115 II 490
87. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 16. November 1989 i.S. Heinz S. gegen V. AG und B. AG (Berufung)
Regeste (de):
- Art. 66 lit. a
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 66 - Gemäss den nachfolgenden Bestimmungen kann zivil- und strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden:
a wer die patentierte Erfindung widerrechtlich benützt; als Benützung gilt auch die Nachahmung; b wer sich weigert, der zuständigen Behörde Herkunft und Menge der in seinem Besitz befindlichen Erzeugnisse, die widerrechtlich hergestellt oder in Verkehr gebracht worden sind, anzugeben und Adressaten sowie Ausmass einer Weitergabe an gewerbliche Abnehmer zu nennen; c wer an Erzeugnissen oder ihrer Verpackung das Patentzeichen ohne Ermächtigung des Patentinhabers oder des Lizenznehmers entfernt; d wer zu diesen Handlungen anstiftet, bei ihnen mitwirkt, ihre Begehung begünstigt oder erleichtert. - Keine Nachahmung liegt vor, wenn die beanstandete Ausführungsform nicht am Erfindungsgedanken teilnimmt, sondern in den Bereich des freien Standes der Technik gehört, weil sie nicht über die Bereicherung der Technik hinausgeht, die bei Anwendung durchschnittlichen Fachkönnens möglich ist.
Regeste (fr):
- Art. 66 let. a LBI; notion de l'imitation d'une invention.
- Il n'y a pas d'imitation lorsque la forme de réalisation critiquée ne participe pas d'une activité inventive mais relève de l'état, libre, de la technique, parce qu'elle ne va pas au-delà de l'enrichissement de celle-ci que rend possible l'application de connaissances moyennes.
Regesto (it):
- Art. 66 lett. a LBI; nozione d'imitazione di un'invenzione.
- Non sussiste un'imitazione laddove la forma della realizzazione criticata non fa parte di un'attività inventiva, ma dipende dallo stato - libero - della tecnica, dato che non va oltre l'arricchimento di quest'ultima risultante dall'applicazione di conoscenze professionali medie.
Sachverhalt ab Seite 490
BGE 115 II 490 S. 490
Heinz S. ist Inhaber eines Schweizer Patentes, das am 14. Juli 1966 unter Beanspruchung der Priorität eines deutschen Patentes vom 22. Juli 1965 angemeldet und am 15. Juli 1968 erteilt worden ist. Das Patent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur fortlaufenden Herstellung von auf beiden Seiten mit einer dünnen, biegsamen Folie kaschierten Platten aus Polyurethan-Hartschaum. Die V. AG stellt kaschierte Platten aus Polyurethan-Hartschaum her, die sie über die B. AG vertreibt. Im Juni 1986 klagte S. beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen die V. AG und die B. AG auf Feststellung von Patentverletzungen, Herstellungs- und Benützungsverboten sowie Schadenersatz oder Herausgabe des Gewinnes.
BGE 115 II 490 S. 491
Das Handelsgericht wies die Klage am 2. März 1989 ab. Der Kläger hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt, die vom Bundesgericht abgewiesen wird.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. a) Eine Patentverletzung begeht, wer die patentierte Erfindung widerrechtlich benützt, wobei als Benützung auch die Nachahmung gilt (Art. 66 lit. a
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 66 - Gemäss den nachfolgenden Bestimmungen kann zivil- und strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden: |
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a | wer die patentierte Erfindung widerrechtlich benützt; als Benützung gilt auch die Nachahmung; |
b | wer sich weigert, der zuständigen Behörde Herkunft und Menge der in seinem Besitz befindlichen Erzeugnisse, die widerrechtlich hergestellt oder in Verkehr gebracht worden sind, anzugeben und Adressaten sowie Ausmass einer Weitergabe an gewerbliche Abnehmer zu nennen; |
c | wer an Erzeugnissen oder ihrer Verpackung das Patentzeichen ohne Ermächtigung des Patentinhabers oder des Lizenznehmers entfernt; |
d | wer zu diesen Handlungen anstiftet, bei ihnen mitwirkt, ihre Begehung begünstigt oder erleichtert. |
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 51 - 1 Die Erfindung ist in einem oder mehreren Patentansprüchen zu definieren. |
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1 | Die Erfindung ist in einem oder mehreren Patentansprüchen zu definieren. |
2 | Die Patentansprüche bestimmen den sachlichen Geltungsbereich des Patentes. |
3 | Die Beschreibung und die Zeichnungen sind zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen. |
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 66 - Gemäss den nachfolgenden Bestimmungen kann zivil- und strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden: |
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a | wer die patentierte Erfindung widerrechtlich benützt; als Benützung gilt auch die Nachahmung; |
b | wer sich weigert, der zuständigen Behörde Herkunft und Menge der in seinem Besitz befindlichen Erzeugnisse, die widerrechtlich hergestellt oder in Verkehr gebracht worden sind, anzugeben und Adressaten sowie Ausmass einer Weitergabe an gewerbliche Abnehmer zu nennen; |
c | wer an Erzeugnissen oder ihrer Verpackung das Patentzeichen ohne Ermächtigung des Patentinhabers oder des Lizenznehmers entfernt; |
d | wer zu diesen Handlungen anstiftet, bei ihnen mitwirkt, ihre Begehung begünstigt oder erleichtert. |
b) Zum Stand der Technik gehört auch deren naheliegende Bereicherung. Ein Erzeugnis oder Verfahren stellt daher keine patentfähige Erfindung dar, falls die damit erzielte Bereicherung der Technik jedem durchschnittlich gut ausgebildeten Fachmann möglich wäre (Art. 1 Abs. 2
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 1 - 1 Für neue gewerblich anwendbare Erfindungen werden Erfindungspatente erteilt. |
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1 | Für neue gewerblich anwendbare Erfindungen werden Erfindungspatente erteilt. |
2 | Was sich in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik (Art. 7 Abs. 2) ergibt, ist keine patentierbare Erfindung.7 |
3 | Die Patente werden ohne Gewährleistung des Staates erteilt.8 |
BGE 115 II 490 S. 492
Ausführungsform am patentierten Erfindungsgedanken teilnimmt und ihrerseits den Erfindungsbegriff erfüllt. Geht diese Form dagegen nicht über die Bereicherung hinaus, die bei Anwendung durchschnittlichen Fachkönnens möglich ist, gehört sie in den Bereich des freien Standes der Technik (BALASS, a.a.O., S. 306). Die der Nachahmung beschuldigte Partei kann daher nicht nur einwenden, die von ihr gebrauchte Ausführungsform sei durch den Stand der Technik bedingt, sondern auch, sie stelle mit Rücksicht auf diesen keine Erfindung dar (vgl. für das deutsche Recht BGHZ 98 S. 12 ff., 22). c) Zunächst muss somit durch Auslegung ermittelt werden, ob sich aus der unstreitig massgeblichen Vorveröffentlichung von B. das als Nachahmung angegriffene Verfahren ergibt. Zu prüfen ist dabei, was ein Fachmann mit durchschnittlichem Wissensstand der Veröffentlichung zu entnehmen vermochte, und darauf abzustellen, ob der Stand der Technik geeignet war, die zu beurteilende Ausführungsform ihrem Inhalt nach als technische Lehre kundzutun (BLUM/PEDRAZZINI, a.a.O., Bd. I, N. 6 und N. 24 zu Art. 7
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz PatG Art. 7 - 1 Eine Erfindung gilt als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. |
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1 | Eine Erfindung gilt als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. |
2 | Den Stand der Technik bildet alles, was vor dem Anmelde- oder dem Prioritätsdatum der Öffentlichkeit durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benützung oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht worden ist. |
3 | In Bezug auf die Neuheit umfasst der Stand der Technik auch den Inhalt einer früheren oder prioritätsälteren Anmeldung für die Schweiz in der ursprünglich eingereichten Fassung, deren Anmelde- oder Prioritätsdatum vor dem in Absatz 2 genannten Datum liegt und die erst an oder nach diesem Datum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, sofern: |
a | im Falle einer internationalen Anmeldung die Voraussetzungen nach Artikel 138 erfüllt sind; |
b | im Falle einer europäischen Anmeldung, die aus einer internationalen Anmeldung hervorgegangen ist, die Voraussetzungen nach Artikel 153 Absatz 5 des Europäischen Patentübereinkommens vom 5. Oktober 1973 in seiner revidierten Fassung vom 29. November 200017 erfüllt sind; |
c | im Falle einer europäischen Anmeldung die Gebühren nach Artikel 79 Absatz 2 des Europäischen Patentübereinkommens vom 5. Oktober 1973 in seiner revidierten Fassung vom 29. November 2000 für die wirksame Benennung der Schweiz entrichtet wurden.18 |
BGE 115 II 490 S. 493
schöpferischen Tätigkeit, der Erfindungsqualität. Fehlt sie, lag die Lösung somit dem Stand der Technik nahe, so stellt diese für sich allein keine Erfindung und bei entsprechender Teilübernahme der patentierten Lösung auch keine Patentverletzung dar. Da im übrigen Naheliegen gleich wie Offenkundigkeit Rechtsbegriffe sind, kann das Bundesgericht grundsätzlich frei überprüfen, ob ein von der Vorinstanz festgestellter Sachverhalt darunter fällt (BGE 68 II 396). Allerdings misst es praxisgemäss in technischen und anderen Spezialgebieten den Anschauungen der beigezogenen Fachleute, auch der kantonalen Fachrichter, zu solchen Fragen grosse Bedeutung bei (BGE 100 II 149).