118 Ib 543
67. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 7. August 1992 i.S. S. gegen Bundesamt für Polizeiwesen (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste (de):
- Rechtshilfe an die USA, Art. 4 Ziff. 2
IR 0.351.933.6 Staatsvertrag vom 25. Mai 1973 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika über gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen (mit Briefwechseln)
RVUS Art. 4 Zwangsmassnahmen - 1. Im ersuchten Staat dürfen bei Ausführung eines Ersuchens nur Zwangsmassnahmen angewendet werden, die sein Recht für Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren wegen einer seiner Gerichtsbarkeit unterworfenen Handlung vorsieht.
1 Im ersuchten Staat dürfen bei Ausführung eines Ersuchens nur Zwangsmassnahmen angewendet werden, die sein Recht für Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren wegen einer seiner Gerichtsbarkeit unterworfenen Handlung vorsieht. 2 Solche Massnahmen sollen, selbst wenn das nicht ausdrücklich verlangt wird, angewendet werden, aber nur dann, wenn die Handlung, die das Ersuchen betrifft, die objektiven Merkmale eines Straftatbestandes erfüllt und entweder a nach dem Recht des ersuchten Staats, falls dort verübt, strafbar wäre und sich als einen auf der Liste aufgeführten Tatbestand darstellt; oder b von Nummer 26 der Liste erfasst ist. 3 Handelt es sich um einen Tatbestand, der nicht auf der Liste aufgeführt ist, so entscheidet die Zentralstelle des ersuchten Staats, ob die Bedeutung der Tat Zwangsmassnahmen rechtfertigt. 4 Der Entscheid darüber, ob die Voraussetzungen nach Absatz 2 erfüllt sind, soll vom ersuchten Staat nur aufgrund seines eigenen Rechts getroffen werden. Verschiedenheiten in der technischen Bezeichnung und gesetzliche Merkmale eines Tatbestands, die zur Begründung der Gerichtbarkeit hinzugefügt sind, sollen unbeachtet bleiben. Die Zentralstelle des ersuchten Staats kann andere Unterschiede in den gesetzlichen Merkmalen eines Tatbestands, die dessen wesentlichen Charakter in diesem Staat nicht berühren, unberücksichtigt lassen. 5 In Fällen, in welchen die Bedingungen von Absatz 2 oder 3 nicht erfüllt sind, soll Rechtshilfe geleistet werden, soweit dies ohne Anwendung von Zwangsmassnahmen möglich ist. SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 161
- Dass Wertpapiere nicht an Schweizer Börsen kotiert waren, schliesst die Annahme beidseitiger Strafbarkeit und damit die Gewährung der Rechtshilfe nicht aus (Präzisierung von BGE 116 Ib 94 f. E. 3c/bb).
Regeste (fr):
- Entraide judiciaire aux Etats-Unis d'Amérique, art. 4 al. 2 TEJUS (RS 0.351.933.6); double incrimination; art. 161 CP.
- Le fait que les titres n'aient pas été cotés en bourse suisse n'exclut pas la double incrimination et n'empêche donc pas l'octroi de l'entraide (précision de l'ATF 116 Ib 94 s. consid. 3c/bb).
Regesto (it):
- Assistenza giudiziaria agli Stati Uniti d'America, art. 4 cpv. 2 TAGSU (RS 0.351.933.6); doppia incriminazione; art. 161 CP.
- Il fatto che i titoli non siano stati quotati alla borsa svizzera non esclude la doppia incriminazione e non impedisce dunque la concessione dell'assistenza giudiziaria (precisazione della DTF 116 Ib 94 e seg. consid. 3c/bb).
Sachverhalt ab Seite 544
BGE 118 Ib 543 S. 544
Das Justizdepartement der Vereinigten Staaten von Amerika stellte am 3. Juli 1991 beim Bundesamt für Polizeiwesen (BAP) ein Rechtshilfeersuchen. Dieses betrifft ein Ermittlungsverfahren, das die amerikanische Börsenaufsichtsbehörde (Securities and Exchange Commission, im folgenden abgekürzt: SEC) wegen Verdachts eines Insidervergehens im Zusammenhang mit dem Kauf und Verkauf von Aktien der Firma F. führt. Im Ersuchen wird vorgebracht, die SEC glaube, dass C., ein Vorstandsmitglied dieser Firma, der Öffentlichkeit nicht zustehende Informationen betreffend die bevorstehende Verbindung der Firma mit einem industriellen Partner verwendet habe, um 20'000 Aktien der F. über die Bank H., Zürich, zu erwerben; die Aktien seien später mit einem Gewinn von 455'880 US-$ verkauft worden. Damit die SEC feststellen könne, ob diese Angelegenheit an die Kriminalstrafverfolgung weitergegeben werden sollte, müsse sie jene Personen identifizieren, die den Kauf der 20'000 Aktien angeordnet hätten, nutzniesserische Besitzer jenes Kontos bei der Bank H. seien, über das sich der Aktienkauf abgewickelt habe, die Überweisungen, mit welchen der Kauf finanziert worden sei, angeordnet oder vom Kauf profitiert hätten. Die SEC benötige deshalb die entsprechenden Dokumente und Informationen von der Bank H. Ausserdem ersuche sie um Sperre jener bei dieser Bank bestehenden Konten, die unter der Kontrolle von C. stünden und auf denen Gelder angelegt seien, von denen angenommen werde, dass sie einen Erlös aus dem später erfolgten Verkauf der 20'000 Aktien darstellten. Das BAP ordnete am 11. September 1991 an, dem Ersuchen sei zu entsprechen und die Bezirksanwaltschaft Zürich habe die verlangten Untersuchungshandlungen vorzunehmen. Gegen diese Anordnung erhob S., Inhaber eines von den anbegehrten Rechtshilfehandlungen betroffenen Kontos, am 23. September 1991 Einsprache. Diese wurde vom BAP am 27. April 1992 abgewiesen. S. reichte dagegen Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. Der Beschwerdeführer rügt, das BAP habe zu Unrecht angenommen, die Voraussetzungen der beidseitigen Strafbarkeit seien erfüllt.
BGE 118 Ib 543 S. 545
b) Das hier in Frage stehende Rechtshilfeersuchen betrifft ein Ermittlungsverfahren der SEC wegen Verdachts eines Insidervergehens. Die amerikanische Behörde glaubt, dass C., ein Vorstandsmitglied der Firma F., vertrauliche Informationen betreffend die Möglichkeit einer Verbindung dieser Firma mit einem industriellen Partner verwendet habe, um den am 7. Juni 1990 über die Bank H. in Zürich erfolgten Kauf von 20'000 Aktien der F. anzuordnen oder zu veranlassen, welche Aktien später mit einem Gewinn von 455'880 US-$ verkauft worden seien. Das BAP nahm an, diese Handlung würde nach schweizerischem Recht den Tatbestand des Ausnützens der Kenntnis vertraulicher Tatsachen im Sinne von Art. 161
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 161 |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 161 |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 161 |
BGE 118 Ib 543 S. 546
sei nicht als objektive Strafbarkeitsbedingung, sondern als Teil des objektiven Tatbestands von Art. 161
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 161 |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 161 |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 161 |