108 II 470
88. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 9. November 1982 i.S. Jaeggi gegen Heck (Berufung)
Regeste (de):
- "Basler Mietvertrag"; Bedeutung und Zulässigkeit der Klausel, wonach die Parteien bei Mietverträgen mit fester Dauer Mietzinsanpassungen im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen verlangen können (Art. 9
, 11
, 14
und 15
BMM; Art. 6
, 9
und 11
VMM).
- 1. Bei der Prüfung, ob eine Mietzinsanpassung zulässig ist, ist die Entwicklung bis zum Zeitpunkt, auf den sie wirksam werden soll, zu berücksichtigen (E. 3).
- 2. Mietverträge mit fester Dauer von fünf oder mehr Jahren und Vereinbarung einer periodischen Mietzinsanpassung unterstehen dem BMM selbst dann, wenn die vereinbarte Berechnungsweise unzulässig ist (E. 4).
- 3. Die Verabredung einer Mietzinsanpassung "im Rahmen der gesetzlichen Bestimmung" ist gültig (E. 5).
- 4. Auf eine Mietzinserhöhung, die mit dem Steigen des Hypothekarzinses begründet wird, findet Art. 6
VMM keine Anwendung (E. 6).
Regeste (fr):
- "Contrat de bail bâlois"; signification et admissibilité d'une clause autorisant les parties, dans un contrat de bail de durée déterminée, à adapter le loyer dans le cadre des prescriptions légales en vigueur (art. 9, 11, 14 et 15 AMSL; art. 6, 9 et 11 OSL).
- 1. Lors de l'examen relatif à l'admissibilité d'une adaptation du loyer, on doit tenir compte des variations du taux hypothécaire ou de l'indice jusqu'au moment où une telle adaptation est censée devenir effective (consid. 3).
- 2. Les conventions prévoyant une adaptation périodique du loyer, dans les contrats de bail conclus pour cinq ans au moins, sont soumises à l'AMSL même lorsque la méthode de calcul convenue n'est pas admissible (consid. 4).
- 3. Est valable l'accord portant sur une adaptation du loyer "dans le cadre des prescriptions légales en vigueur" (consid. 5).
- 4. L'art. 6 OSL ne s'applique pas dans le cas d'une majoration de loyer liée à la hausse du taux hypothécaire (consid. 6).
Regesto (it):
- "Contratto di locazione basilese"; portata ed ammissibilità della clausola che autorizza le parti di un rapporto di locazione a tempo determinato ad adeguare la pigione nel quadro delle disposizioni legali vigenti (art. 9, 11, 14 e 15 DAL; art. 6, 9 e 11 OAL).
- 1. Nell'esaminare se sia consentito un adeguamento della pigione, va tenuto conto dell'evoluzione della situazione sino al momento in cui l'adeguamento dovrebbe divenire effettivo (consid. 3).
- 2. I contratti di locazione con una durata di cinque e più anni che prevedano un adeguamento periodico della pigione sono soggetti al DAL anche se il metodo di calcolo convenuto non sia ammissibile (consid. 4).
- 3. È valido il patto che prevede un adeguamento della pigione "nel quadro delle disposizioni legali vigenti" (consid. 5).
- 4. L'art. 6 OAL non si applica ad un aumento della pigione fondato sull'aumento del saggio d'interesse ipotecario (consid. 6).
Sachverhalt ab Seite 471
BGE 108 II 470 S. 471
Clara Jaeggi-Sehn vermietete Heinz Heck mit Vertrag vom 24. April 1981 ein Einfamilienhaus in Basel für eine feste Mietdauer von fünf Jahren ab 1. Juni 1981. Die Parteien unterzeichneten den "Basler Mietvertrag", der unter § 1 Abs. 5 folgende Bestimmung enthält: "Ist eine feste Mietdauer vereinbart, können Mietzinsanpassungen während der festen Dauer im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen unter Einhaltung der Voranzeigefrist von mindestens drei Monaten und zehn Tagen auf den Quartalsersten begehrt werden." Am 19. Juni 1981 kündigte die Vermieterin eine Mietzinserhöhung ab 1. Oktober 1981 von Fr. 1'350.-- auf Fr. 1'444.50 im Monat an. Die 7% betragende Erhöhung begründete sie mit dem Steigen des Hypothekarzinses um 1/2% auf den 1. Oktober 1981. Am 9. September 1981 focht der Mieter den Mietzinsaufschlag bei der Schlichtungsstelle an. Nachdem keine Einigung zustande gekommen war, klagte die Vermieterin am 26. November 1981 beim Zivilgerichtspräsidenten von Basel-Stadt mit dem Antrag, es sei festzustellen, dass die Erhöhung zulässig und nicht missbräuchlich sei. Der Zivilgerichtspräsident wies die Klage am 4. Februar 1982 mit der Begründung ab, § 1 Abs. 5 des Mietvertrags sei nichtig. Eine gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde der Klägerin wies das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt am 27. April 1982 ab. Das Gericht trat auf die Frage, ob der Mieter die Erhöhung bei der Schlichtungsstelle verspätet angefochten habe, nicht ein und liess offen, ob die Vertragsklausel nichtig sei. In Anwendung von Art. 6
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Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. Die Frage nach der Gültigkeit der vertraglichen Anpassungsklausel lässt die Vorinstanz mit der Begründung offen, ihre
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Auswirkungen hätten sich jedenfalls im Rahmen von Art. 6
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4. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts verbietet der BMM nicht, bei Mietverträgen mit fester Dauer von fünf oder mehr Jahren Anpassungstermine vorzusehen, die sowohl den Vermieter wie den Mieter berechtigen, auf diese Zeitpunkte hin eine Erhöhung oder Herabsetzung des Mietzinses zu verlangen (BGE 108 II 321). Die Parteien können allerdings in solchen Fällen einer unwillkommenen Anpassung nicht dadurch entgehen, dass sie das Mietverhältnis kündigen. Das steht indes in Übereinstimmung mit den Vorschriften des BMM, die bei unkündbaren Verträgen mit Indexklauseln oder gestaffelten Mietzinsen die Anfechtungsmöglichkeit ausdrücklich vorbehalten (BGE 103 II 271 E. 3). Bereits aufgrund dieser Rechtsprechung ergibt sich die Anwendbarkeit des BMM auf den vorliegenden Mietvertrag, und zwar selbst dann, wenn mit dem Zivilgerichtspräsidenten anzunehmen wäre, die Anpassungsklausel sei inhaltlich nicht gültig. Da die Mindestdauer von fünf Jahren gegeben ist und die Parteien
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Anpassungstermine vereinbart haben, würde die Wahl einer unzulässigen Berechnungsweise die Anpassungsklausel nicht schlechthin ungültig machen. Wo bei einem auf fünf und mehr Jahre abgeschlossenen Vertrag eine periodische Mietzinsanpassung ausdrücklich vereinbart wird, verstiesse es gegen Treu und Glauben wegen der Wahl einer mangelhaften Berechnungsmethode eine Anpassung überhaupt abzulehnen; dem ist vielmehr bereits durch Vertragsauslegung, allenfalls unter Heranziehung der Grundsätze des BMM, zu begegnen.
5. Die Besonderheit der streitigen Klausel besteht darin, dass auf jeden vertraglichen Index verzichtet und einzig festgelegt wird, es könnten Mietzinsanpassungen "im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen" begehrt werden. Der Zivilgerichtspräsident nahm an, es liege darin gar keine Indexklausel, vielmehr habe sich der Vermieter einseitige Erhöhungen im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen vorbehalten. Als nichtig müsse die Vertragsbestimmung aber auch darum beurteilt werden, weil die sich aus Art. 15
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eben nach der erwähnten Rechtsprechung jede Mietzinsänderung während der festen Vertragsdauer, auch eine solche im Rahmen des BMM, ausgeschlossen. Die streitige Anpassungsklausel ist demnach als gültig zu betrachten.
6. Es bleibt zu prüfen, ob die verlangte Mietzinserhöhung im Sinn des BMM missbräuchlich sei. Dazu ist schon in Erwägung 3 ausgeführt worden, dass die Vorinstanz von der unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzung ausgeht, es sei im massgebenden Zeitraum gar keine Steigerung des Lebenskostenindexes eingetreten. Das Appellationsgericht nimmt zu Recht an, der in § 1 Abs. 5 des Mietvertrags enthaltene Verweis auf die gesetzlichen Bestimmungen komme einer Indexierung des Mietzinses gleich. Es ist der Auffassung, der damit anwendbare Art. 6
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