126 III 20
6. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 17. Dezember 1999 i.S. Bank X. gegen I. (Berufung)
Regeste (de):
- Girovertrag; Überweisungsauftrag im beleglosen Zahlungsverkehr nach dem SWIFT-Verfahren.
- Sorgfaltspflicht der beauftragten Bank im Fall, dass nach dem Wortlaut des Überweisungsauftrags ein Widerspruch zwischen dem Namen des Empfängers und der Kontonummer besteht.
Regeste (fr):
- Contrat de giro bancaire; ordre de virement donné dans le cadre du trafic des paiements sans justificatifs effectué par le réseau SWIFT.
- Devoir de diligence de la banque mandatée lorsque le texte de l'ordre de virement révèle l'existence d'une contradiction entre le nom du destinataire et le numéro du compte.
Regesto (it):
- Contratto di giro bancario; ordine di trasferimento nell'ambito di operazioni di pagamento senza giustificativi secondo la procedura SWIFT.
- Dovere di diligenza della banca mandataria laddove il testo dell'ordine di trasferimento rivele una contraddizione tra il nome del destinatario e il numero del conto.
Sachverhalt ab Seite 20
BGE 126 III 20 S. 20
Mit Vertrag vom 8. Juni 1995 verpflichtete sich die Firma I. (fortan: Klägerin), der Firma O. (im Folgenden: O. 3'000 t Stahlblech zu liefern. Den Kaufpreis von USD 500/t hatte die O. im voraus zu bezahlen. Mit Telefax vom 10. Juli 1995 löste diese den Vertrag auf und verlangte die Rückzahlung der bereits geleisteten Anzahlung von USD 707'350.- durch Überweisung an: Bank X.
L.-strasse 2, CH-8024
Zurich, Switzerland
SWIFT: XCH., Account 12345
R. Corporation
Am 13. Juli 1995 beauftragte die Klägerin die Bank P., den Betrag von USD 707'350.- wie folgt zu überweisen: BENEFICIARY: O. Konzern
TO ACCOUNT: Acc.No. 12345
BANK: BANK X.
L.-strasse 2, CH-8024
Zürich, Switzerland
SWIFT: XCH., Account 12345
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R. Corporation
Am 14. Juli 1995 wies die Bank P. die Bank D. mit den selben Instruktionen an, die Überweisung an die Bank X. in Zürich (nachstehend: Beklagte) vorzunehmen. Die Bank D. erteilte dieser am 17. Juli 1995 per SWIFT u.a. die folgenden Instruktionen für die Gutschrift: Account with Institution 00D:// BANK X.
L.-strasse 1
CH 8024 ZUERICH
R. CORPORATION
Beneficiary Customer 00 :/ 12345
O. Konzern
Die Beklagte war von V. E. namens der R. Corporation (im Folgenden: R.) mit Fax vom 14. Juli 1995 über den bevorstehenden Eingang von ca. USD 707'000.- auf dem Konto Nr. 12345, dessen Inhaber er persönlich war, avisiert worden. Am 18. Juli 1995 schrieb die Beklagte den Betrag dem Konto Nr. 12345 gut. Namens der R. bestätigte ihr V. E. den Eingang der Zahlung mit Faxschreiben vom 18. Juli und 11. August 1995. Am 3. August 1995 erstattete die Klägerin bei der Bezirksanwaltschaft Zürich Strafanzeige gegen Unbekannt, weil sie anlässlich eines Besuches des Vizepräsidenten von O. erfahren habe, dass das Kündigungsschreiben mit den Zahlungsinstruktionen vom 10. Juli 1995 nicht von der O. stamme, sondern gefälscht worden sei. Am 14. September 1995 zedierte die Bank D. der Klägerin den Anspruch auf Rückerstattung der USD 707'350.- gegen die Beklagte "in so far as Bank X. did not correctly execute this order to credit the amount of USD 707'350.- to the indicated account of O. Konzern ...". Mit Klage vom 15. März 1996 beantragte die Klägerin dem Handelsgericht des Kantons Zürich, die Beklagte zur Bezahlung von USD 707'350.- nebst Zins zu 5 7/8% seit 17. Juli 1995 zu verpflichten. Das Handelsgericht hiess die Klage mit Urteil vom 12. Dezember 1997 gut. Die von der Beklagten gegen dieses Urteil eingelegte Berufung weist das Bundesgericht ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. a) aa) Zutreffend gehen sowohl die Vorinstanz als auch die Beklagte davon aus, dass der Girovertrag den Regeln des einfachen
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Auftrages untersteht. Die beauftragte Bank haftet demnach ihrem Kunden gemäss Art. 398 Abs. 2
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat CO Art. 398 - 1 La responsabilité du mandataire est soumise, d'une manière générale, aux mêmes règles que celle du travailleur dans les rapports de travail.256 |
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1 | La responsabilité du mandataire est soumise, d'une manière générale, aux mêmes règles que celle du travailleur dans les rapports de travail.256 |
2 | Le mandataire est responsable envers le mandant de la bonne et fidèle exécution du mandat. |
3 | Il est tenu de l'exécuter personnellement, à moins qu'il ne soit autorisé à le transférer à un tiers, qu'il n'y soit contraint par les circonstances ou que l'usage ne permette une substitution de pouvoirs. |
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat CO Art. 466 - L'assignation est un contrat par lequel l'assigné est autorisé à remettre à l'assignataire, pour le compte de l'assignant, une somme d'argent, des papiers-valeurs ou d'autres choses fongibles, que l'assignataire a mandat de percevoir en son propre nom. |
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beruht auf dem Gedanken, dass ein Verschreiben bei Namen weniger oft vorkomme als bei Zahlen und so ein geringeres Verwechslungsrisiko eingegangen werde (HADDING/HÄUSER, Rechtsfragen des Giroverhältnisses, Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht 1981, S. 144). Die auftragsrechtliche Sorgfaltspflicht gebietet dem Überweisungsbeauftragten auch nach schweizerischem Recht, eine Falschzahlung nach Möglichkeit zu vermeiden. Werden im Interbankverkehr sowohl die Kontonummer als auch der Name des Kontoinhabers angegeben, lässt sich die Kongruenz der beiden Angaben ohne weiteres überprüfen. Das SWIFT-Verfahren sieht die Bezeichnung sowohl des Kontos als auch des Namens des Begünstigten vor; diese doppelte Identifikation des Empfängerkontos soll auch hier offensichtlich Verwechslungen und Irrtümern entgegenwirken. Wo das für eine Überweisung verwendete Verfahren einen Schutz durch doppelte Identifikation vorsieht, darf die beauftragte Bank entsprechende Angaben, mit denen der Auftraggeber sich gegen Fehlüberweisungen absichern will, nicht einfach ignorieren. Ihre auftragsrechtliche Sorgfaltspflicht bedingt vielmehr, dass sie durch eine Kontrolle der beiden Angaben das Ihrige zur Vermeidung einer Verwechslung beiträgt. Im Falle von Widersprüchlichkeiten in den zur Identifikation des Empfängerkontos gemachten Angaben ist es daher der beauftragten Bank versagt, den Zahlungsauftrag in der einen oder anderen Weise zu interpretieren (GUGGENHEIM, a.a.O., S. 246). Ob die Bank allenfalls auf die Benennung des Empfängers abstellen dürfte, wenn hinsichtlich der Kontonummer klarerweise eine Verwechslung vorliegt, braucht hier nicht erörtert zu werden, da die als Begünstigte bezeichnete O. bei der Beklagten gar kein Konto führte und dies daher ohnehin nicht in Frage kam. Jedenfalls darf sie aber die Überweisung nicht allein gestützt auf die Kontonummer vornehmen, obwohl der Name des Begünstigten nicht mit demjenigen des Kontoinhabers übereinstimmt; dass vorliegend die R. im Überweisungsauftrag genannt wurde und gewisse Hinweise dafür bestanden, dass diese begünstigt werden sollte, ändert daran nichts, verblieb doch damit die Unsicherheit darüber, weshalb als Begünstigte die O. genannt wurde. Die Beklagte hätte daher, da keine erkennbare Schädigungsgefahr aufgrund der Verzögerung bestand, mit der Auftraggeberin Rücksprache nehmen und mit der Vornahme der Gutschrift zuwarten müssen, bis eine unmissverständliche Weisung vorlag. bb) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist nicht anders zu entscheiden, wenn die Überweisung auf ein Nummernkonto erfolgt.
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Eine Überweisung allein gestützt auf die Kontonummer ist nicht weniger verwechslungsgefährdet, wenn es sich um ein Nummernkonto handelt. Bezeichnenderweise wurden denn bei der fraglichen Überweisung auch sowohl die Kontonummer als auch der Empfängername angegeben. Weshalb die Vermeidung des Gebrauchs der Namen von Nummernkontoinhabern im bankexternen Verkehr dazu führen sollte, dass im bankinternen Verkehr, wo der Name verwendet wird, geringere Sorgfaltsanforderungen an eine mit einer Überweisung beauftragte Bank zu stellen wären, ist nicht ersichtlich. cc) Die genannten Grundsätze gelten auch im beleglosen Zahlungsverkehr. Auch hier besteht hinsichtlich der Kontonummern keine geringere Verwechslungsgefahr als im beleggebundenen Zahlungsverkehr. Dass die Prüfung der Übereinstimmung von Kontonummer und Namen des Empfängers einen grösseren EDV-Aufwand bedingt als die Berücksichtigung einzig der Nummer, kann nicht dazu führen, dass im beleglosen Zahlungsverkehr geringere Anforderungen an die Sorgfaltspflicht der beauftragten Bank zu stellen wären (a.A. für das deutsche Recht SUSANNE WIMMER-LEONHARDT, Die Haftung gegenüber den Bankkunden im mehrgliedrigen Zahlungsverkehr, Diss. Saarbrücken 1996, S. 56); vielmehr haben die Banken die verwendeten Kommunikationsverfahren den an sie gestellten Sorgfaltsanforderungen anzupassen. c) Diese Auffassung deckt sich im Übrigen mit der von der Beklagten angeführten Regel, wonach im internationalen Zahlungsverkehr derjenige das Fehlerrisiko tragen solle, der es kontrollieren könne. Inwiefern die Möglichkeit, das dem Überweisungsauftrag zugrundeliegende Schreiben der O. vom 10. Juli 1995 als mögliche Fälschung zu entlarven, Anlass gäbe, das Risiko für eine unkorrekte Auftragsabwicklung letztlich der Klägerin zu überbürden, ist nicht ersichtlich. Wohl war sodann bereits der von der Klägerin ausgestellte Überweisungsauftrag unrichtig ausgefüllt. Damit setzte sie sich dem Risiko aus, dass es aufgrund der Notwendigkeit von Rückfragen zu Verzögerungen kommen könnte. Zumal es aber der Beklagten möglich und in Anbetracht ihrer auftragsrechtlichen Sorgfaltspflicht zumutbar war, die im Überweisungsauftrag gemachten Angaben zum Zweck der korrekten Ausführung zu überprüfen, unterlagen diesbezügliche Fehler, namentlich die Überweisung an einen anderen als den genannten Begünstigten, ihrem Kontroll- und Risikobereich.