109 II 174
39. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 18. Juli 1983 i.S. Esselte Meto International GmbH gegen Etimark AG, Handelsgericht und Kassationsgericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Art. 67 Ziff. 1 OG, Ankündigung einer Praxisänderung.
- 1. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts nach Art. 67 Ziff. 1 OG (E. 2).
- 2. Keine Pflicht der kantonalen Instanz, ihre Praxisänderung anzukündigen, wenn die Wiederherstellung der Berufungsfrist möglich ist (E. 3).
Regeste (fr):
- Art. 67 ch. 1 OJ, annonce d'un changement de jurisprudence.
- 1. Pouvoir d'examen du Tribunal fédéral selon l'art. 67 ch. 1 OJ (consid. 2).
- 2. L'autorité cantonale n'est pas tenue d'annoncer un changement de jurisprudence, lorsque la restitution du délai pour recourir en réforme est possible (consid. 3).
Regesto (it):
- Art. 67 n . 1 OG, avviso di un cambiamento di giurisprudenza.
- 1. Cognizione del Tribunale federale secondo l'art. 67 n . 1 OG (consid. 2).
- 2. L'autorità cantonale non è tenuta a informare di un cambiamento di giurisprudenza laddove sia possibile ottenere la restituzione del termine per proporre ricorso per riforma (consid. 3).
Erwägungen ab Seite 174
BGE 109 II 174 S. 174
Erwägungen:
1. Die Esselte Meto International GmbH klagte gegen die Etimark AG wegen Verletzung ihres Schweizerischen Patents Nr. 442952 betreffend Etikettenband und Verfahren zu dessen Herstellung. Am 24. Mai 1982 wies das Handelsgericht des Kantons Zürich die Klage ab; auf eine Nichtigkeitsbeschwerde der Esselte Meto International GmbH trat das Kassationsgericht des Kantons Zürich am 10. Januar 1983 nicht ein. Die Esselte Meto International GmbH führt staatsrechtliche Beschwerde und beantragt, die Urteile des Handelsgerichts und Kassationsgerichts wegen Verletzung von Art. 4
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BGE 109 II 174 S. 175
zurückzuweisen. Handelsgericht und Kassationsgericht haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. Ein Begehren um aufschiebende Wirkung ist abgewiesen worden.
2. Das Kassationsgericht hat es in Änderung seiner Praxis zu § 285 Abs. 2 ZPO/ZH abgelehnt zu prüfen, ob das Handelsgericht ein Gutachten hätte einholen müssen, denn die Frage sei vom Bundesgericht auf Berufung hin zu prüfen. Nicht eingetreten ist es aus dem gleichen Grund auf die weiteren Rügen der Beschwerdeführerin, die technischen Probleme seien für einen Laien dermassen unverständlich, dass ein Gutachten unumgänglich erscheine, und das Handelsgericht hätte die Fachvoten einzelner Richter protokollieren müssen. Die Beschwerdeführerin erklärt, das Kassationsgericht habe seine Praxis ohne sachliche Gründe geändert und Bestimmungen der Zivilprozessordnung willkürlich angewendet. Eine Änderung der Rechtsprechung läuft Art. 4
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BGE 109 II 174 S. 176
ZPO/ZH als unzuständig erachtet, die Rügen der Beschwerdeführerin zu überprüfen. Insbesondere hat es seine frühere Praxis zur Überprüfung der Frage, ob Gutachten beizuziehen sind, mit sachlichen Gründen aufgegeben.
3. Zu prüfen bleibt, ob das Kassationsgericht seine Praxisänderung der Beschwerdeführerin hätte ankündigen müssen. Nach der Rechtsprechung ist die Ankündigung unerlässlich, wenn der Rechtssuchende ohne sie einen Rechtsverlust erlitte, besonders bei einer Änderung der Eintretensvoraussetzungen zu einem Rechtsmittel oder einer Klage (BGE 106 Ia 92 E. 2 mit Hinweisen). Einen derartigen Rechtsverlust riskierte die Beschwerdeführerin indes nicht. Wohl war die Berufungsfrist abgelaufen, als sie das Urteil des Kassationsgerichts in Empfang nahm. Allein sie hätte mit Erfolg ein Gesuch um Wiederherstellung der Berufungsfrist einreichen können, da sie sich aufgrund des berechtigten Vertrauens in die bestehende Praxis nicht veranlasst gesehen hatte, gegen das handelsgerichtliche Urteil Berufung einzulegen (Art. 35 Abs. 1
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