126 IV 76
12. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 24. Januar 2000 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden gegen A., B., C. und D. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):
- Art. 195 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 195 - Mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
a eine minderjährige Person der Prostitution zuführt oder in der Absicht, daraus Vermögensvorteile zu erlangen, ihre Prostitution fördert; b eine Person unter Ausnützung ihrer Abhängigkeit oder wegen eines Vermögensvorteils der Prostitution zuführt; c die Handlungsfreiheit einer Person, die Prostitution betreibt, dadurch beeinträchtigt, dass er sie bei dieser Tätigkeit überwacht oder Ort, Zeit, Ausmass oder andere Umstände der Prostitution bestimmt; d eine Person in der Prostitution festhält. - Die Tatbestandsalternative des Überwachens setzt voraus, dass auf die sich prostituierende Person ein gewisser Druck ausgeübt wird, dem sie sich nicht ohne weiteres entziehen kann. Die blosse Möglichkeit, den Umfang der gegen Entgelt erbrachten sexuellen Leistungen aufgrund des abzuliefernden Erlöses festzustellen, erfüllt den Tatbestand nicht.
Regeste (fr):
- Art. 195 al. 3 CP; encouragement à la prostitution.
- Surveiller la personne s'adonnant à la prostitution dans ses activités implique une certaine pression à laquelle la victime ne peut pas se soustraire aisément. La simple possibilité de pouvoir contrôler, par le biais des montants à reverser, l'étendue de l'activité sexuelle rétribuée, ne suffit pas pour que l'infraction soit réalisée.
Regesto (it):
- Art. 195 cpv. 3 CP; promovimento della prostituzione.
- Sorvegliare la persona dedita alla prostituzione in questa sua attività esige una certa pressione alla quale la vittima non può sottrarsi facilmente. La sola possibilità di controllare, tramite gli importi da retrocedere, la frequenza dell'attività sessuale a pagamento, non è sufficiente.
Sachverhalt ab Seite 76
BGE 126 IV 76 S. 76
A.- Das Kantonsgericht von Graubünden sprach mit Urteil vom 12./13. Juli 1999 A., B., C. sowie D. von der Anklage der mehrfachen Förderung der Prostitution im Sinne von Art. 195 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 195 - Mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
|
a | eine minderjährige Person der Prostitution zuführt oder in der Absicht, daraus Vermögensvorteile zu erlangen, ihre Prostitution fördert; |
b | eine Person unter Ausnützung ihrer Abhängigkeit oder wegen eines Vermögensvorteils der Prostitution zuführt; |
c | die Handlungsfreiheit einer Person, die Prostitution betreibt, dadurch beeinträchtigt, dass er sie bei dieser Tätigkeit überwacht oder Ort, Zeit, Ausmass oder andere Umstände der Prostitution bestimmt; |
d | eine Person in der Prostitution festhält. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 200 - Wird eine strafbare Handlung nach diesem Titel gemeinsam von mehreren Personen ausgeführt, so erhöht das Gericht die Strafe. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte überschreiten. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 195 - Mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
|
a | eine minderjährige Person der Prostitution zuführt oder in der Absicht, daraus Vermögensvorteile zu erlangen, ihre Prostitution fördert; |
b | eine Person unter Ausnützung ihrer Abhängigkeit oder wegen eines Vermögensvorteils der Prostitution zuführt; |
c | die Handlungsfreiheit einer Person, die Prostitution betreibt, dadurch beeinträchtigt, dass er sie bei dieser Tätigkeit überwacht oder Ort, Zeit, Ausmass oder andere Umstände der Prostitution bestimmt; |
d | eine Person in der Prostitution festhält. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 200 - Wird eine strafbare Handlung nach diesem Titel gemeinsam von mehreren Personen ausgeführt, so erhöht das Gericht die Strafe. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte überschreiten. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 200 - Wird eine strafbare Handlung nach diesem Titel gemeinsam von mehreren Personen ausgeführt, so erhöht das Gericht die Strafe. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte überschreiten. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden. |
B.- Gegen dieses Urteil führt die Staatsanwaltschaft Graubünden eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde, mit der sie beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben, soweit A., B., C. und D. von der Anklage der mehrfachen Förderung der Prostitution im Sinne
BGE 126 IV 76 S. 77
von Art. 195 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 195 - Mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
|
a | eine minderjährige Person der Prostitution zuführt oder in der Absicht, daraus Vermögensvorteile zu erlangen, ihre Prostitution fördert; |
b | eine Person unter Ausnützung ihrer Abhängigkeit oder wegen eines Vermögensvorteils der Prostitution zuführt; |
c | die Handlungsfreiheit einer Person, die Prostitution betreibt, dadurch beeinträchtigt, dass er sie bei dieser Tätigkeit überwacht oder Ort, Zeit, Ausmass oder andere Umstände der Prostitution bestimmt; |
d | eine Person in der Prostitution festhält. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 200 - Wird eine strafbare Handlung nach diesem Titel gemeinsam von mehreren Personen ausgeführt, so erhöht das Gericht die Strafe. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte überschreiten. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden. |
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. a) Die Vorinstanz stellt für den Kassationshof verbindlich (Art. 277bis Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 200 - Wird eine strafbare Handlung nach diesem Titel gemeinsam von mehreren Personen ausgeführt, so erhöht das Gericht die Strafe. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte überschreiten. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 195 - Mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
|
a | eine minderjährige Person der Prostitution zuführt oder in der Absicht, daraus Vermögensvorteile zu erlangen, ihre Prostitution fördert; |
b | eine Person unter Ausnützung ihrer Abhängigkeit oder wegen eines Vermögensvorteils der Prostitution zuführt; |
c | die Handlungsfreiheit einer Person, die Prostitution betreibt, dadurch beeinträchtigt, dass er sie bei dieser Tätigkeit überwacht oder Ort, Zeit, Ausmass oder andere Umstände der Prostitution bestimmt; |
d | eine Person in der Prostitution festhält. |
BGE 126 IV 76 S. 78
angegangen worden wären, sei nicht erstellt. Es sei ihnen auch nicht vorgeschrieben worden, welche sexuellen Handlungen und Praktiken sie hätten ausführen müssen. Ebenfalls frei gewesen seien sie in der Auswahl ihrer Kunden. Wohl hätten sie gewöhnlich wie die Freier Fr. 60.- Eintritt bezahlen müssen, ansonsten seien sie aber in ihren Betätigungen frei gewesen. Schliesslich sei den Frauen auch nicht verwehrt gewesen, "Eigengeschäfte" abzuschliessen und mit Freiern das Lokal zu verlassen, um an einem anderen Ort sexuelle Dienste zu erbringen. Vor diesem Hintergrund sei die Erhebung eines Eintrittsgelds, welches als Gegenleistung für die Benützung der Infrastruktur gedacht gewesen sei, nicht zu beanstanden. Die den Frauen abgegebene Preisliste habe als Richt- und Leitlinie gedient. Eine Kontrolle darüber, ob die abgelieferten Einnahmen mit den tatsächlich vorgenommenen sexuellen Handlungen übereinstimmten, habe nicht bestanden. Zwar hätten die Prostituierten alle Einnahmen abliefern müssen und hätten sie ihren Anteil erst am Abend ausbezahlt erhalten, doch liege darin keine Einschränkung des sexuellen Selbstbestimmungsrechts der Prostituierten. Entscheidend sei, dass sie ihren Lohn vereinbarungsgemäss täglich ausbezahlt erhalten hätten. Die Preisliste sei ein ordnendes Element gewesen, das allen Prostituierten ermöglicht habe, die Preise gleich zu gestalten und so einem unerwünschten Preis-Dumping entgegenzuwirken. Sie habe somit im Interesse der Prostituierten selbst gelegen. Der von den Frauen abzuliefernde Anteil von 40% der erzielten Einnahmen erscheine nicht unangemessen, wenn berücksichtigt werde, wie hoch die Fixkosten mittlerweile in anderen freiberuflichen Dienstleistungsbetrieben zu Buche schlagen würden. Ausserdem sei mit dieser Regelung, die den Frauen nicht eine fixe, sondern eine anteilsmässige Beteiligung auferlegte, eine unterschiedliche Behandlung der Prostituierten verhindert worden, hätten sie doch ihren Beitrag nur dann abliefern müssen, wenn sie in den Räumen des Sauna-Clubs ihre Arbeit tatsächlich ausgeführt hätten. Wäre ein für alle Frauen einheitlicher Mietzins gefordert worden, so wären dadurch jene Prostituierten benachteiligt gewesen, welche aus irgendwelchen Gründen nur wenig oder gar keinen Umsatz erzielt hätten. Insgesamt seien die sich im Sauna-Club L. prostituierenden Frauen weder überwacht noch in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt worden. Zwar hätten die Angeklagten mit der Preisliste eine gewisse Ordnung und Reglementierung erlassen, doch reiche dies allein für die Erfüllung des Tatbestandes von Art. 195 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 195 - Mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
|
a | eine minderjährige Person der Prostitution zuführt oder in der Absicht, daraus Vermögensvorteile zu erlangen, ihre Prostitution fördert; |
b | eine Person unter Ausnützung ihrer Abhängigkeit oder wegen eines Vermögensvorteils der Prostitution zuführt; |
c | die Handlungsfreiheit einer Person, die Prostitution betreibt, dadurch beeinträchtigt, dass er sie bei dieser Tätigkeit überwacht oder Ort, Zeit, Ausmass oder andere Umstände der Prostitution bestimmt; |
d | eine Person in der Prostitution festhält. |
BGE 126 IV 76 S. 79
c) Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz habe sich in der Begründung ihres Entscheides mehrheitlich auf Umstände gestützt, welche für die Beurteilung nicht massgebend seien. So sei die Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Prostituierten nicht angeklagt worden. Es werde in der Anklageschrift auch nicht geltend gemacht, dass die Frauen einen bestimmten Tagesumsatz hätten erwirtschaften müssen. Die Überwachung, welche bei objektiver Betrachtungsweise die Handlungsfreiheit der Prostituierten beeinträchtigte, habe aber darin bestanden, dass diese einer Art Betriebsreglement unterstellt worden seien. Danach hätten sie für den Fall, dass sie keine Freier bedient oder einen bestimmten Tagesumsatz nicht erreicht hätten, eine Eintrittsgebühr von Fr. 60.- pro Tag bezahlen müssen. Im Weiteren hätten die Prostituierten ihre Dienste nach einer von der Geschäftsführung festgelegten verbindlichen Tarifliste anbieten müssen, die eine freie Bestimmung der Preise nicht erlaubt habe. Eine weitere Kontrollmöglichkeit habe darin bestanden, dass die Frauen nach erbrachter Dienstleistung den gesamten Erlös der Geschäftsführerin des Sauna-Clubs hätten abliefern müssen, wodurch Art und Umfang der erbrachten Dienstleistung zumindest indirekt habe festgestellt werden können. Die Betriebsordnung habe demzufolge insofern eine Überwachung bewirkt, dass die Prostituierten regelmässig Rechenschaft über ihre Geschäftstätigkeit hätten ablegen müssen. Es habe ständig kontrolliert werden können, ob, wie und in welchem Masse eine Frau im Sauna-Club der Prostitution nachgegangen sei. Damit sei das Tatbestandsmerkmal des Überwachens erfüllt. Daneben sei aber auch das alternative Tatbestandselement der Bestimmung von Ort, Zeit, Ausmass oder anderer Umstände der Prostitution gegeben. Die Ortsbestimmung liege darin, dass die Prostituierten ihre Arbeit grundsätzlich im Sauna-Club L. auszuführen gehabt hätten. Zudem seien die Preise für die einzelnen Dienstleistungen festgelegt gewesen und hätten die Frauen zunächst den gesamten Ertrag abliefern müssen. Bei dieser Vorgehensweise sei die Gewinnbeteiligung direkt von der sexuellen Tätigkeit der Prostituierten abhängig gemacht worden. Unter dem Gesichtspunkt der Infrastrukturkosten könne es aber keinen Unterschied machen, welche sexuellen Dienstleistungen im Einzelnen erbracht würden. Eine prozentmässige Beteiligung am Dirnenlohn berge eine ungleich höhere Gefahr der Einflussnahme als die Zurverfügungstellung der Infrastruktur gegen eine fixe Gebühr.
BGE 126 IV 76 S. 80
2. Art. 195
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 195 - Mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
|
a | eine minderjährige Person der Prostitution zuführt oder in der Absicht, daraus Vermögensvorteile zu erlangen, ihre Prostitution fördert; |
b | eine Person unter Ausnützung ihrer Abhängigkeit oder wegen eines Vermögensvorteils der Prostitution zuführt; |
c | die Handlungsfreiheit einer Person, die Prostitution betreibt, dadurch beeinträchtigt, dass er sie bei dieser Tätigkeit überwacht oder Ort, Zeit, Ausmass oder andere Umstände der Prostitution bestimmt; |
d | eine Person in der Prostitution festhält. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 195 - Mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
|
a | eine minderjährige Person der Prostitution zuführt oder in der Absicht, daraus Vermögensvorteile zu erlangen, ihre Prostitution fördert; |
b | eine Person unter Ausnützung ihrer Abhängigkeit oder wegen eines Vermögensvorteils der Prostitution zuführt; |
c | die Handlungsfreiheit einer Person, die Prostitution betreibt, dadurch beeinträchtigt, dass er sie bei dieser Tätigkeit überwacht oder Ort, Zeit, Ausmass oder andere Umstände der Prostitution bestimmt; |
d | eine Person in der Prostitution festhält. |
BGE 126 IV 76 S. 81
Strafbarkeit nach Art. 195 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 195 - Mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
|
a | eine minderjährige Person der Prostitution zuführt oder in der Absicht, daraus Vermögensvorteile zu erlangen, ihre Prostitution fördert; |
b | eine Person unter Ausnützung ihrer Abhängigkeit oder wegen eines Vermögensvorteils der Prostitution zuführt; |
c | die Handlungsfreiheit einer Person, die Prostitution betreibt, dadurch beeinträchtigt, dass er sie bei dieser Tätigkeit überwacht oder Ort, Zeit, Ausmass oder andere Umstände der Prostitution bestimmt; |
d | eine Person in der Prostitution festhält. |
3. Der Freispruch der Angeklagten von der Anklage der Förderung der Prostitution im Sinne von Art. 195 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 195 - Mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
|
a | eine minderjährige Person der Prostitution zuführt oder in der Absicht, daraus Vermögensvorteile zu erlangen, ihre Prostitution fördert; |
b | eine Person unter Ausnützung ihrer Abhängigkeit oder wegen eines Vermögensvorteils der Prostitution zuführt; |
c | die Handlungsfreiheit einer Person, die Prostitution betreibt, dadurch beeinträchtigt, dass er sie bei dieser Tätigkeit überwacht oder Ort, Zeit, Ausmass oder andere Umstände der Prostitution bestimmt; |
d | eine Person in der Prostitution festhält. |
BGE 126 IV 76 S. 82
Gesetzes nicht ausreicht, sondern zusätzlich die Absicht erforderlich ist, im Falle einer Störung einzugreifen, d.h. gegebenfalls das fragliche Verhalten durchzusetzen (vgl. NITZE, Anm. zu BGH, Urt. v. 17.9.1985 1 StR 279/85, NStZ 1986, 359, 361; SCHÖNKE/SCHRÖDER/LENCKNER, Strafgesetzbuch, Kommentar, 25. Aufl. 1997, § 181a N. 8). Ob dies der Fall ist, ergibt sich daraus, wie die Organisation des Etablissements im Einzelnen ausgestaltet ist. Wohl trifft zu, dass die Frauen im Sauna-Club ihrerseits einen Eintrittspreis von Fr. 60.- bezahlen mussten, die Preise für ihre Dienstleistungen nicht frei bestimmen konnten und zunächst den ganzen Erlös der Geschäftsleitung, die täglich abrechnete, abzuliefern hatten. Auf der anderen Seite konnten die Prostituierten ihre Anwesenheitszeiten, Art und Umfang ihrer Tätigkeit und die Wahl der Kunden aber jederzeit selbst bestimmen. Bei dieser Sachlage lässt sich nicht sagen, durch die Tarifliste und die Regelung der Gewinnbeteiligung sei ein derart bestimmender Einfluss auf die Frauen ausgeübt worden, dass ihr sexuelles Selbstbestimmungsrecht beeinträchtigt gewesen wäre. Wie die Vorinstanz ausführt, kam der Preisliste denn auch in erster Linie die Funktion einer Richt- und Leitlinie zu, die den Frauen erlaubte, die Preise gleich zu gestalten und so einem "unerwünschten Preis-Dumping" entgegenzuwirken. Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht, dass die Beteiligung der Geschäftsleitung sich anteilsmässig nach Art und Umfang der erbrachten Dienstleistung richtete und nicht in einer fixen Abgabe bestand, zumal die Frauen bei dieser Regelung - abgesehen freilich von der Eintrittsgebühr - nicht gezwungen waren, die fixe Gebühr abzuverdienen. Die tatsächlichen Verhältnisse im Sauna-Club L. unterscheiden sich somit erheblich von denjenigen, die den bisher vom Bundesgericht beurteilten Fällen zugrunde lagen. So war im BGE 125 IV 269 zugrunde liegenden Fall durch einen Begleitservice von vorneherein in allen Einzelheiten festgelegt, wo, mit wem und zu welchen Konditionen die Prostituierten welche Liebesdienste ausführen mussten. Darüber hinaus konnten sich die betroffenen Frauen, die sich praktisch rund um die Uhr zur Verfügung halten mussten, allfälligen, ihnen widerstrebenden sexuellen Wünschen der Kunden nicht widersetzen und wurden sie bei der Ausübung der Prostitution durch Chauffeure, die sie zum jeweiligen Einsatzort begleiteten, per Natel überwacht. Auch dem im unveröffentlichten Entscheid des Kassationshofs vom 9.10.1997 i.S. M. (vgl. WIPRÄCHTIGER, a.a.O., S. 146 f.) zugrunde liegenden Fall war die Freiheit der betroffenen Animierdamen dadurch erheblich eingeschränkt, dass sie schon aufgrund
BGE 126 IV 76 S. 83
der ihnen auferlegten finanziellen Bedingungen gezwungen waren, sich der Prostitution hinzugeben, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können, und sie ebenfalls strikten Weisungen hinsichtlich Arbeitszeit, Kundschaft etc. unterworfen waren. In diesen Fällen konnte eine Überwachung im Sinne von Art. 195 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 195 - Mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
|
a | eine minderjährige Person der Prostitution zuführt oder in der Absicht, daraus Vermögensvorteile zu erlangen, ihre Prostitution fördert; |
b | eine Person unter Ausnützung ihrer Abhängigkeit oder wegen eines Vermögensvorteils der Prostitution zuführt; |
c | die Handlungsfreiheit einer Person, die Prostitution betreibt, dadurch beeinträchtigt, dass er sie bei dieser Tätigkeit überwacht oder Ort, Zeit, Ausmass oder andere Umstände der Prostitution bestimmt; |
d | eine Person in der Prostitution festhält. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 195 - Mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
|
a | eine minderjährige Person der Prostitution zuführt oder in der Absicht, daraus Vermögensvorteile zu erlangen, ihre Prostitution fördert; |
b | eine Person unter Ausnützung ihrer Abhängigkeit oder wegen eines Vermögensvorteils der Prostitution zuführt; |
c | die Handlungsfreiheit einer Person, die Prostitution betreibt, dadurch beeinträchtigt, dass er sie bei dieser Tätigkeit überwacht oder Ort, Zeit, Ausmass oder andere Umstände der Prostitution bestimmt; |
d | eine Person in der Prostitution festhält. |