108 Ib 267
50. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 3. März 1982 i.S. Eidgenössisches Departement des Innern gegen Drahtseilbahn Interlaken-Heimwehfluh AG und Regierungsrat des Kantons Bern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste (de):
- Rodungsbewilligung; Interessenabwägung.
- 1. Die Vorschrift von Art. 26 Abs. 1
FPolV setzt für die Bewilligung einer Rodung nicht voraus, dass die Rodung einer zwingenden Notwendigkeit entspricht (Präzisierung der Rechtsprechung); sie verlangt jedoch, dass sich hiefür ein gewichtiges, das Interesse an der Walderhaltung überwiegendes Bedürfnis nachweisen lässt (E. 3a).
- 2. Beurteilung des Interesses am Bau einer Roll-Rutschbahn im Wald (E. 4).
Regeste (fr):
- Autorisation de défricher; pesée des intérêts en présence.
- 1. L'art. 26 al. 1 OFor n'exige pas que le défrichement réponde à une nécessité impérative (précision de la jurisprudence); il exige en revanche que l'on puisse prouver l'existence d'un besoin prépondérant, primant l'intérêt à la conservation de la forêt (consid. 3a).
- 2. Appréciation de l'intérêt à la construction d'une piste de "luge d'été" dans une forêt (consid. 4).
Regesto (it):
- Permesso di dissodamento; ponderazione degli interessi.
- 1. L'art. 26 cpv. 1 OVPF non esige che il dissodamento risponda a una necessità imperiosa (precisazione della giurisprudenza); esso esige, tuttavia, che sia provata l'esistenza di una necessità preponderante, di ragione più valida dell'interesse alla conservazione del bosco (consid. 3a).
- 2. Valutazione dell'interesse alla costruzione nel bosco di una pista per slittini estivi (consid. 4).
Sachverhalt ab Seite 268
BGE 108 Ib 267 S. 268
Die Drahtseilbahn Interlaken-Heimwehfluh AG beabsichtigt, im Rugenwald bei Matten entlang ihres Bahntrassees eine 500 m lange Roll-Rutschbahn zu bauen. Die erforderliche Rodungsbewilligung wurde von der Forstdirektion und in zweiter Instanz vom Regierungsrat des Kantons Bern erteilt. Das Eidgenössische Departement des Innern führt gegen den Entscheid des Regierungsrates Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. ...
a) Seit der Verschärfung der Vorschrift von Art. 26



BGE 108 Ib 267 S. 269
das Interesse an der Walderhaltung überwiegendes Bedürfnis nachweisen lässt.
4. ...
Die Forstgesetzgebung bezweckt die Erhaltung des Waldareals nicht nur wegen seiner Schutzfunktionen und seiner Rolle als Holzlieferant, sondern auch wegen seiner mannigfachen Wohlfahrtswirkungen als Umweltfaktor. Wenn das kantonale Naturschutzinspektorat und mit ihm der Regierungsrat keine wesentliche Beeinträchtigung dieser Wohlfahrtswirkungen erwarten, so kann dem nicht zugestimmt werden. Das vom Regierungsrat entscheidend berücksichtigte Nutzungskonzept für die Rugen-Waldungen ("Heimwehfluh - Betriebsame Erholung") vermag nicht derart weitgehende, bundesrechtlich nicht vorgesehene Eingriffe in das Waldareal zu rechtfertigen. Es kann nicht in Abrede gestellt werden, dass eine Verwirklichung der projektierten Roll-Rutschbahnanlage - anders als etwa die üblichen Vita-Parcours-Einrichtungen - einen schwerwiegenden technischen Eingriff in die Natur des Rugenwaldes bedeuten würde. Ein Rutschbahnbetrieb der geplanten Art würde die von vielen gesuchte Ruhe und Identität dieser landschaftlich reizvollen bewaldeten Berggruppierung empfindlich berühren. Der Umstand, dass das Gebiet schon jetzt durch mancherlei Lärmimmissionen beeinträchtigt wird, rechtfertigt die Entstehung weiterer Lärmquellen nicht. Die projektierte Anlage würde auch nicht etwa neue landschaftliche Aspekte der Heimwehfluh erschliessen und dem eiligen Tourismus zugänglich machen. Sie würde von der Bergstation zur Talstation der Heimwehfluhbahn durch den Hochwald verlaufen, der nur eine beschränkte Aussicht zulässt. Die Anlage, die nicht der sportlichen Betätigung, sondern dem Zeitvertreib und der Unterhaltung dienen würde, hätte für das Publikum lediglich die Bedeutung einer Festplatz-Installation. Solche Anlagen mögen an landschaftlich weniger empfindlichen Standorten ihren Sinn haben, im Rugenwald jedoch würde die projektierte Roll-Rutschbahn auf ein breites Publikum störend wirken.