106 IV 109
36. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 7. Mai 1980 i.S. C. und B. gegen Generalprokurator des Kantons Bern (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):
- Art. 139 Ziff. 2 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 139 - 1. Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1 Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2 ...197 3 Der Dieb wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, wenn er: a gewerbsmässig stiehlt; b den Diebstahl als Mitglied einer Bande ausführt, die sich zur fortgesetzten Verübung von Raub oder Diebstahl zusammengefunden hat; c zum Zweck des Diebstahls eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt oder eine Explosion verursacht; oder d sonst wie durch die Art, wie er den Diebstahl begeht, seine besondere Gefährlichkeit offenbart.198 4 Der Diebstahl zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt. - Besondere Gefährlichkeit des Räubers.
Regeste (fr):
- Art. 139 ch. 2 al. 4 CP.
- Caractère particulièrement dangereux de l'auteur.
Regesto (it):
- Art. 139 n. 2 cpv. 4 CP.
- Pericolosità speciale dell'autore.
Sachverhalt ab Seite 110
BGE 106 IV 109 S. 110
A.- Auf einer Pintenkehr in Bern setzte sich am Abend des 6. Dezember 1977 der 68jährige A. im Restaurant "Halbmond" an der Genfergasse an einen Tisch, an dem Beatrix B., C., D. und zwei Mädchen sassen. A. kam mit Beatrix B. ins Gespräch und offerierte ihr einen halben Liter Weisswein. Bald vermutete er, sie könnte sich ihm gegen Entgelt zum Geschlechtsverkehr hingeben. Er prahlte mit seinem Geld, das Frau B. offenbar auch gesehen hatte. Zuerst erklärte sie A. wahrheitsgetreu, sie habe keine Absteige. Weil sie aber an die Barschaft des A. herankommen wollte, entfernte sie sich kurz; sie machte ihm dann weis, sie habe ein Zimmer auftreiben können. Sie flüsterte D. zu, A. habe viel Geld, und machte ihm den Vorschlag, das Geld zu stehlen. D. weihte C. in den Plan ein, und beide erklärten sich dazu bereit. Beatrix B. lockte A. in Richtung Altenberg und vom Altenbergsteg aareabwärts. A. fragte, wohin es gehe, es habe ja keine Häuser mehr. Gleich darauf sprangen D. und C. die sich vereinbarungsgemäss an der Aare im Schatten einer Mauer versteckt hatten, von hinten hinzu. D. versetzte A. mit einem handbreiten Gurt mit Metallnieten und einer handtellergrossen Metallschnalle, den er sich zuvor von C. hatte geben lassen, mindestens einen Schlag auf den Kopf. Darauf packte er das Opfer und riss es zu Boden. C. sprang ebenfalls dazu und hielt ihm den Mund zu, da er befürchtete, A. werde schreien. In diesem Moment riss Beatrix B. dessen Portemonnaie aus der rechten Gesässtasche, nahm es an sich und rannte in Richtung Altenbergsteg davon. Auch die beiden andern liessen A. liegen und rannten ihr über den Steg nach und die Altenbergtreppe hinauf. Dort übergab Frau B. das Portemonnaie D., welcher es öffnete. Jeder der drei schnappte sich vom Geld einen Anteil, so Frau B. Fr. 100.-- und C. Fr. 206.--. A. trug durch den Schlag oder die Schläge einen Kopfschwartenriss, eine stark blutende Platzwunde und eine kleine Schürfung an der Stirne davon.
B.- Wegen dieser Tat wurde C. des qualifizierten Raubes unter Offenbarung besonderer Gefährlichkeit schuldig befunden. Daneben ist er wegen einfachen Raubes, am 5. Mai 1978 zum Nachteil des O. begangen, verurteilt worden. Das Obergericht bestrafte ihn hiefür unter Zubilligung verminderter Zurechnungsfähigkeit zu viereinhalb Jahren Zuchthaus. Einer Anklage wegen Tätlichkeiten vom 15. Oktober 1977 zum
BGE 106 IV 109 S. 111
Nachteil des F. wurde wegen eingetretener Verjährung keine Folge gegeben. Frau B. wurde wegen der Tat vom 6. Dezember 1977 ebenfalls des qualifizierten Raubes schuldig befunden, daneben auch wegen eines am 28. Oktober 1977 begangenen Betruges zum Nachteil von L. sowie wegen unanständigen Benehmens im Sinne des kantonalen Rechts am 24. Dezember 1977. Hiefür wurde sie zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt.
C.- Gegen dieses Urteil des Obergerichts des Kantons Bern haben C. und Frau B. Nichtigkeitsbeschwerden eingereicht. Der Generalprokurator beantragt Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Gemäss Art. 139 Ziff. 2 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 139 - 1. Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | ...197 |
3 | Der Dieb wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, wenn er: |
a | gewerbsmässig stiehlt; |
b | den Diebstahl als Mitglied einer Bande ausführt, die sich zur fortgesetzten Verübung von Raub oder Diebstahl zusammengefunden hat; |
c | zum Zweck des Diebstahls eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt oder eine Explosion verursacht; oder |
d | sonst wie durch die Art, wie er den Diebstahl begeht, seine besondere Gefährlichkeit offenbart.198 |
4 | Der Diebstahl zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt. |
BGE 106 IV 109 S. 112
wie tätige Reue, Vorleben, usw. dem entgegenwirken können. Insbesondere kann nicht schon aus einer Gewaltanwendung oder Drohung allein, die schon dem einfachen Raub anhaften, auf Gefährlichkeit, geschweige denn auf "besondere" Gefährlichkeit geschlossen werden. Im übrigen lässt die weit gefasste Generalklausel dem Sachrichter ein weites Ermessen, in das der Kassationshof nur mit Zurückhaltung eingreift (BGE 100 IV 165 E. 2 mit weiteren Hinweisen).
3. a) Die Vorinstanz ist bei Beurteilung der Beschwerde des C. von richtigen rechtlichen Grundsätzen ausgegangen. Die Offenbarung besonderer Gefährlichkeit sieht sie darin, dass die Tat zu dritt in einer Dezembernacht an einem abgelegenen Ort an einem 68jährigen, Rentner in (zur konkreten Tatausübung nicht erforderlicher) brutaler Weise verübt und dass das Opfer dort verletzt und blutüberströmt liegen gelassen wurde. Die Vorinstanz hat nicht ausser acht gelassen, dass der Beschwerdeführer bei der Planung der Tat eher nur als Mitläufer in Erscheinung getreten ist. Die Gewaltanwendung wurde ihm aber stärker zugerechnet, weil er D. den mit Metallnieten und einer handtellergrossen gegossenen Metallschnalle versehenen Gurt übergeben hat, obwohl er wusste, dass D. das Opfer damit niederschlagen werde. Auch verschloss er dem wehrlos am Boden liegenden Opfer den Mund. Seine Vorstrafen sprechen ebenfalls für seine Gefährlichkeit. Ab Mitte 1973 delinquierte der Beschwerdeführer in umfangreichem Masse, indem er vor allem zahlreiche Diebstähle beging, weswegen er in ein Erziehungsheim eingewiesen wurde, aus dem er im April 1977 bedingt entlassen wurde. Während dieser Zeit erfolgten Entweichungen und neue Delikte, so 1975 ein erster Raub. Am 5. Mai 1978 beging der Beschwerdeführer einen dritten Raub zum Nachteil von O., nachdem er anderthalb Monate vorher wegen des Raubes vom 6. Dezember 1977 aus der Untersuchungshaft entlassen worden war. Hinzu kommen die am 15. Oktober 1977 an F. verübten Tätlichkeiten. Die Vorinstanz durfte deshalb aus den Umständen des Raubes und den weiteren Taten des Beschwerdeführers, ohne Bundesrecht zu verletzen, auf einen brutalen Charakter von asozialer Grundhaltung und sittlicher Hemmungslosigkeit und damit auf eine besondere Gefährlichkeit schliessen. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
4. a) Im Gegensatz zur ersten Instanz fand das Obergericht,
BGE 106 IV 109 S. 113
auch Beatrix B. habe durch ihre Beteiligung am Raub ihre besondere Gefährlichkeit offenbart. Ihr Anteil an der Tat ist insofern grösser als jener des C., als der Anstoss zur Tat von ihr ausging. Sie war es auch, welche das Opfer mit dem Versprechen, sich ihm zum Geschlechtsverkehr hinzugeben, zur Nachtzeit an den Tatort lockte, wo es in die übermächtige Gewalt von D. und C. gelangte. Als das Opfer bereits niedergeschlagen und wehrlos war, entriss sie ihm das Geld. Dass sie sich dadurch des Raubes mitschuldig gemacht hat, bestreitet sie mit Recht nicht. b) Die Gefährlichkeit ist eine besondere Eigenschaft im Sinne von Art. 26
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 26 - Wird die Strafbarkeit durch eine besondere Pflicht des Täters begründet oder erhöht, so wird der Teilnehmer, dem diese Pflicht nicht obliegt, milder bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 139 - 1. Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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3 | Der Dieb wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, wenn er: |
a | gewerbsmässig stiehlt; |
b | den Diebstahl als Mitglied einer Bande ausführt, die sich zur fortgesetzten Verübung von Raub oder Diebstahl zusammengefunden hat; |
c | zum Zweck des Diebstahls eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt oder eine Explosion verursacht; oder |
d | sonst wie durch die Art, wie er den Diebstahl begeht, seine besondere Gefährlichkeit offenbart.198 |
4 | Der Diebstahl zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt. |
BGE 106 IV 109 S. 114
Tag gelegten Brutalität gerechnet hat. Sie wirft ihr aber vor, sie habe sich nach dem brutalen Niederschlagen des Opfers ohne Hemmungen in das Zusammenwirken des Trios eingefügt, indem sie A. das Portemonnaie aus der Gesässtasche genommen habe, während ihn D. festgehalten und C. am Schreien gehindert habe. Durch das brutale Vorgehen von D. sei sie überhaupt nicht oder nur unwesentlich erschreckt und abgestossen worden. Jedenfalls sei der Gedanke an das Geld starker als alle Bedenken gewesen. Auch wenn sie die Verletzungen und Blutungen des Opfers nicht gesehen habe, habe sie doch mit Gewissheit damit rechnen müssen, dass A. verletzt worden sei, habe sie doch gemeint, er sei mit einer Flasche niedergeschlagen worden. Trotzdem habe sie den alten Mann skrupellos dort liegen gelassen. Diese Feststellung, auch was Wissen und innere Einstellung zur Tat betrifft (BGE 104 IV 36, 245), ist tatsächlicher Natur und bindet daher den Kassationshof (Art. 273 Abs. 1 lit. b
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 139 - 1. Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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3 | Der Dieb wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, wenn er: |
a | gewerbsmässig stiehlt; |
b | den Diebstahl als Mitglied einer Bande ausführt, die sich zur fortgesetzten Verübung von Raub oder Diebstahl zusammengefunden hat; |
c | zum Zweck des Diebstahls eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt oder eine Explosion verursacht; oder |
d | sonst wie durch die Art, wie er den Diebstahl begeht, seine besondere Gefährlichkeit offenbart.198 |
4 | Der Diebstahl zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 139 - 1. Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | ...197 |
3 | Der Dieb wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, wenn er: |
a | gewerbsmässig stiehlt; |
b | den Diebstahl als Mitglied einer Bande ausführt, die sich zur fortgesetzten Verübung von Raub oder Diebstahl zusammengefunden hat; |
c | zum Zweck des Diebstahls eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt oder eine Explosion verursacht; oder |
d | sonst wie durch die Art, wie er den Diebstahl begeht, seine besondere Gefährlichkeit offenbart.198 |
4 | Der Diebstahl zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt. |
BGE 106 IV 109 S. 115
beruht nicht auf einem offensichtlichen Versehen. Der Schluss, das Gutachten enthalte ebenfalls Elemente, welche auf die besondere Gefährlichkeit der Beschwerdeführerin hinwiesen, ist tatsächlicher Natur und bindet daher den Kassationshof. Anderseits ist nicht ersichtlich, dass der Richter von einem falschen Begriff der besonderen Gefährlichkeit im Sinne von Art. 139 Ziff. 2 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 139 - 1. Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | ...197 |
3 | Der Dieb wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, wenn er: |
a | gewerbsmässig stiehlt; |
b | den Diebstahl als Mitglied einer Bande ausführt, die sich zur fortgesetzten Verübung von Raub oder Diebstahl zusammengefunden hat; |
c | zum Zweck des Diebstahls eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt oder eine Explosion verursacht; oder |
d | sonst wie durch die Art, wie er den Diebstahl begeht, seine besondere Gefährlichkeit offenbart.198 |
4 | Der Diebstahl zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt. |