Urteilskopf

110 IV 91

28. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 19. Dezember 1984 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen Frau R. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Erwägungen ab Seite 91

BGE 110 IV 91 S. 91

Aus den Erwägungen:

1. Nach den für den Kassationshof verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz ist folgender Sachverhalt zu beurteilen: Der Polizeibeamte W. machte zur Beschwerdegegnerin eine abschätzige Bemerkung über ihre Erziehungsmethoden. Sinngemäss sagte er, 17 Jahre habe sie als Mutter jetzt Zeit gehabt, ihre Söhne zu erziehen; jetzt sehe man, was daraus geworden sei. (Nach den Angaben von Polizist W. lautete seine Äusserung: Er würde sich schämen, wenn er solche Kinder auf die Welt gesetzt hätte.) Wegen dieser Bemerkung wurde Frau R. zornig, bezeichnete W. als jungen "Schnuderi" und holte zu einem Schlag aus. Andere Polizeifunktionäre verhinderten, dass es zu einer tätlichen Auseinandersetzung kam.
BGE 110 IV 91 S. 92

2. Art. 285
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 285 - 1. Wer eine Behörde, ein Mitglied einer Behörde oder einen Beamten durch Gewalt oder Drohung an einer Handlung, die innerhalb ihrer Amtsbefugnisse liegt, hindert, zu einer Amtshandlung nötigt oder während einer Amtshandlung tätlich angreift, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft. In leichten Fällen kann auf Geldstrafe erkannt werden.374
1    Wer eine Behörde, ein Mitglied einer Behörde oder einen Beamten durch Gewalt oder Drohung an einer Handlung, die innerhalb ihrer Amtsbefugnisse liegt, hindert, zu einer Amtshandlung nötigt oder während einer Amtshandlung tätlich angreift, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft. In leichten Fällen kann auf Geldstrafe erkannt werden.374
2    Wird die Tat von einem zusammengerotteten Haufen begangen, so wird jeder, der an der Zusammenrottung teilnimmt, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft. In leichten Fällen kann auf Geldstrafe erkannt werden.
StGB dient dem Schutz der öffentlichen Gewalt. Der tatbestandsmässige Angriff richtet sich gegen eine Amtshandlung. Angriffe gegen einen im Dienst befindlichen Beamten, die ihn aber nicht in seiner amtlichen Funktion treffen und seine Tätigkeit als Träger öffentlicher Gewalt nicht tangieren, sondern aus persönlichen Gründen erfolgen, fallen nicht unter diese Strafnorm. Der hier zu beurteilende Sachverhalt ereignete sich zwar während der Dienstzeit des Polizeibeamten W., aber der Anlass für das Ausholen zum Schlag war nicht eine amtliche Handlung des Bedrohten, sondern eine persönliche Bemerkung, welche die Beschwerdegegnerin als beleidigend empfand. Es besteht auch nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, dass ihr Vorgehen gegen den sie durch eine abschätzige Bemerkung provozierenden Polizisten dessen amtliche Tätigkeit behindern oder beeinträchtigen sollte. Gegen eine solche Retorsion eines Betroffenen auf eine unsachliche persönliche Bemerkung ist ein Polizeibeamter durch Art. 285
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 285 - 1. Wer eine Behörde, ein Mitglied einer Behörde oder einen Beamten durch Gewalt oder Drohung an einer Handlung, die innerhalb ihrer Amtsbefugnisse liegt, hindert, zu einer Amtshandlung nötigt oder während einer Amtshandlung tätlich angreift, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft. In leichten Fällen kann auf Geldstrafe erkannt werden.374
1    Wer eine Behörde, ein Mitglied einer Behörde oder einen Beamten durch Gewalt oder Drohung an einer Handlung, die innerhalb ihrer Amtsbefugnisse liegt, hindert, zu einer Amtshandlung nötigt oder während einer Amtshandlung tätlich angreift, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft. In leichten Fällen kann auf Geldstrafe erkannt werden.374
2    Wird die Tat von einem zusammengerotteten Haufen begangen, so wird jeder, der an der Zusammenrottung teilnimmt, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft. In leichten Fällen kann auf Geldstrafe erkannt werden.
StGB nicht geschützt, wie umgekehrt Tätlichkeiten oder Ehrverletzungen durch einen Beamten nicht als Amtsmissbrauch (Art. 312
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 312 - Mitglieder einer Behörde oder Beamte, die ihre Amtsgewalt missbrauchen, um sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen oder einem andern einen Nachteil zuzufügen, werden mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB) zu ahnden sind, soweit jener zwar während der Dienstzeit, aber nicht in Form einer Amtshandlung solche Verfehlungen begeht (BGE 108 IV 50). Das Obergericht sprach daher richtigerweise die Beschwerdegegnerin von der Anklage der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte frei.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 110 IV 91
Datum : 19. Dezember 1984
Publiziert : 31. Dezember 1985
Quelle : Bundesgericht
Status : 110 IV 91
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : Art. 285 StGB. Der diensttuende Polizeibeamte ist durch diese Bestimmung nicht geschützt gegen Angriffe aus persönlichen


Gesetzesregister
StGB: 285 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 285 - 1. Wer eine Behörde, ein Mitglied einer Behörde oder einen Beamten durch Gewalt oder Drohung an einer Handlung, die innerhalb ihrer Amtsbefugnisse liegt, hindert, zu einer Amtshandlung nötigt oder während einer Amtshandlung tätlich angreift, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft. In leichten Fällen kann auf Geldstrafe erkannt werden.374
1    Wer eine Behörde, ein Mitglied einer Behörde oder einen Beamten durch Gewalt oder Drohung an einer Handlung, die innerhalb ihrer Amtsbefugnisse liegt, hindert, zu einer Amtshandlung nötigt oder während einer Amtshandlung tätlich angreift, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft. In leichten Fällen kann auf Geldstrafe erkannt werden.374
2    Wird die Tat von einem zusammengerotteten Haufen begangen, so wird jeder, der an der Zusammenrottung teilnimmt, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft. In leichten Fällen kann auf Geldstrafe erkannt werden.
312
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 312 - Mitglieder einer Behörde oder Beamte, die ihre Amtsgewalt missbrauchen, um sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen oder einem andern einen Nachteil zuzufügen, werden mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
BGE Register
108-IV-48 • 110-IV-91
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
amtliche tätigkeit • amtsmissbrauch • anklage • beleidigung • funktion • gerichtliche polizei • hinderung einer amtshandlung • kassationshof • mutter • polizei • sachverhalt • sprache • treffen • vorinstanz