109 II 92
22. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 7. Juli 1983 i.S. M. gegen V. (Berufung)
Regeste (de):
- Güterrechtliche Auseinandersetzung.
- Liegenschaftskauf der Brautleute vor Eheabschluss.
Regeste (fr):
- Liquidation entre époux.
- Immeuble acquis par les époux avant le mariage.
Regesto (it):
- Liquidazione dei beni tra coniugi.
- Immobile acquistato dai coniugi prima del matrimonio.
Erwägungen ab Seite 93
BGE 109 II 92 S. 93
Aus den Erwägungen:
2. Die Vorinstanz ging davon aus, dass die Liegenschaft Nr. 78 und 78 A in T. noch vor Eheabschluss, nämlich am 12. Dezember 1960 aus Mitteln der damaligen Braut im Betrage von Fr. 11'000.-- und durch Übernahme einer bestehenden Hypothek im Betrage von Fr. 12'000.-- auf den Namen des damaligen Bräutigams gekauft und ins Grundbuch eingetragen worden ist. Soweit sich der Beklagte gegen diese Feststellung wendet, übersieht er, dass das Bundesgericht auf Tatfragen nicht eintreten kann (Art. 63 Abs. 2 OG). Eine Verletzung von bundesrechtlichen Beweisvorschriften bei der Abklärung der tatsächlichen Verhältnisse oder eine offensichtliche Aktenwidrigkeit wird aber nicht geltend gemacht und ist auch nicht offenkundig. Fraglich bleibt somit allein, wie jener wirtschaftliche Vorgang in der nachfolgenden Ehe und dann insbesondere bei deren Auflösung güterrechtlich zu behandeln ist. a) Die Vorinstanz stellte diesbezüglich fest, dass der Betrag von Fr. 11'000.-- von seiten der Braut ein Sparheftguthaben bei der Graubündner Kantonalbank betroffen habe. Dieses Sparheftguthaben wäre eingebrachtes Gut der Ehefrau geworden, wenn es unverändert bis zum Eheabschluss bestanden hätte. Es dränge sich daher auf, dieses Guthaben so zu behandeln, wie wenn es tatsächlich in die Ehe eingebracht worden wäre. Sparheftguthaben der Ehefrau gehörten aber nicht zu jenen Vermögenswerten, die nach Art. 201 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 201 - 1 Innerhalb der gesetzlichen Schranken verwaltet und nutzt jeder Ehegatte seine Errungenschaft und sein Eigengut und verfügt darüber. |
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1 | Innerhalb der gesetzlichen Schranken verwaltet und nutzt jeder Ehegatte seine Errungenschaft und sein Eigengut und verfügt darüber. |
2 | Steht ein Vermögenswert im Miteigentum beider Ehegatten, so kann kein Ehegatte ohne Zustimmung des andern über seinen Anteil verfügen, sofern nichts anderes vereinbart ist. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 195 - 1 Hat ein Ehegatte dem andern ausdrücklich oder stillschweigend die Verwaltung seines Vermögens überlassen, so gelten die Bestimmungen über den Auftrag, sofern nichts anderes vereinbart ist. |
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1 | Hat ein Ehegatte dem andern ausdrücklich oder stillschweigend die Verwaltung seines Vermögens überlassen, so gelten die Bestimmungen über den Auftrag, sofern nichts anderes vereinbart ist. |
2 | Die Bestimmungen über die Tilgung von Schulden zwischen Ehegatten bleiben vorbehalten. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 202 - Jeder Ehegatte haftet für seine Schulden mit seinem gesamten Vermögen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 196 - Der Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung umfasst die Errungenschaft und das Eigengut jedes Ehegatten. |
BGE 109 II 92 S. 94
Liegenschaft nach dem damaligen Willen der Parteien als Ersatzanschaffung für nachmaliges eingebrachtes Frauengut zu werten sei. Der damalige zeitliche Zusammenhang zwischen Kaufgeschäft und Eheabschluss, die finanziellen Verhältnisse der beiden Heiratswilligen sowie die Parteibefragung vor dem Kantonsgericht würden keinen andern Schluss zulassen. Für die Surrogation spreche auch die Tatsache, dass die Braut keine Sicherheiten erhalten habe. Sodann habe der Bräutigam weder vor noch nach Abschluss der Ehe zur Finanzierung des Kaufes irgend etwas beigetragen. Sprächen aber alle Umstände für eine Ersatzanschaffung für eingebrachtes Frauengut, so könne auf den Grundbucheintrag nichts mehr ankommen. b) Es ist davon auszugehen, dass der Liegenschaftskauf vom 12. Dezember 1960 im Hinblick auf die bevorstehende Ehe abgeschlossen wurde und nicht das eingebrachte Gut eines Ehegatten allein betreffen sollte (BGE 96 II 311 E. 1c). Das Zusammenwirken beider Brautleute beim Kauf dieser der ehelichen Gemeinschaft dienenden Liegenschaft lässt daran keinen Zweifel. Die Hingabe des Spargeldbetrages von Fr. 11'000.-- für diesen Kauf durch die Braut kann weder als Darlehen noch als Schenkung an den Bräutigam angesehen werden. Die Vorinstanz nahm deshalb zu Recht an, dass die fragliche Liegenschaft nicht zum eingebrachten Gut des Ehemannes gehöre, obwohl sie sein Eigentum war, als die Ehe unter dem Güterstand der Güterverbindung ihren Anfang nahm. In dieser Betrachtungsweise bleibt aber auch ausgeschlossen, den auf die kommende Ehe hin abgeschlossenen Kaufvertrag ausschliesslich als vorehelichen Vorgang im Vermögen der Braut zu betrachten. Hätte auf seiten der Braut der auch vom Bräutigam respektierte Wille bestanden, dass die gekaufte Liegenschaft in der abzuschliessenden Ehe eingebrachtes Gut der Frau sein solle, hätte der Kauf von der Braut selber auf eigenen Namen und eigene Rechnung abgeschlossen werden müssen. Dass der Bräutigam nur als Treuhänder der Braut in Erscheinung trat, was gemäss BGE 89 II 412 E. 3 denkbar wäre, findet in den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen durch das Kantonsgericht von Graubünden keinerlei Stütze. Damit bleibt aber auch der Annahme der Vorinstanz der Boden entzogen, der streitige Liegenschaftskauf stelle eine blosse Ersatzanschaffung für eingebrachtes Frauengut dar. Entgegen der Auffassung des Kantonsgerichts steht dem schon allein die Tatsache entgegen, dass Eigentum zugunsten des Bräutigams bzw. des Ehemannes begründet werden sollte und
BGE 109 II 92 S. 95
durch den Grundbucheintrag auch tatsächlich begründet worden ist. Dass die Parteien etwas anderes gewollt haben, kann aus den Akten nicht geschlossen werden. Ein anderer Wille als der durch den Grundbucheintrag zum Ausdruck gebrachte ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass die gekaufte Liegenschaft wirtschaftlich an die Stelle des Sparguthabens der Braut trat (Lemp, Komm. N. 42 zu Art. 196
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 196 - Der Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung umfasst die Errungenschaft und das Eigengut jedes Ehegatten. |
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