114 Ib 125
18. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. Juni 1988 i.S. Erika Oggier-Kummer und Mitbeteiligte gegen Munizipalgemeinde Bitsch und Justiz-, Polizei- und Militärdepartement des Kantons Wallis (Verwaltungsgerichtsbeschwerden)
Regeste (de):
- Bau einer Gemeindeschiessanlage; Bewilligungsverfahren.
- 1. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde (E. 2).
- 2. Die Prüfung der Frage, ob sich eine Örtlichkeit in schiesspolizeilicher Hinsicht für eine Schiessanlage eigne, hat im Rahmen der gesamthaften Beurteilung des Bauprojektes im Baubewilligungsverfahren, gegebenenfalls bei der umfassenden Interessenabwägung nach Art. 24 Abs. 1 lit. b
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn:
a der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und b keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.
Regeste (fr):
- Construction d'un stand de tir communal; procédure d'autorisation.
- 1. Recevabilité du recours de droit administratif (consid. 2).
- 2. Il y a lieu d'examiner dans le cadre d'une évaluation globale du projet, au cours de la procédure d'autorisation de construire, le cas échéant lors de la pesée de tous les intérêts en présence prévue par l'art. 24 al. 1 let. b LAT, si un emplacement convient à un stand de tir du point de vue de la sécurité publique (consid. 4).
Regesto (it):
- Costruzione di un poligono di tiro comunale; procedura di autorizzazione.
- 1. Ammissibilità del ricorso di diritto amministrativo (consid. 2).
- 2. La questione di sapere se una località è adatta per un impianto di tiro, a norma della relativa disciplina, dev'essere esaminata nell'ambito della valutazione complessiva del progetto durante la procedura di autorizzazione edilizia, eventualmente con la ponderazione di tutti gli interessi giusta l'art. 24 cpv. 1 lett. b LPT (consid. 4).
Sachverhalt ab Seite 126
BGE 114 Ib 125 S. 126
Die Gemeinde Bitsch beabsichtigt, einen neuen Gemeindeschiessstand für Schiessübungen auf 300 m Distanz zu erstellen. Gemäss dem Beschluss des Staatsrates des Kantons Wallis vom 16. Februar 1977 über die Schiessvereine und die Aufsicht des Schiesswesens veröffentlichte die Gemeinde im Amtsblatt Nr. 7 vom 15. Februar 1985 die vom zuständigen eidgenössischen Schiessoffizier als geeignet bezeichnete Schusslinie. Gegen den geplanten Schiessbetrieb gingen in der Folge mehrere Einsprachen ein. Der Gemeinderat überwies diese dem kantonalen Justiz-, Polizei- und Militärdepartement mit dem Antrag, die Schusslinie zu genehmigen und die Einsprachen abzuweisen. Mit Verfügung vom 7. Oktober 1987 wies der Stellvertreter des Vorstehers des Justiz-, Polizei- und Militärdepartementes des Kantons Wallis die Einsprachen ab, soweit er auf sie eintrat, und genehmigte die Schusslinie der Munizipalgemeinde Bitsch. Die Verfügung enthält unter Hinweis auf Art. 26 der eidgenössischen Verordnung über das Schiesswesen ausser Dienst vom 29. November 1935 (SR 512.31) die Rechtsmittelbelehrung, dass sie innert 30 Tagen an das Eidgenössische Militärdepartement weitergezogen werden könne. Hievon machten Erika Oggier-Kummer und Mitbeteiligte Gebrauch. Das Eidgenössische Militärdepartement gelangte hierauf mit Schreiben vom 8. Januar 1988 an das Bundesamt für Justiz, da es seine Zuständigkeit für die Beurteilung der Beschwerden verneinte. Es handle sich - so die Ansicht des Departements - nicht um Beschwerden im Sinne von Art. 26 der Verordnung über das Schiesswesen ausser Dienst. Diese Bestimmung
BGE 114 Ib 125 S. 127
beziehe sich auf "Anstände betreffend Anweisung und Benützung von Schiessplätzen"; ein solcher Streit stehe indessen hier nicht zur Diskussion. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement eröffnete hierauf mit dem Bundesgericht einen Meinungsaustausch über die Frage, wer zur Beurteilung der Beschwerden zuständig sei. Es wies darauf hin, dass die Erstellung des Schiessplatzes, der in der Landwirtschaftszone errichtet werden solle, eine Ausnahmebewilligung nach Art. 24
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn: |
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a | der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und |
b | keine überwiegenden Interessen entgegenstehen. |
Das Bundesgericht nimmt die Eingaben als Verwaltungsgerichtsbeschwerden entgegen und heisst diese gut, soweit es darauf eintritt.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Die projektierte Gemeindeschiessanlage muss von der Gemeinde gemäss Art. 32 des Bundesgesetzes über die Militärorganisation vom 12. April 1907 für die obligatorischen Schiessübungen unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Nötigenfalls kann für deren Erstellung das eidgenössische Enteignungsrecht bewilligt werden. Wie in der angefochtenen Verfügung zutreffend dargelegt wird, untersteht die Anlage der kantonalen Bauhoheit, d.h. sie bedarf einer Baubewilligung der Gemeinde und des Kantons gemäss der kantonalen Bauverordnung vom 5. Januar 1983. Im entsprechenden Verfahren ist zu prüfen, ob die Anlage den einschlägigen Vorschriften des eidgenössischen und kantonalen Rechts entspricht. a) Wie in dem zwischen dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement und dem Bundesgericht durchgeführten Meinungsaustausch festgestellt wurde, stellen Streitfragen über die Zulässigkeit neuer Schiessanlagen keine "Anstände betreffend Anweisung und Benützung von Schiessplätzen" im Sinne von Art. 26 der Verordnung über das Schiesswesen ausser Dienst dar. Das Eidgenössische Militärdepartement ist daher zur Beurteilung der Beschwerden nicht zuständig. b) Die Zuständigkeit des Bundesrates zur Beschwerdebeurteilung wäre gegeben, wenn die Verwaltungsgerichtsbeschwerde aus
BGE 114 Ib 125 S. 128
einem der in den Art. 99 bis
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn: |
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a | der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und |
b | keine überwiegenden Interessen entgegenstehen. |
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn: |
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a | der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und |
b | keine überwiegenden Interessen entgegenstehen. |
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn: |
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a | der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und |
b | keine überwiegenden Interessen entgegenstehen. |
3. Die Beschwerdeführer erheben als erstes den Vorwurf der formellen Rechtsverweigerung, weil das im Beschluss des Staatsrates vom 16. Februar 1977 über die Schiessvereine und die Aufsicht des Schiesswesens für die Anerkennung einer Schusslinie vorgesehene Verfahren nicht richtig durchgeführt worden sei. Sie hätten aus diesem Grunde keine volle Akteneinsicht erhalten, namentlich hätten sie auch nicht in ausreichendem Masse zur Frage der Lärmbelästigung Stellung nehmen können. Das Justiz-, Polizei- und Militärdepartement anerkennt, dass das Verfahren nicht genau gemäss dem in Art. 10 ff. des Staatsratsbeschlusses vorgesehenen Verfahren durchgeführt worden sei, ist jedoch der Meinung, die Einsprecher hätten deswegen keinen Rechtsnachteil erlitten. Dieser Auffassung kann kaum gefolgt werden, ergibt sich doch aus den Akten, dass nicht nur am 12. September 1984 - somit vor der am 15. Februar 1985 erfolgten Auflage des Schusslinienplanes - Lärmmessungen durchgeführt wurden, sondern auch noch während der Hängigkeit des Rekursverfahrens vor dem Justiz-, Polizei- und Militärdepartement am 29. August 1986. Es ging dabei um eine Lärmanalyse im Sinne einer Beweiserhebung. Diese hätte den Einsprechern zur Stellungnahme zugestellt werden müssen (BGE 104 Ia 71 E. 3b mit Hinweisen). Doch kann die Frage offengelassen werden, ob die Beschwerden bereits aus diesem Grunde gutzuheissen sind, ergibt sich doch aus den
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nachfolgenden Erwägungen, dass die angefochtene Verfügung aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht haltbar ist, gegen Bundesrecht verstösst und daher aufgehoben werden muss.
4. Wie der angefochtene Entscheid zutreffend festhält, bedarf die Errichtung einer kommunalen Schiessanlage einer Baubewilligung, die in dem in der kantonalen Bauverordnung vom 5. Januar 1983 geregelten Verfahren zu erteilen ist. In diesem Verfahren werden die für den Entscheid wesentlichen planungs- und baurechtlichen Fragen, zu denen auch die Belange des Immissionsschutzes zählen, beurteilt (BGE 112 Ib 39 ff., insbesondere 46 ff., E. 4 betreffend die durch den Schiessbetrieb erzeugten Lärmimmissionen). Der angefochtene Entscheid geht demgegenüber davon aus, bei der Genehmigung der Schusslinie durch das kantonale Justiz-, Polizei- und Militärdepartement handle es sich um eine selbständige Sonderbewilligung im Sinne von Art. 37 der Bauverordnung. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. a) Bereits die in Art. 37 Abs. 1
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn: |
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a | der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und |
b | keine überwiegenden Interessen entgegenstehen. |
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genannten Staatsratsbeschlusses in Kraft getretenen Bundesrechts zu entsprechen. c) Seit Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Raumplanung am 1. Januar 1980 verlangt das Bundesrecht eine Baubewilligung für Gemeindeschiessanlagen (Art. 22
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz RPG Art. 22 Baubewilligung - 1 Bauten und Anlagen dürfen nur mit behördlicher Bewilligung errichtet oder geändert werden. |
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1 | Bauten und Anlagen dürfen nur mit behördlicher Bewilligung errichtet oder geändert werden. |
2 | Voraussetzung einer Bewilligung ist, dass: |
a | die Bauten und Anlagen dem Zweck der Nutzungszone entsprechen; und |
b | das Land erschlossen ist. |
3 | Die übrigen Voraussetzungen des Bundesrechts und des kantonalen Rechts bleiben vorbehalten. |
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn: |
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a | der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und |
b | keine überwiegenden Interessen entgegenstehen. |
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz RPG Art. 34 Bundesrecht - 1 Für die Rechtsmittel an Bundesbehörden gelten die allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege. |
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1 | Für die Rechtsmittel an Bundesbehörden gelten die allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege. |
2 | Kantone und Gemeinden sind zur Beschwerde berechtigt gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen über: |
a | Entschädigungen als Folge von Eigentumsbeschränkungen (Art. 5); |
b | die Zonenkonformität von Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen; |
c | Bewilligungen im Sinne der Artikel 24-24d80 und 37a.81 |
3 | Das Bundesamt für Landwirtschaft ist zur Beschwerde berechtigt gegen Entscheide über Vorhaben, die Fruchtfolgeflächen beanspruchen.82 |
BGE 114 Ib 125 S. 131
im Kanton Wallis gemäss der Bauverordnung die kantonale Baukommission unter Vorbehalt der Beschwerde an den Staatsrat und an das kantonale Verwaltungsgericht zu entscheiden. Gegen den letztinstanzlichen kantonalen Rechtsmittelentscheid kann alsdann, sofern eine Bewilligung nach Art. 24
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn: |
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a | der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und |
b | keine überwiegenden Interessen entgegenstehen. |