Urteilskopf

106 II 315

61. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 12. Juni 1980 i.S. Dr. X. (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 315

BGE 106 II 315 S. 315

Dr. X. und Y. sind Stockwerkeigentümer je einer Wohnung im vierten Geschoss einer Liegenschaft mit Eigentumswohnungen (Stockwerkanteile Nr. 24 bzw. Nr. 23). Über ihnen befindet sich der Stockwerkanteil Nr. 27 der Eheleute Z., dessen Boden nicht mit Teppichen, sondern mit Platten belegt wurde. Am 17. Juli 1977 schlossen Dr. X. und Y. mit den Eheleuten Z. eine "Vereinbarung... betreffend Errichtung einer Grunddienstbarkeit zu Gunsten der Stockwerkanteile Nr. 23 und 24 und zu Lasten des Stockwerkanteils Nr. 27". Darin wurde unter anderem festgehalten, in der Wohnung Nr. 27 seien gemäss einem Sonderwunsch der Eheleute Z. Bodenplatten anstelle der im Baubeschrieb vorgesehenen Teppiche verlegt worden; eine Abklärung habe ergeben, dass die Trittschallisolation zwischen dieser Wohnung und den darunter liegenden Wohnungen (Unterwohnungen) den Anforderungen für Eigentumswohnungen nicht entspreche (Ziff. 2); die Eigentümer der Unterwohnungen könnten sich mit diesem Zustand nicht abfinden, was zum Abschluss der Vereinbarung führe (Ziff. 3). Ziffer 4 der Vereinbarung hat folgenden Wortlaut:
BGE 106 II 315 S. 316

"Die Eheleute Z. verpflichten sich gegenüber den Eigentümern der Unterwohnungen 1 und 2, in ihrer Wohnung Nr. 27... den Plattenboden im - Entrée
- Korridor
- Wohnzimmer und
- Abstellraum gegen die Terrasse und
Küche mit einem Spannteppich auf Filzunterlage bedecken zu lassen. Am zu verlegenden Teppich werden sie Gesamteigentümer als einfache Gesellschaft. Alle Parteien nehmen zur Kenntnis, dass Herr und Frau Z. die Kosten des Teppichs und dessen Verlegung vorschiessen. Die Eigentümer der Unterwohnungen treffen keine finanziellen Verpflichtungen. Der Bauunternehmer... wird die entstandenen Kosten im Rahmen der werkvertraglich übernommenen Pflichten letztinstanzlich tragen." Mit Verfügung vom 23. Juni 1978 lehnte es das Grundbuchamt ab, gestützt auf die Vereinbarung vom 17. Juli 1977 eine Dienstbarkeit im Grundbuch einzutragen. Dieser Entscheid wurde am 5. März 1979 vom Regierungsrat und am 8. November 1979 vom kantonalen Verwaltungsgericht bestätigt, von diesem im wesentlichen mit der Begründung, die Pflicht zur Duldung eines Spannteppichs in einer Eigentumswohnung könne nicht Inhalt einer Grunddienstbarkeit sein. Das Bundesgericht heisst die von Dr. X. gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1. Die Vorinstanz führt aus, Ziffer 4 der Vereinbarung vom 17. Juli 1977 regle nur das einmalige Verlegen von Spannteppichen, statuiere aber keine dauernde Pflicht zur Duldung der Teppiche und sage auch nichts aus über deren Erneuerung. Sollte sie damit den Willen der Vertragsparteien zum Abschluss eines Grunddienstbarkeitsvertrages in Frage stellen wollen, könnte ihr nicht gefolgt werden. Wohl wurde in der Vereinbarung nicht ausdrücklich festgehalten, die Teppiche müssten dauernd in der Wohnung der Eheleute Z. bleiben. Der Sinn der Vereinbarung konnte aber kein anderer sein, war diese doch darauf gerichtet, inskünftig Schallimmissionen auszuschalten. Über den Unterhalt der Teppiche brauchten die Parteien keine besondere Vereinbarung zu treffen, zumal dafür eine gesetzliche Regelung besteht (Art. 741
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 741 - 1 Gehört zur Ausübung der Dienstbarkeit eine Vorrichtung, so hat sie der Berechtigte zu unterhalten.
1    Gehört zur Ausübung der Dienstbarkeit eine Vorrichtung, so hat sie der Berechtigte zu unterhalten.
2    Dient die Vorrichtung auch den Interessen des Belasteten, so tragen beide die Last des Unterhalts im Verhältnis ihrer Interessen. Eine abweichende Vereinbarung ist für den Erwerber des berechtigten und den Erwerber des belasteten Grundstücks verbindlich, wenn sie sich aus den Belegen des Grundbuchs erschliessen lässt.622
, allenfalls in Verbindung mit Art. 737
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 737 - 1 Der Berechtigte ist befugt, alles zu tun, was zur Erhaltung und Ausübung der Dienstbarkeit nötig ist.
1    Der Berechtigte ist befugt, alles zu tun, was zur Erhaltung und Ausübung der Dienstbarkeit nötig ist.
2    Er ist jedoch verpflichtet, sein Recht in möglichst schonender Weise auszuüben.
3    Der Belastete darf nichts vornehmen, was die Ausübung der Dienstbarkeit verhindert oder erschwert.
ZGB). Es ist nach dem Gesagten davon auszugehen,
BGE 106 II 315 S. 317

dass der Wille der Vertragsparteien darauf gerichtet war, Schallimmissionen für eine unbegrenzte Zeit auszuschalten und dieses Ziel mittels einer Grunddienstbarkeit zu erreichen. So wurde es im Ingress der Vereinbarung denn auch ausdrücklich festgelegt.
2. Ein Stockwerkeigentumsanteil kann zu Gunsten eines andern in der Weise mit einer Grunddienstbarkeit belastet werden, dass der Eigentümer sich bestimmte Eingriffe des andern Stockwerkeigentümers gefallen lassen muss oder zu dessen Gunsten nach gewissen Richtungen das ihm zustehende Recht nicht ausüben darf. Mit der Grunddienstbarkeit kann nebensächlich auch eine Verpflichtung zur Vornahme von Handlungen verbunden sein (dazu Art. 730
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 730 - 1 Ein Grundstück kann zum Vorteil eines andern Grundstückes in der Weise belastet werden, dass sein Eigentümer sich bestimmte Eingriffe des Eigentümers dieses andern Grundstückes gefallen lassen muss oder zu dessen Gunsten nach gewissen Richtungen sein Eigentumsrecht nicht ausüben darf.
1    Ein Grundstück kann zum Vorteil eines andern Grundstückes in der Weise belastet werden, dass sein Eigentümer sich bestimmte Eingriffe des Eigentümers dieses andern Grundstückes gefallen lassen muss oder zu dessen Gunsten nach gewissen Richtungen sein Eigentumsrecht nicht ausüben darf.
2    Eine Verpflichtung zur Vornahme von Handlungen kann mit der Grunddienstbarkeit nur nebensächlich verbunden sein. Für den Erwerber des berechtigten oder belasteten Grundstücks ist eine solche Verpflichtung nur verbindlich, wenn sie sich aus dem Eintrag im Grundbuch ergibt.619
in Verbindung mit Art. 655 Abs. 2 Ziff. 4
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 655 - 1 Gegenstand des Grundeigentums sind die Grundstücke.
1    Gegenstand des Grundeigentums sind die Grundstücke.
2    Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind:
1  die Liegenschaften;
2  die in das Grundbuch aufgenommenen selbständigen und dauernden Rechte;
3  die Bergwerke;
4  die Miteigentumsanteile an Grundstücken.
3    Als selbstständiges und dauerndes Recht kann eine Dienstbarkeit an einem Grundstück in das Grundbuch aufgenommen werden, wenn sie:
1  weder zugunsten eines berechtigten Grundstücks noch ausschliesslich zugunsten einer bestimmten Person errichtet ist; und
2  auf wenigstens 30 Jahre oder auf unbestimmte Zeit begründet ist.570
ZGB).
a) Eine Grunddienstbarkeit im umschriebenen Sinne auferlegt dem Eigentümer des belasteten Grundstückes entweder eine Duldungs- oder eine Unterlassungspflicht. Ist der erwähnte Eigentümer zu einem Dulden verpflichtet, so ist der Eigentümer des berechtigten Grundstückes zu einem Tun befugt; man spricht von einer positiven oder affirmativen Dienstbarkeit. Ist jener zu einem Unterlassen verpflichtet, so steht diesem die Befugnis zu einem Verbieten zu; es liegt eine negative Dienstbarkeit vor (LIVER, N. 4 zu Art. 730
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 730 - 1 Ein Grundstück kann zum Vorteil eines andern Grundstückes in der Weise belastet werden, dass sein Eigentümer sich bestimmte Eingriffe des Eigentümers dieses andern Grundstückes gefallen lassen muss oder zu dessen Gunsten nach gewissen Richtungen sein Eigentumsrecht nicht ausüben darf.
1    Ein Grundstück kann zum Vorteil eines andern Grundstückes in der Weise belastet werden, dass sein Eigentümer sich bestimmte Eingriffe des Eigentümers dieses andern Grundstückes gefallen lassen muss oder zu dessen Gunsten nach gewissen Richtungen sein Eigentumsrecht nicht ausüben darf.
2    Eine Verpflichtung zur Vornahme von Handlungen kann mit der Grunddienstbarkeit nur nebensächlich verbunden sein. Für den Erwerber des berechtigten oder belasteten Grundstücks ist eine solche Verpflichtung nur verbindlich, wenn sie sich aus dem Eintrag im Grundbuch ergibt.619
ZGB). Die Eheleute Z. sind gemäss der Vereinbarung vom 17. Juli 1977 verpflichtet, die Böden ihrer Wohnung mit Teppichen belegen zu lassen. Daraus könnte abgeleitet werden, dass ihnen das Dulden von Spannteppichen vorgeschrieben werde. Einem solchen Dulden stünde aber keine Berechtigung der Begünstigten gegenüber, denn diese sind nicht (wie z.B. bei einer Wegdienstbarkeit) befugt, die Spannteppiche ihrerseits zu benützen. Ihrem eigentlichen Sinne nach bezweckt die Vereinbarung die Ausschaltung von Schallimmissionen. Die Eheleute Z. sind verpflichtet, das zu unterlassen, was zu solchen Immissionen führen kann. Konkret müssen sie es unterlassen, die Böden ihrer Wohnung mit nackten Platten belegt zu lassen, d.h. ihre Wohnung so auszustatten und in der Folge zu benützen, wie sie es ursprünglich gewünscht hatten. Sie müssen somit bezüglich der Gestaltung und Benützung der Wohnung auf eine Möglichkeit verzichten, von der sie ohne Vereinbarung im Rahmen von Art. 684
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 684 - 1 Jedermann ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums, wie namentlich bei dem Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, sich aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten.
1    Jedermann ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums, wie namentlich bei dem Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, sich aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten.
2    Verboten sind insbesondere alle schädlichen und nach Lage und Beschaffenheit der Grundstücke oder nach Ortsgebrauch nicht gerechtfertigten Einwirkungen durch Luftverunreinigung, üblen Geruch, Lärm, Schall, Erschütterung, Strahlung oder durch den Entzug von Besonnung oder Tageslicht.597
ZGB Gebrauch machen dürften. Die Berechtigten andererseits sind befugt, den Eheleuten Z. zu verbieten, in ihrer Wohnung
BGE 106 II 315 S. 318

Bodenplatten zu belassen, die nicht durch eine Filzauflage und Teppiche abgedeckt sind. Es geht nach dem Gesagten nicht darum, dass die Eheleute Z. Teppiche zu dulden hätten. Die Feststellung der Vorinstanz, Spannteppiche seien bewegliche Sachen und die Duldungspflicht hinsichtlich solcher könne nicht Gegenstand einer Grunddienstbarkeit bilden, stösst deshalb ins Leere. b) Die Vorinstanz führt demgegenüber zu Recht aus, die Schutzbedürftigkeit des Rechts und die Vorteile der Eigentümer der berechtigten Stockwerkeigentumseinheiten seien offensichtlich; die Berechtigten hätten ein Interesse an einem wirksamen Schutz gegen Schallimmissionen vom oberen Stockwerk her; die Spannteppiche erfüllten diesen Zweck; der Wert der unterliegenden Wohnungen steige, wenn kein Lärm von oben herabdringe. Wohl könnte die Pflicht, eine Eigentumswohnung mit Spannteppichen zu belegen, obligatorisch oder durch ein Stockwerkeigentümerreglement geordnet werden. Das ändert aber nichts daran, dass auch der Weg der Grunddienstbarkeit offen steht. c) Nach Rechtsprechung und Lehre können Unterlassungspflichten, die dem Grundeigentümer schon durch gesetzliche Vorschriften auferlegt sind, nicht zum Gegenstand einer Dienstbarkeit gemacht werden, weil der Berechtigte kein Interesse daran haben kann, ein Recht, das ihm schon von Gesetzes wegen eindeutig zusteht, noch als Dienstbarkeit zu erwerben oder zu sichern (BGE 99 II 33 E. 4 mit Verweisungen). Vielfach steht jedoch nicht von vornherein fest, dass die Anwendung der Gesetzesvorschriften zu dem Ergebnis führt, das mit der Dienstbarkeit erreicht werden will. Besonders im Nachbarrecht kann ein Interesse daran bestehen, bestimmte von einem Nachbargrundstück ausgehende Einwirkungen, die an sich zu den nach Art. 684
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 684 - 1 Jedermann ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums, wie namentlich bei dem Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, sich aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten.
1    Jedermann ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums, wie namentlich bei dem Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, sich aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten.
2    Verboten sind insbesondere alle schädlichen und nach Lage und Beschaffenheit der Grundstücke oder nach Ortsgebrauch nicht gerechtfertigten Einwirkungen durch Luftverunreinigung, üblen Geruch, Lärm, Schall, Erschütterung, Strahlung oder durch den Entzug von Besonnung oder Tageslicht.597
ZGB verbotenen Immissionen gehören, durch eine Dienstbarkeit auszuschliessen, weil ungewiss ist, ob der Richter die Einwirkungen als übermässig und ungerechtfertigt betrachten würde (LIVER, N. 93 und 95 zu Art. 730
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 730 - 1 Ein Grundstück kann zum Vorteil eines andern Grundstückes in der Weise belastet werden, dass sein Eigentümer sich bestimmte Eingriffe des Eigentümers dieses andern Grundstückes gefallen lassen muss oder zu dessen Gunsten nach gewissen Richtungen sein Eigentumsrecht nicht ausüben darf.
1    Ein Grundstück kann zum Vorteil eines andern Grundstückes in der Weise belastet werden, dass sein Eigentümer sich bestimmte Eingriffe des Eigentümers dieses andern Grundstückes gefallen lassen muss oder zu dessen Gunsten nach gewissen Richtungen sein Eigentumsrecht nicht ausüben darf.
2    Eine Verpflichtung zur Vornahme von Handlungen kann mit der Grunddienstbarkeit nur nebensächlich verbunden sein. Für den Erwerber des berechtigten oder belasteten Grundstücks ist eine solche Verpflichtung nur verbindlich, wenn sie sich aus dem Eintrag im Grundbuch ergibt.619
ZGB). Gewiss hat der Stockwerkeigentümer bei der Ausübung seines Eigentumsrechtes sich aller übermässigen Einwirkungen auf die Wohnungen seiner Nachbarn (neben, unter und über ihm) zu enthalten und alle nach Lage und Beschaffenheit der Wohnungen oder nach Ortsgebrauch nicht gerechtfertigten Lärmeinwirkungen zu unterlassen. In Fällen der vorliegenden
BGE 106 II 315 S. 319

Art ist jedoch ungewiss, ob der Lärm, der durch Herumgehen auf nackten, nicht durch Teppiche belegten Bodenplatten verursacht wird, bereits als übermässige und nach Lage und Beschaffenheit oder Ortsgebrauch ungerechtfertigte Einwirkung im Sinne von Art. 684
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 684 - 1 Jedermann ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums, wie namentlich bei dem Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, sich aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten.
1    Jedermann ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums, wie namentlich bei dem Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, sich aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten.
2    Verboten sind insbesondere alle schädlichen und nach Lage und Beschaffenheit der Grundstücke oder nach Ortsgebrauch nicht gerechtfertigten Einwirkungen durch Luftverunreinigung, üblen Geruch, Lärm, Schall, Erschütterung, Strahlung oder durch den Entzug von Besonnung oder Tageslicht.597
ZGB bezeichnet werden könne. Ein vertraglicher Schutz gegen Lärmeinwirkungen kann sodann weiter gehen als der gesetzliche. Die Parteien dürfen durch Dienstbarkeiten auch Lärmeinwirkungen ausschalten, die aufgrund der gesetzlichen Regelung noch geduldet werden müssten. Unter den angeführten Umständen kann nicht gesagt werden, dass im vorliegenden Fall das vertraglich angestrebte Ziel mit dem gesetzlichen Immissionenverbot des Art. 684
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ZGB Art. 684 - 1 Jedermann ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums, wie namentlich bei dem Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, sich aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten.
1    Jedermann ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums, wie namentlich bei dem Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, sich aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten.
2    Verboten sind insbesondere alle schädlichen und nach Lage und Beschaffenheit der Grundstücke oder nach Ortsgebrauch nicht gerechtfertigten Einwirkungen durch Luftverunreinigung, üblen Geruch, Lärm, Schall, Erschütterung, Strahlung oder durch den Entzug von Besonnung oder Tageslicht.597
ZGB identisch sei. d) Die Grunddienstbarkeit muss eine Beschränkung des Eigentums an der belasteten Stockwerkeinheit zum Inhalt haben. Bei der negativen Dienstbarkeit besteht jene darin, dass der Belastete eine Benutzung zu unterlassen hat, die ihm als Eigentümer zustünde, wenn seine Stockwerkeinheit nicht belastet wäre. Es geht dabei unter anderem um den körperlichen Zustand und die äussere Erscheinung der Stockwerkeinheit; es muss eine störende, belästigende oder schädigende Wirkung nach aussen gegeben sein. Eine Beschränkung in der persönlichen Betätigungsfreiheit (im Gegensatz zur Freiheit der Stockwerkeinheitsbenützung) kann dagegen nicht zum Inhalt einer Dienstbarkeit gemacht werden (LIVER, N. 106, 107 und 110 zu Art. 730
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 730 - 1 Ein Grundstück kann zum Vorteil eines andern Grundstückes in der Weise belastet werden, dass sein Eigentümer sich bestimmte Eingriffe des Eigentümers dieses andern Grundstückes gefallen lassen muss oder zu dessen Gunsten nach gewissen Richtungen sein Eigentumsrecht nicht ausüben darf.
1    Ein Grundstück kann zum Vorteil eines andern Grundstückes in der Weise belastet werden, dass sein Eigentümer sich bestimmte Eingriffe des Eigentümers dieses andern Grundstückes gefallen lassen muss oder zu dessen Gunsten nach gewissen Richtungen sein Eigentumsrecht nicht ausüben darf.
2    Eine Verpflichtung zur Vornahme von Handlungen kann mit der Grunddienstbarkeit nur nebensächlich verbunden sein. Für den Erwerber des berechtigten oder belasteten Grundstücks ist eine solche Verpflichtung nur verbindlich, wenn sie sich aus dem Eintrag im Grundbuch ergibt.619
ZGB). Die Vorinstanz bemerkt in diesem Zusammenhang, die bestimmungsgemässe Benutzung der Wohnung werde durch das Vorhandensein eines Spannteppichs nicht beeinträchtigt; der belastete Stockwerkeigentümer sei nur in der Gestaltungsfreiheit als Wohnungsbenützer eingeschränkt, indem er sich mit dem Vorhandensein eines bestimmten Ausrüstungsgegenstandes abfinden müsse; dies sei eine Beschränkung der persönlichen Betätigungsfreiheit, die sich nicht verdinglichen lasse. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Nach Art. 712a Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 712a - 1 Stockwerkeigentum ist der Miteigentumsanteil an einem Grundstück, der dem Miteigentümer das Sonderrecht gibt, bestimmte Teile eines Gebäudes ausschliesslich zu benutzen und innen auszubauen.
1    Stockwerkeigentum ist der Miteigentumsanteil an einem Grundstück, der dem Miteigentümer das Sonderrecht gibt, bestimmte Teile eines Gebäudes ausschliesslich zu benutzen und innen auszubauen.
2    Der Stockwerkeigentümer ist in der Verwaltung, Benutzung und baulichen Ausgestaltung seiner eigenen Räume frei, darf jedoch keinem anderen Stockwerkeigentümer die Ausübung des gleichen Rechtes erschweren und die gemeinschaftlichen Bauteile, Anlagen und Einrichtungen in keiner Weise beschädigen oder in ihrer Funktion und äusseren Erscheinung beeinträchtigen.
3    Er ist verpflichtet, seine Räume so zu unterhalten, wie es zur Erhaltung des Gebäudes in einwandfreiem Zustand und gutem Aussehen erforderlich ist.
ZGB ist der Stockwerkeigentümer berechtigt, seine Wohnung ausschliesslich zu benützen und innen auszustatten. Dazu gehört, dass er die Böden der Wohnung nach seinem Belieben gestalten und belegen darf. Durch die Verpflichtung, sie mit einer Filzunterlage und Spannteppichen abzudecken, wird er demnach in der Ausübung seines Eigentums beschränkt; er hat etwas zu unterlassen (das Anbringen von nackten
BGE 106 II 315 S. 320

Bodenplatten), wozu er als Eigentümer an sich berechtigt wäre. Die Unterlassungspflicht bezieht sich nicht auf die persönliche, sondern auf die mit der Eigentumsausübung zusammenhängende Betätigungsfreiheit, die den körperlichen Zustand und die äussere Erscheinungsform der Wohnung zum Gegenstand hat. e) Die Dienstbarkeit kann den Eigentümer der belasteten Stockwerkeinheit grundsätzlich nur zu einem Dulden oder Unterlassen, nicht aber zu einer Leistung verpflichten. Eine Pflicht zur Vornahme von Handlungen darf mit der Dienstbarkeit nur verbunden werden, wenn jene im Verhältnis zur Dienstbarkeit sowohl dem Inhalt wie dem Umfang nach von nebensächlicher Bedeutung sind. Dem Inhalt nach ist eine Handlung dann von nebensächlicher Bedeutung, wenn sie lediglich dazu dient, die Ausübung der Dienstbarkeit zu ermöglichen, zu erleichtern oder zu sichern. Dem Umfang nach ist sie es, wenn die Leistungspflicht nicht die hauptsächliche Last darstellt (LIVER, N. 154, 194, 195, 202, 204 und 212 zu Art. 730
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 730 - 1 Ein Grundstück kann zum Vorteil eines andern Grundstückes in der Weise belastet werden, dass sein Eigentümer sich bestimmte Eingriffe des Eigentümers dieses andern Grundstückes gefallen lassen muss oder zu dessen Gunsten nach gewissen Richtungen sein Eigentumsrecht nicht ausüben darf.
1    Ein Grundstück kann zum Vorteil eines andern Grundstückes in der Weise belastet werden, dass sein Eigentümer sich bestimmte Eingriffe des Eigentümers dieses andern Grundstückes gefallen lassen muss oder zu dessen Gunsten nach gewissen Richtungen sein Eigentumsrecht nicht ausüben darf.
2    Eine Verpflichtung zur Vornahme von Handlungen kann mit der Grunddienstbarkeit nur nebensächlich verbunden sein. Für den Erwerber des berechtigten oder belasteten Grundstücks ist eine solche Verpflichtung nur verbindlich, wenn sie sich aus dem Eintrag im Grundbuch ergibt.619
ZGB). Die Vorinstanz erblickt in der Verpflichtung der Eheleute Z., die Böden ihrer Wohnung mit Spannteppichen belegen zu lassen, eine Handlung, die nicht mit einer Dienstbarkeit verbunden werden dürfe. Stellt man jedoch die Pflicht der Eheleute Z., in Zukunft während vieler Jahre etwas zu unterlassen, wozu sie als Wohnungseigentümer an sich berechtigt wären, ihrer einmaligen Pflicht gegenüber, die Böden der Wohnung mit Spannteppichen belegen zu lassen, so erscheint diese als nebensächlich.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 106 II 315
Datum : 11. Juni 1980
Publiziert : 31. Dezember 1981
Quelle : Bundesgericht
Status : 106 II 315
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Eintragung einer Dienstbarkeit in das Grundbuch. Kann gestützt auf eine Vereinbarung, in der sich ein Stockwerkeigentümer


Gesetzesregister
ZGB: 655 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 655 - 1 Gegenstand des Grundeigentums sind die Grundstücke.
1    Gegenstand des Grundeigentums sind die Grundstücke.
2    Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind:
1  die Liegenschaften;
2  die in das Grundbuch aufgenommenen selbständigen und dauernden Rechte;
3  die Bergwerke;
4  die Miteigentumsanteile an Grundstücken.
3    Als selbstständiges und dauerndes Recht kann eine Dienstbarkeit an einem Grundstück in das Grundbuch aufgenommen werden, wenn sie:
1  weder zugunsten eines berechtigten Grundstücks noch ausschliesslich zugunsten einer bestimmten Person errichtet ist; und
2  auf wenigstens 30 Jahre oder auf unbestimmte Zeit begründet ist.570
684 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 684 - 1 Jedermann ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums, wie namentlich bei dem Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, sich aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten.
1    Jedermann ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums, wie namentlich bei dem Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, sich aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten.
2    Verboten sind insbesondere alle schädlichen und nach Lage und Beschaffenheit der Grundstücke oder nach Ortsgebrauch nicht gerechtfertigten Einwirkungen durch Luftverunreinigung, üblen Geruch, Lärm, Schall, Erschütterung, Strahlung oder durch den Entzug von Besonnung oder Tageslicht.597
712a 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 712a - 1 Stockwerkeigentum ist der Miteigentumsanteil an einem Grundstück, der dem Miteigentümer das Sonderrecht gibt, bestimmte Teile eines Gebäudes ausschliesslich zu benutzen und innen auszubauen.
1    Stockwerkeigentum ist der Miteigentumsanteil an einem Grundstück, der dem Miteigentümer das Sonderrecht gibt, bestimmte Teile eines Gebäudes ausschliesslich zu benutzen und innen auszubauen.
2    Der Stockwerkeigentümer ist in der Verwaltung, Benutzung und baulichen Ausgestaltung seiner eigenen Räume frei, darf jedoch keinem anderen Stockwerkeigentümer die Ausübung des gleichen Rechtes erschweren und die gemeinschaftlichen Bauteile, Anlagen und Einrichtungen in keiner Weise beschädigen oder in ihrer Funktion und äusseren Erscheinung beeinträchtigen.
3    Er ist verpflichtet, seine Räume so zu unterhalten, wie es zur Erhaltung des Gebäudes in einwandfreiem Zustand und gutem Aussehen erforderlich ist.
730 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 730 - 1 Ein Grundstück kann zum Vorteil eines andern Grundstückes in der Weise belastet werden, dass sein Eigentümer sich bestimmte Eingriffe des Eigentümers dieses andern Grundstückes gefallen lassen muss oder zu dessen Gunsten nach gewissen Richtungen sein Eigentumsrecht nicht ausüben darf.
1    Ein Grundstück kann zum Vorteil eines andern Grundstückes in der Weise belastet werden, dass sein Eigentümer sich bestimmte Eingriffe des Eigentümers dieses andern Grundstückes gefallen lassen muss oder zu dessen Gunsten nach gewissen Richtungen sein Eigentumsrecht nicht ausüben darf.
2    Eine Verpflichtung zur Vornahme von Handlungen kann mit der Grunddienstbarkeit nur nebensächlich verbunden sein. Für den Erwerber des berechtigten oder belasteten Grundstücks ist eine solche Verpflichtung nur verbindlich, wenn sie sich aus dem Eintrag im Grundbuch ergibt.619
737 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 737 - 1 Der Berechtigte ist befugt, alles zu tun, was zur Erhaltung und Ausübung der Dienstbarkeit nötig ist.
1    Der Berechtigte ist befugt, alles zu tun, was zur Erhaltung und Ausübung der Dienstbarkeit nötig ist.
2    Er ist jedoch verpflichtet, sein Recht in möglichst schonender Weise auszuüben.
3    Der Belastete darf nichts vornehmen, was die Ausübung der Dienstbarkeit verhindert oder erschwert.
741
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 741 - 1 Gehört zur Ausübung der Dienstbarkeit eine Vorrichtung, so hat sie der Berechtigte zu unterhalten.
1    Gehört zur Ausübung der Dienstbarkeit eine Vorrichtung, so hat sie der Berechtigte zu unterhalten.
2    Dient die Vorrichtung auch den Interessen des Belasteten, so tragen beide die Last des Unterhalts im Verhältnis ihrer Interessen. Eine abweichende Vereinbarung ist für den Erwerber des berechtigten und den Erwerber des belasteten Grundstücks verbindlich, wenn sie sich aus den Belegen des Grundbuchs erschliessen lässt.622
BGE Register
106-II-315 • 99-II-28
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
dienstbarkeit • grunddienstbarkeit • stockwerkeinheit • vorinstanz • grundbuch • wille • benutzung • immission • vertragspartei • kenntnis • duldung • eigentum • treffen • ortsgebrauch • weiler • negative dienstbarkeit • entscheid • geschoss • berechtigter • unterlassung
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