116 Ib 190
26. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 12. Juli 1990 i.S. M. Anstalt gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste (de):
- Internationale Rechtshilfe in Strafsachen.
- Anspruch des Dritten auf Teilnahme an Rechtshilfehandlungen (Ausscheidung von Bankunterlagen, Zeugeneinvernahme), sofern er durch diese unmittelbar in seinen rechtlichen oder tatsächlichen Interessen betroffen ist (E. 5b).
Regeste (fr):
- Entraide internationale en matière pénale.
- Le tiers a le droit de participer aux actes d'entraide (tri de documents bancaires, audition de témoins), dans la mesure où ces actes le touchent directement dans ses intérêts juridiques ou de fait (consid. 5b).
Regesto (it):
- Assistenza internazionale in materia penale.
- Il terzo ha diritto a partecipare agli atti di assistenza (selezione di documenti bancari, audizione di testimoni), nella misura in cui tali atti lo tocchino direttamente nei suoi interessi giuridici o fattuali (consid. 5b).
Sachverhalt ab Seite 190
BGE 116 Ib 190 S. 190
Die Staatsanwaltschaft Köln stellte am 22. Dezember 1988 ein Rechtshilfeersuchen, welches zusammen mit einem Beschlagnahmebeschluss des Amtsgerichts Köln vom 9. Dezember 1987 durch das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen am 10. Januar 1989 an die Bezirksanwaltschaft Zürich übermittelt wurde. Dieses Ersuchen betrifft ein gegen G. und andere Personen geführtes Ermittlungsverfahren wegen Betruges. Mit dem Ersuchen soll insbesondere abgeklärt werden, was mit Geldern von vermuteter deliktischer Herkunft geschah, die von einer in den untersuchten Sachverhalt verwickelten Stiftung auf die M. Anstalt übertragen worden waren. Der Leitende Oberstaatsanwalt in Köln ersuchte die zuständige schweizerische Behörde, die im Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 9. Dezember 1987 aufgeführten, den untersuchten Sachverhalt betreffenden Unterlagen bei einer Bank in Zürich zu beschlagnahmen und herauszugeben; zudem sei ein früherer Angestellter dieser Bank als Zeuge richterlich einzuvernehmen. Am 7. Juni 1989 entsprach die Bezirksanwaltschaft Zürich dem Ersuchen im wesentlichen.
BGE 116 Ib 190 S. 191
Ein von der M. Anstalt hiergegen erhobener Rekurs wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich vom 4. April 1990 im Sinne der Erwägungen abgewiesen. Am 7. Mai 1990 erhob die M. Anstalt Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Mit ihrem Hauptbegehren beantragt sie: Die Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 4. April 1990 sei aufzuheben; die Rechtshilfe sei zu verweigern.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
5. b) Mit ihrem Subeventualbegehren beantragt die Beschwerdeführerin, im Falle einer Teilnahme deutscher Behördenvertreter sei auch dem Beschuldigten G. und ihr selber bzw. ihrem Rechtsbeistand die Teilnahme an den Rechtshilfehandlungen zu bewilligen; die Verweigerung der Teilnahme verletze ihren Anspruch auf rechtliches Gehör und den Grundsatz der Waffengleichheit. Dass auf den den Beschuldigten G. betreffenden Antrag nicht einzutreten ist, ist bereits ausgeführt worden. Was den genannten Antrag im übrigen anbelangt, hat die Vorinstanz ihn mit dem blossen Hinweis darauf abgewiesen, dass der von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang angerufene Grundsatz der Waffengleichheit fehl gehe und ihr im übrigen keinerlei Teilnahmerechte an Rechtshilfehandlungen für das von den deutschen Behörden geführte Strafverfahren zustünden. Das Rechtshilfeverfahren ist ein Verwaltungsverfahren. Wer in einem solchen Verfahren durch eine Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse hat, kann Parteirechte ausüben, d.h. er hat Anspruch auf rechtliches Gehör, auf Akteneinsicht sowie auf Teilnahme an Zeugeneinvernahmen (s. Art. 6
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 6 - Als Parteien gelten Personen, deren Rechte oder Pflichten die Verfügung berühren soll, und andere Personen, Organisationen oder Behörden, denen ein Rechtsmittel gegen die Verfügung zusteht. |
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 18 - 1 Die Parteien haben Anspruch darauf, den Zeugeneinvernahmen beizuwohnen und Ergänzungsfragen zu stellen. |
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1 | Die Parteien haben Anspruch darauf, den Zeugeneinvernahmen beizuwohnen und Ergänzungsfragen zu stellen. |
2 | Zur Wahrung wesentlicher öffentlicher oder privater Interessen kann die Zeugeneinvernahme in Abwesenheit der Parteien erfolgen und diesen die Einsicht in die Einvernahmeprotokolle verweigert werden. |
3 | Wird ihnen die Einsicht in die Einvernahmeprotokolle verweigert, so findet Artikel 28 Anwendung. |
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 26 - 1 Die Partei oder ihr Vertreter hat Anspruch darauf, in ihrer Sache folgende Akten am Sitze der verfügenden oder einer durch diese zu bezeichnenden kantonalen Behörde einzusehen: |
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1 | Die Partei oder ihr Vertreter hat Anspruch darauf, in ihrer Sache folgende Akten am Sitze der verfügenden oder einer durch diese zu bezeichnenden kantonalen Behörde einzusehen: |
a | Eingaben von Parteien und Vernehmlassungen von Behörden; |
b | alle als Beweismittel dienenden Aktenstücke; |
c | Niederschriften eröffneter Verfügungen. |
1bis | Die Behörde kann die Aktenstücke auf elektronischem Weg zur Einsichtnahme zustellen, wenn die Partei oder ihr Vertreter damit einverstanden ist.66 |
2 | Die verfügende Behörde kann eine Gebühr für die Einsichtnahme in die Akten einer erledigten Sache beziehen; der Bundesrat regelt die Bemessung der Gebühr. |
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 29 - Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör. |
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz IRSG Art. 12 Im Allgemeinen - 1 Wenn dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, wenden die Bundesverwaltungsbehörden das Bundesgesetz vom 20. Dezember 196843 über das Verwaltungsverfahren, die kantonalen Behörden die für sie geltenden Vorschriften sinngemäss an. Für Prozesshandlungen gilt das in Strafsachen massgebende Verfahrensrecht. |
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1 | Wenn dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, wenden die Bundesverwaltungsbehörden das Bundesgesetz vom 20. Dezember 196843 über das Verwaltungsverfahren, die kantonalen Behörden die für sie geltenden Vorschriften sinngemäss an. Für Prozesshandlungen gilt das in Strafsachen massgebende Verfahrensrecht. |
2 | Die kantonalen und eidgenössischen Bestimmungen über den Stillstand von Fristen gelten nicht.44 |
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz IRSG Art. 79 Übertragung der Ausführung - 1 Erfordert die Ausführung eines Ersuchens Erhebungen in mehreren Kantonen oder betrifft sie auch eine Bundesbehörde, so kann das BJ eine einzige Behörde mit dessen Ausführung betrauen. Die Artikel 44-47, 52 und 53 StPO130 gelten sinngemäss.131 |
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1 | Erfordert die Ausführung eines Ersuchens Erhebungen in mehreren Kantonen oder betrifft sie auch eine Bundesbehörde, so kann das BJ eine einzige Behörde mit dessen Ausführung betrauen. Die Artikel 44-47, 52 und 53 StPO130 gelten sinngemäss.131 |
2 | Das BJ kann die Ausführung eines Ersuchens ganz oder teilweise der Bundesbehörde übertragen, die bei Begehung der Tat in der Schweiz für die Ahndung zuständig wäre. |
3 | Das BJ kann der beauftragten Behörde auch die Ausführung von Ergänzungsersuchen übertragen. |
4 | Die Bezeichnung der mit der Leitung beauftragten kantonalen oder eidgenössischen Behörde ist nicht anfechtbar. |
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz IRSG Art. 79 Übertragung der Ausführung - 1 Erfordert die Ausführung eines Ersuchens Erhebungen in mehreren Kantonen oder betrifft sie auch eine Bundesbehörde, so kann das BJ eine einzige Behörde mit dessen Ausführung betrauen. Die Artikel 44-47, 52 und 53 StPO130 gelten sinngemäss.131 |
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1 | Erfordert die Ausführung eines Ersuchens Erhebungen in mehreren Kantonen oder betrifft sie auch eine Bundesbehörde, so kann das BJ eine einzige Behörde mit dessen Ausführung betrauen. Die Artikel 44-47, 52 und 53 StPO130 gelten sinngemäss.131 |
2 | Das BJ kann die Ausführung eines Ersuchens ganz oder teilweise der Bundesbehörde übertragen, die bei Begehung der Tat in der Schweiz für die Ahndung zuständig wäre. |
3 | Das BJ kann der beauftragten Behörde auch die Ausführung von Ergänzungsersuchen übertragen. |
4 | Die Bezeichnung der mit der Leitung beauftragten kantonalen oder eidgenössischen Behörde ist nicht anfechtbar. |
BGE 116 Ib 190 S. 192
für die hier in Frage stehenden Rechtshilfehandlungen nicht. Die Beschwerdeführerin, die durch den angefochtenen Entscheid unmittelbar berührt und als Anspruchsberechtigte im Sinne von Art. 79 Abs. 3
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz IRSG Art. 79 Übertragung der Ausführung - 1 Erfordert die Ausführung eines Ersuchens Erhebungen in mehreren Kantonen oder betrifft sie auch eine Bundesbehörde, so kann das BJ eine einzige Behörde mit dessen Ausführung betrauen. Die Artikel 44-47, 52 und 53 StPO130 gelten sinngemäss.131 |
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1 | Erfordert die Ausführung eines Ersuchens Erhebungen in mehreren Kantonen oder betrifft sie auch eine Bundesbehörde, so kann das BJ eine einzige Behörde mit dessen Ausführung betrauen. Die Artikel 44-47, 52 und 53 StPO130 gelten sinngemäss.131 |
2 | Das BJ kann die Ausführung eines Ersuchens ganz oder teilweise der Bundesbehörde übertragen, die bei Begehung der Tat in der Schweiz für die Ahndung zuständig wäre. |
3 | Das BJ kann der beauftragten Behörde auch die Ausführung von Ergänzungsersuchen übertragen. |
4 | Die Bezeichnung der mit der Leitung beauftragten kantonalen oder eidgenössischen Behörde ist nicht anfechtbar. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde. |
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a | innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden; |
b | ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben; |
c | sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist; |
d | Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten; |
e | unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht. |