111 II 405
81. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 19. Dezember 1985 i.S. S. gegen R. (Berufung)
Regeste (de):
- Besuchsrecht des nicht obhutsberechtigten geschiedenen Elternteils.
- Art. 156 und 273
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 273 - 1 Eltern, denen die elterliche Sorge oder Obhut nicht zusteht, und das minderjährige Kind haben gegenseitig Anspruch auf angemessenen persönlichen Verkehr.332
1 Eltern, denen die elterliche Sorge oder Obhut nicht zusteht, und das minderjährige Kind haben gegenseitig Anspruch auf angemessenen persönlichen Verkehr.332 2 Die Kindesschutzbehörde kann Eltern, Pflegeeltern oder das Kind ermahnen und ihnen Weisungen erteilen, wenn sich die Ausübung oder Nichtausübung des persönlichen Verkehrs für das Kind nachteilig auswirkt oder wenn eine Ermahnung oder eine Weisung aus anderen Gründen geboten ist. 3 Der Vater oder die Mutter können verlangen, dass ihr Anspruch auf persönlichen Verkehr geregelt wird. SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 74 - Eine Umwandlung des Vereinszweckes kann keinem Mitgliede aufgenötigt werden.
- Art. 157
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 74 - Eine Umwandlung des Vereinszweckes kann keinem Mitgliede aufgenötigt werden.
Regeste (fr):
- Droit de visite du parent divorcé qui n'a pas la garde de l'enfant.
- Art. 156 et 273/74 CC. La réglementation du droit de visite ne saurait dépendre seulement de la volonté de l'enfant concerné. D'autre part, on ne doit pas faire totalement abstraction du comportement de l'enfant envers le parent qui n'a pas la garde. Il faut, dans chaque cas particulier, déterminer pourquoi l'enfant adopte envers ce parent une attitude défensive et si l'exercice du droit de visite risque réellement de porter atteinte au bien de l'enfant.
- Art. 157 CC. On ne doit pas soumettre la modification de la réglementation du droit de visite à des exigences particulièrement strictes. Il suffit que le pronostic du juge du divorce se soit révélé erroné et que le maintien de la réglementation actuelle risque de porter atteinte au bien de l'enfant.
Regesto (it):
- Diritto di visita del genitore divorziato che non ha la custodia del figlio.
- Art. 156 e 273/74 CC. La disciplina del diritto di visita non può dipendere soltanto dalla volontà del figlio interessato. D'altro canto, non può prescindersi completamente dal comportamento del figlio nei confronti del genitore che non ne ha la custodia. Occorre determinare in ogni caso concreto perché il figlio adotti nei confronti di tale genitore un'attitudine difensiva e se l'esercizio del diritto di visita rischi di pregiudicare effettivamente il bene del figlio.
- Art. 157 CC. La modifica del diritto di visita non deve soggiacere a criteri particolarmente rigorosi. È sufficiente che il pronostico del giudice del divorzio sia risultato erroneo e che, mantenendo l'attuale disciplina, il bene del figlio rischi d'essere pregiudicato.
Erwägungen ab Seite 406
BGE 111 II 405 S. 406
Aus den Erwägungen:
1. In tatsächlicher Hinsicht hat das Obergericht festgestellt, dass die Ausübung des Besuchsrechts durch den Beklagten am heftigen Widerstand der Kinder scheitert. Namentlich für die ältere, jetzt 13jährige Tochter bedeutet das vom Beklagten beanspruchte Besuchsrecht eine sehr unangenehme Pflicht, der sie sich wenn immer möglich zu entziehen versucht. Sie hat von ihrem Vater aufgrund der ehelichen Streitigkeiten, welche in Tätlichkeiten des Beklagten gegen Frau und Kind ausarteten, ein sehr ungünstiges Bild gewonnen, das sie mit seinen heutigen Bemühungen, seine Beziehung zu ihr zu verbessern, nicht zu vereinbaren vermag. Sie betrachtet diese Bemühungen als heuchlerisch und verlogen und hält ihren Vater für primitiv und widerlich. Sie sieht den Sinn der Besuche nicht ein. Die jüngere Tochter war bei der Trennung der Eltern kaum zwei Jahre alt und hat daher während des gemeinsamen Familienlebens kein ungünstiges Vaterbild gewonnen. Indessen ist sie heute mit ihren sieben Jahren gefühlsmässig stark an die Mutter und die ältere Schwester gebunden und zu einer selbständigen Beurteilung der Situation noch nicht fähig. Daraus entstehen für sie im Verhältnis zum Vater Loyalitätskonflikte. Der Klägerin bescheinigt die Vorinstanz, dass sie ihre Töchter nicht bewusst gegen den Vater beeinflusse. Nach Ansicht der Vorinstanz hat der Beklagte sein Besuchsrecht korrekt ausgeübt und muss sich diesbezüglich nichts vorwerfen lassen. Gestützt auf diese Feststellungen ist die Vorinstanz zum Schluss gelangt, dass von einer dauernden und erheblichen Änderung der Verhältnisse im Sinne von Art. 157
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 74 - Eine Umwandlung des Vereinszweckes kann keinem Mitgliede aufgenötigt werden. |
BGE 111 II 405 S. 407
nennenswerten Gefährdung ihres geistigen, sittlichen oder körperlichen Wohles auszusetzen. Eine gänzliche Aufhebung des väterlichen Besuchsrechts sei nicht gerechtfertigt, vielmehr trage die vom Bezirksgericht vorgenommene und vom Obergericht bestätigte Einschränkung des Besuchsrechts den besondern Umständen des vorliegenden Falles genügend Rechnung.
3. Derjenige Ehegatte, dem die Kinder bei der Scheidung entzogen werden, hat gemäss Art. 156 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 74 - Eine Umwandlung des Vereinszweckes kann keinem Mitgliede aufgenötigt werden. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 273 - 1 Eltern, denen die elterliche Sorge oder Obhut nicht zusteht, und das minderjährige Kind haben gegenseitig Anspruch auf angemessenen persönlichen Verkehr.332 |
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1 | Eltern, denen die elterliche Sorge oder Obhut nicht zusteht, und das minderjährige Kind haben gegenseitig Anspruch auf angemessenen persönlichen Verkehr.332 |
2 | Die Kindesschutzbehörde kann Eltern, Pflegeeltern oder das Kind ermahnen und ihnen Weisungen erteilen, wenn sich die Ausübung oder Nichtausübung des persönlichen Verkehrs für das Kind nachteilig auswirkt oder wenn eine Ermahnung oder eine Weisung aus anderen Gründen geboten ist. |
3 | Der Vater oder die Mutter können verlangen, dass ihr Anspruch auf persönlichen Verkehr geregelt wird. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 274 - 1 Der Vater und die Mutter haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Aufgabe der erziehenden Person erschwert.334 |
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1 | Der Vater und die Mutter haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Aufgabe der erziehenden Person erschwert.334 |
2 | Wird das Wohl des Kindes durch den persönlichen Verkehr gefährdet, üben die Eltern ihn pflichtwidrig aus, haben sie sich nicht ernsthaft um das Kind gekümmert oder liegen andere wichtige Gründe vor, so kann ihnen das Recht auf persönlichen Verkehr verweigert oder entzogen werden. |
3 | Haben die Eltern der Adoption ihres Kindes zugestimmt oder kann von ihrer Zustimmung abgesehen werden, so erlischt das Recht auf persönlichen Verkehr, sobald das Kind zum Zwecke künftiger Adoption untergebracht wird. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 274 - 1 Der Vater und die Mutter haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Aufgabe der erziehenden Person erschwert.334 |
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1 | Der Vater und die Mutter haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Aufgabe der erziehenden Person erschwert.334 |
2 | Wird das Wohl des Kindes durch den persönlichen Verkehr gefährdet, üben die Eltern ihn pflichtwidrig aus, haben sie sich nicht ernsthaft um das Kind gekümmert oder liegen andere wichtige Gründe vor, so kann ihnen das Recht auf persönlichen Verkehr verweigert oder entzogen werden. |
3 | Haben die Eltern der Adoption ihres Kindes zugestimmt oder kann von ihrer Zustimmung abgesehen werden, so erlischt das Recht auf persönlichen Verkehr, sobald das Kind zum Zwecke künftiger Adoption untergebracht wird. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 274 - 1 Der Vater und die Mutter haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Aufgabe der erziehenden Person erschwert.334 |
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1 | Der Vater und die Mutter haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Aufgabe der erziehenden Person erschwert.334 |
2 | Wird das Wohl des Kindes durch den persönlichen Verkehr gefährdet, üben die Eltern ihn pflichtwidrig aus, haben sie sich nicht ernsthaft um das Kind gekümmert oder liegen andere wichtige Gründe vor, so kann ihnen das Recht auf persönlichen Verkehr verweigert oder entzogen werden. |
3 | Haben die Eltern der Adoption ihres Kindes zugestimmt oder kann von ihrer Zustimmung abgesehen werden, so erlischt das Recht auf persönlichen Verkehr, sobald das Kind zum Zwecke künftiger Adoption untergebracht wird. |
BGE 111 II 405 S. 408
Art. 301 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 301 - 1 Die Eltern leiten im Blick auf das Wohl des Kindes seine Pflege und Erziehung und treffen unter Vorbehalt seiner eigenen Handlungsfähigkeit die nötigen Entscheidungen. |
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1 | Die Eltern leiten im Blick auf das Wohl des Kindes seine Pflege und Erziehung und treffen unter Vorbehalt seiner eigenen Handlungsfähigkeit die nötigen Entscheidungen. |
1bis | Der Elternteil, der das Kind betreut, kann allein entscheiden, wenn: |
1 | die Angelegenheit alltäglich oder dringlich ist; |
2 | der andere Elternteil nicht mit vernünftigem Aufwand zu erreichen ist.392 |
2 | Das Kind schuldet den Eltern Gehorsam; die Eltern gewähren dem Kind die seiner Reife entsprechende Freiheit der Lebensgestaltung und nehmen in wichtigen Angelegenheiten, soweit tunlich, auf seine Meinung Rücksicht. |
3 | Das Kind darf ohne Einwilligung der Eltern die häusliche Gemeinschaft nicht verlassen; es darf ihnen auch nicht widerrechtlich entzogen werden. |
4 | Die Eltern geben dem Kind den Vornamen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 74 - Eine Umwandlung des Vereinszweckes kann keinem Mitgliede aufgenötigt werden. |
4. Entgegen der Meinung der Klägerin hat der gerichtliche Sachverständige, auf dessen Bericht sich die Vorinstanz stützt, nicht festgestellt, dass die Ausübung des Besuchsrechts durch den Beklagten eine Gefährdung des geistigen und seelischen Wohls der beiden Kinder zur Folge hätte. Im Gutachten des Schulpsychologischen Dienstes vom 12. Oktober 1983, in welchem sich der Experte mit der älteren Tochter befasst, wird bei dieser zwar eine Abwehrhaltung gegen den Vater festgestellt, und es werden auch die Gründe dargelegt, die zu dieser Einstellung des Kindes geführt haben. Dem Gutachten lässt sich indessen nicht entnehmen, dass das von den kantonalen Instanzen eingeschränkte väterliche Besuchsrecht zu einer eigentlichen Gefährdung des geistig-seelischen Wohlbefindens des Kindes führen werde. Zwar ist von gewissen Angstreaktionen der älteren Tochter dem Vater gegenüber die Rede, doch macht der Gutachter keine Angaben über die Bedeutung
BGE 111 II 405 S. 409
dieser Ängste und die Möglichkeit, diese abzubauen. Auch aus der zusätzlichen Befragung beider Kinder durch einen Kinder- und Jugendpsychologen vom 26. Juli 1984 ergibt sich nichts, was auf eine Gefährdung des Wohles der Kinder bei Ausübung des Besuchsrechts durch den Beklagten hindeuten würde. Dagegen hat die Vorinstanz ausdrücklich und für das Bundesgericht verbindlich festgestellt, dass der Beklagte sein Besuchsrecht klaglos ausübe und ehrlich bemüht sei, das Vertrauen seiner beiden Töchter wieder zu gewinnen. Unter diesen Umständen kann der Vorinstanz nicht vorgeworfen werden, sie habe Bundesrecht verletzt, weil sie das Besuchsrecht des Beklagten nicht gänzlich aufgehoben, sondern nur eingeschränkt hat. Damit wird allerdings nicht gesagt, dass im Falle der Weigerung der Kinder, ihren Vater zu besuchen oder seinen Besuch zu empfangen, beim Vollzug des abgeänderten Scheidungsurteils allenfalls direkter Zwang zur Anwendung gelangen könnte. Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang auf BGE 107 II 303, wo das Bundesgericht bemerkt hatte, dass nach heute allgemein anerkannter Auffassung zur Durchsetzung des Besuchsrechts auf die Anwendung direkten Zwangs gegenüber Kindern verzichtet werden sollte. Das Bundesgericht hatte in jenem Urteil zwar nicht abschliessend zu dieser Frage Stellung zu nehmen, sondern nur über die Rüge des nicht obhutsberechtigten Elternteils wegen willkürlicher Beweiswürdigung zu befinden. Auch im vorliegenden Fall bildet die Vollstreckung des Besuchsrechts des Beklagten nicht Gegenstand des Rechtsstreits, in welchem nur über Bestand und Umfang des Besuchsrechts zu entscheiden ist. Wollte man bei zu befürchtenden Vollzugsschwierigkeiten auch den Bestand des Besuchsrechts für die betroffenen Kinder als unzumutbar bezeichnen, wie es der Meinung der Klägerin entspricht (in dieser Richtung äussert sich auch RICHARD BLUM, Der persönliche Verkehr mit dem unmündigen Kind, Diss. Zürich 1983, S. 98 ff.), so würde dies letzten Endes doch wieder dazu führen, auf den Willen des betroffenen Kindes allein abzustellen, was der Absicht des Gesetzgebers widerspricht.