128 III 169
32. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. A.X. und B.X. gegen C.Y. und D.Y. (Berufung) 5C.269/2001 vom 6. März 2002
Regeste (de):
- Auslegung einer Dienstbarkeit (Art. 738
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 738 - 1 Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrage deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend.
1 Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrage deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend. 2 Im Rahmen des Eintrages kann sich der Inhalt der Dienstbarkeit aus ihrem Erwerbsgrund oder aus der Art ergeben, wie sie während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist. - Bei klarem Wortlaut des Grundbucheintrages ist dieser allein für den Inhalt der Dienstbarkeit massgeblich. Enthält der Grundbucheintrag lediglich ein Stichwort wie z.B. Quellen-, Weg- oder Grenzbaurecht, ist er in der Regel zu rudimentär, als dass sich Rechte und Pflichten aus ihm deutlich ergäben. In diesem Fall ist für den Inhalt der Dienstbarkeit im Rahmen des Eintrags auf ihren Erwerbsgrund oder auf die Art abzustellen, wie sie während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist (E. 3).
Regeste (fr):
- Interprétation d'une servitude (art. 738 CC).
- Lorsque l'inscription au registre foncier est claire, elle est seule déterminante pour le contenu de la servitude. Si l'inscription ne contient qu'un mot clé, comme par exemple droit de source, droit de passage ou droit de construire en limite, elle est en général trop sommaire pour qu'il en résulte clairement des droits et obligations. Dans ce cas, pour définir le contenu de la servitude dans le cadre de l'inscription, il faut se référer à l'acte constitutif ou à la manière dont la servitude a été exercée pendant longtemps, paisiblement et de bonne foi (consid. 3).
Regesto (it):
- Interpretazione di una servitù (art. 738 CC).
- Quando l'iscrizione a registro fondiario è chiara, questa sola è determinante per il contenuto della servitù. Se l'iscrizione contiene soltanto una parola chiave quale, ad esempio, diritto di sorgente, diritto di passo o diritto di costruzione a confine, essa è in generale troppo sommaria per determinare i diritti e le obbligazioni che derivano dalla servitù. In tal caso, per definire l'estensione della servitù nel quadro dell'iscrizione, bisogna riferirsi all'atto costitutivo o al modo in cui è stata esercitata per molto tempo, pacificamente ed in buona fede (consid. 3).
Sachverhalt ab Seite 170
BGE 128 III 169 S. 170
E. war Eigentümer des Grundstücks Nr. 3575, auf dem eine Gastwirtschaft betrieben wurde und wird. F. gehörte das benachbarte Grundstück Nr. 634. Mit Abtretungs- und Dienstbarkeitsvertrag vom 26. August 1960 trat E. einen Teil seines Grundstücks an F. ab, wobei der abgetretene Teil mit dem Grundstück Nr. 634 vereinigt wurde. Gleichzeitig räumten sich die Parteien gegenseitig ein Grenzbaurecht ein. Für das Grenzbaurecht zu Gunsten des Grundstücks Nr. 3575 vereinbarten die Parteien, der jeweilige Eigentümer des Grundstücks Nr. 634 räume dem jeweiligen Eigentümer von Nr. 3575 das Recht ein, den Wirtschaftsanbau und das Kegelbahngebäude an die neue, zwischen den beiden Parzellen entstandene Grenze zu stellen und beizubehalten. Für die Lage und Dimensionen dieses Anbaus und des Kegelbahngebäudes verwiesen die Parteien auf die von ihnen unterzeichneten Pläne, die zum Vertragsbestandteil erklärt wurden. Des Weiteren vereinbarten sie, am Anbau und am Kegelbahngebäude dürften gegen die Liegenschaft Nr. 634 keine Fenster, Türen oder sonstigen Öffnungen angebracht werden und dem Eigentümer des Grundstücks Nr. 3575 werde dauernd untersagt, auf der Terrasse der Kegelbahn zu wirten. Abschliessend bestimmten die Parteien, dieses Rechtsverhältnis erhalte die Form einer Grunddienstbarkeit und sei im Grundbuch als Grenzbaurecht zu Lasten des Grundstücks Nr. 634 und zu Gunsten von Nr. 3575 einzutragen. Die Dienstbarkeit wurde im Grundbuch mit der Bezeichnung "Grenzbaurecht" so eingetragen und in der Folge wurde die Kegelbahn erstellt.
BGE 128 III 169 S. 171
1990 gingen die damaligen Eigentümer dazu über, auf der Dachterrasse des Kegelbahngebäudes Gäste zu bewirten. Am 1. Juli 1996 erwarben A.X. und B.X. den Gastwirtschaftsbetrieb. Im Frühling 1997 überdachten sie die Terrasse auf der Kegelbahn. Mit Klage vom 19. Juli 1999 verlangten C.Y. und D.Y. als heutige Eigentümer des Grundstücks Nr. 634, A.X. und B.X. seien unter Androhung der Ungehorsamsstrafe nach Art. 292
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft. |
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Nach Auffassung der Beklagten sind Wortlaut und Bedeutung des Grundbucheintrages klar und deutlich. Es handle sich um das Recht, an die Grenze zu bauen. Auf den Begründungsakt dürfe folglich nicht abgestellt werden oder jedenfalls nur für Lage und Ausmass der Baute. Wegen des klaren Wortlautes ("Grenzbaurecht") hätten sie auch keine Veranlassung gehabt, die Grundbuchbelege nach einem Wirteverbot abzusuchen. Bei diesem gehe es nicht um eine funktionelle Beschränkung der Dienstbarkeit, sondern um eine damit verbundene nebensächliche Unterlassungspflicht, die der Eintragung in das Grundbuch bedürfe, um gegenüber Dritten wirksam zu werden. Die Kläger stellen sich demgegenüber auf den Standpunkt, der Grundbucheintrag sei keineswegs klar und deutlich. Aus ihm sei nicht ersichtlich, wo genau an die Grenze gebaut werden
BGE 128 III 169 S. 172
dürfe, in welcher Dimension und zu welchem Zweck. Folglich müsse auf den Erwerbsgrund zurückgegriffen werden und die Beklagten könnten sich nicht auf ihren guten Glauben berufen. Im Übrigen gehe es nicht darum, dass deren Grundstück mit einem Wirteverbot belastet sei, vielmehr gehe es um ein Grenzbaurecht, das im Dienstbarkeitsvertrag inhaltlich näher umschrieben sei. Zu dieser Umschreibung gehöre nicht nur die bauliche Beschaffenheit, sondern auch die Nutzungsart der Grenzbaute.
3. a) Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrag deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend (Art. 738 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 738 - 1 Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrage deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend. |
|
1 | Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrage deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend. |
2 | Im Rahmen des Eintrages kann sich der Inhalt der Dienstbarkeit aus ihrem Erwerbsgrund oder aus der Art ergeben, wie sie während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 738 - 1 Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrage deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend. |
|
1 | Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrage deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend. |
2 | Im Rahmen des Eintrages kann sich der Inhalt der Dienstbarkeit aus ihrem Erwerbsgrund oder aus der Art ergeben, wie sie während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 738 - 1 Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrage deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend. |
|
1 | Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrage deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend. |
2 | Im Rahmen des Eintrages kann sich der Inhalt der Dienstbarkeit aus ihrem Erwerbsgrund oder aus der Art ergeben, wie sie während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 948 - 1 Die Anmeldungen zur Eintragung in das Grundbuch werden nach ihrer zeitlichen Reihenfolge ohne Aufschub in das Tagebuch eingeschrieben, unter Angabe der anmeldenden Person und ihres Begehrens. |
|
1 | Die Anmeldungen zur Eintragung in das Grundbuch werden nach ihrer zeitlichen Reihenfolge ohne Aufschub in das Tagebuch eingeschrieben, unter Angabe der anmeldenden Person und ihres Begehrens. |
2 | Die Belege, auf deren Vorlegung hin die Eintragungen in das Grundbuch vorgenommen werden, sind zweckmässig zu ordnen und aufzubewahren. |
3 | An die Stelle der Belege kann in den Kantonen, die eine öffentliche Beurkundung durch den Grundbuchverwalter vornehmen lassen, ein Urkundenprotokoll treten, dessen Einschreibungen die öffentliche Beurkundung herstellen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 942 - 1 Über die Rechte an den Grundstücken wird ein Grundbuch geführt. |
|
1 | Über die Rechte an den Grundstücken wird ein Grundbuch geführt. |
2 | Das Grundbuch besteht aus dem Hauptbuch und den das Hauptbuch ergänzenden Plänen, Liegenschaftsverzeichnissen, Belegen, Liegenschaftsbeschreibungen und dem Tagebuche. |
3 | Das Grundbuch kann auf Papier oder mittels Informatik geführt werden.678 |
4 | Bei der Grundbuchführung mittels Informatik kommen die Rechtswirkungen den im System ordnungsgemäss gespeicherten und auf den Geräten des Grundbuchamtes durch technische Hilfsmittel in Schrift und Zahlen lesbaren oder in Plänen dargestellten Daten zu.679 |
SR 211.432.1 Grundbuchverordnung vom 23. September 2011 (GBV) GBV Art. 35 Datensicherheit - 1 Die Daten des informatisierten Grundbuchs, einschliesslich der elektronischen Belege, werden so gespeichert und gesichert, dass sie in Bestand und Qualität erhalten bleiben. Die Sicherung erfolgt nach anerkannten Normen und entsprechend dem jeweiligen Stand der Technik nach kantonalem Konzept. |
|
1 | Die Daten des informatisierten Grundbuchs, einschliesslich der elektronischen Belege, werden so gespeichert und gesichert, dass sie in Bestand und Qualität erhalten bleiben. Die Sicherung erfolgt nach anerkannten Normen und entsprechend dem jeweiligen Stand der Technik nach kantonalem Konzept. |
2 | Die im informatisierten Hauptbuch gespeicherten Daten werden periodisch durch den Bund in digitaler Form langfristig gesichert. |
3 | Die Kantone stellen die Daten für die langfristige Sicherung über die Schnittstelle nach Artikel 949a Absatz 3 ZGB zur Verfügung. |
SR 211.432.1 Grundbuchverordnung vom 23. September 2011 (GBV) GBV Art. 35 Datensicherheit - 1 Die Daten des informatisierten Grundbuchs, einschliesslich der elektronischen Belege, werden so gespeichert und gesichert, dass sie in Bestand und Qualität erhalten bleiben. Die Sicherung erfolgt nach anerkannten Normen und entsprechend dem jeweiligen Stand der Technik nach kantonalem Konzept. |
|
1 | Die Daten des informatisierten Grundbuchs, einschliesslich der elektronischen Belege, werden so gespeichert und gesichert, dass sie in Bestand und Qualität erhalten bleiben. Die Sicherung erfolgt nach anerkannten Normen und entsprechend dem jeweiligen Stand der Technik nach kantonalem Konzept. |
2 | Die im informatisierten Hauptbuch gespeicherten Daten werden periodisch durch den Bund in digitaler Form langfristig gesichert. |
3 | Die Kantone stellen die Daten für die langfristige Sicherung über die Schnittstelle nach Artikel 949a Absatz 3 ZGB zur Verfügung. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 738 - 1 Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrage deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend. |
|
1 | Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrage deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend. |
2 | Im Rahmen des Eintrages kann sich der Inhalt der Dienstbarkeit aus ihrem Erwerbsgrund oder aus der Art ergeben, wie sie während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 738 - 1 Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrage deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend. |
|
1 | Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrage deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend. |
2 | Im Rahmen des Eintrages kann sich der Inhalt der Dienstbarkeit aus ihrem Erwerbsgrund oder aus der Art ergeben, wie sie während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist. |
BGE 128 III 169 S. 173
und das Ausmass der Baute wird auf die zum Vertragsbestandteil erklärten Pläne verwiesen und die zulässige Nutzung ist detailliert beschrieben. Nach Auffassung der Beklagten bedeutet die Klausel, wonach auf der Terrasse der Kegelbahn nicht gewirtet werden darf, ein Wirteverbot, das ins Grundbuch hätte eingetragen werden müssen. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden: Ein Wirteverbot im Rechtssinn stellt eine Gewerbebeschränkung dar, die selbstständig als Dienstbarkeit ins Grundbuch eingetragen werden kann (vgl. LIVER, a.a.O., N. 193 zu Art. 730
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 730 - 1 Ein Grundstück kann zum Vorteil eines andern Grundstückes in der Weise belastet werden, dass sein Eigentümer sich bestimmte Eingriffe des Eigentümers dieses andern Grundstückes gefallen lassen muss oder zu dessen Gunsten nach gewissen Richtungen sein Eigentumsrecht nicht ausüben darf. |
|
1 | Ein Grundstück kann zum Vorteil eines andern Grundstückes in der Weise belastet werden, dass sein Eigentümer sich bestimmte Eingriffe des Eigentümers dieses andern Grundstückes gefallen lassen muss oder zu dessen Gunsten nach gewissen Richtungen sein Eigentumsrecht nicht ausüben darf. |
2 | Eine Verpflichtung zur Vornahme von Handlungen kann mit der Grunddienstbarkeit nur nebensächlich verbunden sein. Für den Erwerber des berechtigten oder belasteten Grundstücks ist eine solche Verpflichtung nur verbindlich, wenn sie sich aus dem Eintrag im Grundbuch ergibt.619 |