114 II 183
31. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 7. Juni 1988 i.S. Banco Nacional de Cuba gegen Banco Central de Chile (Berufung)
Regeste (de):
- Art. 43 Abs. 1
OG. Einrede der Rechtshängigkeit. Berufungsfähigkeit. Kognition des Bundesgerichts. Arrestprosequierung.
- Berufungsfähigkeit eines kantonalen Entscheides über die Einrede der Rechtshängigkeit der gleichen Sache vor einem ausländischen Gericht unabhängig davon, ob die Einrede gutgeheissen oder abgewiesen worden ist (Änderung der Rechtsprechung) (E. 2a). Freie Überprüfung der Anspruchsidentität (E. 2a und c). Ist ungewiss, ob das ausländische Verfahren zu einem in der Schweiz vollstreckbaren Sachurteil führen wird, so hat der schweizerische Richter zwischen der Gefahr widersprüchlicher Urteile und der Gefährdung des Rechtsschutzanspruches abzuwägen. Freie Überprüfung dieser Abwägung. Anwendung auf den Fall einer Arrestprosequierung (E. 2b und c).
Regeste (fr):
- Art. 43 al. 1 OJ. Exception de litispendance. Recevabilité du recours en réforme. Pouvoir d'examen du Tribunal fédéral. Validation de séquestre.
- Recevabilité du recours en réforme contre une décision cantonale statuant sur l'exception de litispendance - la même affaire étant portée devant un tribunal étranger -, indépendamment de l'admission ou du rejet de l'exception (changement de jurisprudence) (consid. 2a). Libre examen de l'identité des prétentions (consid. 2a et c). Lorsque l'on ignore si la procédure étrangère aboutira à un jugement au fond exécutoire en Suisse, le juge suisse doit mettre en balance le risque de jugements contradictoires, d'une part, celui d'une atteinte au droit à la protection juridique, d'autre part. Libre examen du résultat de cette comparaison. Application au cas d'une poursuite en validation de séquestre (consid. 2b et c).
Regesto (it):
- Art. 43 cpv. 1
OG. Eccezione di litispendenza. Ammissibilità del ricorso per riforma. Cognizione del Tribunale federale. Convalida di sequestro.
- Ammissibilità del ricorso per riforma contro una decisione cantonale che statuisce sulla litispendenza di una causa promossa anche dinanzi a un tribunale straniero, prescindendo dall'accoglimento o dal rigetto dell'eccezione (cambiamento della giurisprudenza) (consid. 2a). Libero esame dell'identità delle pretese (consid. 2a, c). Ove s'ignori se il procedimento pendente all'estero si concluderà con un giudizio di merito suscettibile di esecuzione in Svizzera, il giudice svizzero deve effettuare una ponderazione tra il rischio di sentenze contraddittorie, da un lato, e il rischio che sia leso il diritto alla tutela giuridica, dall'altro. Libero esame del risultato di questa ponderazione. Applicazione nel caso di convalida di sequestro (consid. 2b, c).
Sachverhalt ab Seite 184
BGE 114 II 183 S. 184
In Prosequierung eines in Zürich erwirkten Arrestes klagte die Zentralbank von Chile am 20. Juli 1981 beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen die Nationalbank von Kuba auf Zahlung einer von der kubanischen Regierung aus politischen Gründen gesperrten Summe von Fr. 30'752'000.-- nebst Zins. Da die Klägerin bereits am 3. Juli 1979 beim London High Court of Justice, Queen's Bench Division, auf Herausgabe des Geldes geklagt hatte, erhob die Beklagte in ihrer Klageantwort im Zürcher Prozess die Einrede der Rechtshängigkeit und verlangte die Sistierung des Verfahrens. Das Handelsgericht schränkte das Verfahren auf diese beiden Fragen ein und sah einstweilen von einem weiteren Schriftenwechsel ab. Mit Beschluss vom 2. Dezember 1985 verwarf es die Einrede der Rechtshängigkeit und stellte die Fortsetzung des Verfahrens in Aussicht. Die Beklagte hat gegen diesen Beschluss Berufung eingereicht, die das Bundesgericht abweist.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Zu untersuchen ist sodann, ob und inwieweit die Verwerfung der Einrede der Rechtshängigkeit Bundesrecht verletzt (Art. 43 Abs. 1
![](media/link.gif)
BGE 114 II 183 S. 185
vom Beklagten erhobene Einrede der Rechtshängigkeit, wenn das ausländische Urteil in der Schweiz anerkannt und vollstreckt wird; das setzt vorbehältlich anderslautender Staatsverträge, an denen es zwischen der Schweiz und England fehlt, voraus, dass das ausländische Urteil im Urteilsstaat vollstreckbar ist, nicht gegen den schweizerischen ordre public verstösst und - was im Verhältnis zu England zutrifft - Gegenrecht gehalten wird (§§ 107, 302 i.V.m. 191 Abs. 3 ZPO/ZH; STRÄULI/MESSMER, Kommentar, 2. A. 1982, N. 10 zu § 107 ZPO/ZH). Nach dem angefochtenen Beschluss sind sich die Parteien über die Identität der vor dem englischen und dem schweizerischen Gericht streitigen Ansprüche einig; ungewiss sei hingegen die Vereinbarkeit mit dem ordre public und die Vollstreckbarkeit in England. Würde dort die Klage gestützt auf das kubanische Gesetz Nr. 1256, das die Befriedigung chilenischer Ansprüche verbiete, abgewiesen, so läge ein eklatant gegen schweizerische Rechtsauffassungen verstossendes Urteil ohne Aussicht auf Anerkennung in der Schweiz vor. Hinsichtlich der Vollstreckbarkeit eines die Klage schützenden Urteils in England müsse auf Grund des vom Gericht eingeholten Gutachtens Sinclair aller Voraussicht nach damit gerechnet werden, dass diese Voraussetzung nach dem anwendbaren Common Law an Kubas staatlicher Immunität scheitern würde. Im übrigen lasse sich nach dem Gutachten nicht voraussagen, ob das Gericht trotz Einlassung der Beklagten das Verfahren auf Grund des englischen Prozessrechts doch noch einstellen werde. Obwohl die Beklagte kubanisches Recht für anwendbar hält, rechnet sie mit der Möglichkeit, dass der eingeklagte Anspruch nach Bundeszivilrecht beurteilt wird, das diesfalls durch die Verwerfung der Einrede verletzt sei, weil die unbesehene Übernahme der Gutachtermeinung Sinclair, der die Vollstreckbarkeit des zu erwartenden englischen Urteils zu Unrecht verneine, gegen den aus Art. 63
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
BGE 114 II 183 S. 186
a) Gemäss bisheriger Rechtsprechung gehört die Einrede der Rechtshängigkeit grundsätzlich dem kantonalen Prozessrecht an, das der Überprüfung im Berufungsverfahren entzogen ist (Art. 55 Abs. 1 lit. c
![](media/link.gif)
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
![](media/link.gif)
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess BZP Art. 22 - Die Klage ist unzulässig, wenn der Anspruch bereits rechtshängig oder rechtskräftig beurteilt ist. |
BGE 114 II 183 S. 187
und interkantonale Zivilprozessrecht der Schweiz, S. 175; GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, S. 239; HABSCHEID, a.a.O. S. 179 N. 486; VOGEL, Grundriss des Zivilprozessrechts, S. 151 N. 42; STRÄULI/MESSMER, a.a.O. N. 10 zu § 107 ZPO/ZH, N. 1 und 11 zu § 302 ZPO/ZH). Ist bei einem im Ausland hängigen Verfahren ungewiss, ob es zu einem in der Schweiz vollstreckbaren Sachentscheid führt, muss sorgfältig zwischen der Gefahr widersprüchlicher Urteile und der Gefahr abgewogen werden, dass dem Ansprecher der vom Bundesrecht gebotene Rechtsschutz versagt bleibt, den das in der Schweiz angehobene zweite Verfahren zu gewährleisten vermöchte. Das Ergebnis dieser Abwägung bestimmt, ob die in der Schweiz angehobene Klage zuzulassen oder zurückzuweisen ist oder ob das Verfahren sistiert wird (HABSCHEID, a.a.O. S. 179 N. 486); gleichzeitige Prozessführung im In- und Ausland ist nicht schlechthin ausgeschlossen (GULDENER, Internationales Zivilprozessrecht, S. 176). Hat das in der Schweiz eingeleitete Verfahren einen raschen Rechtsschutz zu gewährleisten, wird bei der Abwägung die Gefahr der Schutzlosigkeit des Ansprechers besonders ins Gewicht fallen. So steht bei der Arrestprosequierung die rasche Sicherung gefährdeter Ansprüche im Vordergrund, was sich bereits aus der zehntägigen Frist des Art. 278 Abs. 2
![](media/link.gif)
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 278 - 1 Wer durch einen Arrest in seinen Rechten betroffen ist, kann innert zehn Tagen, nachdem er von dessen Anordnung Kenntnis erhalten hat, beim Gericht Einsprache erheben. |
|
1 | Wer durch einen Arrest in seinen Rechten betroffen ist, kann innert zehn Tagen, nachdem er von dessen Anordnung Kenntnis erhalten hat, beim Gericht Einsprache erheben. |
2 | Das Gericht gibt den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme und entscheidet ohne Verzug. |
3 | Der Einspracheentscheid kann mit Beschwerde nach der ZPO490 angefochten werden. Vor der Rechtsmittelinstanz können neue Tatsachen geltend gemacht werden. |
4 | Einsprache und Beschwerde hemmen die Wirkung des Arrestes nicht. |
BGE 114 II 183 S. 188
SchKG, 4. A. 1988, S. 414, N. 74; FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. II, 2. A. 1968, S. 237); ob auf diese Forderung schweizerisches Recht anzuwenden ist, wird der Sachrichter zu entscheiden haben. Ebenfalls freier Kognition unterliegt sodann die Rechtsfrage der Abwägung zwischen der Gefahr widersprüchlicher Urteile und der Gefahr, den Ansprecher durch Nichteintreten des bundesrechtlichen Schutzes zu berauben. Im Berufungsverfahren, vorbehältlich der Ausnahmen von Art. 63 Abs. 2
![](media/link.gif)
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 278 - 1 Wer durch einen Arrest in seinen Rechten betroffen ist, kann innert zehn Tagen, nachdem er von dessen Anordnung Kenntnis erhalten hat, beim Gericht Einsprache erheben. |
|
1 | Wer durch einen Arrest in seinen Rechten betroffen ist, kann innert zehn Tagen, nachdem er von dessen Anordnung Kenntnis erhalten hat, beim Gericht Einsprache erheben. |
2 | Das Gericht gibt den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme und entscheidet ohne Verzug. |
3 | Der Einspracheentscheid kann mit Beschwerde nach der ZPO490 angefochten werden. Vor der Rechtsmittelinstanz können neue Tatsachen geltend gemacht werden. |
4 | Einsprache und Beschwerde hemmen die Wirkung des Arrestes nicht. |
![](media/link.gif)
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 278 - 1 Wer durch einen Arrest in seinen Rechten betroffen ist, kann innert zehn Tagen, nachdem er von dessen Anordnung Kenntnis erhalten hat, beim Gericht Einsprache erheben. |
|
1 | Wer durch einen Arrest in seinen Rechten betroffen ist, kann innert zehn Tagen, nachdem er von dessen Anordnung Kenntnis erhalten hat, beim Gericht Einsprache erheben. |
2 | Das Gericht gibt den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme und entscheidet ohne Verzug. |
3 | Der Einspracheentscheid kann mit Beschwerde nach der ZPO490 angefochten werden. Vor der Rechtsmittelinstanz können neue Tatsachen geltend gemacht werden. |
4 | Einsprache und Beschwerde hemmen die Wirkung des Arrestes nicht. |
![](media/link.gif)
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
![](media/link.gif)
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
![](media/link.gif)
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
|
1 | Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
2 | Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. |
3 | Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen. |
4 | Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls. |
5 | Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes. |