Urteilskopf

127 III 173

29. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 13. Februar 2001 i.S. A. (Beschwerde)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 173

BGE 127 III 173 S. 173

Das Betreibungsamt X. liess im Luzerner Kantonsblatt in einer Reihe von Betreibungen gegen den damals im Zivildienst weilenden
BGE 127 III 173 S. 174

A. die Zahlungsbefehle veröffentlichen und in andern gegen den gleichen Schuldner gerichteten Betreibungen bekannt geben, dass die Gläubiger das Fortsetzungsbegehren gestellt hätten und die Pfändung am ... vollzogen werde. Der Amtsgerichtspräsident von X. wies eine Beschwerde von A. am 19. September 2000 ab, soweit er darauf eintrat. Am 11. Dezember 2000 wies das Obergericht (Schuldbetreibungs- und Konkurskommission) des Kantons Luzern als obere Aufsichtsbehörde seinerseits den Beschwerdeweiterzug von A. ab, soweit es darauf eintrat. A. nahm den Entscheid des Obergerichts am 4. Januar 2001 in Empfang. Mit einer vom 13. Januar 2001 datierten und am 15. Januar 2001 zur Post gebrachten Eingabe führt er Beschwerde an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Diese stellt fest, dass die durch öffentliche Bekanntmachung vollzogene Zustellung der Zahlungsbefehle nichtig ist.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1. Das Obergericht hat seinen Entscheid am 15. Dezember 2000 als eingeschriebene Sendung an die vom Beschwerdeführer bezeichnete Postlagernd-Adresse (Postamt B.) aufgegeben. Mit Datum vom 18. Dezember 2000 teilte dieses Postamt der Vorinstanz mit, der Entscheid habe noch nicht zugestellt werden können und werde auf Grund eines (Zurückbehalte-)Auftrags des Adressaten vielleicht noch längere Zeit, höchstens jedoch zwei Monate, lagern. a) Postlagersendungen bleiben (längstens) einen Monat bei der Bestimmungspoststelle liegen (Publikation der Schweizerischen Post "Briefpost Schweiz", S. 39 der Ausgabe Januar 1999 bzw. S. 38 der Ausgabe Januar 2001; früher: Art. 166 Abs. 2 lit. a der Verordnung (1) zum Postverkehrsgesetz). Nach der bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung gilt eine solche Sendung, wird sie nicht früher abgeholt, als am letzten Tag der Monatsfrist zugestellt, sofern der Adressat wie hier, wo der Beschwerdeführer selbst den Entscheid der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde veranlasst hatte, mit der Zustellung hatte rechnen müssen (BGE 111 V 99 E. 2c S. 102; vgl. auch BGE 116 III 59 E. 1c S. 61 f.). Es fragt sich, ob an dieser Rechtsprechung, die demjenigen einen prozessualen Vorteil verschafft, der sich den Entscheid einer Behörde "postlagernd" zukommen lässt - was die Zustellungsform der Gerichtsurkunde ausschliesst (S. 19 bzw. S. 10 der erwähnten Publikation der Post) -
BGE 127 III 173 S. 175

festgehalten werden kann oder ob vom Adressaten, der einen Entscheid erwartet, nicht zu verlangen ist, dafür zu sorgen, dass ihn die Post innerhalb der bei Gerichtsurkunden oder eingeschriebenen Sendungen geltenden Abholfrist von sieben Tagen (hier ab Eingang bei der Bestimmungspoststelle) erreicht (zum Zurückbehaltungsauftrag vgl. BGE 123 III 492 ff.). Würde die genannte Sieben-Tage-Frist als massgebend betrachtet, wäre die vorliegende Beschwerde verspätet: Auf Grund der vom Postamt B. an die Vorinstanz gerichteten Meldung vom 18. Dezember 2000 (Montag) ist davon auszugehen, dass der angefochtene Entscheid (spätestens) an jenem Tag dort einging. Der erste Tag der Frist wäre mithin der 19. Dezember und der siebte - angesichts der Weihnachtsfeiertage - auf jeden Fall der 27. Dezember 2000 gewesen. Die zehntägige Frist von Art. 19 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 19 - Die Beschwerde an das Bundesgericht richtet sich nach dem Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 200529.
SchKG hätte dann am 28. Dezember 2000 zu laufen begonnen, zumal der angefochtene Entscheid sich darauf beschränkt, den Beschwerdeweiterzug des Beschwerdeführers als unbegründet abzuweisen, soweit auf jenen überhaupt einzutreten war, und die Bestimmungen über Betreibungsferien und Rechtsstillstand (Art. 56
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 56 - Ausser im Arrestverfahren oder wenn es sich um unaufschiebbare Massnahmen zur Erhaltung von Vermögensgegenständen handelt, dürfen Betreibungshandlungen nicht vorgenommen werden:
1  in den geschlossenen Zeiten, nämlich zwischen 20 Uhr und 7 Uhr sowie an Sonntagen und staatlich anerkannten Feiertagen;
2  während der Betreibungsferien, nämlich sieben Tage vor und sieben Tage nach Ostern und Weihnachten sowie vom 15. Juli bis zum 31. Juli; in der Wechselbetreibung gibt es keine Betreibungsferien;
3  gegen einen Schuldner, dem der Rechtsstillstand (Art. 57-62) gewährt ist.
und 63
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 63 - Betreibungsferien und Rechtsstillstand hemmen den Fristenlauf nicht. Fällt jedoch für den Schuldner, den Gläubiger oder den Dritten das Ende einer Frist in die Zeit der Betreibungsferien oder des Rechtsstillstandes, so wird die Frist bis zum dritten Tag nach deren Ende verlängert. Bei der Berechnung der Frist von drei Tagen werden Samstag und Sonntag sowie staatlich anerkannte Feiertage nicht mitgezählt.
SchKG) somit nicht zum Tragen gekommen sind (dazu BGE 115 III 6 E. 4 und 5 S. 9 ff., 11 E. 1 S. 12 ff.). Da ausserdem Schuldbetreibungs- und Konkurssachen von der Vorschrift über den Stillstand der Fristen ausdrücklich ausgenommen sind (Art. 34 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 63 - Betreibungsferien und Rechtsstillstand hemmen den Fristenlauf nicht. Fällt jedoch für den Schuldner, den Gläubiger oder den Dritten das Ende einer Frist in die Zeit der Betreibungsferien oder des Rechtsstillstandes, so wird die Frist bis zum dritten Tag nach deren Ende verlängert. Bei der Berechnung der Frist von drei Tagen werden Samstag und Sonntag sowie staatlich anerkannte Feiertage nicht mitgezählt.
OG), wäre das Ende der Beschwerdefrist auf den 8. Januar 2001 gefallen (der zehnte Tag, der 6. Januar, war ein Samstag). Die Beschwerde ist indessen erst am 15. Januar 2001 zur Post gebracht worden. Rechtzeitig ist die Beschwerde demgegenüber, wenn dem Beschwerdeführer auf Grund der bisherigen Rechtsprechung zugestanden wird, dass die Beschwerdefrist zu laufen begonnen hat, als er den angefochtenen Entscheid am 4. Januar 2001 in Empfang nahm. Der zehnte Tag ist in diesem Fall der 14. Januar (Sonntag), so dass mit der Postaufgabe vom Montag, 15. Januar 2001, die Frist gewahrt worden ist. b) Die Frage der Rechtzeitigkeit mag hier letztlich offen bleiben. Wie darzulegen sein wird, hat die erkennende Kammer die Beschwerde ohnehin von Amtes wegen zu behandeln.
3. Das Obergericht erklärt, die Vorschriften über den Rechtsstillstand seien nicht im öffentlichen Interesse aufgestellt worden, sondern einzig zum Schutz des Betreibungsschuldners. Die strittige Publikation von Betreibungsurkunden, die in den vom 1. Februar 2000 bis 13. Februar 2001 dauernden Zivildienst des Beschwerdeführers gefallen ist, hat für die Vorinstanz deshalb einzig zur Folge,
BGE 127 III 173 S. 176

dass die Zahlungsbefehle ihre Wirkung erst nach Entlassung des Beschwerdeführers aus dem Zivildienst entfalteten. a) Nach der seit dem 1. Januar 1997 geltenden Fassung von Art. 57 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 57 - 1 Für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, besteht während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand.95
1    Für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, besteht während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand.95
2    Hat der Schuldner vor der Entlassung oder Beurlaubung mindestens 30 Tage ohne wesentlichen Unterbruch Dienst geleistet, so besteht der Rechtsstillstand auch noch während der zwei auf die Entlassung oder Beurlaubung folgenden Wochen.
3    Für periodische familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungsbeiträge kann der Schuldner auch während des Rechtsstillstandes betrieben werden.96
4    Schuldner, die aufgrund eines Arbeitsverhältnisses zum Bund oder zum Kanton Militär- oder Schutzdienst leisten, geniessen keinen Rechtsstillstand.97
SchKG besteht für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand; hat der Schuldner vor der Entlassung oder Beurlaubung mindestens 30 Tage ohne wesentlichen Unterbruch Dienst geleistet, so besteht der Rechtsstillstand auch noch während der zwei auf die Entlassung oder Beurlaubung folgenden Wochen (Art. 57 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 57 - 1 Für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, besteht während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand.95
1    Für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, besteht während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand.95
2    Hat der Schuldner vor der Entlassung oder Beurlaubung mindestens 30 Tage ohne wesentlichen Unterbruch Dienst geleistet, so besteht der Rechtsstillstand auch noch während der zwei auf die Entlassung oder Beurlaubung folgenden Wochen.
3    Für periodische familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungsbeiträge kann der Schuldner auch während des Rechtsstillstandes betrieben werden.96
4    Schuldner, die aufgrund eines Arbeitsverhältnisses zum Bund oder zum Kanton Militär- oder Schutzdienst leisten, geniessen keinen Rechtsstillstand.97
SchKG). Vom Rechtsstillstand ausgenommen sind jedoch Betreibungen für periodische familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungsbeiträge (Art. 57 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 57 - 1 Für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, besteht während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand.95
1    Für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, besteht während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand.95
2    Hat der Schuldner vor der Entlassung oder Beurlaubung mindestens 30 Tage ohne wesentlichen Unterbruch Dienst geleistet, so besteht der Rechtsstillstand auch noch während der zwei auf die Entlassung oder Beurlaubung folgenden Wochen.
3    Für periodische familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungsbeiträge kann der Schuldner auch während des Rechtsstillstandes betrieben werden.96
4    Schuldner, die aufgrund eines Arbeitsverhältnisses zum Bund oder zum Kanton Militär- oder Schutzdienst leisten, geniessen keinen Rechtsstillstand.97
SchKG). Ausser in Arrestverfahren oder wenn es sich um unaufschiebbare Massnahmen zur Erhaltung von Vermögensgegenständen handelt, dürfen gegen einen Schuldner, dem der Rechtsstillstand gewährt ist, keine Betreibungshandlungen vorgenommen werden (Art. 56 Ziff. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 56 - Ausser im Arrestverfahren oder wenn es sich um unaufschiebbare Massnahmen zur Erhaltung von Vermögensgegenständen handelt, dürfen Betreibungshandlungen nicht vorgenommen werden:
1  in den geschlossenen Zeiten, nämlich zwischen 20 Uhr und 7 Uhr sowie an Sonntagen und staatlich anerkannten Feiertagen;
2  während der Betreibungsferien, nämlich sieben Tage vor und sieben Tage nach Ostern und Weihnachten sowie vom 15. Juli bis zum 31. Juli; in der Wechselbetreibung gibt es keine Betreibungsferien;
3  gegen einen Schuldner, dem der Rechtsstillstand (Art. 57-62) gewährt ist.
SchKG). In der Betreibung auf Pfandverwertung ist jedoch der Zahlungsbefehl auch während des wegen der erwähnten Dienstleistungen gewährten Rechtsstillstandes zuzustellen, wenn dieser drei Monate gedauert hat (Art. 57b Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 57b - 1 Gegenüber einem Schuldner, der wegen Militär-, Zivil- oder Schutzdienstes Rechtsstillstand geniesst, verlängert sich die Haftung des Grundpfandes für die Zinse der Grundpfandschuld (Art. 818 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB104) um die Dauer des Rechtsstillstandes.105
1    Gegenüber einem Schuldner, der wegen Militär-, Zivil- oder Schutzdienstes Rechtsstillstand geniesst, verlängert sich die Haftung des Grundpfandes für die Zinse der Grundpfandschuld (Art. 818 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB104) um die Dauer des Rechtsstillstandes.105
2    In der Betreibung auf Pfandverwertung ist der Zahlungsbefehl auch während des Rechtsstillstandes zuzustellen, wenn dieser drei Monate gedauert hat.
SchKG), und nach Art. 57c Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 57c - 1 Gegenüber einem Schuldner, der wegen Militär-, Zivil- oder Schutzdienstes Rechtsstillstand geniesst, kann der Gläubiger für die Dauer des Rechtsstillstandes verlangen, dass das Betreibungsamt ein Güterverzeichnis mit den in Artikel 164 bezeichneten Wirkungen aufnimmt.107 Der Gläubiger hat indessen den Bestand seiner Forderung und ihre Gefährdung durch Handlungen des Schuldners oder Dritter glaubhaft zu machen, die auf eine Begünstigung einzelner Gläubiger zum Nachteil anderer oder auf eine allgemeine Benachteiligung der Gläubiger hinzielen.
1    Gegenüber einem Schuldner, der wegen Militär-, Zivil- oder Schutzdienstes Rechtsstillstand geniesst, kann der Gläubiger für die Dauer des Rechtsstillstandes verlangen, dass das Betreibungsamt ein Güterverzeichnis mit den in Artikel 164 bezeichneten Wirkungen aufnimmt.107 Der Gläubiger hat indessen den Bestand seiner Forderung und ihre Gefährdung durch Handlungen des Schuldners oder Dritter glaubhaft zu machen, die auf eine Begünstigung einzelner Gläubiger zum Nachteil anderer oder auf eine allgemeine Benachteiligung der Gläubiger hinzielen.
2    Die Aufnahme des Güterverzeichnisses kann durch Sicherstellung der Forderung des antragstellenden Gläubigers abgewendet werden.
SchKG kann der Gläubiger für die Dauer des genannten Rechtsstillstandes verlangen, dass das Betreibungsamt ein Güterverzeichnis aufnehme. b) Die Publikation der gegen den Beschwerdeführer ergangenen Zahlungsbefehle fiel mitten in die durch den Zivildienst begründete Schonzeit. Nach der Rechtsprechung ist dem Verbot von Betreibungshandlungen während der Schonzeit nicht (generell) eine absolute Wirkung beizumessen: So wie eine aus einem andern Grund fehlerhafte Zustellung eines Zahlungsbefehls nicht zwingend zu wiederholen ist (dazu BGE 112 III 81 E. 2b S. 84 f.; BGE 104 III 12 E. 1 S. 13 mit Hinweisen), ist beispielsweise auch die Zustellung während Betreibungsferien nicht nichtig. Die Missachtung von Art. 56 Ziff. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 56 - Ausser im Arrestverfahren oder wenn es sich um unaufschiebbare Massnahmen zur Erhaltung von Vermögensgegenständen handelt, dürfen Betreibungshandlungen nicht vorgenommen werden:
1  in den geschlossenen Zeiten, nämlich zwischen 20 Uhr und 7 Uhr sowie an Sonntagen und staatlich anerkannten Feiertagen;
2  während der Betreibungsferien, nämlich sieben Tage vor und sieben Tage nach Ostern und Weihnachten sowie vom 15. Juli bis zum 31. Juli; in der Wechselbetreibung gibt es keine Betreibungsferien;
3  gegen einen Schuldner, dem der Rechtsstillstand (Art. 57-62) gewährt ist.
SchKG hat einzig zur Folge, dass die Betreibungshandlung ihre Rechtswirkung erst am ersten Tag nach Ablauf der Betreibungsferien entfaltet (BGE 121 III 284 E. 2b S. 285 mit Hinweisen). Diese Praxis ist dadurch gerechtfertigt, dass die in Frage stehende Schonzeit allein den Schuldner schützen soll (vgl. BGE 117 III 39 E. 4b S. 42 mit Hinweis). Anders verhält es sich beim Rechtsstillstand wegen Militär-, Zivil- oder Schutzdienstes: Hier geht es nicht nur um Individualinteressen des Dienstpflichtigen, sondern auch um das Interesse der
BGE 127 III 173 S. 177

Allgemeinheit daran, dass die zu erbringende Dienstleistung nicht beeinträchtigt werde (vgl. FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, 3. Aufl., I. Bd., § 13 Rz. 8; PIERRE-ROBERT GILLIÉRON, C-ommentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, N. 16 zu Art. 57; HUGO WYSSEN, Geschlossene Zeiten, Betreibungsferien und Rechtsstillstand [Art. 56 ff
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 56 - Ausser im Arrestverfahren oder wenn es sich um unaufschiebbare Massnahmen zur Erhaltung von Vermögensgegenständen handelt, dürfen Betreibungshandlungen nicht vorgenommen werden:
1  in den geschlossenen Zeiten, nämlich zwischen 20 Uhr und 7 Uhr sowie an Sonntagen und staatlich anerkannten Feiertagen;
2  während der Betreibungsferien, nämlich sieben Tage vor und sieben Tage nach Ostern und Weihnachten sowie vom 15. Juli bis zum 31. Juli; in der Wechselbetreibung gibt es keine Betreibungsferien;
3  gegen einen Schuldner, dem der Rechtsstillstand (Art. 57-62) gewährt ist.
. SchKG], Diss. Basel 1995, S. 130; KARL RÜEGGER, Die Rechtsstellung des schweizerischen Wehrmannes in der Schuldbetreibung, Diss. Zürich 1947, S. 11). So hat das Bundesgericht denn entschieden, dass die Zustellung eines Zahlungsbefehls während eines Militärdienstes gänzlich unbeachtlich, d.h. nichtig, sei. Der Wehrmann müsse den ihm während des Dienstes zugestellten Zahlungsbefehl ohne Nachteil vergessen dürfen und es dürfe ihm nicht zugemutet werden, im Dienst etwas vorzukehren, das ihn nach der Entlassung an die fällige Rechtsvorkehr erinnern solle (BGE 67 III 69f.; im gleichen Sinne auch der Entscheid der Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen des Kantons Genf vom 27. April 1983, veröffentlicht in: BlSchK 1985 S. 93 f., Nr. 22; dazu ferner: FRITZSCHE/WALDER, a.a.O., § 13 Rz. 23; GILLIÉRON, a.a.O., N. 13 und 29 zu Art. 57; WYSSEN, a.a.O., S. 131 oben; ALBERT KILLER, Betreibungsferien und Rechtsstillstand, in: BlSchK 1966 S. 15 oben; NICOLAS JEANDIN, Schuldbetreibung und Konkurs, Fristen, Betreibungsferien und Rechtsstillstand, SJK 518 S. 20 f.; einheitlich für einen blossen Aufschub der Wirkung: JAEGER, Schuldbetreibung und Konkurs, Zürich 1911, N. 5 zu Art. 57
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 57 - 1 Für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, besteht während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand.95
1    Für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, besteht während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand.95
2    Hat der Schuldner vor der Entlassung oder Beurlaubung mindestens 30 Tage ohne wesentlichen Unterbruch Dienst geleistet, so besteht der Rechtsstillstand auch noch während der zwei auf die Entlassung oder Beurlaubung folgenden Wochen.
3    Für periodische familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungsbeiträge kann der Schuldner auch während des Rechtsstillstandes betrieben werden.96
4    Schuldner, die aufgrund eines Arbeitsverhältnisses zum Bund oder zum Kanton Militär- oder Schutzdienst leisten, geniessen keinen Rechtsstillstand.97
SchKG; AMONN/GASSER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 6. Aufl., § 11 Rz. 34 f.).
Gründe, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen, bestehen nicht. THOMAS BAUER (Kommentar zum SchKG, N. 14 zu Art. 57) hält die Nichtigkeitsfolge für nicht mehr zeitgemäss mit dem Bemerken, die Dauer der dienstbedingten Abwesenheiten der heutigen Militär-, Zivil- oder Schutzdienstpflichtigen lasse sich nicht mit der Länge des Aktivdienstes (in Kriegszeiten) vergleichen. Von Art. 57 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 57 - 1 Für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, besteht während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand.95
1    Für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, besteht während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand.95
2    Hat der Schuldner vor der Entlassung oder Beurlaubung mindestens 30 Tage ohne wesentlichen Unterbruch Dienst geleistet, so besteht der Rechtsstillstand auch noch während der zwei auf die Entlassung oder Beurlaubung folgenden Wochen.
3    Für periodische familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungsbeiträge kann der Schuldner auch während des Rechtsstillstandes betrieben werden.96
4    Schuldner, die aufgrund eines Arbeitsverhältnisses zum Bund oder zum Kanton Militär- oder Schutzdienst leisten, geniessen keinen Rechtsstillstand.97
SchKG (wonach der Rechtsstillstand bei mindestens 30-tägiger Dienstdauer ohne wesentlichen Unterbruch um zwei Wochen verlängert wird) abgesehen, trifft das Gesetz indessen keine Unterscheidung nach der Länge des Dienstes. Namentlich gilt die Schonzeit beispielsweise auch für zwei- oder dreiwöchige Wiederholungskurse. Ausserdem zeigt gerade der vorliegende Fall, wo es um einen mehr als einjährigen Zivildienst geht, dass auch heutzutage Dienste von längerer Dauer durchaus vorkommen. Zu denken ist
BGE 127 III 173 S. 178

ebenfalls an längere Einsätze von Armeeangehörigen im Ausland (dazu WYSSEN, a.a.O., S. 13) oder an eine künftige Möglichkeit, die gesamte Militärdienstpflicht ohne Unterbruch in einem Mal zu leisten. Entgegen der - nicht näher begründeten - Auffassung von BAUER (a.a.O.) fehlen ferner sachliche Gründe für eine Sonderbehandlung von Zivildienst- und Zivilschutzdienstleistenden (so auch JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 4. Aufl., Zürich 1997, N. 7 zu Art. 57). Auch der einer solchen Dienstpflicht Unterworfene ist davon zu bewahren, unter Umständen Monate im Voraus Vorkehrungen treffen zu müssen im Hinblick auf eine rechtzeitige Wahrung seiner Rechte nach Entlassung aus dem Dienst. c) Die vom Beschwerdeführer beanstandete öffentliche Bekanntmachung von Zahlungsbefehlen ist nach dem Gesagten nichtig, zumal sie offensichtlich nicht Betreibungen für familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungsbeiträge (Art. 57 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 57 - 1 Für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, besteht während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand.95
1    Für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, besteht während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand.95
2    Hat der Schuldner vor der Entlassung oder Beurlaubung mindestens 30 Tage ohne wesentlichen Unterbruch Dienst geleistet, so besteht der Rechtsstillstand auch noch während der zwei auf die Entlassung oder Beurlaubung folgenden Wochen.
3    Für periodische familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungsbeiträge kann der Schuldner auch während des Rechtsstillstandes betrieben werden.96
4    Schuldner, die aufgrund eines Arbeitsverhältnisses zum Bund oder zum Kanton Militär- oder Schutzdienst leisten, geniessen keinen Rechtsstillstand.97
SchKG) betrafen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 127 III 173
Datum : 13. Februar 2001
Publiziert : 31. Dezember 2002
Quelle : Bundesgericht
Status : 127 III 173
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Art. 19 Abs. 1 SchKG; Beginn des Fristenlaufs. Zustellung des kantonalen Beschwerdeentscheids an eine Postlagernd-Adresse:


Gesetzesregister
OG: 34
SchKG: 19 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 19 - Die Beschwerde an das Bundesgericht richtet sich nach dem Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 200529.
56 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 56 - Ausser im Arrestverfahren oder wenn es sich um unaufschiebbare Massnahmen zur Erhaltung von Vermögensgegenständen handelt, dürfen Betreibungshandlungen nicht vorgenommen werden:
1  in den geschlossenen Zeiten, nämlich zwischen 20 Uhr und 7 Uhr sowie an Sonntagen und staatlich anerkannten Feiertagen;
2  während der Betreibungsferien, nämlich sieben Tage vor und sieben Tage nach Ostern und Weihnachten sowie vom 15. Juli bis zum 31. Juli; in der Wechselbetreibung gibt es keine Betreibungsferien;
3  gegen einen Schuldner, dem der Rechtsstillstand (Art. 57-62) gewährt ist.
57 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 57 - 1 Für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, besteht während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand.95
1    Für einen Schuldner, der sich im Militär-, Zivil- oder Schutzdienst befindet, besteht während der Dauer des Dienstes Rechtsstillstand.95
2    Hat der Schuldner vor der Entlassung oder Beurlaubung mindestens 30 Tage ohne wesentlichen Unterbruch Dienst geleistet, so besteht der Rechtsstillstand auch noch während der zwei auf die Entlassung oder Beurlaubung folgenden Wochen.
3    Für periodische familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungsbeiträge kann der Schuldner auch während des Rechtsstillstandes betrieben werden.96
4    Schuldner, die aufgrund eines Arbeitsverhältnisses zum Bund oder zum Kanton Militär- oder Schutzdienst leisten, geniessen keinen Rechtsstillstand.97
57b 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 57b - 1 Gegenüber einem Schuldner, der wegen Militär-, Zivil- oder Schutzdienstes Rechtsstillstand geniesst, verlängert sich die Haftung des Grundpfandes für die Zinse der Grundpfandschuld (Art. 818 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB104) um die Dauer des Rechtsstillstandes.105
1    Gegenüber einem Schuldner, der wegen Militär-, Zivil- oder Schutzdienstes Rechtsstillstand geniesst, verlängert sich die Haftung des Grundpfandes für die Zinse der Grundpfandschuld (Art. 818 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB104) um die Dauer des Rechtsstillstandes.105
2    In der Betreibung auf Pfandverwertung ist der Zahlungsbefehl auch während des Rechtsstillstandes zuzustellen, wenn dieser drei Monate gedauert hat.
57c 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 57c - 1 Gegenüber einem Schuldner, der wegen Militär-, Zivil- oder Schutzdienstes Rechtsstillstand geniesst, kann der Gläubiger für die Dauer des Rechtsstillstandes verlangen, dass das Betreibungsamt ein Güterverzeichnis mit den in Artikel 164 bezeichneten Wirkungen aufnimmt.107 Der Gläubiger hat indessen den Bestand seiner Forderung und ihre Gefährdung durch Handlungen des Schuldners oder Dritter glaubhaft zu machen, die auf eine Begünstigung einzelner Gläubiger zum Nachteil anderer oder auf eine allgemeine Benachteiligung der Gläubiger hinzielen.
1    Gegenüber einem Schuldner, der wegen Militär-, Zivil- oder Schutzdienstes Rechtsstillstand geniesst, kann der Gläubiger für die Dauer des Rechtsstillstandes verlangen, dass das Betreibungsamt ein Güterverzeichnis mit den in Artikel 164 bezeichneten Wirkungen aufnimmt.107 Der Gläubiger hat indessen den Bestand seiner Forderung und ihre Gefährdung durch Handlungen des Schuldners oder Dritter glaubhaft zu machen, die auf eine Begünstigung einzelner Gläubiger zum Nachteil anderer oder auf eine allgemeine Benachteiligung der Gläubiger hinzielen.
2    Die Aufnahme des Güterverzeichnisses kann durch Sicherstellung der Forderung des antragstellenden Gläubigers abgewendet werden.
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SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 63 - Betreibungsferien und Rechtsstillstand hemmen den Fristenlauf nicht. Fällt jedoch für den Schuldner, den Gläubiger oder den Dritten das Ende einer Frist in die Zeit der Betreibungsferien oder des Rechtsstillstandes, so wird die Frist bis zum dritten Tag nach deren Ende verlängert. Bei der Berechnung der Frist von drei Tagen werden Samstag und Sonntag sowie staatlich anerkannte Feiertage nicht mitgezählt.
BGE Register
104-III-12 • 111-V-99 • 112-III-81 • 115-III-6 • 116-III-59 • 117-III-39 • 121-III-284 • 123-III-492 • 127-III-173
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BlSchK
1966 S.15 • 1985 S.93