110 IV 87
27. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 9. November 1984 i.S. P. gegen R. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):
- Art. 173 ff
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 173 - 1. Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt,
1 Wer jemanden bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt, 2 Beweist der Beschuldigte, dass die von ihm vorgebrachte oder weiterverbreitete Äusserung der Wahrheit entspricht, oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten, so ist er nicht strafbar. 3 Der Beschuldigte wird zum Beweis nicht zugelassen und ist strafbar für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonst wie ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen. 4 Nimmt der Täter seine Äusserung als unwahr zurück, so kann er milder bestraft oder ganz von Strafe befreit werden. 5 Hat der Beschuldigte den Wahrheitsbeweis nicht erbracht oder sind seine Äusserungen unwahr oder nimmt der Beschuldigte sie zurück, so hat das Gericht dies im Urteil oder in einer andern Urkunde festzustellen. - Wer seinem Anwalt bei der Prozessinstruktion ehrverletzende Angaben über die Gegenpartei macht, tut dies - unter Vorbehalt konkreter gegenteiliger Anzeichen - mit dem Willen, dass jener sie in seinen Rechtsschriften verwende. Der Verletzte hat deshalb bei der Stellung des Strafantrages im Regelfall von einer Beteiligung von Partei und Anwalt auszugehen (E. 1b).
- Art. 30
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 30 - 1 Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen.
1 Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen. 2 Ist die verletzte Person handlungsunfähig, so ist ihr gesetzlicher Vertreter zum Antrag berechtigt. Steht sie unter Vormundschaft oder unter umfassender Beistandschaft, so steht das Antragsrecht auch der Erwachsenenschutzbehörde zu.21 3 Ist die verletzte Person minderjährig oder steht sie unter umfassender Beistandschaft, so ist auch sie zum Antrag berechtigt, wenn sie urteilsfähig ist.22 4 Stirbt die verletzte Person, ohne dass sie den Strafantrag gestellt oder auf den Strafantrag ausdrücklich verzichtet hat, so steht das Antragsrecht jedem Angehörigen zu. 5 Hat eine antragsberechtigte Person ausdrücklich auf den Antrag verzichtet, so ist ihr Verzicht endgültig. - Der gültig gegen einen Mitwirkenden gestellte Strafantrag gilt - ohne ausdrückliche Beschränkung - auch gegenüber allen andern Tatbeteiligten. Das Unterbleiben der Verfolgung eines Mitbeteiligten hat keinen Einfluss auf den Fortbestand des Strafantrags gegenüber weiteren Delinquenten (E. 1c).
Regeste (fr):
- Art. 173 ss CP; propos attentatoires à l'honneur dans un mémoire; activité conjointe de la partie et de son avocat.
- Celui qui, dans le cadre de l'instruction d'un procès, donne des renseignements portant atteinte à l'honneur de sa partie adverse, agit - sauf indications contraires données concrètement - avec la volonté qu'ils soient utilisés dans les écritures. Le lésé doit donc, en règle générale, lorsqu'il dépose plainte pénale, considérer que la partie et l'avocat ont agi ensemble (consid. 1b).
- Art. 30 CP; dépôt de la plainte, lorsque plusieurs personnes ont participé à l'infraction.
- La plainte déposée valablement contre l'un des participants vaut - sauf réserve expresse - également contre tous ceux qui ont pris part à l'infraction. Le fait que la poursuite pénale a épargné l'un d'eux n'a aucune incidence sur la validité de la plainte à l'égard des autres délinquants (consid. 1c).
Regesto (it):
- Art. 173 segg. CP; dichiarazioni lesive dell'onore contenute in una memoria giudiziaria; attività congiunta della parte e del suo avvocato.
- Chi, nel quadro dell'istruzione di un processo, fornisce al proprio avvocato indicazioni lesive dell'onore della controparte, agisce, salvo manifestazione contraria espressa concretamente, con la volontà che esse siano utilizzate negli allegati. La persona lesa deve quindi, di regola, presupporre che la parte e il suo avvocato abbiano agito congiuntamente (consid. 1b).
- Art. 30 CP; querela presentata in caso di più compartecipi al reato.
- La querela presentata validamente contro uno dei compartecipi vale - salvo espressa riserva - pure contro tutti i compartecipi al reato. Il fatto che l'azione penale non sia stata aperta nei confronti di uno di essi non ha rilevanza sulla validità della querela presentata contro gli altri (consid. 1c).
Sachverhalt ab Seite 88
BGE 110 IV 87 S. 88
A.- Rechtsanwalt R. klagte im Jahre 1979 gegen seine frühere Klientin, G., auf Bezahlung seines Anwaltshonorars. In diesem Prozess wirkte P. als Vertreter der Beklagten. In seiner Klageantwortschrift vom 28. Februar 1980 führte er aus: "Die Beklagte hat vielmehr den Eindruck, dass bei der Ausarbeitung der Klageschrift eine massive Erhöhung des Zeitaufwandes vorgenommen wurde, um wenigstens den eingeklagten Betrag ausweisen zu können." G. hatte P. gegenüber einen entsprechenden Verdacht geäussert, nachdem Rechtsanwalt R. ein Honorar von ca. Fr. 130'000.-- berechnet, aber bloss Fr. 80'000.-- eingeklagt hatte. Der letztere reichte in der Folge gegen P. eine Strafklage wegen Ehrverletzung ein.
B.- Am 7. Februar 1984 verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich P. wegen übler Nachrede zu einer bedingt vorzeitig löschbaren Busse von Fr. 1'000.--.
C.- P. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und das vorliegende Verfahren einzustellen, eventuell sei die Sache zur Einstellung an die Vorinstanz zurückzuweisen, eventuell sei der Beschwerdeführer vollständig freizusprechen.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe die inkriminierte Äusserung gestützt auf die Instruktion von G. in die Klageantwortschrift übernommen; sie stamme somit von seiner Klientin. Er habe lediglich wiedergegeben, was ihm diese gesagt habe. G. sei infolgedessen Urheberin der Äusserung, weshalb sie im Sinne von Art. 30
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 30 - 1 Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen. |
|
1 | Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen. |
2 | Ist die verletzte Person handlungsunfähig, so ist ihr gesetzlicher Vertreter zum Antrag berechtigt. Steht sie unter Vormundschaft oder unter umfassender Beistandschaft, so steht das Antragsrecht auch der Erwachsenenschutzbehörde zu.21 |
3 | Ist die verletzte Person minderjährig oder steht sie unter umfassender Beistandschaft, so ist auch sie zum Antrag berechtigt, wenn sie urteilsfähig ist.22 |
4 | Stirbt die verletzte Person, ohne dass sie den Strafantrag gestellt oder auf den Strafantrag ausdrücklich verzichtet hat, so steht das Antragsrecht jedem Angehörigen zu. |
5 | Hat eine antragsberechtigte Person ausdrücklich auf den Antrag verzichtet, so ist ihr Verzicht endgültig. |
BGE 110 IV 87 S. 89
Instanz habe gestellt werden müssen. Damit solle verhindert werden, dass der Verurteilte nach seinem Belieben einen einzelnen Beteiligten herausgreife unter Ausschluss der anderen. Genau das aber sei vorliegend geschehen, indem der Beschwerdegegner seine ehemalige Klientin geschont und "wohl bewusst" nur den Beschwerdeführer ins Recht gefasst habe. Soweit die Vorinstanz eine Beteiligung von G. an der eingeklagten Äusserung verneint habe, habe sie auch ihr Ermessen bei der Würdigung des Sachverhalts überschritten und willkürlich gehandelt. a) Diese Argumentation vermischt zwei Fragen, nämlich diejenige nach der Mitwirkung von G. an der eingeklagten Äusserung und diejenige einer rechtsgültigen Antragsstellung für den Fall einer solchen Beteiligung. Ausserdem ist sie widersprüchlich, wenn einerseits geltend gemacht wird, mit dem gegen den Beschwerdeführer gerichteten Strafantrag sei nach Bundesrecht rechtsgültig auch gegen G. Antrag gestellt worden, und anderseits behauptet wird, der Antrag sei wegen Verletzung des Grundsatzes der Unteilbarkeit ungültig. Und schliesslich ist sie, soweit sie sich überhaupt an den von der Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich festgestellten Sachverhalt (Art. 277bis Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 30 - 1 Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen. |
|
1 | Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen. |
2 | Ist die verletzte Person handlungsunfähig, so ist ihr gesetzlicher Vertreter zum Antrag berechtigt. Steht sie unter Vormundschaft oder unter umfassender Beistandschaft, so steht das Antragsrecht auch der Erwachsenenschutzbehörde zu.21 |
3 | Ist die verletzte Person minderjährig oder steht sie unter umfassender Beistandschaft, so ist auch sie zum Antrag berechtigt, wenn sie urteilsfähig ist.22 |
4 | Stirbt die verletzte Person, ohne dass sie den Strafantrag gestellt oder auf den Strafantrag ausdrücklich verzichtet hat, so steht das Antragsrecht jedem Angehörigen zu. |
5 | Hat eine antragsberechtigte Person ausdrücklich auf den Antrag verzichtet, so ist ihr Verzicht endgültig. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 30 - 1 Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen. |
|
1 | Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen. |
2 | Ist die verletzte Person handlungsunfähig, so ist ihr gesetzlicher Vertreter zum Antrag berechtigt. Steht sie unter Vormundschaft oder unter umfassender Beistandschaft, so steht das Antragsrecht auch der Erwachsenenschutzbehörde zu.21 |
3 | Ist die verletzte Person minderjährig oder steht sie unter umfassender Beistandschaft, so ist auch sie zum Antrag berechtigt, wenn sie urteilsfähig ist.22 |
4 | Stirbt die verletzte Person, ohne dass sie den Strafantrag gestellt oder auf den Strafantrag ausdrücklich verzichtet hat, so steht das Antragsrecht jedem Angehörigen zu. |
5 | Hat eine antragsberechtigte Person ausdrücklich auf den Antrag verzichtet, so ist ihr Verzicht endgültig. |
BGE 110 IV 87 S. 90
Begründung seines Standpunkts bedeutsame Angaben dem Anwalt bei der Instruktion normalerweise in der Erwartung macht, dieser werde sie auch verwenden. Letzteres liegt schon in der Auftragserteilung, ohne dass der Klient die Übernahme seiner Angabe noch ausdrücklich verlangen muss. Insbesondere ist in Fällen, wo der Anwalt in einer namens seines Klienten verfassten Prozessschrift ehrverletzende Äusserungen verwendet, zunächst nicht anzunehmen, jener habe diese von sich aus und ohne oder gar gegen den Willen seines Klienten getan, und es hat auch der Verletzte unter Vorbehalt konkreter gegenteiliger Anzeichen unter solchen Umständen für den Regelfall von einer Beteiligung von Partei und Anwalt auszugehen. In diesem Sinne hat sich auch das Bundesgericht ausgesprochen (BGE 97 IV 4, BGE 80 IV 212; zustimmend SCHULTZ, ZBJV 108/1972 S. 339). Dass im vorliegenden Fall solche konkreten Anzeichen bestanden hätten, stellt die Vorinstanz nicht fest. Dann aber kann ihrer Auffassung, G. sei an dem Weiterverbreiten der eingeklagten Äusserung nicht beteiligt gewesen, nicht beigepflichtet werden. Indessen muss deswegen das angefochtene Urteil nicht aufgehoben werden. c) Der Beschwerdegegner hat unbestrittenermassen gegen den Beschwerdeführer form- und fristgerecht Strafantrag gestellt. Damit war auch gegen weitere nicht ausdrücklich erwähnte Beteiligte von Bundesrechts wegen Antrag gestellt, es wäre denn, der Beschwerdegegner hätte bezüglich der zu verfolgenden Personen einen Vorbehalt angebracht bzw. den Antrag bewusst auf den Beschwerdeführer beschränkt (BGE 97 IV 3 mit Verweisungen). Davon kann nach der vom Obergericht in diesem Punkt gegebenen Eventualbegründung nicht die Rede sein. Welches der Inhalt der vom Antragssteller abgegebenen Willenserklärung war, ist Tatfrage, die vom kantonalen Richter für den Kassationshof verbindlich beantwortet und daher mit der Nichtigkeitsbeschwerde nicht zur Entscheidung gestellt werden kann, auch nicht mit der Rüge willkürlicher Beweiswürdigung oder Tatsachenfeststellung (Art. 273 Abs. 1 lit. b
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 30 - 1 Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen. |
|
1 | Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen. |
2 | Ist die verletzte Person handlungsunfähig, so ist ihr gesetzlicher Vertreter zum Antrag berechtigt. Steht sie unter Vormundschaft oder unter umfassender Beistandschaft, so steht das Antragsrecht auch der Erwachsenenschutzbehörde zu.21 |
3 | Ist die verletzte Person minderjährig oder steht sie unter umfassender Beistandschaft, so ist auch sie zum Antrag berechtigt, wenn sie urteilsfähig ist.22 |
4 | Stirbt die verletzte Person, ohne dass sie den Strafantrag gestellt oder auf den Strafantrag ausdrücklich verzichtet hat, so steht das Antragsrecht jedem Angehörigen zu. |
5 | Hat eine antragsberechtigte Person ausdrücklich auf den Antrag verzichtet, so ist ihr Verzicht endgültig. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 30 - 1 Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen. |
|
1 | Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen. |
2 | Ist die verletzte Person handlungsunfähig, so ist ihr gesetzlicher Vertreter zum Antrag berechtigt. Steht sie unter Vormundschaft oder unter umfassender Beistandschaft, so steht das Antragsrecht auch der Erwachsenenschutzbehörde zu.21 |
3 | Ist die verletzte Person minderjährig oder steht sie unter umfassender Beistandschaft, so ist auch sie zum Antrag berechtigt, wenn sie urteilsfähig ist.22 |
4 | Stirbt die verletzte Person, ohne dass sie den Strafantrag gestellt oder auf den Strafantrag ausdrücklich verzichtet hat, so steht das Antragsrecht jedem Angehörigen zu. |
5 | Hat eine antragsberechtigte Person ausdrücklich auf den Antrag verzichtet, so ist ihr Verzicht endgültig. |
BGE 110 IV 87 S. 91
Das ist darauf zurückzuführen, dass das Verfahren erst so spät auf sie ausgedehnt wurde, dass die Zulassung der Anklage wegen Verjährung "der allenfalls von der Angeklagten begangenen Ehrverletzung" verweigert wurde. Der Beschwerdeführer wäre im übrigen ohnehin nicht befugt, dies mit der Nichtigkeitsbeschwerde zu rügen, weil die Durchsetzung des Strafanspruchs grundsätzlich Sache des Staates ist und bei Antragsdelikten einzig der Antragsteller durch die Nichtverfolgung eines der Täter in seinen rechtlich geschützten Interessen berührt sein kann.