Urteilskopf

127 V 119

19. Auszug aus dem Urteil vom 5. Juni 2001 i. S. A. gegen Ausgleichskasse für das schweizerische Bankgewerbe und Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg
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Regesto (it):


Erwägungen ab Seite 119

BGE 127 V 119 S. 119

Aus den Erwägungen:

1. a) Im kürzlich ergangenen BGE 126 V 455 hat das Eidg. Versicherungsgericht das Recht zur Beschwerdeerhebung nach Art. 84 Abs. 1
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 84 Besondere Zuständigkeit - Über Beschwerden gegen Verfügungen und Einspracheentscheide kantonaler Ausgleichskassen entscheidet in Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG386 das Versicherungsgericht am Ort der Ausgleichskasse.
AHVG auch für den Ehegatten des Adressaten einer auf Grund des AHVG erlassenen Verfügung bejaht, wenn und soweit sich der Verwaltungsakt unmittelbar oder allenfalls in einem späteren Zeitpunkt auf die Höhe seiner Altersrente auswirkt oder auswirken kann. Ist der Ehegatte im dargelegten Sinne betroffen, ist er, soweit beschwert, auch legitimiert, gegen den Entscheid der kantonalen Rekursbehörde gemäss Art. 84 Abs. 2
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 84 Besondere Zuständigkeit - Über Beschwerden gegen Verfügungen und Einspracheentscheide kantonaler Ausgleichskassen entscheidet in Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG386 das Versicherungsgericht am Ort der Ausgleichskasse.
und Art. 85 Abs. 1
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 85
AHVG Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu erheben (Art. 103 lit. a
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 85
OG), und zwar ungeachtet, ob er die Verfügung angefochten hatte oder nicht. Für den (gesamten) verwaltungsgerichtlichen Prozess ergibt sich daraus folgerichtig für den Fall, wo nur der Ehegatte, der nicht Verfügungsadressat war, Beschwerde erhoben hat, dass der Verfügungsadressat ins Verfahren miteinzubeziehen ist, als Partei, wenn er eigene Rechtsbegehren stellt, oder dann als Mitinteressierter (BGE 126 V 459 Erw. 2d mit Hinweisen). b) Das Eidg. Versicherungsgericht hat im zitierten Urteil unter dem Gesichtspunkt des Betroffen-Seins beider Ehegatten namentlich auch auf den im Rahmen der 10. AHV-Revision neu gefassten, am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Art. 35
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 35 2. Summe der beiden Renten für Ehepaare - 1 Die Summe der beiden Renten eines Ehepaares beträgt maximal 150 Prozent des Höchstbetrages der Altersrente, wenn:
1    Die Summe der beiden Renten eines Ehepaares beträgt maximal 150 Prozent des Höchstbetrages der Altersrente, wenn:
a  beide Ehegatten Anspruch auf eine Altersrente oder einen Teil davon haben;
b  ein Ehegatte Anspruch auf eine Altersrente oder einen Teil davon und der andere Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung hat.182
2    Die Kürzung entfällt bei Ehepaaren, deren gemeinsamer Haushalt richterlich aufgehoben wurde.
3    Die beiden Renten sind im Verhältnis ihrer Anteile an der Summe der ungekürzten Renten zu kürzen. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten, insbesondere die Kürzung der beiden Renten bei Versicherten mit unvollständiger Beitragsdauer sowie bei Bezug lediglich eines Teils der Rente.183
AHVG hingewiesen. Nach Abs. 1 dieser Gesetzesbestimmung beträgt die Summe der
BGE 127 V 119 S. 120

beiden Altersrenten eines Ehepaares (lit. a), oder wenn ein Ehegatte Anspruch auf eine Altersrente und der andere Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung hat (lit. b), maximal 150% des Höchstbetrages der Altersrente. Als Folge der Plafonierung der "Summe der beiden Renten für Ehepaare" (so die Überschrift zu Art. 35
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 35 2. Summe der beiden Renten für Ehepaare - 1 Die Summe der beiden Renten eines Ehepaares beträgt maximal 150 Prozent des Höchstbetrages der Altersrente, wenn:
1    Die Summe der beiden Renten eines Ehepaares beträgt maximal 150 Prozent des Höchstbetrages der Altersrente, wenn:
a  beide Ehegatten Anspruch auf eine Altersrente oder einen Teil davon haben;
b  ein Ehegatte Anspruch auf eine Altersrente oder einen Teil davon und der andere Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung hat.182
2    Die Kürzung entfällt bei Ehepaaren, deren gemeinsamer Haushalt richterlich aufgehoben wurde.
3    Die beiden Renten sind im Verhältnis ihrer Anteile an der Summe der ungekürzten Renten zu kürzen. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten, insbesondere die Kürzung der beiden Renten bei Versicherten mit unvollständiger Beitragsdauer sowie bei Bezug lediglich eines Teils der Rente.183
AHVG) kann also die Höhe der Altersrente (oder Invalidenrente) eines Ehegatten von Anfang an oder nachträglich reduziert werden, und zwar im Verhältnis ihres Anteils an der Summe der ungekürzten Renten (Art. 35 Abs. 3
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 35 2. Summe der beiden Renten für Ehepaare - 1 Die Summe der beiden Renten eines Ehepaares beträgt maximal 150 Prozent des Höchstbetrages der Altersrente, wenn:
1    Die Summe der beiden Renten eines Ehepaares beträgt maximal 150 Prozent des Höchstbetrages der Altersrente, wenn:
a  beide Ehegatten Anspruch auf eine Altersrente oder einen Teil davon haben;
b  ein Ehegatte Anspruch auf eine Altersrente oder einen Teil davon und der andere Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung hat.182
2    Die Kürzung entfällt bei Ehepaaren, deren gemeinsamer Haushalt richterlich aufgehoben wurde.
3    Die beiden Renten sind im Verhältnis ihrer Anteile an der Summe der ungekürzten Renten zu kürzen. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten, insbesondere die Kürzung der beiden Renten bei Versicherten mit unvollständiger Beitragsdauer sowie bei Bezug lediglich eines Teils der Rente.183
AHVG). Diese Regel greift allerdings nicht und eine Kürzung entfällt bei Ehepartnern, deren gemeinsamer Haushalt richterlich aufgehoben wurde (Art. 35 Abs. 2
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 35 2. Summe der beiden Renten für Ehepaare - 1 Die Summe der beiden Renten eines Ehepaares beträgt maximal 150 Prozent des Höchstbetrages der Altersrente, wenn:
1    Die Summe der beiden Renten eines Ehepaares beträgt maximal 150 Prozent des Höchstbetrages der Altersrente, wenn:
a  beide Ehegatten Anspruch auf eine Altersrente oder einen Teil davon haben;
b  ein Ehegatte Anspruch auf eine Altersrente oder einen Teil davon und der andere Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung hat.182
2    Die Kürzung entfällt bei Ehepaaren, deren gemeinsamer Haushalt richterlich aufgehoben wurde.
3    Die beiden Renten sind im Verhältnis ihrer Anteile an der Summe der ungekürzten Renten zu kürzen. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten, insbesondere die Kürzung der beiden Renten bei Versicherten mit unvollständiger Beitragsdauer sowie bei Bezug lediglich eines Teils der Rente.183
AHVG; zur ratio legis dieser Bestimmung [Gleichstellung mit Einzelpersonen und Konkubinatspaaren] vgl. die in BGE 126 V 459 Erw. 2c/bb in fine angeführten Gesetzesmaterialien). c) Angesichts der gesetzlich verankerten starren Koppelung der plafonierten Individualrenten von Ehepaaren (die Erhöhung der einen Rente bewirkt grundsätzlich die zwangsläufige Senkung der andern) sind beide Ehegatten vom Entscheid über die Rente des jeweils anderen Ehegatten direkt betroffen. Unter verfahrensrechtlichem Blickwinkel drängt es sich deshalb auf, dass die Verwaltung in Fällen, in denen die Voraussetzungen der Plafonierung gegeben sind, als Ausfluss des verfassungsrechtlichen Gehörsanspruchs (Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV) beide Rentenverfügungen beiden Ehegatten eröffnet (vgl. BGE 113 V 4 Erw. 3a; ferner Praxis 1998 Nr. 26 S. 171 Erw. 3a). Diese in BGE 126 V 459 Erw. 2d in fine ausdrücklich offen gelassene Frage ist demnach zu bejahen. Ist eine Verfügung über eine plafonierte Individualrente nur dem Verfügungsadressaten eröffnet worden und hat dieser Beschwerde erhoben, muss das erstinstanzliche Gericht entweder den anderen Ehegatten beiladen oder die Sache an die Verwaltung zurückweisen, damit letztere dessen Verfahrensrechte wahre (durch Zustellung der angefochtenen Rentenverfügung auch an den mitbetroffenen Ehegatten, der diesbezüglich nicht Verfügungsadressat ist; vgl. BGE 113 V 5 Erw. 4a mit Hinweisen; ferner Praxis 1998 Nr. 26 S. 171 Erw. 3a in fine; vgl. auch RKUV 1997 Nr. U 270 S. 143, Nr. U 276 S. 196 Erw. 2, je mit Hinweisen).
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 127 V 119
Datum : 05. Juni 2001
Publiziert : 31. Dezember 2002
Quelle : Bundesgericht
Status : 127 V 119
Sachgebiet : BGE - Sozialversicherungsrecht (bis 2006: EVG)
Gegenstand : Art. 35 Abs. 1 und 3 AHVG; Art. 68 Abs. 3 AHVV; Art. 29 Abs. 2 BV: Eröffnung von Rentenverfügungen. In Fällen, in welchen


Gesetzesregister
AHVG: 35 
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 35 2. Summe der beiden Renten für Ehepaare - 1 Die Summe der beiden Renten eines Ehepaares beträgt maximal 150 Prozent des Höchstbetrages der Altersrente, wenn:
1    Die Summe der beiden Renten eines Ehepaares beträgt maximal 150 Prozent des Höchstbetrages der Altersrente, wenn:
a  beide Ehegatten Anspruch auf eine Altersrente oder einen Teil davon haben;
b  ein Ehegatte Anspruch auf eine Altersrente oder einen Teil davon und der andere Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung hat.182
2    Die Kürzung entfällt bei Ehepaaren, deren gemeinsamer Haushalt richterlich aufgehoben wurde.
3    Die beiden Renten sind im Verhältnis ihrer Anteile an der Summe der ungekürzten Renten zu kürzen. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten, insbesondere die Kürzung der beiden Renten bei Versicherten mit unvollständiger Beitragsdauer sowie bei Bezug lediglich eines Teils der Rente.183
84 
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 84 Besondere Zuständigkeit - Über Beschwerden gegen Verfügungen und Einspracheentscheide kantonaler Ausgleichskassen entscheidet in Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG386 das Versicherungsgericht am Ort der Ausgleichskasse.
85
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 85
AHVV: 68
SR 831.101 Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV)
AHVV Art. 68 Ordentliche Renten - 1 Das Anmeldeformular hat alle Angaben zu enthalten, die für die Bemessung der Rente notwendig sind.299
1    Das Anmeldeformular hat alle Angaben zu enthalten, die für die Bemessung der Rente notwendig sind.299
2    Die Ausgleichskasse klärt anhand dieser Angaben ab, ob die gesuchstellende Person in der Schweiz Wohnsitz hat oder hatte und lässt durch die Zentrale Ausgleichsstelle (ZAS) die individuellen Konten zusammenrufen, prüft die Berechtigung und setzt die Rente fest.300
3    Die Rentenverfügung ist den Parteien zuzustellen, insbesondere:301
a  dem Rentenberechtigten persönlich bzw. seinem gesetzlichen Vertreter;
b  der Person oder der Behörde, die den Rentenanspruch geltend gemacht hat oder welcher die Rente ausbezahlt wird;
c  dem zuständigen Unfallversicherer, sofern dessen Leistungspflicht berührt ist.
d  ...
BV: 29
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
OG: 103
BGE Register
113-V-1 • 126-V-455 • 127-V-119
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
ehegatte • altersrente • entscheid • verfahrensbeteiligter • freiburg • ermässigung • verfügung • invalidenrente • beiladung • frage • rechtsbegehren • verfassungsrecht • gemeinsamer haushalt
Pra
87 Nr. 26