Urteilskopf

108 IV 202

50. Auszug aus dem Urteil der Anklagekammer vom 17. September 1982 i.S. R. gegen Bundesamt für Energiewirtschaft (Beschwerde)
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Regesto (it):


Erwägungen ab Seite 202

BGE 108 IV 202 S. 202

Aus den Erwägungen:

2. Nach Art. 99 Abs. 1
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 99 - 1 Dem Beschuldigten, gegen den das Verfahren eingestellt oder der nur wegen Ordnungswidrigkeit bestraft wird, ist auf Begehren eine Entschädigung für die Untersuchungshaft und für andere Nachteile, die er erlitten hat, auszurichten; sie kann jedoch ganz oder teilweise verweigert werden, wenn er die Untersuchung schuldhaft verursacht oder das Verfahren mutwillig erschwert oder verlängert hat.
1    Dem Beschuldigten, gegen den das Verfahren eingestellt oder der nur wegen Ordnungswidrigkeit bestraft wird, ist auf Begehren eine Entschädigung für die Untersuchungshaft und für andere Nachteile, die er erlitten hat, auszurichten; sie kann jedoch ganz oder teilweise verweigert werden, wenn er die Untersuchung schuldhaft verursacht oder das Verfahren mutwillig erschwert oder verlängert hat.
2    Dem Inhaber eines beschlagnahmten Gegenstandes oder einer durchsuchten Wohnung, der nicht als Beschuldigter ins Verfahren einbezogen worden ist, steht ein Anspruch auf Entschädigung zu, insoweit er unverschuldet einen Nachteil erlitten hat.
3    Die Entschädigung geht zu Lasten des Bundes.
VStrR ist dem Beschuldigten, gegen den das Verfahren eingestellt wird, auf sein Begehren eine Entschädigung für die Untersuchungshaft und für andere Nachteile, die er erlitten hat, auszurichten; sie kann jedoch ganz oder teilweise verweigert werden, wenn er die Untersuchung schuldhaft verursacht oder das Verfahren mutwillig erschwert oder verlängert hat. a) Dass im vorliegenden Fall Verweigerungsgründe im letztgenannten Sinne fehlen, wurde vom Bundesamt für Energiewirtschaft selber in seiner Einstellungsverfügung anerkannt. Es hielt jedoch dafür, dass die Untersuchungshandlungen für R. nicht objektiv schwer gewesen seien und er dadurch keinen erheblichen Nachteil erlitten habe. b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts besteht eine Entschädigungspflicht im Sinne des Art. 99 Abs. 1
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 99 - 1 Dem Beschuldigten, gegen den das Verfahren eingestellt oder der nur wegen Ordnungswidrigkeit bestraft wird, ist auf Begehren eine Entschädigung für die Untersuchungshaft und für andere Nachteile, die er erlitten hat, auszurichten; sie kann jedoch ganz oder teilweise verweigert werden, wenn er die Untersuchung schuldhaft verursacht oder das Verfahren mutwillig erschwert oder verlängert hat.
1    Dem Beschuldigten, gegen den das Verfahren eingestellt oder der nur wegen Ordnungswidrigkeit bestraft wird, ist auf Begehren eine Entschädigung für die Untersuchungshaft und für andere Nachteile, die er erlitten hat, auszurichten; sie kann jedoch ganz oder teilweise verweigert werden, wenn er die Untersuchung schuldhaft verursacht oder das Verfahren mutwillig erschwert oder verlängert hat.
2    Dem Inhaber eines beschlagnahmten Gegenstandes oder einer durchsuchten Wohnung, der nicht als Beschuldigter ins Verfahren einbezogen worden ist, steht ein Anspruch auf Entschädigung zu, insoweit er unverschuldet einen Nachteil erlitten hat.
3    Die Entschädigung geht zu Lasten des Bundes.
VStrR nicht
BGE 108 IV 202 S. 203

schon für jeden geringfügigen Nachteil; auch in einem Rechtsstaat hat der Bürger grundsätzlich das durch die Notwendigkeit der Verbrechensbekämpfung bedingte Risiko einer gegen ihn geführten materiell ungerechtfertigten Strafverfolgung bis zu einem gewissen Grad auf sich zu nehmen. Die Entschädigungspflicht setzt daher eine gewisse Schwere der Untersuchungshandlungen und einen dadurch bedingten erheblichen Nachteil voraus (BGE 107 IV 157 E. 5; BGE 84 IV 46 /47 E. 2c). Diese Erwägungen haben zwar ausdrücklich bloss Bezug auf die nachteiligen Folgen einer Untersuchung. Sie müssen aber analog auch für Nachteile gelten, die dem Betroffenen aus einem im Verwaltungsstrafverfahren ergangenen Strafbescheid (Art. 62
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 62 - 1 Die Verwaltung erlässt einen Strafbescheid oder stellt das Verfahren ein; vorbehalten bleibt die Überweisung zur gerichtlichen Beurteilung (Art. 21 Abs. 1 und 3).
1    Die Verwaltung erlässt einen Strafbescheid oder stellt das Verfahren ein; vorbehalten bleibt die Überweisung zur gerichtlichen Beurteilung (Art. 21 Abs. 1 und 3).
2    Die Einstellung des Verfahrens ist allen Personen mitzuteilen, die als Beschuldigte am bisherigen Verfahren teilgenommen haben. Eine mündlich mitgeteilte Einstellung ist auf Verlangen schriftlich zu bestätigen.
VStrR) erwachsen können; denn nach Art. 101 Abs. 1
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 101 - 1 Im gerichtlichen Verfahren gilt Artikel 99 sinngemäss. Das Gericht entscheidet auch über die Entschädigung für Nachteile im Verfahren vor der Verwaltung.
1    Im gerichtlichen Verfahren gilt Artikel 99 sinngemäss. Das Gericht entscheidet auch über die Entschädigung für Nachteile im Verfahren vor der Verwaltung.
2    Bevor das Gericht eine Entschädigung festsetzt, hat es der beteiligten Verwaltung Gelegenheit zu geben, sich zum Anspruch und seiner Höhe zu äussern und Anträge zu stellen.
VStrR hat das Gericht auch über die Entschädigung für Nachteile im Verfahren vor der Verwaltung zu entscheiden. Tatsächlich ist es im vorliegenden Fall nicht bei Untersuchungshandlungen geblieben. Vielmehr wurden gegen den Beschwerdeführer zwei auf Fr. 400.-- und Fr. 500.-- Busse lautende Strafbescheide erlassen. Hierin lag für R. eine erhebliche Beschwer, gegen die er sich legitimerweise im Sinne von Art. 67
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 67 - 1 Gegen den Straf- oder Einziehungsbescheid kann der Betroffene innert 30 Tagen seit der Eröffnung Einsprache erheben.
1    Gegen den Straf- oder Einziehungsbescheid kann der Betroffene innert 30 Tagen seit der Eröffnung Einsprache erheben.
2    Wird innert der gesetzlichen Frist nicht Einsprache erhoben, so steht der Straf- oder Einziehungsbescheid einem rechtskräftigen Urteil gleich.
VStrR zur Wehr setzen durfte; hätte er es nämlich nicht getan, wären die Strafbescheide in Rechtskraft erwachsen. R. wäre diesfalls verurteilt gewesen und hätte den nicht geringen Bussenbetrag von insgesamt Fr. 900.-- und Kosten von Fr. 172.-- bezahlen müssen. Soweit er Vorkehrungen traf, die zur Abwendung jener Folge geboten erschienen und für ihn eine mehr als bloss unbedeutende finanzielle Belastung zur Folge hatten, lag demnach in dieser ein Nachteil im Sinne des Art. 99 Abs. 1
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 99 - 1 Dem Beschuldigten, gegen den das Verfahren eingestellt oder der nur wegen Ordnungswidrigkeit bestraft wird, ist auf Begehren eine Entschädigung für die Untersuchungshaft und für andere Nachteile, die er erlitten hat, auszurichten; sie kann jedoch ganz oder teilweise verweigert werden, wenn er die Untersuchung schuldhaft verursacht oder das Verfahren mutwillig erschwert oder verlängert hat.
1    Dem Beschuldigten, gegen den das Verfahren eingestellt oder der nur wegen Ordnungswidrigkeit bestraft wird, ist auf Begehren eine Entschädigung für die Untersuchungshaft und für andere Nachteile, die er erlitten hat, auszurichten; sie kann jedoch ganz oder teilweise verweigert werden, wenn er die Untersuchung schuldhaft verursacht oder das Verfahren mutwillig erschwert oder verlängert hat.
2    Dem Inhaber eines beschlagnahmten Gegenstandes oder einer durchsuchten Wohnung, der nicht als Beschuldigter ins Verfahren einbezogen worden ist, steht ein Anspruch auf Entschädigung zu, insoweit er unverschuldet einen Nachteil erlitten hat.
3    Die Entschädigung geht zu Lasten des Bundes.
in Verbindung mit Art. 101 Abs. 1
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 101 - 1 Im gerichtlichen Verfahren gilt Artikel 99 sinngemäss. Das Gericht entscheidet auch über die Entschädigung für Nachteile im Verfahren vor der Verwaltung.
1    Im gerichtlichen Verfahren gilt Artikel 99 sinngemäss. Das Gericht entscheidet auch über die Entschädigung für Nachteile im Verfahren vor der Verwaltung.
2    Bevor das Gericht eine Entschädigung festsetzt, hat es der beteiligten Verwaltung Gelegenheit zu geben, sich zum Anspruch und seiner Höhe zu äussern und Anträge zu stellen.
VStrR, für den er eine Entschädigung fordern kann. Davon geht übrigens auch Art. 11
SR 732.11 Kernenergieverordnung vom 10. Dezember 2004 (KEV) - Atomverordnung
KEV Art. 11 Grundsätze für die Auslegung von geologischen Tiefenlagern - 1 Der Standort für ein geologisches Tiefenlager muss zur Gewährleistung der Langzeitsicherheit folgende Eigenschaften aufweisen:
1    Der Standort für ein geologisches Tiefenlager muss zur Gewährleistung der Langzeitsicherheit folgende Eigenschaften aufweisen:
a  ausreichende Ausdehnung von geeignetem Wirtgestein;
b  günstige hydrogeologische Verhältnisse;
c  geologische Langzeitstabilität.
2    Ein geologisches Tiefenlager ist so auszulegen, dass:
a  die Grundsätze von Artikel 10 Absatz 1 sinngemäss erfüllt werden;
b  die Langzeitsicherheit durch gestaffelte passive Sicherheitsbarrieren gewährleistet wird;
c  Vorkehrungen zur Erleichterung von Überwachung und Reparaturen des Lagers oder zur Rückholung der Abfälle die passiven Sicherheitsbarrieren nach dem Verschluss des Lagers nicht beeinträchtigen;
d  das Lager innert einiger Jahre verschlossen werden kann.
3    Das ENSI wird beauftragt, spezifische Auslegungsgrundsätze für geologische Tiefenlager in Richtlinien zu regeln.11
der Verordnung über Kosten und Entschädigungen im Verwaltungsstrafverfahren (KEV) aus, der ausdrücklich an Art. 99
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 99 - 1 Dem Beschuldigten, gegen den das Verfahren eingestellt oder der nur wegen Ordnungswidrigkeit bestraft wird, ist auf Begehren eine Entschädigung für die Untersuchungshaft und für andere Nachteile, die er erlitten hat, auszurichten; sie kann jedoch ganz oder teilweise verweigert werden, wenn er die Untersuchung schuldhaft verursacht oder das Verfahren mutwillig erschwert oder verlängert hat.
1    Dem Beschuldigten, gegen den das Verfahren eingestellt oder der nur wegen Ordnungswidrigkeit bestraft wird, ist auf Begehren eine Entschädigung für die Untersuchungshaft und für andere Nachteile, die er erlitten hat, auszurichten; sie kann jedoch ganz oder teilweise verweigert werden, wenn er die Untersuchung schuldhaft verursacht oder das Verfahren mutwillig erschwert oder verlängert hat.
2    Dem Inhaber eines beschlagnahmten Gegenstandes oder einer durchsuchten Wohnung, der nicht als Beschuldigter ins Verfahren einbezogen worden ist, steht ein Anspruch auf Entschädigung zu, insoweit er unverschuldet einen Nachteil erlitten hat.
3    Die Entschädigung geht zu Lasten des Bundes.
und 101
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 101 - 1 Im gerichtlichen Verfahren gilt Artikel 99 sinngemäss. Das Gericht entscheidet auch über die Entschädigung für Nachteile im Verfahren vor der Verwaltung.
1    Im gerichtlichen Verfahren gilt Artikel 99 sinngemäss. Das Gericht entscheidet auch über die Entschädigung für Nachteile im Verfahren vor der Verwaltung.
2    Bevor das Gericht eine Entschädigung festsetzt, hat es der beteiligten Verwaltung Gelegenheit zu geben, sich zum Anspruch und seiner Höhe zu äussern und Anträge zu stellen.
VStrR anschliesst und eine Entschädigung für die Kosten des Verteidigers (Abs. 2 lit. a), für insgesamt Fr. 50.-- übersteigende Barauslagen und andere Spesen (lit. b) und für Verdienstausfall (lit. c) dem Beschuldigten nur versagt, wenn es sich um unnötige oder übersetzte Kosten handelt (Abs. 3). Voraussetzung für die Zusprechung einer Entschädigung ist allerdings in jedem Fall, dass der Ansprecher den behaupteten Nachteil substantiiert (Art. 11
SR 732.11 Kernenergieverordnung vom 10. Dezember 2004 (KEV) - Atomverordnung
KEV Art. 11 Grundsätze für die Auslegung von geologischen Tiefenlagern - 1 Der Standort für ein geologisches Tiefenlager muss zur Gewährleistung der Langzeitsicherheit folgende Eigenschaften aufweisen:
1    Der Standort für ein geologisches Tiefenlager muss zur Gewährleistung der Langzeitsicherheit folgende Eigenschaften aufweisen:
a  ausreichende Ausdehnung von geeignetem Wirtgestein;
b  günstige hydrogeologische Verhältnisse;
c  geologische Langzeitstabilität.
2    Ein geologisches Tiefenlager ist so auszulegen, dass:
a  die Grundsätze von Artikel 10 Absatz 1 sinngemäss erfüllt werden;
b  die Langzeitsicherheit durch gestaffelte passive Sicherheitsbarrieren gewährleistet wird;
c  Vorkehrungen zur Erleichterung von Überwachung und Reparaturen des Lagers oder zur Rückholung der Abfälle die passiven Sicherheitsbarrieren nach dem Verschluss des Lagers nicht beeinträchtigen;
d  das Lager innert einiger Jahre verschlossen werden kann.
3    Das ENSI wird beauftragt, spezifische Auslegungsgrundsätze für geologische Tiefenlager in Richtlinien zu regeln.11
KEV; BGE 107 IV 157 E. 5).
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 108 IV 202
Date : 17. September 1982
Published : 31. Dezember 1982
Source : Bundesgericht
Status : 108 IV 202
Subject area : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Subject : Art. 99 Abs. 1 VStrR; Anspruch auf Entschädigung für Nachteile aus materiell ungerechtfertigtem Strafbescheid. Die Entschädigungspflicht


Legislation register
KEV: 11
VStrR: 62  67  99  101
BGE-register
107-IV-155 • 108-IV-202 • 84-IV-44
Keyword index
Sorted by frequency or alphabet
administrative criminal law proceeding • adult • accused • decision • criminal investigation • [noenglish] • criminal prosecution • chamber of accusation • forfeit • convicted person • federal court • analogy • remand