Urteilskopf

118 II 241

48. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 25. September 1992 i.S. R. gegen R. (Berufung)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Erwägungen ab Seite 242

BGE 118 II 241 S. 242

Aus den Erwägungen:

2. c) Die Ausübung des Besuchsrechts ist bekanntlich oft mit Spannungen und Konflikten verbunden. Grundsätzlich ist das Besuchsrecht gleichwohl im üblichen Umfang einzuräumen. Eine Verweigerung des Besuchsrechts setzte nämlich eine klare und eindeutige Zweckwidrigkeit voraus, die durch eine besondere Regelung des Besuchsrechts nicht behoben werden kann (BÜHLER/SPÜHLER, Ergänzungsband, ZGB 156 N 302). Der persönliche Verkehr mit den Eltern liegt aber auch im Interesse des Kindes selber (HEGNAUER, ZGB 273 N 18 ff.). Im vorliegenden Fall steht keineswegs fest, dass der Berufungsbeklagte seine Tochter sexuell missbraucht hat oder die Ausübung des Besuchs- und Ferienrechts im gerichtlich festgelegten Umfang ihr Wohl gefährden würde. Bei der Festlegung des Ferienrechts hat das Jugendamt der Stadt Biel zudem in seinem Bericht vom 20. Februar 1991 sogar eine Dauer von drei Wochen empfohlen. Durch die Errichtung einer Beistandschaft nach Art. 308 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
1    Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
2    Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413
3    Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden.
ZGB soll überdies der persönliche Verkehr von Vater und Kind trotz der zwischen den Eltern herrschenden Spannungen ermöglicht und überwacht werden. Diese Massnahme ist umsomehr angezeigt, als die Ausübung des Besuchsrechts schon während des Scheidungsprozesses mit Schwierigkeiten verbunden und von der ablehnenden Haltung des Kindes begleitet war (BÜHLER/SPÜHLER, Ergänzungsband, ZGB 156 N 178/179; HEGNAUER, ZGB 275 N 118). Der Appellationshof hat somit bei der Festlegung des Besuchsrechts kein Bundesrecht verletzt.
d) Ordnet der Richter im Scheidungsverfahren einen Beistand an, so hat er dessen Aufgaben genau zu umschreiben. Der Beistand kann mit der Überwachung des persönlichen Verkehrs und der Regelung von Über- und Rückgabe des Kindes im einzelnen betraut werden. Hingegen kann ihm nicht die Aufgabe überbunden werden, anstelle des Richters die Besuchsordnung zu ändern (BÜHLER/SPÜHLER, Ergänzungsband, ZGB 156 N 321; HEGNAUER, ZGB 275 N 120; HEGNAUER, Grundriss des Kindesrechts, 3. Auflage Bern, 1989, Ziff.
BGE 118 II 241 S. 243

19.28). Die Berufungsklägerin rügt die vom Appellationshof getroffene Regelung, wonach der Beistand das Besuchsrecht vorübergehend im Interesse des Kindes einschränken kann, somit zu Recht als bundesrechtswidrig. In diesem Punkt dringt sie mit ihrer Berufung durch.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 118 II 241
Date : 25. September 1992
Published : 31. Dezember 1992
Source : Bundesgericht
Status : 118 II 241
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : Besuchsrecht (Art. 274 Abs. 2 ZGB) und Beistandschaft (Art. 308 Abs. 2 ZGB). 1. Das Besuchsrecht ist auch einzuräumen,


Legislation register
ZGB: 274  308
BGE-register
118-II-241
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