109 II 4
2. Urteil der II. Zivilabteilung vom 27. April 1983 i.S. E. gegen F. und Appellationshof des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Schadenersatz für nicht einbringliche Anfechtungsprozesskosten.
- Ist der aussereheliche Schwängerer dem Registervater schadenersatzpflichtig für die bei Kind und Mutter nicht einbringlichen Kosten des erfolgreichen Anfechtungsprozesses?
Regeste (fr):
- Dommages-intérêts pour les frais non récupérables d'un procès en désaveu.
- Le père biologique hors mariage doit-il des dommages-intérêts au demandeur qui a obtenu gain de cause dans un procès en désaveu pour les frais qu'il n'a pas pu récupérer auprès de l'enfant et de la mère?
Regesto (it):
- Risarcimento del danno per le spese non ricuperabili di una causa di contestazione della paternità.
- Chi, fuori del matrimonio, ha reso incinta una donna coniugata, è tenuto a risarcire al marito che ha contestato con successo la propria paternità le spese di causa non ricuperabili presso il figlio contestato e la di lui madre?
Sachverhalt ab Seite 4
BGE 109 II 4 S. 4
Am 1. Dezember 1981 wurde die Ehe von Fritz F. mit Susi F. wegen tiefer Zerrüttung geschieden. Die Ehefrau hatte die eheliche Gemeinschaft schon im Juni 1980 verlassen, um zu ihrem Freund Rolf E. zu ziehen, mit dem sie ein intimes Verhältnis unterhielt. Der Ehebruch führte am 15. August 1981 zur Geburt des Knaben Rolf. Mit Urteil vom 24. März 1982 aberkannte das Amtsgericht Erlach die Vaterschaft von Fritz F. und auferlegte der Mutter die Prozesskosten und eine Parteientschädigung im Gesamtbetrage von Fr. 3'030.--. Diese Kosten erwiesen sich in der Folge als nicht einbringlich, so dass dem inzwischen von seiner Ehefrau geschiedenen Fritz F. ein Verlustschein über einen Betrag von Fr. 3'125.-- ausgestellt wurde. Der Verlustschein veranlasste Fritz F. zu einer Klage auf Schadenersatz gegen Rolf E., der den Knaben Rolf vor dem Zivilstandsbeamten als seinen Sohn anerkannt hatte. Diese Klage wurde mit Entscheid vom 30. September 1982 vom Gerichtspräsidenten gutgeheissen, und E. wurde verurteilt, dem Kläger einen Betrag von Fr. 2'999.99 nebst Zins, Gerichts- und Parteikosten zu bezahlen. Eine Nichtigkeitsklage von E. wies der Appellationshof des Kantons Bern am 24. November 1982 ab. Gegen dieses Urteil erhebt Rolf E. staatsrechtliche Beschwerde. Der Appellationshof hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
BGE 109 II 4 S. 5
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Beschwerdeführer macht der Vorinstanz willkürliche Anwendung von Bundesprivatrecht zum Vorwurf. Er sei zu Schadenersatz verurteilt worden, ohne dass die dazu erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen gegeben seien. So fehle es hinsichtlich der als Schadenersatz geltend gemachten Prozesskosten und Parteientschädigung für die Vaterschaftsanfechtung, an welcher der Beschwerdeführer nicht beteiligt gewesen sei, an einem widerrechtlichen Verhalten. Zudem stünden die der geschiedenen Ehefrau von Fritz F. auferlegten Kosten nicht in einem adäquaten Kausalzusammenhang zum Ehebruch der damals noch verheirateten Susi F. mit ihm, bzw. stelle dieser Schaden einen für ihn unbeachtlichen Reflexschaden dar. Schliesslich fehle es auch an einem Verschulden.
2. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, jene Rechtsnormen, die den Ehebruch verbieten, stellten keine Schutznormen im Zusammenhang mit reinem Vermögensschaden dar und der die Ehe brechende Dritte könne deshalb zu keinem Schadenersatz gegenüber dem verletzten Ehegatten verhalten werden, lässt er ausser acht, dass der Appellationshof des Kantons Bern zwar nicht ausdrücklich, aber doch durch seine Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil von der mit einem Ehebruch verbundenen Persönlichkeitsverletzung ausgeht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts bedeutet aber die Teilnahme an ehewidrigen oder ehebrecherischen Beziehungen eine Verletzung der persönlichen Verhältnisse im Sinne von Art. 28
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 28 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen. |
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1 | Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen. |
2 | Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 159 - 1 Durch die Trauung werden die Ehegatten zur ehelichen Gemeinschaft verbunden. |
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1 | Durch die Trauung werden die Ehegatten zur ehelichen Gemeinschaft verbunden. |
2 | Sie verpflichten sich gegenseitig, das Wohl der Gemeinschaft in einträchtigem Zusammenwirken zu wahren und für die Kinder gemeinsam zu sorgen. |
3 | Sie schulden einander Treue und Beistand. |
BGE 109 II 4 S. 6
Ehestörung eine umfassende Unterlassungsklage nicht zugelassen hat (BGE 78 II 289).
3. Es trifft zu, dass der Hinweis in Art. 28 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 28 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen. |
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1 | Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen. |
2 | Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
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1 | Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
2 | Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 28 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen. |
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1 | Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen. |
2 | Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
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1 | Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
2 | Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
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1 | Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
2 | Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt. |
BGE 109 II 4 S. 7
Parteien in die durch den Ehebruch entstandene Rechtsbeziehung zwischen dem Ehebrecher und dem in seiner Persönlichkeit verletzten Ehegatten einzubeziehen. Der dem Ehegatten aus dieser unerlaubten Handlung entstehende Schaden kann deshalb nicht als unbeachtlicher Dritt- oder Reflexschaden bezeichnet werden. Fraglich bleibt dagegen, ob das Risiko einer Insolvenz der im Anfechtungsprozess unterliegenden Parteien, das der Anfechtungskläger trägt, in wertender Betrachtungsweise noch als adäquat zum persönlichkeitsverletzenden Ehebruch erscheint. Diesbezüglich bestehen zum mindesten erhebliche Zweifel, so dass der Zivilrichter bei freier Prüfung wohl eher die Schadenersatzklage abweisen müsste. Im Rahmen einer staatsrechtlichen Beschwerde dagegen gilt es allein zu entscheiden, ob eine die Adäquanz bejahende Auffassung als geradezu willkürlich, d.h. völlig unhaltbar, angesehen werden kann. Dies trifft nicht zu, weil auch für die Bejahung der Adäquanz Gründe sprechen. Die Frage der Adäquanz verlangt stets richterlicher Wertung, die gemäss Art. 4
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 4 - Wo das Gesetz das Gericht auf sein Ermessen oder auf die Würdigung der Umstände oder auf wichtige Gründe verweist, hat es seine Entscheidung nach Recht und Billigkeit zu treffen. |
4. Schliesslich kann auch nicht gesagt werden, es sei in willkürlicher Weise ein Verschulden auf Seiten des Beschwerdeführers bejaht worden. Abgesehen davon, dass sich dieser in verschiedenen Verfahren über den Wunsch nach einem Kind aus der Verbindung zu Susi F. selber unterschiedlich äusserte, konnte nicht mit letzter
BGE 109 II 4 S. 8
Sicherheit damit gerechnet werden, dass eine Schwangerschaft unterbleibe. Zudem steht ein gemeinsames Verschulden mit Rücksicht auf den persönlichkeitsverletzenden Ehebruch ausser Zweifel. Steht aber eine Schadenersatzklage in Verbindung mit einer unbefugten Persönlichkeitsverletzung, genügt jede Verschuldensform.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.