Urteilskopf

129 III 31

6. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. A. gegen B. (Berufung) 4C.219/2002 vom 4. September 2002

Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 31

BGE 129 III 31 S. 31

B. (Klägerin) arbeitete als Verkäuferin in einem Sportgeschäft in X., das zu der Einzelfirma Ski-Shop A. gehört, die ihren Sitz gemäss Handelsregisterauszug in Y. hat. Die Klägerin reichte bei dem für Y. zuständigen Bezirksgericht Klage gegen A. (Beklagten) ein, und berief sich für die örtliche Zuständigkeit auf den Wohnsitz des Beklagten in Y. Der Beklagte erhob die Einrede der Unzuständigkeit, da er seinen Wohnsitz in Z. habe. Das Bezirksgericht wies die Unzuständigkeitseinrede ab. Auf Beschwerde des Beklagten hin
BGE 129 III 31 S. 32

bestätigte das Kantonsgericht die Zuständigkeit des Bezirksgerichts, da der Beklagte in Y. eine im Handelsregister eingetragene Geschäftsniederlassung habe, und es sich bei der Klage um einen Anspruch aus dem Betrieb dieser Niederlassung handle. Das Bundesgericht weist die Berufung des Beklagten ab.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3. Die Vorinstanz kam zum Schluss, dass eine Zuständigkeit der Niederlassung nach Art. 5 des Gerichtsstandsgesetzes (GestG; SR 272) gegeben sei, da der Beklagte in Y. eine im Handelsregister eingetragene Geschäftsniederlassung habe. Der Beklagte macht geltend, in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten sei der Gerichtsstand der Niederlassung nicht gegeben.
3.1 Art. 5 GestG sieht für Klagen aus dem Betrieb einer geschäftlichen oder beruflichen Niederlassung oder Zweigniederlassung eine Zuständigkeit der Gerichte am Wohnsitz oder Sitz der beklagten Partei sowie am Ort der Niederlassung vor. Der Begriff der Niederlassung umfasst die Zweigniederlassung einer Handelsgesellschaft oder Genossenschaft, aber auch die berufliche oder geschäftliche Niederlassung einer natürlichen Person (Arzt, Anwalt), einer Einzelfirma oder einer Personengesellschaft (Botschaft des Bundesrates zum Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilsachen vom 18. November 1998, Botschaft, BBl 1999 S. 2846; VOGEL/SPÜHLER, Grundriss des Zivilprozessrechts, 7. Aufl., Zürich 2001, 4. Kap., Rz. 50). Die bundesgerichtliche Rechtsprechung zum Begriff der Zweigniederlassung, welche eine gewisse wirtschaftliche und geschäftliche Unabhängigkeit verlangt (BGE 120 III 11 E. 1a; BGE 117 II 85 E. 3; BGE 101 Ia 39 E. 3, je mit Hinweisen), kann beibehalten werden (VALLONI/BARTHOLD, Das Schweizerische Gerichtsstandsgesetz, Zürich 2002, S. 25 f. Ziff. 5.4).
Unbestritten ist, dass die im Handelsregister eingetragene Einzelfirma des Beklagten eine Niederlassung im Sinne von Art. 5 GestG ist. Der Beklagte macht weder geltend, die Vorinstanz habe ihrem Urteil einen falschen Begriff der Niederlassung zugrunde gelegt, noch bringt er vor, dass es sich bei der Filiale in X. um eine Zweigniederlassung handle, die einen eigenen Gerichtsstand begründen würde. Wie die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich festgestellt hat, sind die Filialen der Einzelfirma des Beklagten vielmehr Verkaufsläden, die gegen Aussen als wirtschaftliche Einheit auftreten; in allen Läden werden unter der Einzelfirma
BGE 129 III 31 S. 33

"Skishop A." Sportartikel verkauft. Weiter hat sie festgestellt, dass der Beklagte seine Filialen von Y. aus leitete, woraus sie zu Recht auf eine dortige Niederlassung schloss. Unbestritten ist, dass die Klage am dortigen Sitz erhoben wurde, und dass der von Art. 5 GestG geforderte Zusammenhang zwischen den geltend gemachten Ansprüchen und der Niederlassung besteht.
3.2 Somit bleibt lediglich zu prüfen, ob der Gerichtsstand der Niederlassung (Art. 5 GestG) neben dem Gerichtsstand für arbeitsrechtliche Klagen gemäss Art. 24 Abs. 1 GestG angerufen werden kann. Aus der Botschaft (BBl 1999 S. 2846) geht hervor, dass Art. 5 GestG dem Kläger neben dem allgemeinen Gerichtsstand am Sitz oder Wohnsitz der beklagten Partei sowie neben allfälligen besondern Gerichtsständen gemäss dem 3. Kapitel des Gerichtsstandsgesetzes ein weiteres Forum am Ort der Niederlassung oder Zweigniederlassung der beklagten Partei zur Verfügung stellen soll. Auch der überwiegende Teil der Lehre geht davon aus, dass Art. 5 GestG neben dem allgemeinen Gerichtsstand (Art. 3 GestG) sowie neben allfälligen besonderen Zuständigkeiten gemäss dem 3. Kapitel des Gerichtsstandsgesetzes ein Forum am Ort der Niederlassung einräumt, falls die besonderen Gerichtsstände eine Zuständigkeit am Sitz des Beklagten vorsehen (MÜLLER/WIRTH, Gerichtsstandsgesetz, Zürich 2001, Art. 5 GestG N. 23, Art. 24 GestG N. 72; DONZALLAZ, Commentaire de la loi fédérale sur les fors en matière civile, Bern 2001, Art. 5 GestG N. 4, Art. 24 GestG N. 27; KELLERHALS/VON WERDT/GÜNGERICH, Gerichtsstandsgesetz, Bern 2001, Art. 5 GestG N. 1, Art. 24 GestG N. 9; VALLONI/BARTHOLD, a.a.O., S. 25 f. Ziff. 5.4). Hingegen geht Infanger (SPÜHLER/TENCHIO/INFANGER, Gerichtsstandsgesetz, Basel 2001, Art. 5 GestG N. 4) davon aus, dass der Gerichtsstand der Niederlassung nur gewählt werden kann, wenn im 3. Kapitel des Gerichtsstandsgesetzes kein besonderer Gerichtsstand vorgesehen ist. Der Beklagte stützt seine Rüge auf die Lehrmeinung von Infanger, welche den Materialien und dem überwiegenden Teil der Lehre entgegensteht. Seinen Standpunkt begründet der Beklagte zudem mit dem Umkehrschluss, dass in Art. 24 Abs. 2 GestG für stellensuchende Personen der Niederlassungsort als Gerichtsstand ausdrücklich erwähnt werde, und deshalb mangels Erwähnung in Art. 24 Abs. 1 GestG für arbeitsrechtliche Klagen nicht in Frage komme. Damit verkennt er jedoch, dass die Sonderregelung für Personalverleih und Arbeitsvermittlung in Art. 24 Abs. 2 GestG erfordert,

BGE 129 III 31 S. 34

den Gerichtsstand des Niederlassungsortes genauer und in Abweichung von Art. 5 GestG zu umschreiben. Dem Willen des Gesetzgebers entsprechend, der vom überwiegenden Teil der Lehre gestützt wird, rechtfertigt es sich, für Klagen aus dem Betrieb einer Niederlassung oder Zweigniederlassung immer auch den Gerichtsstand an deren Ort zur Verfügung zu stellen. Dies ergibt sich im Falle arbeitsrechtlicher Klagen insbesondere auch daraus, dass der Gesetzgeber mit der Anknüpfung an den gewöhnlichen Arbeitsort gemäss Art. 24 Abs. 1 GestG eine Konkordanz mit den Fassungen von Art. 5 Ziff. 1 LugÜ (SR 0.275.11) und Art. 115 Abs. 1
SR 291 Loi fédérale du 18 décembre 1987 sur le droit international privé (LDIP)
LDIP Art. 115 - 1 Les tribunaux suisses du domicile du défendeur ou du lieu dans lequel le travailleur accomplit habituellement son travail sont compétents pour connaître des actions relatives au contrat de travail.
1    Les tribunaux suisses du domicile du défendeur ou du lieu dans lequel le travailleur accomplit habituellement son travail sont compétents pour connaître des actions relatives au contrat de travail.
2    L'action intentée par un travailleur peut, de surcroît, être portée au for de son domicile ou de sa résidence habituelle en Suisse.
3    Les tribunaux suisses du lieu dans lequel un travailleur en provenance de l'étranger est détaché, pour une période limitée et pour y exécuter tout ou partie de sa prestation de travail, sont également compétents pour connaître des actions relatives aux conditions de travail et de salaire devant s'appliquer à cette prestation.69
IPRG (SR 291) herstellen wollte, welche dieselbe Anknüpfung kennen (Botschaft, BBl 1999 S. 2862). Sowohl Art. 5 Ziff. 1 LugÜ in Verbindung mit Art. 5 Ziff. 5
SR 291 Loi fédérale du 18 décembre 1987 sur le droit international privé (LDIP)
LDIP Art. 115 - 1 Les tribunaux suisses du domicile du défendeur ou du lieu dans lequel le travailleur accomplit habituellement son travail sont compétents pour connaître des actions relatives au contrat de travail.
1    Les tribunaux suisses du domicile du défendeur ou du lieu dans lequel le travailleur accomplit habituellement son travail sont compétents pour connaître des actions relatives au contrat de travail.
2    L'action intentée par un travailleur peut, de surcroît, être portée au for de son domicile ou de sa résidence habituelle en Suisse.
3    Les tribunaux suisses du lieu dans lequel un travailleur en provenance de l'étranger est détaché, pour une période limitée et pour y exécuter tout ou partie de sa prestation de travail, sont également compétents pour connaître des actions relatives aux conditions de travail et de salaire devant s'appliquer à cette prestation.69
LugÜ, wie auch Art. 115 Abs. 1
SR 291 Loi fédérale du 18 décembre 1987 sur le droit international privé (LDIP)
LDIP Art. 115 - 1 Les tribunaux suisses du domicile du défendeur ou du lieu dans lequel le travailleur accomplit habituellement son travail sont compétents pour connaître des actions relatives au contrat de travail.
1    Les tribunaux suisses du domicile du défendeur ou du lieu dans lequel le travailleur accomplit habituellement son travail sont compétents pour connaître des actions relatives au contrat de travail.
2    L'action intentée par un travailleur peut, de surcroît, être portée au for de son domicile ou de sa résidence habituelle en Suisse.
3    Les tribunaux suisses du lieu dans lequel un travailleur en provenance de l'étranger est détaché, pour une période limitée et pour y exécuter tout ou partie de sa prestation de travail, sont également compétents pour connaître des actions relatives aux conditions de travail et de salaire devant s'appliquer à cette prestation.69
IPRG in Verbindung mit Art. 112 Abs. 2
SR 291 Loi fédérale du 18 décembre 1987 sur le droit international privé (LDIP)
LDIP Art. 112 - 1 Les tribunaux suisses du domicile ou, à défaut de domicile, ceux de la résidence habituelle du défendeur sont compétents pour connaître des actions découlant d'un contrat.
1    Les tribunaux suisses du domicile ou, à défaut de domicile, ceux de la résidence habituelle du défendeur sont compétents pour connaître des actions découlant d'un contrat.
2    Les tribunaux suisses du lieu où le défendeur a son établissement sont aussi compétents pour connaître des actions relatives à une obligation découlant de l'exploitation de cet établissement.
IPRG sehen für arbeitsrechtliche Klagen den Niederlassungsort als alternativen Gerichtsstand neben dem gewöhnlichen Arbeitsort vor.

3.3 Da bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten die Gerichte am Ort der Niederlassung neben den Gerichten am Wohnsitz oder Sitz der beklagten Partei oder jenem am gewöhnlichen Arbeitsort angerufen werden können, hat die Vorinstanz die örtliche Zuständigkeit des Bezirksgerichts zu Recht bejaht.
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 129 III 31
Date : 04 septembre 2002
Publié : 31 décembre 2004
Source : Tribunal fédéral
Statut : 129 III 31
Domaine : ATF - Droit civil
Objet : Art. 5 et 24 al. 1 LFors; compétence des tribunaux du lieu de l'établissement pour connaître des actions fondées sur le droit


Répertoire des lois
CL: 5
LDIP: 112 
SR 291 Loi fédérale du 18 décembre 1987 sur le droit international privé (LDIP)
LDIP Art. 112 - 1 Les tribunaux suisses du domicile ou, à défaut de domicile, ceux de la résidence habituelle du défendeur sont compétents pour connaître des actions découlant d'un contrat.
1    Les tribunaux suisses du domicile ou, à défaut de domicile, ceux de la résidence habituelle du défendeur sont compétents pour connaître des actions découlant d'un contrat.
2    Les tribunaux suisses du lieu où le défendeur a son établissement sont aussi compétents pour connaître des actions relatives à une obligation découlant de l'exploitation de cet établissement.
115
SR 291 Loi fédérale du 18 décembre 1987 sur le droit international privé (LDIP)
LDIP Art. 115 - 1 Les tribunaux suisses du domicile du défendeur ou du lieu dans lequel le travailleur accomplit habituellement son travail sont compétents pour connaître des actions relatives au contrat de travail.
1    Les tribunaux suisses du domicile du défendeur ou du lieu dans lequel le travailleur accomplit habituellement son travail sont compétents pour connaître des actions relatives au contrat de travail.
2    L'action intentée par un travailleur peut, de surcroît, être portée au for de son domicile ou de sa résidence habituelle en Suisse.
3    Les tribunaux suisses du lieu dans lequel un travailleur en provenance de l'étranger est détaché, pour une période limitée et pour y exécuter tout ou partie de sa prestation de travail, sont également compétents pour connaître des actions relatives aux conditions de travail et de salaire devant s'appliquer à cette prestation.69
LFors: 3  5  24
Répertoire ATF
101-IA-39 • 117-II-85 • 120-III-11 • 129-III-31
Weitere Urteile ab 2000
4C.219/2002
Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
défendeur • droit du travail • succursale • raison individuelle • autorité inférieure • tribunal fédéral • loi fédérale sur les fors en matière civile • emploi • convention de lugano • loi fédérale sur le droit international privé • entreprise • décision • motivation de la décision • recommandation de vote de l'autorité • société commerciale • société de personnes • société coopérative • compétence spéciale • maïs • volonté
... Les montrer tous
FF
1999/2846 • 1999/2862