundesrates können beim Bundesgericht nicht angefochten werden. Ausnahmen bestimmt das Gesetz.
BV). Zu den verfassungsmässigen Rechten in diesem Sinne gehören solche gemäss Bundesverfassungsrecht, Europäischer Menschenrechtskonvention und andern Menschenrechtspakten wie auch die durch die Kantonsverfassungen gewährleisteten Rechte (vgl. BGE 123 I 25 E. 1 S. 27; BGE 121 I 267 E. 3 S. 269; KISS/KOLLER, a.a.O., Rz. 8 f.; HÄFELIN/HALLER, a.a.O., Rz. 1967 ff.).
2.3 Im Einzelnen ist nunmehr zu prüfen, ob die von der Beschwerdeführerin angerufene Bestimmung von Art. 60
SR 131.221 Verfassung des Kantons Solothurn, vom 8. Juni 1986
KV/SO Art. 60 Ämterbesetzung - Öffentliche Ämter sind durch die am besten geeigneten Personen zu besetzen. Nach Möglichkeit sind die verschiedenen Bevölkerungskreise, namentlich die Regionen und die politischen Richtungen, angemessen zu berücksichtigen.
der Kantonsverfassung des Kantons Solothurn vom 8. Juni 1986 (KV/SO) ein verfassungsmässiges Recht im genannten Sinne einräumt. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut: Art. 60 - Ämterbesetzung
Öffentliche Ämter sind durch die am besten geeigneten Personen zu besetzen. Nach Möglichkeit sind die verschiedenen Bevölkerungskreise, namentlich die Regionen und die politischen Richtungen, angemessen zu berücksichtigen. Der Gehalt dieser Verfassungsbestimmung ist nach den üblichen Auslegungsregeln zu bestimmen (vgl. BGE 112 Ia 208 E. 2a S. 212) und zudem mit § 96 der Staatsverfassung des Kantons Luzern
BGE 131 I 366 S. 369

(StV/LU) und der dazu ergangenen Rechtsprechung (ZBl 92/1991 S. 260, ZBl 95/1994 S. 366; Urteil 1P.427/1999 vom 9. Februar 2000), auf welche sich die Beschwerdeführerin beruft, in Beziehung zu setzen.
2.4 Die Bestimmung von Art. 60
SR 131.221 Verfassung des Kantons Solothurn, vom 8. Juni 1986
KV/SO Art. 60 Ämterbesetzung - Öffentliche Ämter sind durch die am besten geeigneten Personen zu besetzen. Nach Möglichkeit sind die verschiedenen Bevölkerungskreise, namentlich die Regionen und die politischen Richtungen, angemessen zu berücksichtigen.
KV/SO ist vorerst organisatorischer Natur. Sie ist im allgemeinen Abschnitt über die kantonalen Behörden enthalten und gilt unabhängig von der Art der Bestellung (direkte Volkswahl im Majorz- oder Proporzverfahren sowie Besetzung durch eine Behörde oder einen Wahlkörper) für sämtliche öffentlichen Ämter. Sie hält einleitend fest, dass öffentliche Ämter durch die am besten geeigneten Personen zu besetzen sind. Darüber hinaus bestimmt sie, dass nach Möglichkeit die verschiedenen Bevölkerungskreise angemessen zu berücksichtigen sind und nennt hierfür namentlich die Regionen und politischen Richtungen. Damit verfolgt Art. 60
SR 131.221 Verfassung des Kantons Solothurn, vom 8. Juni 1986
KV/SO Art. 60 Ämterbesetzung - Öffentliche Ämter sind durch die am besten geeigneten Personen zu besetzen. Nach Möglichkeit sind die verschiedenen Bevölkerungskreise, namentlich die Regionen und die politischen Richtungen, angemessen zu berücksichtigen.
KV/SO das Ziel, über die Geeignetheit der Amtspersonen hinaus hinsichtlich der regionalen und politischen Vertretung nach Möglichkeit einen gewissen Ausgleich zwischen den verschiedenen Bevölkerungskreisen zu schaffen. Sie mag insoweit dazu dienen, gewisse Auswirkungen von Wahlverfahren zu mildern, mögliche Einseitigkeiten von Majorzwahlverfahren auszugleichen und weite Bevölkerungskreise an der Amtsausübung teilnehmen zu lassen (vgl. ZBl 92/1991 S. 260 E. 4a mit Hinweisen auf BGE 52 I 14 S. 16 f. und ZACCARIA GIACOMETTI, Staatsrecht der Kantone, Zürich 1941, S. 366 ff.). In dieser allgemeinen Form weist Art. 60
SR 131.221 Verfassung des Kantons Solothurn, vom 8. Juni 1986
KV/SO Art. 60 Ämterbesetzung - Öffentliche Ämter sind durch die am besten geeigneten Personen zu besetzen. Nach Möglichkeit sind die verschiedenen Bevölkerungskreise, namentlich die Regionen und die politischen Richtungen, angemessen zu berücksichtigen.
KV/SO vor allem programmatischen Charakter auf. Der programmatische Charakter von Art. 60
SR 131.221 Verfassung des Kantons Solothurn, vom 8. Juni 1986
KV/SO Art. 60 Ämterbesetzung - Öffentliche Ämter sind durch die am besten geeigneten Personen zu besetzen. Nach Möglichkeit sind die verschiedenen Bevölkerungskreise, namentlich die Regionen und die politischen Richtungen, angemessen zu berücksichtigen.
KV/SO wird durch die Wendung "nach Möglichkeit" weiter unterstrichen. Dieser Umstand schliesst für sich allein genommen die Justiziabilität nicht aus und spricht insoweit nicht gegen die Annahme eines verfassungsmässigen Rechts. Ein solches kann auch anerkannt werden, wenn formale und eindeutige Kriterien der Anwendung fehlen und dem Entscheidträger ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt wird. In diesem Sinne hat das Bundesgericht der Bestimmung von § 96 StV/LU, welche bei der Behördenbestellung eine angemessene Rücksicht auf die Vertretung der politischen Parteien fordert, den Charakter eines verfassungsmässigen Rechtes nicht abgesprochen (vgl. ZBl 92/1991 S. 260; ZBl 95/1994 S. 366; Urteil 1P.427/1999 vom 9. Februar 2000; vgl. auch den in ZBl 95/1994 S. 366 E. 1b/bb erwähnten Entscheid vom 15. Juni 1992 i.S. Groupe Vivre demain).
BGE 131 I 366 S. 370

Die fragliche Bestimmung der Solothurner Kantonsverfassung nimmt nach ihrem Wortlaut in erster Linie auf Bevölkerungskreise Bezug. Der Begriff der Bevölkerungskreise ist offen, könnte unterschiedlichste (organisierte oder nicht organisierte) Gruppierungen oder Bewegungen umfassen und sich derart auch auf Frauen und Männer, Konfessionen und vieles mehr beziehen. Der in der Verfassung verwendete Begriff erhält auch durch die namentlich erwähnten Regionen und politischen Richtungen keine präzisere Konturen. Zum einen sind die Regionen nicht zwingend mit Amtsbezirken gleichzusetzen, zum andern können mit den politischen Richtungen nicht nur politische Parteien, sondern auch andere Bewegungen unterschiedlichster Weltanschauungen gemeint sein. Insoweit fehlt der Bestimmung von Art. 60
SR 131.221 Verfassung des Kantons Solothurn, vom 8. Juni 1986
KV/SO Art. 60 Ämterbesetzung - Öffentliche Ämter sind durch die am besten geeigneten Personen zu besetzen. Nach Möglichkeit sind die verschiedenen Bevölkerungskreise, namentlich die Regionen und die politischen Richtungen, angemessen zu berücksichtigen.
KV/SO die hinreichende inhaltliche Bestimmtheit und Bestimmbarkeit und geht ihr die Justiziabilität ab. Es ist denn auch nicht denkbar, dass einer Region als solcher oder nicht näher umschriebenen politischen Richtungen bestimmte Vertretungsrechte zugestanden würden sowie von wem und in welcher Weise solche geltend gemacht werden könnten. An dieser Beurteilung der mangelnden Justiziabilität von Art. 60
SR 131.221 Verfassung des Kantons Solothurn, vom 8. Juni 1986
KV/SO Art. 60 Ämterbesetzung - Öffentliche Ämter sind durch die am besten geeigneten Personen zu besetzen. Nach Möglichkeit sind die verschiedenen Bevölkerungskreise, namentlich die Regionen und die politischen Richtungen, angemessen zu berücksichtigen.
KV/SO vermag auch die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu § 96 StV/LU nichts zu ändern. Anders als die Solothurner Verfassung bezieht sich § 96 StV/LU auf bestimmt umschriebene Behörden und erwähnt ausdrücklich die politischen Parteien ; hinsichtlich der Erwähnung der politischen Parteien ist die luzernische Verfassungsbestimmung auch anlässlich von Revisionen nicht geändert worden (vgl. ZBl 95/1994 S. 366 E. 1b/bb). Demgegenüber sind bei der Ämterbesetzung nach Art. 60
SR 131.221 Verfassung des Kantons Solothurn, vom 8. Juni 1986
KV/SO Art. 60 Ämterbesetzung - Öffentliche Ämter sind durch die am besten geeigneten Personen zu besetzen. Nach Möglichkeit sind die verschiedenen Bevölkerungskreise, namentlich die Regionen und die politischen Richtungen, angemessen zu berücksichtigen.
KV/SO lediglich die politischen Richtungen zu berücksichtigen. Dieser Ausdruck ist vergleichsweise wesentlich unbestimmter als derjenige der politischen Parteien gemäss § 96 StV/LU sowie derjenige der verschiedenen Parteirichtungen gemäss Art. 11 der alten Kantonsverfassung vom 23. Oktober 1887 (aKV/SO). Nach dieser Bestimmung sollten bei der Wahl sämtlicher staatlicher Behörden die verschiedenen Parteirichtungen möglichst berücksichtigt werden. Im Vergleich dazu ist mit dem neuen Art. 60
SR 131.221 Verfassung des Kantons Solothurn, vom 8. Juni 1986
KV/SO Art. 60 Ämterbesetzung - Öffentliche Ämter sind durch die am besten geeigneten Personen zu besetzen. Nach Möglichkeit sind die verschiedenen Bevölkerungskreise, namentlich die Regionen und die politischen Richtungen, angemessen zu berücksichtigen.
KV/SO in vermehrtem Masse eine offene Formulierung gewählt worden. Sie spricht nicht nur die politischen Richtungen, sondern darüber hinaus neu auch die verschiedenen Bevölkerungskreise und die Regionen an. Damit kommt ihr ausschliesslich ein programmatischer Gehalt zu. Sowohl der
BGE 131 I 366 S. 371

Vergleich mit der Luzerner Staatsverfassung als auch derjenige mit der alten Solothurner Verfassung sprechen demnach gegen die Annahme eines verfassungsmässigen Rechtes. An dieser Beurteilung vermag auch der Entscheid des Regierungsrates vom 27. Januar 1998 (publ. in: Grundsätzliche Entscheide des Regierungsrates des Kantons Solothurn, 1998 Nr. 5) nichts Wesentliches zu ändern. Der Regierungsrat wandte in diesem Entscheid Art. 60
SR 131.221 Verfassung des Kantons Solothurn, vom 8. Juni 1986
KV/SO Art. 60 Ämterbesetzung - Öffentliche Ämter sind durch die am besten geeigneten Personen zu besetzen. Nach Möglichkeit sind die verschiedenen Bevölkerungskreise, namentlich die Regionen und die politischen Richtungen, angemessen zu berücksichtigen.
KV/SO zwar auf die Wahl einer kommunalen Umweltkommission an und hob sie auf, weil der stärksten Fraktion kein Kommissionsmandat zugesprochen worden war. Er hielt fest, dass die Verfassungsbestimmung zwingend die Berücksichtigung einer starken Minderheit erfordere, und er bezog sich ohne weitere Ausführungen auf seine frühere Praxis zu Art. 11 aKV/SO. Dabei setzte er sich mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht auseinander, welche ohne abschliessende Beurteilung Zweifel an einem eigentlichen Rechtsanspruch zum Ausdruck brachte (BGE 112 Ia 174 E. 3d S. 179). Insbesondere ging er aber nicht auf die neue Formulierung in Art. 60
SR 131.221 Verfassung des Kantons Solothurn, vom 8. Juni 1986
KV/SO Art. 60 Ämterbesetzung - Öffentliche Ämter sind durch die am besten geeigneten Personen zu besetzen. Nach Möglichkeit sind die verschiedenen Bevölkerungskreise, namentlich die Regionen und die politischen Richtungen, angemessen zu berücksichtigen.
KV/SO ein, welche, wie aufgezeigt, gegenüber der alten Verfassungsbestimmung wesentlich offener gehalten ist, und legte nicht dar, dass auch nach neuem Verfassungstext ein eigentlicher Rechtsanspruch bestehe. Damit kann dem Regierungsratsentscheid vom 27. Januar 1998 im Hinblick auf die Beurteilung durch das Bundesgericht und die Anforderungen von Art. 88
SR 131.221 Verfassung des Kantons Solothurn, vom 8. Juni 1986
KV/SO Art. 60 Ämterbesetzung - Öffentliche Ämter sind durch die am besten geeigneten Personen zu besetzen. Nach Möglichkeit sind die verschiedenen Bevölkerungskreise, namentlich die Regionen und die politischen Richtungen, angemessen zu berücksichtigen.
OG keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden.
2.5 Vor diesem Hintergrund kommt der Bestimmung von Art. 60
SR 131.221 Verfassung des Kantons Solothurn, vom 8. Juni 1986
KV/SO Art. 60 Ämterbesetzung - Öffentliche Ämter sind durch die am besten geeigneten Personen zu besetzen. Nach Möglichkeit sind die verschiedenen Bevölkerungskreise, namentlich die Regionen und die politischen Richtungen, angemessen zu berücksichtigen.
KV/SO die Bedeutung einer Programmvorschrift zu und kann ihr in Anbetracht ihrer Unbestimmtheit und ihres Mangels an Justiziabilität nicht der Charakter eines verfassungsmässigen Rechtes zugesprochen werden. Kann sich die Beschwerdeführerin demnach auf kein verfassungsmässiges Recht im Sinne von Art. 84 Abs. 1 lit. a
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 189 Zuständigkeiten des Bundesgerichts - 1 Das Bundesgericht beurteilt Streitigkeiten wegen Verletzung:
1    Das Bundesgericht beurteilt Streitigkeiten wegen Verletzung:
a  von Bundesrecht;
b  von Völkerrecht;
c  von interkantonalem Recht;
d  von kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
e  der Gemeindeautonomie und anderer Garantien der Kantone zu Gunsten von öffentlich-rechtlichen Körperschaften;
f  von eidgenössischen und kantonalen Bestimmungen über die politischen Rechte.
1bis    ...135
2    Es beurteilt Streitigkeiten zwischen Bund und Kantonen oder zwischen Kantonen.
3    Das Gesetz kann weitere Zuständigkeiten des Bundesgerichts begründen.
4    Akte der Bundesversammlung und des Bundesrates können beim Bundesgericht nicht angefochten werden. Ausnahmen bestimmt das Gesetz.
OG berufen, fehlt ihr insoweit nach Art. 88
SR 131.221 Verfassung des Kantons Solothurn, vom 8. Juni 1986
KV/SO Art. 60 Ämterbesetzung - Öffentliche Ämter sind durch die am besten geeigneten Personen zu besetzen. Nach Möglichkeit sind die verschiedenen Bevölkerungskreise, namentlich die Regionen und die politischen Richtungen, angemessen zu berücksichtigen.
OG die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde.
2.6 Soweit sich die Beschwerdeführerin darüber hinaus sinngemäss auf das Willkürverbot nach Art. 9
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden.
BV beruft, ist festzuhalten, dass das allgemeine Willkürverbot für sich allein keine geschützte Rechtsstellung nach Art. 88
SR 131.221 Verfassung des Kantons Solothurn, vom 8. Juni 1986
KV/SO Art. 60 Ämterbesetzung - Öffentliche Ämter sind durch die am besten geeigneten Personen zu besetzen. Nach Möglichkeit sind die verschiedenen Bevölkerungskreise, namentlich die Regionen und die politischen Richtungen, angemessen zu berücksichtigen.
OG verschafft (vgl. BGE 126 I 81; BGE 121 I 267; 112 Ia E. 2d S. 178). Auch unter diesem Gesichtswinkel kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 131 I 366
Date : 03. Mai 2005
Published : 31. Dezember 2005
Source : Bundesgericht
Status : 131 I 366
Subject area : BGE - Verfassungsrecht
Subject : Berücksichtigung der politischen Richtungen bei der Besetzung öffentlicher Ämter, Begriff der verfassungsmässigen Rechte;


Legislation register
BV: 9  189
KV SO: 60
OG: 84  85  88  189
BGE-register
112-IA-174 • 112-IA-208 • 121-I-267 • 123-I-25 • 126-I-81 • 129-I-173 • 131-I-366 • 52-I-14
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1P.113/2005 • 1P.427/1999
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BBl
1997/I/1