109 II 338
71. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 20. Dezember 1983 i.S. BBC Aktiengesellschaft Brown, Boveri & Cie gegen PPC Electronic AG (Berufung)
Regeste (de):
- Verwirkung von Unterlassungsansprüchen aus Firmenrecht und unlauterem Wettbewerb.
- 1. Die Verwirkung setzt voraus, dass der Verletzte das streitige Kennzeichen des Mitbewerbers während längerer Zeit geduldet und letzterer durch den Gebrauch des Zeichens einen wertvollen Besitzstand erworben hat; Anforderungen (E. 2a).
- 2. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, weil qualifizierte Mitarbeiter eines Grossunternehmens während nahezu neun Jahren mit dem Konkurrenzunternehmen geschäftliche Beziehungen unterhalten haben, das Grossunternehmen sich das Wissen und Verhalten dieser Mitarbeiter anrechnen lassen muss und das streitige Zeichen des Konkurrenzunternehmens sich inzwischen im Verkehr durchgesetzt hat (E. 2b-e).
- 3. Ein Unterlassungsanspruch setzt ein aktuelles Rechtsschutzinteresse voraus; Umstände, unter denen im Markenrecht ein solches Interesse mangels Verletzungsgefahr zu verneinen ist (E. 3).
Regeste (fr):
- Péremption d'une action tendant à l'abstention d'un acte, en matière de raisons de commerce et de concurrence déloyale.
- 1. La péremption suppose que le lésé ait toléré pendant une période prolongée l'usage du signe distinctif litigieux par le concurrent et que ledit signe ait acquis pour ce dernier une valeur appréciable, du fait de cet usage; exigences (consid. 2a).
- 2. Ces conditions sont remplies en l'espèce, puisque des collaborateurs qualifiés d'une grande entreprise ont entretenu pendant près de neuf ans des relations commerciales avec le concurrent, que les connaissances et le comportement de ces collaborateurs sont opposables à l'entreprise et que la désignation litigieuse de l'entreprise concurrente s'est imposée entre-temps dans les relations d'affaires (consid. 2b-e).
- 3. Une action tendant à l'abstention d'un acte suppose un intérêt actuel et digne de protection; circonstances conduisant à nier l'existence d'un tel intérêt en droit des marques, en l'absence d'un risque de violation des droits du demandeur (consid. 3).
Regesto (it):
- Perenzione, in materia di ditta e di concorrenza sleale, del diritto di esigere l'omissione di determinati atti.
- 1. La perenzione presuppone che la persona lesa abbia tollerato durante un lungo periodo l'uso da parte del concorrente del segno distintivo litigioso e che questo abbia per lui acquistato un valore considerevole in virtù di tale uso; requisiti (consid. 2a).
- 2. Dette condizioni sono adempiute nella fattispecie, dato che collaboratori qualificati di una grande impresa hanno intrattenuto durante quasi nove anni rapporti commerciali con il concorrente, che le conoscenze e il comportamento di tali collaboratori sono opponibili all'impresa e che la designazione litigiosa dell'impresa concorrente si è nel frattempo imposta nelle relazioni d'affari (consid. 2b-e).
- 3. Il diritto di esigere l'omissione di un atto presuppone un interesse attuale e degno di protezione; circostanze in cui in materia di marche va escluso tale interesse, in assenza di un rischio di violazione di diritti (consid. 3).
Sachverhalt ab Seite 339
BGE 109 II 338 S. 339
A.- Die BBC Aktiengesellschaft Brown, Boveri & Cie, Baden, ist unter anderem auf dem Gebiet der Informations- und Leistungselektronik tätig. In diesem Bereich befasst sie sich seit 1961 mit der Herstellung und Fertigung von gedruckten Schaltungen, die auch Leiterplatten oder Prints genannt und mit dem Kennzeichen "BBC" versehen werden. Das Zeichen ist identisch mit der Marke Nr. 304 925, welche die Gesellschaft im Jahre 1903 erstmals in das schweizerische Register eintragen und seither wiederholt erneuern liess; seit 1973 ist das Zeichen zudem Bestandteil ihrer Firma. Die PPC Electronic AG, Cham, ist 1970 mit dem Zweck gegründet worden, gedruckte Schaltungen herzustellen und zu vertreiben. Ihre Firma ist seit dem 11. Mai 1970 im Handelsregister eingetragen. Die PPC Electronic AG will ihre Tätigkeit schon vorher aufgenommen und bereits in den 70er Jahren eine Reihe führender Unternehmen der elektronischen Branche im In- und Ausland zu ihren Kunden gezählt haben. Am 25. Mai 1980 hinterlegte sie unter Nr. 305 699 die Marke "PPC ELECTRONIC".
B.- Im März 1981 klagte die BBC Aktiengesellschaft Brown, Boveri & Cie gegen die PPC Electronic AG auf Feststellung, dass die CH-Marke Nr. 305 699 "PPC ELECTRONIC" nichtig sei (Rechtsbegehren 1); sie verlangte ferner, es sei der Beklagten bei Strafe zu verbieten, die Buchstabengruppe PPC im Zusammenhang mit dem Anbieten, Verkaufen und Inverkehrbringen von Präzisionsleiterplatten (Rechtsbegehren 2) und als Bestandteil ihrer Firma oder sonstwie zur Kennzeichnung ihres Unternehmens zu verwenden (Rechtsbegehren 3).
Die Beklagte liess daraufhin die Marke "PPC ELECTRONIC"
BGE 109 II 338 S. 340
im Register wieder löschen, widersetzte sich aber den Klagebegehren 2 und 3. Durch Urteil vom 29. Juni 1983 erklärte das Kantonsgericht Zug das Feststellungsbegehren infolge Löschung der Marke Nr. 305 699 als gegenstandslos und wies die Klage im übrigen ab.
C.- Die Klägerin hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt, mit der sie an ihren Rechtsbegehren 2 und 3 festhält. Das Bundesgericht weist die Berufung ab, soweit auf sie einzutreten ist, und bestätigt das angefochtene Urteil.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Das Kantonsgericht hat die Klagebegehren 2 und 3 vor allem abgewiesen, weil die Klägerin die Verwendung der streitigen Buchstabengruppe PPC, die für "Precision Printed Circuit" stehe, während rund neun Jahren hingenommen und dadurch allfällige Ansprüche aus unlauterem Wettbewerb, Namens- und Persönlichkeitsrecht verwirkt habe. Die Beklagte hält Vorhalt und Begründung des Kantonsgerichts für zutreffend. Die Klägerin hingegen lässt die Einrede der Verwirkung nicht gelten; sie ist vielmehr der Auffassung, das angefochtene Urteil verletze in verschiedener Hinsicht Bundesrecht, weil bis Februar 1979, als die Beklagte erstmals verwarnt worden sei, weder von einer Duldung des streitigen Kennzeichens noch von einem wertvollen Besitzstand der Beklagten die Rede sein könne. a) Nach ständiger Rechtsprechung können Ansprüche aus der Verletzung von Rechten auf Grund des Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |
BGE 109 II 338 S. 341
Rechtsverfolgung zuwartet, desto weniger braucht der Mitbewerber nach Treu und Glauben damit zu rechnen, dass er das, was er sich aufgebaut hat, wieder preisgeben muss (BGE 97 II 154, BGE 88 II 180 und 375, BGE 76 II 395). Der schützenswerte Besitzstand, den der Verletzter sich durch den unangefochtenen Gebrauch seines an sich unzulässigen Kennzeichens erworben hat, braucht dabei nicht den Bekanntheitsgrad oder die Bedeutung eines Ausschliesslichkeitsrechtes zu erreichen. Das leuchtet namentlich ein, wenn es sich um kleinere oder stark spezialisierte Unternehmen mit sehr beschränktem Kundenkreis handelt. Entscheidend ist vielmehr die Bedeutung der im Wettbewerb errungenen Stellung samt den damit verbundenen Vorteilen, die dem Unternehmen in seinem Tätigkeitsbereich daraus entstehen, dass sich sein Zeichen durch eine länger andauernde und ungestörte Benutzung im Verkehr durchgesetzt hat, seine aktuellen und potentiellen Kunden es also seit langem ihm selber oder seiner Ware zuordnen. Trifft dies zu, so ist eine derart gefestigte Stellung als Folge davon zu betrachten, dass die nach aussen bekundete Einheit von Zeichen und Unternehmen auch von den Kunden als solche aufgefasst und anerkannt worden ist (TROLLER, Immaterialgüterrecht II, 3. Aufl., S. 83 und 206; VON BÜREN, Kommentar zum UWG, S. 199 N. 2b); sie ist für das Unternehmen wertvoll und ihm zu erhalten, wenn sich dies nach den Umständen mit Treu und Glauben verträgt. Der wertvolle Besitzstand ist von dem zu beweisen, der daraus die Verwirkung eines besseren Rechts ableitet (Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
BGE 109 II 338 S. 342
Person einzig nach dem Wissen ihrer Organe und Vertreter oder auch nach den Kenntnissen weiterer Mitarbeiter zu beurteilen sei. Sie lässt sich angesichts der vielfältigen Funktionen der Vorschriften über den guten Glauben einerseits (vgl. JÄGGI, N. 63 ff. zu Art. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 3 - 1 Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten. |
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1 | Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten. |
2 | Wer bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 3 - 1 Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten. |
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1 | Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten. |
2 | Wer bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen. |
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1 | Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten. |
2 | Wer bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen. |
BGE 109 II 338 S. 343
Dieser Einwand vermag nach den angeführten Grundsätzen schon deshalb nicht zu überzeugen, weil es um eine angebliche Verwechslungsgefahr zwischen der Firma der Beklagten und dem Zeichen "BBC" geht, das weltbekannt und daher allen Mitarbeitern und Abteilungen der Klägerin, nicht bloss deren Spezialisten ein Begriff ist. Es ist verständlich, dass die Klägerin grossen Wert darauf legt, ähnliche Abkürzungen für Konkurrenzfirmen, die damit ihren guten Ruf ausnützen könnten, nicht aufkommen zu lassen. Um so mehr durfte aber von ihr verlangt werden, für eine zweckmässige Information innerhalb ihrer Betriebe zu sorgen, damit solche Abkürzungen der für die Wahrung ihrer Firmenrechte zuständigen Abteilung gemeldet werden. Dass die Klägerin allein für das Gebiet der Schweiz über 80 Marken hinterlegt hat und ihre Abteilung für Zentraleinkauf eine Unzahl von Marken Dritter, die Mehrzahl ihrer eigenen jedoch nicht kennt, wie mit der Berufung behauptet wird, ändert daran nichts; sie übergeht, dass sie seit Jahrzehnten zahlreiche Erzeugnisse ihrer Geschäftsbetriebe im In- und Ausland mit ihrem Stammzeichen "BBC" versehen lässt. Ebensowenig hilft ihr, dass JÄGGI (N. 141 zu Art. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 3 - 1 Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten. |
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1 | Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten. |
2 | Wer bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen. |
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2 | Wer bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen. |
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BGE 109 II 338 S. 344
zudem mit Recht, dass sich ausnahmsweise selbst ein anfangs bösgläubiger Verletzter auf Verwirkung eines Klagerechts berufen kann und dies namentlich zutrifft, wenn der Verletzte durch langes Zuwarten bei der Gegenpartei das berechtigte Vertrauen erweckt, er habe gegen ein an sich unzulässiges Zeichen nichts einzuwenden oder sich mit dessen Gebrauch abgefunden (BGE 81 II 290, 76 II 395). Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte der Klägerin auch die positive Publizitätswirkung des Handelsregisters entgegenhalten könnte, in dem ihre Firma seit Mai 1970 eingetragen ist (BGE 106 II 351; JÄGGI, N. 104 und 145 zu Art. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 3 - 1 Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten. |
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2 | Wer bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen. |
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BGE 109 II 338 S. 345
wird (BGE 104 II 75 und BGE 102 II 10 /11 mit Hinweisen). Die Auffassung des Kantonsgerichts wäre selbst dann nicht zu beanstanden, wenn sie bloss auf allgemeiner Lebenserfahrung beruhen würde und deshalb vom Bundesgericht im Berufungsverfahren frei überprüft werden dürfte (BGE 107 II 274 /75).
Fragen kann sich nur, ob das Kantonsgericht den Begriff des wertvollen Besitzstandes verkannt habe, wie die Klägerin mit ihrem Einwand, der Bericht Gnostic befasse sich mit der Leistungsfähigkeit von Leiterplatten-Fabrikanten, nicht mit der Verkehrsgeltung von Kennzeichen, anzunehmen scheint. Das lässt sich ebenfalls nicht sagen. Nach dem erwähnten Bericht, auf den das Kantonsgericht vor allem abstellte, hat die Beklagte mit dem Firmenbestandteil PPC wegen der Qualitätsstufe ihrer Erzeugnisse im Verlaufe der Jahre einen Rang in der Spitzengruppe der europäischen Anbieter erreicht, sich ein ausgezeichnetes Image und einen hohen Bekanntheitsgrad in mehreren Bereichen der elektrotechnischen Branche geschaffen. Das kann nur heissen, dass sich ihr Kennzeichen als Firma im Verkehr durchgesetzt hat, ihre Kunden es also nicht bloss mit bestimmten Vorstellungen über die Herkunft und die Qualität der Ware verbinden, sondern auch als Inbegriff des dabei erworbenen Rufes anerkennen. Warum es für die Schweiz eines besonderen Beweises bedürfen sollte, ist unerfindlich, zumal es sich bei den Kunden durchwegs um international tätige und führende Unternehmen handelt, zu denen bis 1979 übrigens auch die Klägerin gehörte. Dass die Beklagte in der Schweiz nach eigenen Angaben keine grosse Werbung betrieben habe, ändert daran nichts. Aus der in BGE 108 II 216 ff. nicht veröffentlichten Erwägung 3 zur Marke "LESS" kann die Klägerin nichts für ihre Auffassung ableiten. Die Anforderungen an die Verkehrsgeltung eines gemeinfreien Zeichens, das sich angeblich im Verkehr durchgesetzt hat und daher zu schützen sei, lassen sich nicht auf die Frage übertragen, ob ein Mitbewerber durch den unangefochtenen Gebrauch eines verwechslungsfähigen Kennzeichens einen wertvollen Besitzstand erworben habe. Denn bei der Durchsetzung einer Sachbezeichnung als Marke geht es um die Entbehrlichkeit eines Begriffes, an dem kein Freihaltebedürfnis besteht (BGE 103 Ib 270 mit Hinweisen, BGE 84 II 226), beim Erwerb eines Besitzstandes dagegen um die Frage, ob er die Verwirkung eines Drittanspruches infolge Duldung des Kennzeichens während längerer Zeit nach Treu und Glauben zu rechtfertigen vermag.
BGE 109 II 338 S. 346
e) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Klägerin sich das Verhalten ihrer Mitarbeiter, die um die Firma der Beklagten seit 1970 gewusst, sie aber während nahezu neun Jahren widerspruchslos hingenommen haben, anrechnen lassen muss. Ihre Verwarnung vom Februar 1979 sodann kam zu spät, weil die Beklagte inzwischen nach dem, was das Kantonsgericht in tatsächlicher Hinsicht für erwiesen hält, durch den Gebrauch ihrer Firma einen wertvollen Besitzstand erworben hat, der ihr nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr zu erhalten ist. Die Auffassung des Kantonsgerichts, die Klägerin habe allfällige Ansprüche aus unlauterem Wettbewerb, Namens- und Persönlichkeitsrecht verwirkt, ist daher bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Für den Einwand, dass eine über die Verwechslungsgefahr hinausgehende Irreführung zu befürchten und die Verwirkung deswegen strenger zu beurteilen sei, ist dem angefochtenen Urteil nichts zu entnehmen; die Begründung des Einwandes erschöpft sich übrigens in einem blossen Verweis auf Ausführungen im kantonalen Verfahren, womit die Klägerin nicht zu hören ist (BGE 104 II 192 E. 1). Zu Bedenken besteht um so weniger Anlass, als nach der unwidersprochen gebliebenen Behauptung der Beklagten bisher während rund 13 Jahren keine Verwechslungen vorgekommen sind; das ist zwar nicht entscheidend, aber doch ein erhebliches Indiz dafür, dass die Gefahr von Rechtsverletzungen als eher gering einzuschätzen ist.
3. Nach Auffassung der Klägerin hat das Kantonsgericht zu Unrecht angenommen, sie habe ihre Rechte, gegen einen markenmässigen Gebrauch des Zeichens "PPC" durch die Beklagte vorzugehen, ebenfalls verwirkt; ihr Klagebegehren 2 könne jedenfalls insoweit nicht wegen Verwirkung abgewiesen werden, als sie damit verlange, der Beklagten sei die Verwendung von "PPC" zur Kennzeichnung von Waren zu verbieten. Ob das Klagebegehren 2 mindestens teilweise gutzuheissen wäre, weil die Beklagte die Unzulässigkeit der Marke "PPC ELECTRONIC" sinngemäss anerkannt habe, ist indes eine müssige Frage. Ein Unterlassungsbegehren setzt ein aktuelles Rechtsschutzinteresse voraus, das auch noch zur Zeit der Urteilsfällung bestehen muss und bei einer Klage auf Unterlassung künftiger Rechtsverletzungen nur anzunehmen ist, wenn solche Verletzungen ernstlich zu befürchten sind (BGE 104 II 133 /34 und BGE 97 II 108 mit Hinweisen). Die Auffassung TROLLERS (Immaterialgüterrecht II, 2. Aufl., S. 1111) über den Sinn und Zweck der Unterlassungsklage steht dem nicht entgegen. Für eine künftige
BGE 109 II 338 S. 347
Verletzungsgefahr durch einen markenmässigen Gebrauch des Zeichens liegt hier nach der Annahme des Kantonsgerichts aber nichts vor. Die Tatsache, dass die Beklagte das Bundesamt für geistiges Eigentum am 23. Juni 1981 um Löschung der Marke "PPC ELECTRONIC" ersucht und das Zeichen selbst bis dahin nicht markenmässig gebraucht hat, spricht vielmehr gegen eine solche Gefahr. Dazu kommt, dass die Beklagte im Prozess, so insbesondere in ihren kantonalen Rechtsschriften und in der Berufungsantwort, wiederholt erklärt hat, sie wolle die Abkürzung PPC nicht in Alleinstellung verwenden. Sie widersetzt sich dem Versuch der Klägerin, ihr die markenmässige Verwendung des Zeichens verbieten zu wollen, also zu Recht nicht mit der Einrede der Verwirkung. Das tut auch das Kantonsgericht nicht; es hält der Klägerin vielmehr entgegen, sie habe weder eine Verletzung ihrer Rechte durch eine solche Verwendung noch eine künftige Verletzungsgefahr nachweisen können. Sein Urteil ist daher auch in diesem Punkte zu bestätigen.