Urteilskopf

107 Ib 237

43. Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 22. Dezember 1980 i.S. Gemeinde Vaz/Obervaz gegen Betriebsgesellschaft Sporthotel La Riva und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
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Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 237

BGE 107 Ib 237 S. 237

Das "Sporthotel La Riva Lenzerheide" ist ein sogenanntes Appartementhotel mit 79 Wohnungen und einem Restaurant mit rund 130 Plätzen. Es umfasst drei gleichartige Gebäude, die auf dem Grundstück GB Nr. 1113 am nordwestlichen Ausgang der
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Ortschaft Lenzerheide stehen. Die Parzelle liegt gemäss Ersatzzonenplan der Regierung des Kantons Graubünden vom 30. Juni 1980 im übrigen Gebiet der Gemeinde Vaz/Obervaz. Die Betriebsgesellschaft Sporthotel La Riva beabsichtigt, die bestehende, gegen den Heidsee gerichtete offene Terrasse zu beseitigen und an deren Stelle einen eingeschossigen, unterkellerten Anbau zu errichten. Im Erdgeschoss ist die Erweiterung des Restaurants um 50 Plätze mit Grill und Buffet vorgesehen; im Keller soll unter anderem ein Skiraum eingerichtet werden. Der Gemeinderat Vaz/Obervaz wies das Baugesuch der Betriebsgesellschaft mit der Begründung ab, dass ausserhalb der Bauzonen nur landwirtschaftliche und standortgebundene Bauten bewilligt werden könnten, was auf die Erweiterung eines Restaurants im Talgebiet nicht zutreffe. Zudem sei fraglich, ob die Ausnützungsziffer eingehalten werde und ob genügend Parkplätze bereitgestellt würden. Dagegen legte die Betriebsgesellschaft Rekurs an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden ein. Dieses erachtete das Bauvorhaben als geringfügige und nach kantonalem Ergänzungsrecht zu Art. 24 Abs. 2
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn:
a  der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und
b  keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.
des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG) zulässige Erweiterung einer zonenfremden Baute ausserhalb der Bauzone. Es hiess den Rekurs gut und wies die Sache zur Neubeurteilung an den Gemeinderat zurück. In den Erwägungen hielt es unter anderem fest, dass die Vorschriften über sie Ausnützung im übrigen Gemeindegebiet nicht gälten und deshalb nicht zu beachten seien; dagegen werde die Gemeinde zu prüfen haben, ob die Erteilung der Bewilligung eine Verpflichtung zur Schaffung von Parkplätzen nach sich ziehe. Die Gemeinde führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Sie wirft dem Verwaltungsgericht vor, Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV, Art. 24
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn:
a  der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und
b  keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.
RPG sowie das kantonale Ausführungsrecht dazu verletzt zu haben, und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils.
Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Das "Sporthotel La Riva Lenzerheide" befindet sich ausserhalb der Bauzone und stellt somit eine zonenfremde Baute dar. Die vorgesehene Erweiterung des Restaurants bedarf daher einer Ausnahmebewilligung im Sinne von Art. 24
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn:
a  der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und
b  keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.
RPG. Damit ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 34 Abs. 1
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 34 Bundesrecht - 1 Für die Rechtsmittel an Bundesbehörden gelten die allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.
1    Für die Rechtsmittel an Bundesbehörden gelten die allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.
2    Kantone und Gemeinden sind zur Beschwerde berechtigt gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen über:
a  Entschädigungen als Folge von Eigentumsbeschränkungen (Art. 5);
b  die Zonenkonformität von Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen;
c  Bewilligungen im Sinne der Artikel 24-24d80 und 37a.81
3    Das Bundesamt für Landwirtschaft ist zur Beschwerde berechtigt gegen Entscheide über Vorhaben, die Fruchtfolgeflächen beanspruchen.82
RPG zulässig. Die Beschwerdelegitimation der
BGE 107 Ib 237 S. 239

Gemeinde ergibt sich aus Art. 34 Abs. 2
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 34 Bundesrecht - 1 Für die Rechtsmittel an Bundesbehörden gelten die allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.
1    Für die Rechtsmittel an Bundesbehörden gelten die allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.
2    Kantone und Gemeinden sind zur Beschwerde berechtigt gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen über:
a  Entschädigungen als Folge von Eigentumsbeschränkungen (Art. 5);
b  die Zonenkonformität von Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen;
c  Bewilligungen im Sinne der Artikel 24-24d80 und 37a.81
3    Das Bundesamt für Landwirtschaft ist zur Beschwerde berechtigt gegen Entscheide über Vorhaben, die Fruchtfolgeflächen beanspruchen.82
RPG. Da auch die übrigen formellen Voraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.
2. Art. 22 Abs. 2 lit. a
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 22 Baubewilligung - 1 Bauten und Anlagen dürfen nur mit behördlicher Bewilligung errichtet oder geändert werden.
1    Bauten und Anlagen dürfen nur mit behördlicher Bewilligung errichtet oder geändert werden.
2    Voraussetzung einer Bewilligung ist, dass:
a  die Bauten und Anlagen dem Zweck der Nutzungszone entsprechen; und
b  das Land erschlossen ist.
3    Die übrigen Voraussetzungen des Bundesrechts und des kantonalen Rechts bleiben vorbehalten.
RPG setzt für die Erteilung einer Baubewilligung voraus, dass die Bauten und Anlagen dem Zweck der Nutzungszone entsprechen. Abweichend davon können Errichtung und Zweckänderung von Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen nach Art. 24 Abs. 1
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn:
a  der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und
b  keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.
RPG ausnahmsweise bewilligt werden, wenn deren Zweck einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert (lit. a) und keine überwiegenden Interessen entgegenstehen (lit. b). Gemäss Art. 24 Abs. 2
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn:
a  der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und
b  keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.
RPG kann das kantonale Recht gestatten, Bauten und Anlagen zu erneuern, teilweise zu ändern oder wieder aufzubauen, wenn dies mit den wichtigen Anliegen der Raumplanung vereinbar ist. Das Verwaltungsgericht erachtet das Bauvorhaben der Beschwerdegegnerin als geringfügige Erweiterung, die gestützt auf das kantonale Ergänzungsrecht zu Art. 24 Abs. 2
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn:
a  der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und
b  keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.
RPG bewilligt werden könne. Demgegenüber hält die Beschwerdeführerin den projektierten Anbau für eine wesentliche Erweiterung. Als solche sei sie von Art. 24 Abs. 2
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn:
a  der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und
b  keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.
RPG nicht mehr gedeckt. Damit stellt sich die Frage, ob das Bauvorhaben der Beschwerdegegnerin als Baute im Sinne von Art. 24 Abs. 1
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn:
a  der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und
b  keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.
oder Abs. 2 RPG zu gelten habe. a) Gemäss Art. 105 Abs. 2
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn:
a  der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und
b  keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.
OG bindet die Feststellung des Sachverhalts das Bundesgericht, wenn Rekurskommissionen oder kantonale Gerichte entschieden und den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften festgestellt haben. Das Verwaltungsgericht hat seinem Entscheid die Feststellung zugrunde gelegt, dass die rund 70 m2 grosse Terrasse gegen den See ummauert und überdacht werden soll. Von einer Erweiterung der Restaurationsfläche könne nur bedingt die Rede sein; entscheidend falle ins Gewicht, dass die Terrassenfläche bereits zuvor bei warmen und trockenem Wetter den Gästen offen gestanden habe und damit als Restaurationsfläche zu qualifizieren sei. Es handle sich daher nur um eine Gebäudeerweiterung in der Vertikalen, um eine sogenannte Aufbaute, mit der lediglich eine zu jeder Jahreszeit benützbare Restaurationsfläche geschaffen werden solle.
Diese Sachverhaltsfeststellung ist insofern unrichtig, als die Terrasse nicht bloss ummauert und überdacht werden soll. Nach den Plänen ist vielmehr vorgesehen, die Terrasse zu beseitigen und
BGE 107 Ib 237 S. 240

durch einen Anbau mit Erd- und Kellergeschoss zu ersetzen. Aus dem Anhang zum Baugesuch geht im weitern hervor, dass die vorhandenen Sitzplätze auf der Terrasse aus klimatischen Gründen praktisch nutzlos sind. Daher kann die Terrasse jedenfalls im vorliegenden Zusammenhang nicht als Restaurationsfläche bezeichnet werden. Das Verwaltungsgericht hat den Sachverhalt sodann unvollständig festgestellt. So hat es nicht berücksichtigt, dass unter dem Anbauteil des Restaurants ein Keller gleicher Nutzfläche gebaut und darin ein Skiraum eingerichtet werden soll. Unbeachtet blieb auch, dass die Ostfassade durch den Anbau, die darin integrierte Neugestaltung des Hoteleingangs und das über 10 m hohe Anbaukamin ein neues Aussehen erhält. Ebensowenig wurde der Beweggrund für das Bauvorhaben erfasst; dem Anhang zum Baugesuch ist zu entnehmen, dass das bestehende Restaurant ursprünglich nur auf die Verpflegung der eigenen Hotelgäste ausgerichtet war. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde später eine öffentliche Restaurationsbewilligung erlangt. In der Folge stieg der Umsatz, was die Beschwerdegegnerin veranlasste, die Platzzahl zu erhöhen und die Küchenanlage zu erweitern. Das Verwaltungsgericht hat demnach die tatsächlichen Verhältnisse offensichtlich mangelhaft festgestellt. Das führt dazu, dass das Bundesgericht gemäss Art. 105 Abs. 2
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn:
a  der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und
b  keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.
OG nicht an den im angefochtenen Entscheid ermittelten Sachverhalt gebunden ist. b) Zu entscheiden ist, ob das Bauvorhaben unter Art. 24 Abs. 1
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn:
a  der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und
b  keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.
oder Abs. 2 RPG fällt. Abs. 1 stellt den Grundsatz einer abschliessenden bundesrechtlichen Regelung auf, während Abs. 2 in Form eines Vorbehalts einzeln aufzählt, welche bauliche Massnahmen das kantonale Recht gestatten kann, sofern sie mit den wichtigen Anliegen der Raumplanung vereinbar sind. Es betrifft dies die Erneuerung, die teilweise Änderung und den Wiederaufbau. Fällt ein Bauvorhaben nicht unter einen dieser Begriffe, so ist es nach Art. 24 Abs. 1
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn:
a  der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und
b  keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.
RPG zu beurteilen. Im vorliegenden Fall scheidet der Wiederaufbau begrifflich von vornherein aus. Auch liegt keine blosse Erneuerung vor, da nicht nur die bestehende Baute erhalten, sondern ihr Bauvolumen vergrössert werden soll (HEINZ AEMISEGGER, Leitfaden zum Raumplanungsgesetz, VLP-Schriftenfolge Nr. 25, Bern 1980, S. 95; MARTIN PFISTERER, Die Anwendung neuer Bauvorschriften auf bestehende Bauten und Anlagen, Diss. Bern 1979, S. 199, 207; ERICH ZIMMERLIN, Baugesetz des Kantons Aargau, Kommentar, Aarau 1977, § 150 N. 2 b, S. 416/417; EJPD/BRP, Erläuterungen
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zum Bundesgesetz über die Raumplanung, Bern 1981, Art. 22 N. 14 b, S. 275). Fragen kann es sich somit nur, ob das Bauvorhaben unter den Begriff der teilweisen Änderung falle. aa) Dem Gesetz selbst lassen sich keine Hinweise entnehmen. Auch die Botschaft des Bundesrates gibt in dieser Hinsicht keinen Anhaltspunkt. Sie beschränkt sich im wesentlichen auf die Feststellung, das kantonale Recht umschreibe, was unter teilweiser Änderung zu verstehen sei (BBl 1978 I 1028). Da es sich indessen um einen bundesrechtlichen Begriff handelt, kann das kantonale Recht nicht den Begriff selbst festlegen; es kann nur bestimmen, ob und allenfalls inwieweit bauliche Massnahmen innerhalb des bundesrechtlich begrenzten Rahmens im Sinne von Art. 24 Abs. 2
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn:
a  der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und
b  keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.
RPG erleichtert bewilligt werden dürfen. In den parlamentarischen Beratungen waren wohl die Voraussetzungen, unter denen das kantonale Recht die drei Kategorien baulicher Massnahmen gestatten darf, nicht aber die Massnahmen selbst umstritten (vgl. Amtl. Bull. S 1978 S. 469/470; 1979 S. 188, 272/273; N 1979 S. 335, 669/670). Daher fehlen entscheidende Ausführungen zum Inhalt des Begriffs der teilweisen Änderung. Immerhin scheinen jedenfalls geringfügige Erweiterungen als zulässig betrachtet worden zu sein (vgl. Amtl. Bull. S 1979 S. 188). Die Literatur vermittelt sodann folgendes Bild: Die "Änderung" wird vorwiegend als Begriff bezeichnet, der die Zweckänderung, den Umbau und auch die Erweiterung umfasse (HEINZ AEMISEGGER, a.a.O., S. 96; OTTO PFAMMATTER, Zulässige Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen, Bern und Frankfurt 1976, S. 234; ERICH ZIMMERLIN, a.a.O., § 150 N. 2b, S. 416/417; EJPD/BRP, a.a.O., Art. 22 N. 10b, S. 274). Eine teilweise Änderung darf somit gemessen an der bestehenden Baute nur von untergeordneter Bedeutung sein (HEINZ AEMISEGGER, a.a.O., S. 96/97; PETER LUDWIG, Die Wirkung der Zuweisung zur Landwirtschaftszone, in: Blätter für Agrarrecht, 1980 S. 95; EJPD/BRP, a.a.O., Art. 24 N. 35 ff. S. 303 ff., insbesondere N. 37). Die Änderung hat die Identität der Baute in den wesentlichen Zügen zu wahren (EJPD/BRP, a.a.O., Art. 24 N. 35 lit. a, S. 303). Zusammenfassend ist die weitgehend übereinstimmende Auffassung festzustellen, wonach eine geringfügige Erweiterung vom Begriff der teilweisen Änderung gedeckt ist. Nicht vorgeschlagen wird eine quantitative Grenze, wie sie Art. 25 der Allgemeinen Gewässerschutzverordnung vom 19. Juni 1972 (Fassung vom 6. November 1974) enthielt, wonach die Vergrösserung oder Zweckänderung einer zonenfremden Baute ausserhalb der

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Bauzone bis zu einem Viertel noch ohne Nachweis der Standortgebundenheit zulässig war. Eine solche Begrenzung wird im Gegenteil als zu starr abgelehnt (PETER LUDWIG, Constructions hors des zones à bâtir, in: Baurecht, 1980 S. 8). Für das Bundesgericht besteht kein Anlass, von den in der Literatur entwickelten Grundsätzen abzuweichen. Dem Verwaltungsgericht ist daher insoweit beizupflichten, als es bloss eine geringfügige Erweiterung als teilweise Änderung im Sinne von Art. 24 Abs. 2
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn:
a  der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und
b  keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.
RPG betrachtet hat. bb) Offen ist somit nur noch die Frage, ob die beabsichtigte Vergrösserung des Restaurants noch als geringfügige Erweiterung bezeichnet werden könne. Das Verwaltungsgericht hat dies bejaht. Auf Grund der abweichenden Feststellung des Sachverhalts gelangt das Bundesgericht indessen zum gegenteiligen Ergebnis. Auszugehen ist von der eigenen Darstellung der Beschwerdegegnerin gemäss Anhang zum Baugesuch, wonach die Sitzplätze auf der Terrasse aus klimatischen Gründen praktisch nutzlos sind. Die Terrasse lässt sich daher nicht als bereits vorhandene, vollwertige Restaurationsfläche betrachten. Demzufolge geht es nicht nur darum, aus einem offenen einen geschlossenen Restaurationsteil zu machen; vielmehr steht die Vergrösserung eines Restaurants um rund einen Drittel in Frage. Andernfalls müsste die Küche kaum um mehr als einen Drittel erweitert werden. Die Beschwerdegegnerin strebt denn auch aus betriebswirtschaftlichen Gründen eine Vergrösserung des Restaurants offen an. Hinzu kommt die Erweiterung der Kellerräumlichkeiten, in denen neu ein Skiraum untergebracht werden soll. Schliesslich sieht das Projekt eine erhebliche Neugestaltung der Ostfassade vor. Von einer bloss geringfügigen Erweiterung kann somit keine Rede sein. Das Bauvorhaben fällt demnach nicht unter Art. 24 Abs. 2
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RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn:
a  der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und
b  keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.
RPG; es ist vielmehr wie ein Neubau nach Art. 24 Abs. 1
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn:
a  der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und
b  keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.
RPG zu beurteilen.
3. Wie erwähnt, setzt Art. 24 Abs. 1
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn:
a  der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und
b  keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.
RPG für eine Ausnahmebewilligung voraus, dass der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert (lit. a) und keine überwiegenden Interessen entgegenstehen (lit. b). Weder das "Sporthotel La Riva Lenzerheide" noch das darin untergebrachte Restaurant sind auf einen Standort ausserhalb der Bauzone angewiesen. Das Vorhaben kann daher mangels Standortbedingtheit nicht bewilligt werden. Da beide Voraussetzungen von Art. 24 Abs. 1
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn:
a  der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und
b  keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.
RPG kumulativ erfüllt sein müssen, braucht nicht mehr geprüft zu werden, ob dem Vorhaben auch überwiegende Interessen entgegenstehen. Dessen Unzulässigkeit ergibt sich schon aus Art. 24 Abs. 1 lit. a
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn:
a  der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und
b  keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.
RPG.
BGE 107 Ib 237 S. 243

Die Beschwerde erweist sich somit als begründet; sie ist gutzuheissen, und das angefochtene Urteil ist aufzuheben.
4. Mit der Aufhebung des angefochtenen Entscheids lebt der Gemeinderatsbeschluss vom 19. Januar 1981 wieder auf, womit das Baugesuch abgewiesen wird. Eine besondere Anordnung des Bundesgerichts erübrigt sich deshalb. Dagegen wird das Verwaltungsgericht für das Rekursverfahren einen neuen Kostenentscheid zu fällen haben.
Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen, und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 28. April 1981 wird aufgehoben.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 107 IB 237
Datum : 22. Dezember 1980
Publiziert : 31. Dezember 1981
Quelle : Bundesgericht
Status : 107 IB 237
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Art. 24 RPG; Ausnahmebewilligung. 1. Befreiung des Bundesgerichts von der Bindung an die Sachverhaltsfeststellung eines


Gesetzesregister
BV: 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
OG: 105
RPG: 22 
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 22 Baubewilligung - 1 Bauten und Anlagen dürfen nur mit behördlicher Bewilligung errichtet oder geändert werden.
1    Bauten und Anlagen dürfen nur mit behördlicher Bewilligung errichtet oder geändert werden.
2    Voraussetzung einer Bewilligung ist, dass:
a  die Bauten und Anlagen dem Zweck der Nutzungszone entsprechen; und
b  das Land erschlossen ist.
3    Die übrigen Voraussetzungen des Bundesrechts und des kantonalen Rechts bleiben vorbehalten.
24 
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 24 Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen - Abweichend von Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe a können Bewilligungen erteilt werden, Bauten und Anlagen zu errichten oder ihren Zweck zu ändern, wenn:
a  der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert; und
b  keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.
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SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz
RPG Art. 34 Bundesrecht - 1 Für die Rechtsmittel an Bundesbehörden gelten die allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.
1    Für die Rechtsmittel an Bundesbehörden gelten die allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.
2    Kantone und Gemeinden sind zur Beschwerde berechtigt gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen über:
a  Entschädigungen als Folge von Eigentumsbeschränkungen (Art. 5);
b  die Zonenkonformität von Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen;
c  Bewilligungen im Sinne der Artikel 24-24d80 und 37a.81
3    Das Bundesamt für Landwirtschaft ist zur Beschwerde berechtigt gegen Entscheide über Vorhaben, die Fruchtfolgeflächen beanspruchen.82
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107-IB-237
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bundesgericht • restaurant • bauzone • ausserhalb • teilweise änderung • baute und anlage • gemeinde • kantonales recht • ejpd • betriebsgesellschaft • frage • sachverhalt • bundesgesetz über die raumplanung • bestehende baute • wiederaufbau • wiese • gemeinderat • literatur • standortgebundenheit • anbaute • erhöhung • sachverhaltsfeststellung • richtlinie • untergeschoss • entscheid • öffentliches baurecht • kantonales rechtsmittel • sachmangel • form und inhalt • begründung des entscheids • baubewilligung • nutzungsänderung • weisung • gewicht • ersetzung • errichtung eines dinglichen rechts • kostenentscheid • umsatz • beweggrund • angewiesener • jahreszeit • verhältnis zwischen • innerhalb • landwirtschaftszone • see • kategorie • aargau • stelle • aarau • neubau • beschwerdelegitimation
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BBl
1978/I/1028