Urteilskopf

109 Ia 85

16. Auszug aus dem Urteil der Anklagekammer vom 21. Juni 1983 i.S. H. c. Schweiz. Post-, Telefon- und Telegrafenbetriebe (Beschwerde gegen Kostenerkenntnis)
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Sachverhalt ab Seite 86

BGE 109 Ia 85 S. 86

A.- Die Kreistelefondirektion (KTD) Luzern eröffnete am 26. Januar 1983 gegen H. eine verwaltungsstrafrechtliche Untersuchung wegen Verdachts der Widerhandlung gegen Art. 42 TVG (SR 784.10). Mit Verfügung vom 1. Juni 1983 stellte sie das Verfahren mangels Beweises einer strafbaren Handlung ein, überband H. aber die Verfahrenskosten im Betrag von Fr. 59.--, weil er die Untersuchung schuldhaft verursacht habe.
B.- Mit Eingabe vom 6. Juni 1983 führt H. gegen den Kostenentscheid der KTD Luzern bei der Anklagekammer des Bundesgerichts Beschwerde mit dem Antrag, die angefochtene Verfügung sei im Kostenpunkt aufzuheben und es sei ihm eine vom Bundesgericht zu bemessende "Kostenentschädigung" zuzusprechen.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Gemäss Art. 95 Abs. 2
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 95 - 1 Im Entscheid der Verwaltung werden die Kosten in der Regel dem Verurteilten auferlegt; aus Gründen der Billigkeit kann er von ihnen ganz oder teilweise befreit werden.
1    Im Entscheid der Verwaltung werden die Kosten in der Regel dem Verurteilten auferlegt; aus Gründen der Billigkeit kann er von ihnen ganz oder teilweise befreit werden.
2    Wird das Verfahren eingestellt, so können dem Beschuldigten Kosten ganz oder teilweise auferlegt werden, wenn er die Untersuchung schuldhaft verursacht oder das Verfahren mutwillig wesentlich erschwert oder verlängert hat.
3    Mehrere Beschuldigte haften solidarisch für die Kosten, wenn der Strafbescheid oder die Strafverfügung nichts anderes bestimmt.
VStrR können dem Beschuldigten, wenn das Verfahren eingestellt wurde, Kosten ganz oder teilweise auferlegt werden, wenn er die Untersuchung schuldhaft verursacht oder das Verfahren mutwillig wesentlich erschwert oder verlängert hat. a) Eine mutwillige Erschwerung oder Verlängerung des Verfahrens wurde in der angefochtenen Verfügung nicht zur Last gelegt. Erst in der Vernehmlassung enthaltene Gründe, mit denen eine unnötige Erschwerung bzw. Verlängerung des Verfahrens nachträglich darzutun versucht wird, sind unbeachtlich. Nach Art. 70 Abs. 2
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 70 - 1 Auf Grund der Ergebnisse ihrer neuen Prüfung trifft die Verwaltung eine Einstellungs-, Straf- oder Einziehungsverfügung. Sie ist dabei nicht an die gestellten Anträge gebunden, darf jedoch die Strafe gegenüber dem Strafbescheid nur dann verschärfen, wenn im Verfahren nach Artikel 63 Absatz 2 auf eine höhere Leistungs- oder Rückleistungspflicht erkannt worden ist. In diesem Fall ist ein Rückzug der Einsprache unbeachtlich.
1    Auf Grund der Ergebnisse ihrer neuen Prüfung trifft die Verwaltung eine Einstellungs-, Straf- oder Einziehungsverfügung. Sie ist dabei nicht an die gestellten Anträge gebunden, darf jedoch die Strafe gegenüber dem Strafbescheid nur dann verschärfen, wenn im Verfahren nach Artikel 63 Absatz 2 auf eine höhere Leistungs- oder Rückleistungspflicht erkannt worden ist. In diesem Fall ist ein Rückzug der Einsprache unbeachtlich.
2    Die Verfügung ist zu begründen; im Übrigen gelten die Vorschriften von Artikel 64 über Inhalt und Eröffnung des Strafbescheides sinngemäss.
VStrR sind Einstellungsverfügungen, die aufgrund einer
BGE 109 Ia 85 S. 87

gegen einen Strafbescheid gerichteten Einsprache ergehen, zu begründen. Das muss auch für Sistierungsverfügungen nach Art. 62 Abs. 2
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 62 - 1 Die Verwaltung erlässt einen Strafbescheid oder stellt das Verfahren ein; vorbehalten bleibt die Überweisung zur gerichtlichen Beurteilung (Art. 21 Abs. 1 und 3).
1    Die Verwaltung erlässt einen Strafbescheid oder stellt das Verfahren ein; vorbehalten bleibt die Überweisung zur gerichtlichen Beurteilung (Art. 21 Abs. 1 und 3).
2    Die Einstellung des Verfahrens ist allen Personen mitzuteilen, die als Beschuldigte am bisherigen Verfahren teilgenommen haben. Eine mündlich mitgeteilte Einstellung ist auf Verlangen schriftlich zu bestätigen.
VStrR jedenfalls insoweit gelten, als darin der Beschuldigte mit Kosten beschwert wird. Der Betroffene, der nach Art. 96 Abs. 1
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 96 - 1 Der mit Kosten beschwerte Beschuldigte kann, wenn das Verfahren eingestellt wurde oder wenn er die gerichtliche Beurteilung nicht verlangt, gegen das Kostenerkenntnis innert 30 Tagen seit Eröffnung des Entscheides bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde führen (Art. 25 Abs. 1); die Verfahrensvorschriften von Artikel 28 Absätze 2-5 gelten sinngemäss.
1    Der mit Kosten beschwerte Beschuldigte kann, wenn das Verfahren eingestellt wurde oder wenn er die gerichtliche Beurteilung nicht verlangt, gegen das Kostenerkenntnis innert 30 Tagen seit Eröffnung des Entscheides bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde führen (Art. 25 Abs. 1); die Verfahrensvorschriften von Artikel 28 Absätze 2-5 gelten sinngemäss.
2    Wird innert der gesetzlichen Frist keine Beschwerde eingereicht oder eine Beschwerde abgewiesen, so steht das Kostenerkenntnis einem gerichtlichen Urteil gleich.
VStrR befugt ist, das Kostenerkenntnis mit der Beschwerde anzufechten, muss anhand der ihm mitgeteilten Begründung zum Entscheid Stellung nehmen können, um darnach gemäss Art. 28 Abs. 3
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 28 - 1 Zur Beschwerde ist berechtigt, wer durch die angefochtene Amtshandlung, die gerügte Säumnis oder den Beschwerdeentscheid (Art. 27 Abs. 2) berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung hat; zur Beschwerde gegen die Freilassung eines vorläufig Festgenommenen oder Verhafteten durch die kantonale Gerichtsbehörde (Art. 51 Abs. 5, 59 Abs. 3) ist auch der Direktor oder Chef der beteiligten Verwaltung befugt.
1    Zur Beschwerde ist berechtigt, wer durch die angefochtene Amtshandlung, die gerügte Säumnis oder den Beschwerdeentscheid (Art. 27 Abs. 2) berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung hat; zur Beschwerde gegen die Freilassung eines vorläufig Festgenommenen oder Verhafteten durch die kantonale Gerichtsbehörde (Art. 51 Abs. 5, 59 Abs. 3) ist auch der Direktor oder Chef der beteiligten Verwaltung befugt.
2    Mit der Beschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts oder die Unangemessenheit gerügt werden; vorbehalten bleibt Artikel 27 Absatz 3.
3    Die Beschwerde gegen eine Amtshandlung oder gegen einen Beschwerdeentscheid ist innert drei Tagen, nachdem der Beschwerdeführer von der Amtshandlung Kenntnis erhalten hat oder ihm der Beschwerdeentscheid eröffnet worden ist, bei der zuständigen Behörde schriftlich mit Antrag und kurzer Begründung einzureichen; befindet sich der Beschwerdeführer in Haft, so genügt die Aushändigung der Beschwerde an die Gefängnisleitung, die zur sofortigen Weiterleitung verpflichtet ist.
4    Die bei der unzuständigen Behörde eingereichte Beschwerde ist unverzüglich der zuständigen Behörde zu überweisen; rechtzeitige Einreichung der Beschwerde bei der unzuständigen Behörde wahrt die Beschwerdefrist.
5    Die Beschwerde hat, wenn es das Gesetz nicht anders bestimmt, keine aufschiebende Wirkung, soweit sie ihr nicht durch vorsorgliche Verfügung der Beschwerdeinstanz oder ihres Präsidenten verliehen wird.
VStrR seinen Antrag zu formulieren und diesen zu begründen. Es kann deshalb der entscheidenden Behörde oder Amtsstelle nicht zugestanden werden, mit ihren Gegenbemerkungen zur Beschwerde fehlende Erwägungen zu ersetzen oder vorhandene in wesentlichen Punkten zu ergänzen (nicht veröffentlichter Entscheid der Anklagekammer vom 28.4.1981 i.S. St. c. Bundesamt für Zivilluftfahrt; s. auch BGE 98 IV 308). b) Aus dem Umstand, dass eine Widerhandlung des Beschwerdeführers gegen Art. 42 TVG - auch wenn sie nicht hinreichend bewiesen werden konnte - "aufgrund der vorhandenen Tatsachen und Indizien... wahrscheinlich" sei, scheint die KTD Luzern zu schliessen, H. habe die Untersuchung schuldhaft verursacht. Sollte dem so sein, dann hätte die Vorinstanz mit der Kostenauflage ein auf eine Schuldvermutung gestütztes und von der vorgenannten Strafbestimmung erfasstes Verhalten geahndet, was nach der neuesten Praxis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte mit Art. 6 Ziff. 2
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK unvereinbar ist. Wie dieser Gerichtshof am 25. März 1983 i.S. Minelli (6/1981/ 45/73 S. 15) entschieden hat, liegt ein Verstoss gegen die im genannten Artikel verankerte Unschuldsvermutung vor, wenn ohne vorgängigen gesetzmässigen Nachweis der Schuld ("sans établissement légal préalable de la culpabilité") und namentlich ohne dass der Beschuldigte Gelegenheit zur Verteidigung hatte, ein Entscheid ergeht, der den Eindruck vermittelt, der Betroffene sei schuldig. Dafür genügt, dass die Erwägungen nahelegen, der Richter halte diesen für schuldig ("il suffit d'une motivation donnant à penser que le juge considère l'intéressé comme coupable"); einer formellen Feststellung der Schuld ("constat formel") bedarf es nicht. Im vorliegenden Fall ist kein Schuldspruch in der gesetzlich vorgeschriebenen Form eines Strafbescheids (Art. 64
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 64 - 1 Der Strafbescheid ist schriftlich zu erlassen und stellt fest:
1    Der Strafbescheid ist schriftlich zu erlassen und stellt fest:
2    Weicht der Strafbescheid zum Nachteil des Beschuldigten wesentlich vom Schlussprotokoll ab, so sind diese Abweichungen anzugeben und kurz zu begründen.
3    ...61
VStrR) oder einer Strafverfügung (Art. 70
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 70 - 1 Auf Grund der Ergebnisse ihrer neuen Prüfung trifft die Verwaltung eine Einstellungs-, Straf- oder Einziehungsverfügung. Sie ist dabei nicht an die gestellten Anträge gebunden, darf jedoch die Strafe gegenüber dem Strafbescheid nur dann verschärfen, wenn im Verfahren nach Artikel 63 Absatz 2 auf eine höhere Leistungs- oder Rückleistungspflicht erkannt worden ist. In diesem Fall ist ein Rückzug der Einsprache unbeachtlich.
1    Auf Grund der Ergebnisse ihrer neuen Prüfung trifft die Verwaltung eine Einstellungs-, Straf- oder Einziehungsverfügung. Sie ist dabei nicht an die gestellten Anträge gebunden, darf jedoch die Strafe gegenüber dem Strafbescheid nur dann verschärfen, wenn im Verfahren nach Artikel 63 Absatz 2 auf eine höhere Leistungs- oder Rückleistungspflicht erkannt worden ist. In diesem Fall ist ein Rückzug der Einsprache unbeachtlich.
2    Die Verfügung ist zu begründen; im Übrigen gelten die Vorschriften von Artikel 64 über Inhalt und Eröffnung des Strafbescheides sinngemäss.
VStrR) ergangen, wurde doch das Verfahren mangels Beweises einer strafbaren Handlung eingestellt. Bei der im vorgenannten Sinne verstandenen Begründung des angefochtenen Kostenentscheides läge jedoch der Gedanken nahe,
BGE 109 Ia 85 S. 88

die KTD Luzern habe den Beschwerdeführer dennoch für schuldig erachtet und ihm deswegen die Verfahrenskosten auferlegt. Das aber wäre nach dem Gesagten unzulässig. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass H. zum Vorwurf der Widerhandlung gegen Art. 42 TVG einvernommen wurde und er im Untersuchungsverfahren jederzeit die Vornahme bestimmter Untersuchungshandlungen zu seiner Verteidigung hätte beantragen können (Art. 37
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 37 - 1 Der untersuchende Beamte der beteiligten Verwaltung erforscht den Sachverhalt und sichert den Beweis.
1    Der untersuchende Beamte der beteiligten Verwaltung erforscht den Sachverhalt und sichert den Beweis.
2    Der Beschuldigte kann jederzeit die Vornahme bestimmter Untersuchungshandlungen beantragen.
3    Sind besondere Untersuchungshandlungen nicht nötig, so wird sogleich nach Artikel 61 das Schlussprotokoll aufgenommen.
4    Vorbehalten bleiben die Vorschriften von Artikel 65 über den Strafbescheid im abgekürzten Verfahren.
VStrR); wenn nämlich der Europäische Gerichtshof im angeführten Entscheid neben dem gesetzlichen Nachweis der Schuld auch die Verteidigungsmöglichkeit erwähnte, so geschah das nicht im Sinne einer die Tragweite der Unschuldsvermutung einschränkenden kumulativen Voraussetzung, sondern bloss um darzutun, dass ein mit Art. 6 Ziff. 2
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK vereinbarer Schuldspruch ohne vorgängige Möglichkeit der Verteidigung nicht denkbar ist (s. auch Art. 6 Ziff. 3
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK). c) Sollte jedoch die Kostenauflage nicht auf der genannten Schuldvermutung beruhen, wäre sie mangels Begründung aufzuheben.
Dispositiv

Demnach erkennt die Anklagekammer:
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Kostenentscheid der KTD Luzern vom 1. Juni 1983 aufgehoben.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 109 IA 85
Date : 21. Juni 1983
Published : 31. Dezember 1983
Source : Bundesgericht
Status : 109 IA 85
Subject area : BGE - Verfassungsrecht
Subject : 1. Art. 62 Abs. 2 und 70 Abs. 2 VStrR. Die Vorinstanz darf mit den von ihr angebrachten Gegenbemerkungen weder fehlende


Legislation register
EMRK: 6
VStrR: 28  37  62  64  70  95  96
BGE-register
109-IA-85 • 98-IV-305
Keyword index
Sorted by frequency or alphabet
chamber of accusation • cost ruling • accused • costs of the proceedings • federal court • replacement • lower instance • presumption of innocence • criminal act • decision • european court of human rights • penal order • statement of reasons for the adjudication • ptt • criminal investigation • administrative criminal law • statement of affairs • hamlet • telephone • material point
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