Urteilskopf

126 V 61

12. Auszug aus dem Urteil vom 19. Mai 2000 i. S. C. gegen Ausgleichskasse des Kantons Zürich und Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
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Regesto (it):


Erwägungen ab Seite 61

BGE 126 V 61 S. 61

Aus den Erwägungen:

4. a) Nach ständiger Rechtsprechung zu Art. 52
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
1    Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
2    Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, so haften subsidiär die Mitglieder der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder Liquidation befassten Personen. Sind mehrere Personen für den gleichen Schaden verantwortlich, so haften sie für den ganzen Schaden solidarisch.292
3    Der Schadenersatzanspruch verjährt nach den Bestimmungen des Obligationenrechts293 über die unerlaubten Handlungen.294
4    Die zuständige Ausgleichskasse macht den Schadenersatz durch Erlass einer Verfügung geltend.295
5    In Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG296 ist für die Beschwerde das Versicherungsgericht des Kantons zuständig, in welchem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat.
6    Die Haftung nach Artikel 78 ATSG ist ausgeschlossen.
AHVG (BGE 123 V 173 Erw. 3a, BGE 112 V 4 Erw. 3c, BGE 109 V 93 Erw. 13; vgl. auch THOMAS NUSSBAUMER, Die Haftung des Verwaltungsrates nach Art. 52
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
1    Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
2    Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, so haften subsidiär die Mitglieder der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder Liquidation befassten Personen. Sind mehrere Personen für den gleichen Schaden verantwortlich, so haften sie für den ganzen Schaden solidarisch.292
3    Der Schadenersatzanspruch verjährt nach den Bestimmungen des Obligationenrechts293 über die unerlaubten Handlungen.294
4    Die zuständige Ausgleichskasse macht den Schadenersatz durch Erlass einer Verfügung geltend.295
5    In Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG296 ist für die Beschwerde das Versicherungsgericht des Kantons zuständig, in welchem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat.
6    Die Haftung nach Artikel 78 ATSG ist ausgeschlossen.
AHVG, in: AJP 1996 S. 1081) dauert die Verantwortlichkeit eines Verwaltungsrates in der Regel bis zum Moment seines tatsächlichen Austritts aus dem Verwaltungsrat, und nicht bis zum Zeitpunkt der Löschung seiner Funktion im Handelsregister. Das gilt jedenfalls in denjenigen Fällen, in denen die Betroffenen, nach ihrer Demission, keinen Einfluss mehr auf den Gang der Geschäfte und keine Entschädigung für ihre Verwaltungsratsstellung erhalten haben. Mit anderen Worten kann ein Verwaltungsrat nur für Schaden haftbar erklärt werden, der auf die Nichtbezahlung von Beiträgen zurückzuführen ist, welche im Zeitpunkt seines effektiven Austrittes entstanden und fällig waren. Vorbehalten bleibt der Fall, in dem der
BGE 126 V 61 S. 62

Schaden durch Handlungen verursacht worden ist, deren Wirkungen sich jedoch erst nach seinem Rücktritt als Verwaltungsrat entfaltet haben. b) Mit Blick auf die öffentlichrechtliche Natur und die Funktion der Haftung nach Art. 52
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
1    Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
2    Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, so haften subsidiär die Mitglieder der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder Liquidation befassten Personen. Sind mehrere Personen für den gleichen Schaden verantwortlich, so haften sie für den ganzen Schaden solidarisch.292
3    Der Schadenersatzanspruch verjährt nach den Bestimmungen des Obligationenrechts293 über die unerlaubten Handlungen.294
4    Die zuständige Ausgleichskasse macht den Schadenersatz durch Erlass einer Verfügung geltend.295
5    In Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG296 ist für die Beschwerde das Versicherungsgericht des Kantons zuständig, in welchem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat.
6    Die Haftung nach Artikel 78 ATSG ist ausgeschlossen.
AHVG, welche darin liegen, dass Arbeitgeber und Organe ihren AHV-rechtlichen Pflichten (Art. 51
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 51 Aufgaben - 1 Die Arbeitgeber haben von jedem Lohn im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 den Beitrag des Arbeitnehmers abzuziehen.287
1    Die Arbeitgeber haben von jedem Lohn im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 den Beitrag des Arbeitnehmers abzuziehen.287
2    ...288 289
3    Die Arbeitgeber haben die von den Arbeitnehmern in der Anmeldung zum Bezug eines Versicherungsausweises gemachten Angaben auf Grund amtlicher Ausweispapiere zu überprüfen. Sie rechnen mit der Ausgleichskasse über die abgezogenen und die selbst geschuldeten Beiträge sowie über die ausbezahlten Renten und Hilflosenentschädigungen periodisch ab und machen die erforderlichen Angaben für die Führung der individuellen Konten der Arbeitnehmer.290
4    Der Bundesrat kann den Arbeitgebern weitere Aufgaben, die mit dem Beitragsbezug oder der Rentenauszahlung in Zusammenhang stehen, übertragen.
AHVG) nachkommen sollen und im Falle ihrer Verletzung für den dadurch angerichteten Schaden Ersatz zu leisten haben, rechtfertigt es sich, diese Rechtsprechung auch auf diejenigen Konstellationen anzuwenden, in denen das Verwaltungsratsmandat nicht wegen Rücktritts oder Abberufung beendet wird, sondern zufolge fehlender Wiederwahl nach Ablauf der gesetzlichen oder statutarischen Amtsdauer, wenn besondere Verhältnisse im Einzelfall vermuten lassen, dass eine Wiederwahl nicht stattgefunden hätte. Denn diesen beiden Sachverhalten ist gemeinsam, dass die Funktion des Verwaltungsrates in der Firma tatsächlich nicht mehr ausgeübt wird, welcher Umstand für ihre Gleichbehandlung spricht (zur Bedeutung der Rechtsgleichheit im Rahmen der materiellen Gesetzesauslegung vgl. BGE 119 V 130 Erw. 5b). Dass die Verhältnisse bei stillschweigendem Auslaufen und Nichterneuerung des Verwaltungsratsmandates nach Ablauf der Amtsdauer nicht so klar zu Tage treten wie bei den sich in entsprechenden Erklärungen, Protokollen usw. niederschlagenden Akten des Rücktritts und der Abberufung, stellt keinen Grund für eine materiellrechtlich ungleiche Behandlung dar. Vielmehr ist in der ersten Fallgruppe in beweismässiger Hinsicht zu verlangen, dass die fehlenden Bindungen, also die vollständige Loslösung des früheren Organs von der Firma, klar ausgewiesen sind. c) Indessen stellt sich die vom Eidg. Versicherungsgericht bereits im nicht veröffentlichten Urteil G. vom 19. September 1997 aufgeworfene und schliesslich offen gelassene Frage, ob der ausscheidende Verwaltungsrat - im Hinblick auf den Schutz des guten Glaubens Dritter - für die Folgen seiner Unterlassung, die Löschung der Verwaltungsratsstellung beim Handelsregisterführer anzumelden (Art. 25a
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 51 Aufgaben - 1 Die Arbeitgeber haben von jedem Lohn im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 den Beitrag des Arbeitnehmers abzuziehen.287
1    Die Arbeitgeber haben von jedem Lohn im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 den Beitrag des Arbeitnehmers abzuziehen.287
2    ...288 289
3    Die Arbeitgeber haben die von den Arbeitnehmern in der Anmeldung zum Bezug eines Versicherungsausweises gemachten Angaben auf Grund amtlicher Ausweispapiere zu überprüfen. Sie rechnen mit der Ausgleichskasse über die abgezogenen und die selbst geschuldeten Beiträge sowie über die ausbezahlten Renten und Hilflosenentschädigungen periodisch ab und machen die erforderlichen Angaben für die Führung der individuellen Konten der Arbeitnehmer.290
4    Der Bundesrat kann den Arbeitgebern weitere Aufgaben, die mit dem Beitragsbezug oder der Rentenauszahlung in Zusammenhang stehen, übertragen.
HRegV), einzustehen habe. Aus den im Urteil G. angestellten Überlegungen ist dies, entgegen der von der Vorinstanz vertretenen Auffassung, zu verneinen: Die Verantwortlichkeit des Verwaltungsrates nach Art. 52
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
1    Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
2    Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, so haften subsidiär die Mitglieder der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder Liquidation befassten Personen. Sind mehrere Personen für den gleichen Schaden verantwortlich, so haften sie für den ganzen Schaden solidarisch.292
3    Der Schadenersatzanspruch verjährt nach den Bestimmungen des Obligationenrechts293 über die unerlaubten Handlungen.294
4    Die zuständige Ausgleichskasse macht den Schadenersatz durch Erlass einer Verfügung geltend.295
5    In Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG296 ist für die Beschwerde das Versicherungsgericht des Kantons zuständig, in welchem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat.
6    Die Haftung nach Artikel 78 ATSG ist ausgeschlossen.
AHVG beruht auf der gesetzlichen Pflicht, für die Bezahlung der geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge zu sorgen. Damit unterscheidet sich die Situation der Ausgleichskasse wesentlich von derjenigen eines privaten Gläubigers, der u.a. auf der Grundlage der handelsregisterlich ausgewiesenen
BGE 126 V 61 S. 63

Besetzung des Verwaltungsrates die Bonität der Gesellschaft einschätzt und sich gestützt darauf entschliesst, ob er mit ihr Geschäfte eingeht.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 126 V 61
Datum : 19. Mai 2000
Publiziert : 31. Dezember 2000
Quelle : Bundesgericht
Status : 126 V 61
Sachgebiet : BGE - Sozialversicherungsrecht (bis 2006: EVG)
Gegenstand : Art. 52 AHVG: Dauer der Haftung des Verwaltungsratsmitglieds einer Aktiengesellschaft. - Massgebend für die Dauer der Haftung


Gesetzesregister
AHVG: 51 
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 51 Aufgaben - 1 Die Arbeitgeber haben von jedem Lohn im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 den Beitrag des Arbeitnehmers abzuziehen.287
1    Die Arbeitgeber haben von jedem Lohn im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 den Beitrag des Arbeitnehmers abzuziehen.287
2    ...288 289
3    Die Arbeitgeber haben die von den Arbeitnehmern in der Anmeldung zum Bezug eines Versicherungsausweises gemachten Angaben auf Grund amtlicher Ausweispapiere zu überprüfen. Sie rechnen mit der Ausgleichskasse über die abgezogenen und die selbst geschuldeten Beiträge sowie über die ausbezahlten Renten und Hilflosenentschädigungen periodisch ab und machen die erforderlichen Angaben für die Führung der individuellen Konten der Arbeitnehmer.290
4    Der Bundesrat kann den Arbeitgebern weitere Aufgaben, die mit dem Beitragsbezug oder der Rentenauszahlung in Zusammenhang stehen, übertragen.
52
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
1    Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen.
2    Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, so haften subsidiär die Mitglieder der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder Liquidation befassten Personen. Sind mehrere Personen für den gleichen Schaden verantwortlich, so haften sie für den ganzen Schaden solidarisch.292
3    Der Schadenersatzanspruch verjährt nach den Bestimmungen des Obligationenrechts293 über die unerlaubten Handlungen.294
4    Die zuständige Ausgleichskasse macht den Schadenersatz durch Erlass einer Verfügung geltend.295
5    In Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG296 ist für die Beschwerde das Versicherungsgericht des Kantons zuständig, in welchem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat.
6    Die Haftung nach Artikel 78 ATSG ist ausgeschlossen.
HRegV: 25a
BGE Register
109-V-86 • 112-V-1 • 119-V-121 • 123-V-172 • 126-V-61
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
verwaltungsrat • funktion • schaden • austritt • dauer • amtsdauer • guter glaube • rechtsgleiche behandlung • wirkung • unternehmung • kündigung • arbeitgeber • frage • vorinstanz • tag • vermutung • nachkomme • sachverhalt • aktiengesellschaft
AJP
1996 S.1081