106 IV 24
8. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 18. März 1980 i.S. W. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):
- Art. 145 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 145 - Der Schuldner, der in der Absicht, seinen Gläubiger zu schädigen, diesem eine als Pfand oder Retentionsgegenstand dienende Sache entzieht, eigenmächtig darüber verfügt, sie beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
- Sachbeschädigung.
- Begriff der gemeinen Gesinnung.
Regeste (fr):
- Art. 145 al. 2 CP.
- Dommages à la propriété.
- Définition de la bassesse de caractère.
Regesto (it):
- Art. 145 cpv. 2 CP.
- Danneggiamento.
- Nozione di animo abietto.
Erwägungen ab Seite 24
BGE 106 IV 24 S. 24
Aus den Erwägungen:
3. a) Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz fuhr W. am 5. August 1977 abends nach 21 Uhr mit seinem Personenwagen Chevrolet Camaro mit 106 km/h durch Räterschen, wo eine Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h signalisiert war. Dabei wurde der Wagen durch eine automatische Radarstation fotografiert. b) In der gleichen Nacht zwischen 1 und 2 Uhr fuhr W. mit H. nochmals nach Räterschen. Er hatte das Aufblitzen der Radaranlage bemerkt. Um die Auswertung der Radarmessung zu verhindern, schlugen die beiden am Radargerät die Scheibe ein, gossen Benzin in den Apparat und zündeten ihn an. Es entstand ein Gesamtschaden von rund 40'000 Franken.
4. Gegen die Subsumtion der massiven Überschreitung der signalisierten Geschwindigkeitslimite unter Art. 90 Ziff. 2
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 90 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes oder der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt. |
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1 | Mit Busse wird bestraft, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes oder der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt. |
2 | Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer durch grobe Verletzung der Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt. |
3 | Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu vier Jahren wird bestraft, wer durch vorsätzliche Verletzung elementarer Verkehrsregeln das hohe Risiko eines Unfalls mit Schwerverletzten oder Todesopfern eingeht, namentlich durch besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, waghalsiges Überholen oder Teilnahme an einem nicht bewilligten Rennen mit Motorfahrzeugen. |
3bis | Die Mindeststrafe von einem Jahr kann bei Widerhandlungen gemäss Absatz 3 unterschritten werden, wenn ein Strafmilderungsgrund nach Artikel 48 StGB235 vorliegt, insbesondere wenn der Täter aus achtenswerten Beweggründen gehandelt hat.236 |
3ter | Der Täter kann bei Widerhandlungen gemäss Absatz 3 mit Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren oder Geldstrafe bestraft werden, wenn er nicht innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Tat wegen eines Verbrechens oder Vergehens im Strassenverkehr mit ernstlicher Gefahr für die Sicherheit anderer, respektive mit Verletzung oder Tötung anderer verurteilt wurde.237 |
4 | Eine besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit liegt vor, wenn diese überschritten wird um: |
a | mindestens 40 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 30 km/h beträgt; |
b | mindestens 50 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 50 km/h beträgt; |
c | mindestens 60 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 80 km/h beträgt; |
d | mindestens 80 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit mehr als 80 km/h beträgt.238 |
5 | Artikel 237 Ziffer 2 des Strafgesetzbuches239 findet in diesen Fällen keine Anwendung. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 145 - Der Schuldner, der in der Absicht, seinen Gläubiger zu schädigen, diesem eine als Pfand oder Retentionsgegenstand dienende Sache entzieht, eigenmächtig darüber verfügt, sie beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 145 - Der Schuldner, der in der Absicht, seinen Gläubiger zu schädigen, diesem eine als Pfand oder Retentionsgegenstand dienende Sache entzieht, eigenmächtig darüber verfügt, sie beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
BGE 106 IV 24 S. 25
zu ahnden, da ein Handeln aus gemeiner Gesinnung nicht nachgewiesen sei. a) Der qualifizierte Tatbestand der Sachbeschädigung ist erfüllt, wenn der Täter aus gemeiner Gesinnung einen grossen Schaden verursacht hat. Dass die Zerstörung einer Radaranlage als grosser Schaden im Sinne dieser Bestimmung zu bewerten ist, wird vom Beschwerdeführer zu Recht nicht in Frage gestellt. b) Bei der Interpretation des umstrittenen Qualifikationsmerkmals der gemeinen Gesinnung muss die mit der Anwendung der Vorschrift verbundene Rechtsfolge in Betracht gezogen werden: Während die einfache Sachbeschädigung mit Busse oder Gefängnis bis zu 3 Jahren bedroht ist, beträgt das Strafminimum bei qualifizierter Sachbeschädigung ein Jahr Zuchthaus und das Strafmaximum fünf Jahre Zuchthaus. Das Strafminimum von einem Jahr Zuchthaus, das nur in wenigen Strafbestimmungen angedroht ist, zeigt deutlich, dass der Gesetzgeber mit dem Ausdruck "gemeine Gesinnung" eine besonders niederträchtige Grundhaltung bezeichnen wollte (BGE 104 IV 247, vgl. auch RStrS 1969, S. 108 Nr. 191). Wohl wird der Strafrahmen auch durch das Erfordernis grossen Schadens mitbestimmt; aber das Ausmass des Schadens allein genügt nie für die Anwendbarkeit von Abs. 2 des Art. 145
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 145 - Der Schuldner, der in der Absicht, seinen Gläubiger zu schädigen, diesem eine als Pfand oder Retentionsgegenstand dienende Sache entzieht, eigenmächtig darüber verfügt, sie beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 145 - Der Schuldner, der in der Absicht, seinen Gläubiger zu schädigen, diesem eine als Pfand oder Retentionsgegenstand dienende Sache entzieht, eigenmächtig darüber verfügt, sie beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
BGE 106 IV 24 S. 26
Weise entschuldigen. Doch bei der streitigen Subsumtionsfrage geht es nicht um die Möglichkeit der Entschuldigung, sondern darum, ob die schädigende Handlung aus gemeiner Gesinnung erfolgte. Aus der Sicht des verantwortungsbewussten Bürgers erscheint die Zerstörungsaktion als feige. Nicht dargetan ist jedoch, dass das Delikt Ausdruck einer besonders verwerflichen Grundhaltung ist. Die Verwendung des Wortes "niederträchtig" entbehrt einer sachbezogenen Begründung. Es fehlen etwa Anhaltspunkte für eine allgemeine charakterliche Bereitschaft zu rücksichtslosem Handeln oder für skrupellosen Vandalismus unter Hintanstellen aller Bedenken. Stellt aber die Tat die einmalige, wenn auch ganz unverhältnismässige Reaktion auf die Erfassung durch eine automatische Radarkontrolle dar, so lässt sich aus den Umständen nicht auf das folgenschwere Qualifikationsmerkmal der gemeinen Gesinnung schliessen. Auch die hartnäckige Bestreitung der Tat durch den Beschwerdeführer vermag eine solche Schlussfolgerung nicht zu begründen. Die Vorinstanz hat das massgebende Kriterium des Handelns aus gemeiner Gesinnung in einem zu weiten, praktisch sozusagen jede vorsätzliche Verursachung grossen Schadens erfassenden Sinne interpretiert und durch die Anwendung von Art. 145 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 145 - Der Schuldner, der in der Absicht, seinen Gläubiger zu schädigen, diesem eine als Pfand oder Retentionsgegenstand dienende Sache entzieht, eigenmächtig darüber verfügt, sie beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |