Urteilskopf

117 Ia 135

24. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 6. Juni 1991 i.S. T. gegen K. und neun Mitbeteiligte sowie Obergericht des Kantons Thurgau (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 135

BGE 117 Ia 135 S. 135

Im Verlaufe des Frühjahrs 1988 verbreitete K. bzw. die von ihm geleitete St. Michaelsvereinigung mehrere Botschaften mit religiösem
BGE 117 Ia 135 S. 136

Hintergrund, welche mittels Schreiben an die Bevölkerung gelangten. Darin wurden u.a. Katastrophen prophezeit, die über Europa hereinbrechen sollten; nicht zuletzt eine angekündigte sogenannte "Kindsentrückung" führte zu gewisser Besorgnis und Unruhe. Auf Muttertag, den 8. Mai 1988, war im Zusammenhang mit den Prophezeiungen die Landung eines grossen Raumschiffes vor dem Gebetshaus der St. Michaelsvereinigung in Dozwil vorausgesagt. Nachdem die Stimmung durch reisserische Artikel in der Boulevardpresse zusätzlich aufgeheizt worden war, kam es zwischen dem 6. und 8. Mai 1988 vor dem Versammlungsgebäude der St. Michaelsvereinigung zu krawallähnlichen Ausschreitungen mit massiven Sachbeschädigungen. Der damals achtzehnjährige Lehrling T. beteiligte sich an den Ausschreitungen, indem er eine leere Bierflasche auf den Platz vor dem Gebetshaus der St. Michaelsvereinigung warf. Die Flasche zerschellte auf dem Platz, ohne weiteren Schaden anzurichten. Am 12. Februar 1990 sprach das Bezirksgericht Arbon T. des Landfriedensbruches schuldig und verurteilte ihn zu einer Busse. Ausserdem hiess es adhäsionsweise eine Schadenersatzforderung der St. Michaelsvereinigung, von K. und von weiteren Geschädigten in der Höhe von Fr. 20'926.95 gut. Die Forderung wurde T. mit der Begründung auferlegt, jeder Teilnehmer einer gewalttätigen Zusammenrottung sei für sämtlichen dabei angerichteten Schaden grundsätzlich solidarisch haftbar, ungeachtet des Masses seiner eigenen Mitwirkung. T. erhob gegen die adhäsionsweise Auferlegung von Schadenersatz Berufung an das Obergericht des Kantons Thurgau. Dieses wies die Berufung mit Urteil vom 6. November 1990 ab. Das Bundesgericht heisst die dagegen von T. erhobene Willkürbeschwerde gut
Erwägungen

aus folgenden Erwägungen:

2. a) Gemäss der Praxis der Anklagekammer des Kantons Thurgau ist als Geschädigter im Sinne der thurgauischen Strafprozessordnung nur diejenige Person anzusehen, welcher durch die inkriminierte Handlung unmittelbar ein Nachteil zugefügt worden ist. Das Bundesgericht hat diese Auffassung im Zusammenhang mit der Auslegung von § 205 Abs. 1 StPO/TG (betreffend die Beschwerdelegitimation des Geschädigten) verschiedentlich gestützt und festgehalten, sie entspreche sowohl dem Willen des historischen Gesetzgebers wie auch der im schweizerischen Strafprozessrecht
BGE 117 Ia 135 S. 137

allgemein geltenden Konzeption (unveröffentlichte Urteile vom 6. Januar 1988 i.S. W. J. und Mitb., E. 2 sowie vom 11. August 1987 i.S. W. J., E. 2; zur analogen Zürcher Praxis betreffend § 395 Abs. 1 StPO/ZH vgl. auch unveröffentlichtes Urteil vom 8. Januar 1988 i.S. L. B., E. 2). Als Geschädigter ist nach vorherrschender Auffassung nur der unmittelbar Geschädigte zu verstehen, d.h. der Träger des durch die Strafdrohung geschützten Rechtsgutes, gegen das sich die Straftat ihrem Begriff nach richtet (CLAUDE BAUMANN, Die Stellung des Geschädigten im schweizerischen Strafprozess, Diss. ZH 1958, S. 21 f.; Peter Brunner, Die Stellung des Geschädigten im zürcherischen Offizial- und subsidiären Privatstrafklageverfahren, Diss. ZH 1976, S. 27; HERMANN BÜRGI, Die Behördenorganisation und das ordentliche Verfahren nach der Revision des thurgauischen Strafprozessrechts, Diss. ZH 1973, S. 72 ff.; A. HARTMANN, Die Stellung des Geschädigten sowie von Dritten im zürcherischen Strafprozess, Kriminalistik 1970, Sonderdruck, S. 4; ROBERT HAUSER, Kurzlehrbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Aufl., S. 82 f.; HAUSER/HAUSER, Kommentar zum zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetz vom 29. Januar 1911, S. 293; PETER LITSCHGI, Die Rechtsmittel im thurgauischen Strafprozess, Diss. ZH 1975, S. 19; NIKLAUS OBERHOLZER, Grundzüge des st. gallischen Strafprozessrechts, St. Gallen 1988, S. 112; GÉRARD PIQUEREZ, Précis de procédure pénale suisse, Lausanne 1987, S. 265 f.; JOLANTA SAMOCHOWIEC, Die Stellung des Verletzten im Strafprozess aus rechtsvergleichender Sicht, ZStrR 104/1987, S. 416 ff., S. 432; NIKLAUS SCHMID, Strafprozessrecht, Zürich 1989, N 502, 508 f.; vgl. für die deutsche Lehre auch LÖWE-ROSENBERG, StPO-Grosskommentar, 24. Aufl. 1989, § 172 N 51 f.; teilweise a. M. ZBJV 96/1960, S. 332).
Bei Delikten, die nicht primär Individualrechtsgüter schützen, wird angenommen, nur diejenigen Personen könnten als Geschädigte betrachtet werden, die durch derartige Delikte tatsächlich in ihren Rechten beeinträchtigt wurden, sofern diese Beeinträchtigung unmittelbare Folge der tatbestandsmässigen Handlung ist (unveröffentlichte Urteile vom 8. Januar 1988 i.S. L. B. E. 2a, vom 6. Januar 1988 i.S. W. J. und Mitb. E. 2, S. 6 sowie vom 11. August 1987 i.S. W. J. E. 2, S. 7; vgl. SJZ 71/1975 S. 283; SJZ 60/1964 S. 72 Nr. 46; ROBERT HAUSER, a.a.O., S. 82 f.; NIKLAUS SCHMID, a.a.O., N 509; auch der von den Beschwerdegegnern angerufene ältere Entscheid ZBJV 96/1960, S. 332, verlangt, dass die Verletzung
BGE 117 Ia 135 S. 138

des fraglichen privaten Rechtsgutes "durch dieselbe Handlung bewirkt" worden sein müsse). Schliesslich ist auch Art. 28
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 28 - 1 Wird eine strafbare Handlung durch Veröffentlichung in einem Medium begangen und erschöpft sie sich in dieser Veröffentlichung, so ist, unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen, der Autor allein strafbar.
1    Wird eine strafbare Handlung durch Veröffentlichung in einem Medium begangen und erschöpft sie sich in dieser Veröffentlichung, so ist, unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen, der Autor allein strafbar.
2    Kann der Autor nicht ermittelt oder in der Schweiz nicht vor Gericht gestellt werden, so ist der verantwortliche Redaktor nach Artikel 322bis strafbar. Fehlt ein verantwortlicher Redaktor, so ist jene Person nach Artikel 322bis strafbar, die für die Veröffentlichung verantwortlich ist.
3    Hat die Veröffentlichung ohne Wissen oder gegen den Willen des Autors stattgefunden, so ist der Redaktor oder, wenn ein solcher fehlt, die für die Veröffentlichung verantwortliche Person als Täter strafbar.
4    Die wahrheitsgetreue Berichterstattung über öffentliche Verhandlungen und amtliche Mitteilungen einer Behörde ist straflos.
StGB nach ständiger Praxis des Bundesgerichtes dahingehend auszulegen, dass nur der unmittelbar Verletzte strafantragsberechtigt ist (BGE 101 IV 407 mit Hinweisen; BGE 98 IV 243; vgl. BGE BGE 111 IV 67 E. 3; BGE 108 IV 24 f.). b) Der Beschwerdeführer ist von den thurgauischen Gerichten wegen Landfriedensbruch verurteilt worden, weil er an einer gewalttätigen öffentlichen Zusammenrottung teilgenommen und dabei selber eine leere Bierflasche geworfen hat, welche auf dem Platz vor dem Versammlungsgebäude der St. Michaelsvereinigung zerbrochen ist und weiter keinen Schaden angerichtet hat. Weder wegen Art. 145 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 145 - Der Schuldner, der in der Absicht, seinen Gläubiger zu schädigen, diesem eine als Pfand oder Retentionsgegenstand dienende Sache entzieht, eigenmächtig darüber verfügt, sie beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
(Grundtatbestand der Sachbeschädigung) noch wegen Art. 145 Abs. 1bis
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StGB Art. 145 - Der Schuldner, der in der Absicht, seinen Gläubiger zu schädigen, diesem eine als Pfand oder Retentionsgegenstand dienende Sache entzieht, eigenmächtig darüber verfügt, sie beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB (Sachbeschädigung aus Anlass einer öffentlichen Zusammenrottung) ist gegen den Beschwerdeführer Anklage vor Gericht erhoben worden. Es fragt sich, ob die privaten Beschwerdegegner trotzdem als Geschädigte am Strafverfahren betreffend Landfriedensbruch zugelassen werden konnten und ob ihnen in der Folge adhäsionsweise ein Schadenersatzanspruch zugesprochen werden durfte. Vorab ist festzuhalten, dass nicht das Privatvermögen sondern die öffentliche Friedensordnung das von Art. 260
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 260 - 1 Wer an einer öffentlichen Zusammenrottung teilnimmt, bei der mit vereinten Kräften gegen Menschen oder Sachen Gewalttätigkeiten begangen werden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer an einer öffentlichen Zusammenrottung teilnimmt, bei der mit vereinten Kräften gegen Menschen oder Sachen Gewalttätigkeiten begangen werden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Die Teilnehmer, die sich auf behördliche Aufforderung hin entfernen, bleiben straffrei, wenn sie weder selbst Gewalt angewendet noch zur Gewaltanwendung aufgefordert haben.
StGB geschützte Rechtsgut darstellt (BGE 108 IV 38). Dem Schutz des Privatvermögens im Falle von Gewalttätigkeiten aus Anlass einer öffentlichen Zusammenrottung dient dagegen Art. 145 Abs. 1bis
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StGB Art. 145 - Der Schuldner, der in der Absicht, seinen Gläubiger zu schädigen, diesem eine als Pfand oder Retentionsgegenstand dienende Sache entzieht, eigenmächtig darüber verfügt, sie beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB (vgl. STEFAN TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, Art. 145 N 7 mit Hinweisen). Es kommt im vorliegenden Fall dazu, dass auch das dem Beschwerdeführer konkret vorgeworfene Verhalten nicht unmittelbar zu dem von den privaten Beschwerdegegnern geltend gemachten Vermögensschaden geführt hat. Es kann somit nicht gesagt werden, dass die privaten Beschwerdegegner allein durch die gemäss Art. 260
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StGB Art. 260 - 1 Wer an einer öffentlichen Zusammenrottung teilnimmt, bei der mit vereinten Kräften gegen Menschen oder Sachen Gewalttätigkeiten begangen werden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer an einer öffentlichen Zusammenrottung teilnimmt, bei der mit vereinten Kräften gegen Menschen oder Sachen Gewalttätigkeiten begangen werden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Die Teilnehmer, die sich auf behördliche Aufforderung hin entfernen, bleiben straffrei, wenn sie weder selbst Gewalt angewendet noch zur Gewaltanwendung aufgefordert haben.
StGB inkriminierte Tat einen persönlichen und unmittelbaren Nachteil erlitten haben. Für das Zustandekommen des geltend gemachten Schadens war über die gemäss Art. 260
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StGB Art. 260 - 1 Wer an einer öffentlichen Zusammenrottung teilnimmt, bei der mit vereinten Kräften gegen Menschen oder Sachen Gewalttätigkeiten begangen werden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer an einer öffentlichen Zusammenrottung teilnimmt, bei der mit vereinten Kräften gegen Menschen oder Sachen Gewalttätigkeiten begangen werden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Die Teilnehmer, die sich auf behördliche Aufforderung hin entfernen, bleiben straffrei, wenn sie weder selbst Gewalt angewendet noch zur Gewaltanwendung aufgefordert haben.
StGB inkriminierte Tat hinaus ein Hinzutreten weiterer Elemente notwendig. Der das Privatvermögen schädigende Eingriff war somit nicht unmittelbare Folge der tatbestandsmässigen Handlung, vielmehr konnte der zur Anklage gebrachte Sachverhalt höchstenfalls eine mittelbare Beeinträchtigung der Vermögensinteressen der privaten Beschwerdegegner nach sich ziehen.
BGE 117 Ia 135 S. 139

Eine solche mittelbare Beeinträchtigung vermag aber nach der dargelegten Lehre und Praxis noch keine Geschädigtenstellung zu begründen (E. 2a). Anders wäre zu entscheiden, wenn gegen den Beschwerdeführer nicht nur wegen Art. 260
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StGB Art. 260 - 1 Wer an einer öffentlichen Zusammenrottung teilnimmt, bei der mit vereinten Kräften gegen Menschen oder Sachen Gewalttätigkeiten begangen werden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer an einer öffentlichen Zusammenrottung teilnimmt, bei der mit vereinten Kräften gegen Menschen oder Sachen Gewalttätigkeiten begangen werden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Die Teilnehmer, die sich auf behördliche Aufforderung hin entfernen, bleiben straffrei, wenn sie weder selbst Gewalt angewendet noch zur Gewaltanwendung aufgefordert haben.
sondern zusätzlich auch noch wegen Art. 145
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StGB Art. 145 - Der Schuldner, der in der Absicht, seinen Gläubiger zu schädigen, diesem eine als Pfand oder Retentionsgegenstand dienende Sache entzieht, eigenmächtig darüber verfügt, sie beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB Anklage erhoben worden wäre. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung besteht zwischen Art. 145
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StGB Art. 145 - Der Schuldner, der in der Absicht, seinen Gläubiger zu schädigen, diesem eine als Pfand oder Retentionsgegenstand dienende Sache entzieht, eigenmächtig darüber verfügt, sie beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
und Art. 260
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StGB Art. 260 - 1 Wer an einer öffentlichen Zusammenrottung teilnimmt, bei der mit vereinten Kräften gegen Menschen oder Sachen Gewalttätigkeiten begangen werden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer an einer öffentlichen Zusammenrottung teilnimmt, bei der mit vereinten Kräften gegen Menschen oder Sachen Gewalttätigkeiten begangen werden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Die Teilnehmer, die sich auf behördliche Aufforderung hin entfernen, bleiben straffrei, wenn sie weder selbst Gewalt angewendet noch zur Gewaltanwendung aufgefordert haben.
StGB Idealkonkurrenz (BGE 103 IV 247; vgl. STEFAN TRECHSEL, a.a.O., Art. 260 N 10). Im vorliegenden Fall wurde zwar am 9. Mai 1988 wegen Verletzung von Art. 145
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StGB Art. 145 - Der Schuldner, der in der Absicht, seinen Gläubiger zu schädigen, diesem eine als Pfand oder Retentionsgegenstand dienende Sache entzieht, eigenmächtig darüber verfügt, sie beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB Strafantrag gestellt, es erfolgte indessen weder bezüglich Art. 145 Abs. 1
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StGB Art. 145 - Der Schuldner, der in der Absicht, seinen Gläubiger zu schädigen, diesem eine als Pfand oder Retentionsgegenstand dienende Sache entzieht, eigenmächtig darüber verfügt, sie beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
(Antragsdelikt) noch bezüglich Art. 145 Abs. 1bis
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StGB Art. 145 - Der Schuldner, der in der Absicht, seinen Gläubiger zu schädigen, diesem eine als Pfand oder Retentionsgegenstand dienende Sache entzieht, eigenmächtig darüber verfügt, sie beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB (Offizialdelikt) eine Anklageerhebung vor Gericht. Gegen diesen Verzicht auf eine Anklageerhebung wegen Sachbeschädigung oder anderen Vermögensdelikten wurde von den privaten Beschwerdegegnern gemäss den kantonalen Akten nicht opponiert. Dass die privaten Beschwerdegegner trotzdem als Geschädigte im Strafverfahren formell zugelassen worden sind, steht nach dem Gesagten zumindest in klarem Widerspruch zur herrschenden Lehre und Praxis. Es fragt sich, ob die Anwendung des kantonalen Rechtes durch die kantonalen Instanzen darüber hinaus sogar als willkürlich zu qualifizieren ist. c) Willkür liegt nach der Rechtsprechung nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung in Betracht zu ziehen oder sogar vorzuziehen wäre; das Bundesgericht weicht vom Entscheid der kantonalen Instanz nur ab, wenn dieser offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE BGE 114 Ia 27 f. E. 3b; 218 E. 2a). Dabei genügt es jedoch nicht, wenn sich nur die Begründung des angefochtenen Entscheides als unhaltbar erweist. Die Aufhebung eines Entscheids rechtfertigt sich nur, wenn dieser auch im Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 113 Ib 311 f. E. 2a; BGE 113 III 8 E. 1a; 84 E. 2a).
Die Rechtsanwendung der kantonalen Instanzen ist deshalb qualifiziert unrichtig und unhaltbar, weil die Auslegung des Begriffes des Geschädigten nicht nur der herrschenden Lehre und Rechtsprechung widerspricht, sondern darüber hinaus einer konstanten Praxis im Kanton Thurgau selbst. Wie bereits dargestellt, legt die Anklagekammer des Kantons Thurgau (im Zusammenhang mit der Anwendung von § 205 Abs. 1 StPO/TG) den Begriff des Geschädigten nach Thurgauer Strafprozessordnung ebenfalls
BGE 117 Ia 135 S. 140

dahingehend aus, dass darunter nur diejenige Person verstanden werden kann, welcher durch die inkriminierte Handlung unmittelbar ein Nachteil zugefügt worden ist (vgl. E. 2a). Es ist willkürlich, im vorliegenden Fall den Begriff des Geschädigten entgegen der herrschenden Lehre und Rechtsprechung auszulegen und dabei sogar von einer bestehenden thurgauischen Praxis zum Geschädigtenbegriff ohne sachliche Begründung abzuweichen. Dies muss umso mehr gelten, als die kantonalen Instanzen dem Beschwerdeführer für den Vorwurf des Landfriedensbruches keinen Sachverhalt zur Last gelegt haben, der für den Vermögensschaden bei den privaten Beschwerdegegnern unmittelbar kausal gewesen sein kann. Obwohl der Beschwerdeführer auf die betreffenden Widersprüche ausdrücklich hingewiesen hat, behaupten weder die kantonalen Instanzen noch die privaten Beschwerdegegner, dass es zwingende sachliche Gründe dafür gebe, im vorliegenden Fall von einem anderen Geschädigtenbegriff auszugehen als bei der Anwendung von § 205 Abs. 1 StPO/TG. Solche Gründe sind auch nicht leichthin ersichtlich (für einen einheitlichen Begriff des Geschädigten im thurgauischen Strafprozessrecht im Interesse der Rechtssicherheit plädiert jedenfalls HERMANN BÜRGI, a.a.O., S. 72). Im übrigen kann es grundsätzlich nicht Sache des Bundesgerichtes sein, im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde selbständig nach entsprechenden willkürfreien Motiven zu forschen und sie gegebenenfalls im angefochtenen Entscheid zu substituieren (vgl. dazu BGE 112 Ia 354 f. E. bb). Die Anwendung des kantonalen Rechtes im angefochtenen Entscheid verstösst daher im Ergebnis gegen Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV. Der Entscheid ist aufzuheben und die Beschwerdegegner sind für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen auf den Zivilweg zu verweisen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 117 IA 135
Datum : 06. Juni 1991
Publiziert : 31. Dezember 1992
Quelle : Bundesgericht
Status : 117 IA 135
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : Art. 4 BV; Begriff des Geschädigten im Strafprozess, willkürliche Auslegung von kantonalem Recht. Es ist willkürlich, den


Gesetzesregister
BV: 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
StGB: 28 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 28 - 1 Wird eine strafbare Handlung durch Veröffentlichung in einem Medium begangen und erschöpft sie sich in dieser Veröffentlichung, so ist, unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen, der Autor allein strafbar.
1    Wird eine strafbare Handlung durch Veröffentlichung in einem Medium begangen und erschöpft sie sich in dieser Veröffentlichung, so ist, unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen, der Autor allein strafbar.
2    Kann der Autor nicht ermittelt oder in der Schweiz nicht vor Gericht gestellt werden, so ist der verantwortliche Redaktor nach Artikel 322bis strafbar. Fehlt ein verantwortlicher Redaktor, so ist jene Person nach Artikel 322bis strafbar, die für die Veröffentlichung verantwortlich ist.
3    Hat die Veröffentlichung ohne Wissen oder gegen den Willen des Autors stattgefunden, so ist der Redaktor oder, wenn ein solcher fehlt, die für die Veröffentlichung verantwortliche Person als Täter strafbar.
4    Die wahrheitsgetreue Berichterstattung über öffentliche Verhandlungen und amtliche Mitteilungen einer Behörde ist straflos.
145 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 145 - Der Schuldner, der in der Absicht, seinen Gläubiger zu schädigen, diesem eine als Pfand oder Retentionsgegenstand dienende Sache entzieht, eigenmächtig darüber verfügt, sie beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
260
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 260 - 1 Wer an einer öffentlichen Zusammenrottung teilnimmt, bei der mit vereinten Kräften gegen Menschen oder Sachen Gewalttätigkeiten begangen werden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer an einer öffentlichen Zusammenrottung teilnimmt, bei der mit vereinten Kräften gegen Menschen oder Sachen Gewalttätigkeiten begangen werden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Die Teilnehmer, die sich auf behördliche Aufforderung hin entfernen, bleiben straffrei, wenn sie weder selbst Gewalt angewendet noch zur Gewaltanwendung aufgefordert haben.
BGE Register
101-IV-407 • 103-IV-247 • 108-IV-22 • 108-IV-33 • 111-IV-63 • 112-IA-353 • 113-IB-307 • 113-III-6 • 114-IA-25 • 117-IA-135 • 98-IV-241
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
anklage • anklagekammer • begründung des entscheids • beschwerdegegner • beschwerdelegitimation • biene • brunnen • bundesgericht • busse • entscheid • gerichts- und verwaltungspraxis • geschütztes rechtsgut • idealkonkurrenz • kantonales recht • kommentar • kriminalistik • landfriedensbruch • lausanne • lehrling • mass • norm • ordentliches verfahren • rechtsanwendung • rechtsgrundsatz • rechtsmittel • rechtssicherheit • sachverhalt • schaden • schadenersatz • schweizerische strafprozessordnung • sprache • staatsrechtliche beschwerde • strafantrag • strafbare handlung • strafgesetzbuch • strafprozess • thurgau • verfahrensbeteiligter • verhalten • verurteilter • weiler • weiterer schaden • wiese • wille • zusammenrottung • zürich
SJZ
60/1964 S.72 • 71/1975 S.283