Urteilskopf

122 II 126

16. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 16. April 1996 i.S. Pero Zecevic gegen Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
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Sachverhalt ab Seite 127

BGE 122 II 126 S. 127

Der 1959 geborene Pero Zecevic, früher Staatsangehöriger von Jugoslawien, heute von Bosnien-Herzegowina, war 1982 und 1983 als Saisonnier sowie 1988 bis 1990 als Kurzaufenthalter in der Schweiz erwerbstätig. Seit 1991 arbeitete er regelmässig als Saisonnier. Zwischen Oktober 1994 und Januar 1995 beantragte er mehrmals bei der Fremdenkontrolle des Kantons Wallis die Umwandlung der Saison- in eine Jahresbewilligung. Die Fremdenkontrolle leitete das Gesuch am 14. Februar 1995 an das Bundesamt für Ausländerfragen weiter zum Entscheid über die Ausnahme von den Höchstzahlen der Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (Begrenzungsverordnung, BVO; SR 823.21) gemäss Art. 13 lit. h in Verbindung mit Art. 28 BVO. Am 8. März 1995 lehnte das Bundesamt das Gesuch ab und verweigerte die Ausnahme von den Höchstzahlen. Dagegen führte Pero Zecevic Beschwerde beim Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement. Dieses wies die Beschwerde am 28. September 1995 ab. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 27. Oktober 1995 an das Bundesgericht beantragt Pero Zecevic, der Entscheid des Departements sei aufzuheben und
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er sei in Anwendung von Art. 13 lit. h BVO in Verbindung mit Art. 28 Abs. 1 lit. a oder b BVO von den Höchstzahlen der Begrenzungsverordnung auszunehmen. Er macht geltend, es sei zu berücksichtigen, dass er die erforderliche Anwesenheitsdauer nur äusserst knapp verfehle; jedenfalls liege ein schwerwiegender persönlicher Härtefall vor. In seiner Vernehmlassung vom 15. Dezember 1995 schliesst das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1. (siehe Urteil des Bundesgerichts vom 16. April 1996 i.S. Ajvazi, BGE 122 II 116 ff.)
2. (siehe Urteil des Bundesgerichts vom 16. April 1996 i.S. Ajvazi, BGE 122 II 116 ff.)
3. Der Beschwerdeführer war in den letzten Jahren während der folgenden Zeitabschnitte als Saisonnier in der Schweiz tätig:
1991:

30. Januar

bis 30. Oktober

9 Monate

1992:

31. Januar

bis 30. Oktober

9 Monate

1993:

6. April

bis 31. Dezember

8 Monate 26 Tage

1994:

1. Januar

bis 5. Januar

15. April

bis 31. Dezember

8 Monate 22 Tage

1995:

1. Januar

bis 14. Januar

14 Tage

Vor Bundesgericht ist nicht strittig, dass pro Jahr bzw. Saison höchstens neun Monate angerechnet werden können (vgl. Art. 16 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 1 lit. a BVO sowie Art. 18 Abs. 2 lit. c ANAG); soweit der Beschwerdeführer während eines Jahres länger in der Schweiz anwesend war, ist dies daher nicht massgeblich. Somit kommt der Beschwerdeführer in den vier letzten aufeinanderfolgenden Jahren von Januar 1991 bis Januar 1995 auf insgesamt 36 Monate; im Januar 1995 war er aber als Angehöriger von Bosnien-Herzegowina nach dem neuen Art. 28 Abs. 1 BVO von der Umwandlung der Saisonbewilligung ausgeschlossen. Bis zum 31. Dezember 1994, an dem für ihn eine Umwandlung gemäss Art. 28 Abs. 1 lit. a BVO in der alten Fassung letztmals möglich war, erreichte der Beschwerdeführer lediglich 35 Monate und 18 Tage; in jenem Zeitpunkt erfüllte er somit die für eine Umwandlung erforderlichen zeitlichen Voraussetzungen nicht. Zwar verfehlt er die notwendige Anwesenheitsdauer nur um zwölf Tage, bei Berücksichtigung der praxisgemäss gewährten
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Toleranzfrist von sieben Tagen (vgl. dazu das Urteil des Bundesgerichts vom 7. Dezember 1990 i.S. P., in ZBl 92/1991, S. 310, E. 2a) sogar lediglich um fünf Tage; dies ändert aber nichts daran, dass die Umwandlungsvoraussetzungen nach Art. 28 Abs. 1 lit. a BVO nicht gegeben sind.
4. a) und b): (siehe BGE 122 II 124 ff.)
c) Der Beschwerdeführer hielt sich schon in früheren Jahren mehrfach in der Schweiz auf und ist mit den hiesigen Verhältnissen vertraut. Allerdings erfüllt er die Voraussetzungen der Praxis nicht, um als sogenannter Langzeit-Saisonnier gelten zu können; dafür müsste er ordnungsgemässe Saisonaufenthalte von insgesamt mindestens 90 Monaten während zwölf aufeinanderfolgenden Saisons vorweisen (Ziff. 346.24 der Weisungen des Bundesamts für Ausländerfragen zur Ausländergesetzgebung; unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 25. November 1994 i.S. V.). Sodann können nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Kurzaufenthalte in der Schweiz, die nicht zur Saisontätigkeit, sondern in anderem Zusammenhang bewilligt wurden, nicht auf die gemäss Art. 28 Abs. 1 lit. a BVO erforderliche Anwesenheitsdauer angerechnet werden, auch wenn sie ordnungsgemäss sind (unveröffentlichte Urteile vom 8. Dezember 1995 i.S. A. und vom 21. Dezember 1995 i.S. K.); insofern vermögen sie auch nicht für sich allein einen Härtefall zu begründen. Das alles schliesst aber nicht aus, die bisherigen Aufenthalte und die damit verbundene Integration in die Gesamtbeurteilung des Einzelfalles einzubeziehen.
Seit 1991 war der Beschwerdeführer offensichtlich bemüht, die Voraussetzungen für die Umwandlung gemäss Art. 28 Abs. 1 lit. a BVO zu erfüllen. Obwohl die Neuordnung seit geraumer Zeit zur Diskussion stand, konnte der Beschwerdeführer noch nicht detailliert Kenntnis vom Umwandlungsstopp haben, als er am 15. April 1994 seine letzte Saison antrat. Den Ausschlag gibt jedoch, dass er die erforderliche Anwesenheitsdauer als Saisonnier Ende 1994 nur äusserst knapp - um zwölf Tage, unter Berücksichtigung der Toleranzfrist der Praxis sogar nur um fünf Tage - verfehlt und die laufende Saison noch abgeschlossen hat. Wäre die Änderung der Begrenzungsverordnung nur wenige Tage später in Kraft getreten, hätte er die Umwandlungsvoraussetzungen erfüllt. Unter diesen Umständen liegt darin eine besondere Härte, dass er durch die Verweigerung der Umwandlung endgültig um die entsprechende Möglichkeit gebracht wird; das erweist sich im Vergleich mit solchen Saisonniers, die Ende 1994 noch
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umwandeln konnten und sich allenfalls sogar weniger oft und insgesamt weniger lang in der Schweiz aufhielten als er selber, als ausserordentlich weitreichend und auch aus objektiver Sicht äusserst hart. Eine Gesamtwürdigung der konkreten Umstände ergibt, dass beim Beschwerdeführer Ende 1994 ein schwerwiegender persönlicher Härtefall im Sinne von Art. 28 Abs. 1 lit. b BVO gegeben war. Die Vorinstanzen haben somit die Ausnahme von den Höchstzahlen gemäss Art. 13 lit. h BVO zu Unrecht verweigert und dadurch Bundesrecht verletzt.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 122 II 126
Date : 16. April 1996
Published : 31. Dezember 1997
Source : Bundesgericht
Status : 122 II 126
Subject area : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Subject : Art. 28 Abs. 1 lit. a und b BVO; Umwandlung der Saison- in eine Jahresbewilligung; übergangsrechtliche Wirkungen der Änderung


Legislation register
ANAG: 18
BVO: 13  16  28
BGE-register
122-II-113 • 122-II-126
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