Urteilskopf

106 Ia 262

49. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. Dezember 1980 i.S. Maurer gegen Staat Zürich und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 263

BGE 106 Ia 262 S. 263

Hermann Maurer betrieb während mehr als 20 Jahren einen sogenannten Autofriedhof auf seinen Grundstücken Kat. Nrn. 4740, 2903 und 2918 in Adlikon, Gemeinde Regensdorf. Nach Erlass des zürcherischen Gesetzes über die Beseitigung von ausgedienten Fahrzeugen und von Schrott vom 4. März 1973 (AltautoG), das seit dem 1. Januar 1974 in Kraft ist, ersuchte er am 18. Juni 1973 um die Bewilligung zum Betrieb eines Sammelplatzes für Altautos bzw. zur Weiterführung des bestehenden Autofriedhofs. Die Baudirektion des Kantons Zürich verweigerte die Bewilligung mit Verfügung vom 16. Juli 1974 und setzte Maurer Fristen zur etappenweisen Beseitigung der auf seinen Grundstücken gelagerten Altautos an. Der Regierungsrat wies einen gegen diese Verfügung erhobenen Rekurs am 29. Januar 1975 ab. Maurer wandte sich daraufhin ohne Erfolg zunächst an das Zürcher Verwaltungsgericht und hernach an das Bundesgericht. Am 21. August 1978 liess die Baudirektion den Autofriedhof zwangsweise räumen. Maurer reichte eine Entschädigungsforderung von insgesamt Fr. 172'800.-- (Fr. 114'000.-- für Mindererlös, Fr. 30'000.-- für "Goodwillverlust" und Fr. 28'800.-- als Unfreiwilligkeitszuschlag) wegen materieller Enteignung ein. Die Schätzungskommission I des Kantons Zürich wies die Forderung ab, und das Verwaltungsgericht bestätigte diesen Entscheid mit Urteil vom 20. März 1979. Das Bundesgericht weist die staatsrechtliche Beschwerde Maurers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts ab.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Nach Art. 22ter Abs. 3 BV ist bei Enteignungen und bei Eigentumsbeschränkungen, die einer Enteignung gleichkommen, volle Entschädigung zu leisten. Das Verwaltungsgericht nahm an, der hier in Frage stehende Eingriff in das Eigentum des Beschwerdeführers, das Verbot der Weiterführung bzw. das Gebot der Räumung seines Autofriedhofs, komme keiner Enteignung gleich, weshalb die Schätzungskommission die Entschädigungsforderung Maurers zu Recht abgewiesen habe.

BGE 106 Ia 262 S. 264

Der Beschwerdeführer hält diese Auffassung für unzutreffend und macht dem Sinne nach geltend, das Verwaltungsgericht habe mit dem angefochtenen Entscheid gegen die Eigentumsgarantie gemäss Art. 22ter BV verstossen. Ob ein bestimmter Eingriff in das Eigentum wie eine Enteignung wirkt und daher nur gegen Entschädigung erfolgen darf, prüft das Bundesgericht frei (BGE 101 Ia 226 E. 2a mit Hinweisen). Es auferlegt sich dabei eine gewisse Zurückhaltung, soweit örtliche Verhältnisse zu würdigen sind, welche die kantonalen Behörden besser kennen und überblicken als das Bundesgericht (BGE 98 Ia 384 E. 1b mit Hinweisen). a) Ein enteignungsähnlicher Eingriff bzw. eine materielle Enteignung liegt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung vor, wenn einem Eigentümer der bisherige oder ein voraussehbarer künftiger Gebrauch seiner Sache untersagt oder in einer Weise eingeschränkt wird, die besonders schwer wiegt, weil dem Eigentümer eine wesentliche, aus dem Eigentum fliessende Befugnis entzogen wird. Geht der Eingriff weniger weit, so wird gleichwohl eine materielle Enteignung angenommen, falls ein einziger oder einzelne Eigentümer so betroffen werden, dass ihr Opfer gegenüber der Allgemeinheit unzumutbar erschiene und es mit der Rechtsgleichheit nicht vereinbar wäre, wenn keine Entschädigung geleistet würde (BGE 105 Ia 339 E. 4a mit Hinweisen). Es erscheint als selbstverständlich, dass das Verbot einer bisherigen Nutzung des Eigentums nur dann eine materielle Enteignung bewirken kann, wenn die Nutzung eine rechtmässige war. In diesem Sinne wurde in der älteren Rechtsprechung des Bundesgerichts zur materiellen Enteignung ausdrücklich von einem "bisher rechtmässig ausgeübten Gebrauch der Sache" gesprochen (BGE 69 I 241). Macht ein Eigentümer von seiner Sache einen rechtswidrigen Gebrauch, so kann er klarerweise keine Entschädigung verlangen, wenn ihm dieser Gebrauch untersagt wird. Das Verwaltungsgericht ging demnach zu Recht davon aus, das Verbot einer bisher ausgeübten Nutzung könne nur dann eine Entschädigungspflicht infolge materieller Enteignung auslösen, wenn die Nutzung rechtmässig gewesen sei. b) Die Baudirektion untersagte dem Beschwerdeführer mit Verfügung vom 16. Juli 1974 die Weiterführung seines Autofriedhofs, den er auf seinen Grundstücken in Adlikon seit über
BGE 106 Ia 262 S. 265

20 Jahren unterhalten hatte, und befahl ihm, die ausgedienten Fahrzeuge innert bestimmter Fristen zu beseitigen. Dem Beschwerdeführer wurde damit die bisherige Nutzung seiner Liegenschaften verboten. Das Verwaltungsgericht vertrat die Ansicht, es liege keine materielle Enteignung vor, da es sich bei der bisher ausgeübten Nutzung nicht um eine rechtmässige gehandelt habe. Es wies darauf hin, der Autofriedhof sei seit jeher rechtswidrig gewesen, und der Beschwerdeführer habe nicht behauptet, irgendwann eine Bewilligung zum Betrieb eines Abstellplatzes für Altautos erwirkt oder eine entsprechende Zusicherung erhalten zu haben.
Soweit das Verwaltungsgericht annahm, die bisherige Nutzung sei von Anfang an rechtswidrig gewesen, kann ihm nicht beigepflichtet werden. Es darf davon ausgegangen werden, dass zu Beginn der fünfziger Jahre, als der Beschwerdeführer seinen Betrieb aufnahm, für die Haltung eines Altautosammelplatzes keine Bewilligung notwendig war. Die fragliche Nutzung der Grundstücke war damals rechtmässig. Rechtswidrig wurde sie erst, als am 1. Januar 1957 das Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung vom 16. März 1955 (GSchG) in Kraft trat. Dieses Gesetz untersagte Ablagerungen, sofern sie geeignet waren, eine Verunreinigung der Gewässer zu verursachen (Art. 4 Abs. 2
SR 814.20 Loi fédérale du 24 janvier 1991 sur la protection des eaux (LEaux) - Loi sur la protection des eaux
LEaux Art. 4 Définitions - Au sens de la présente loi, on entend par:
a  eaux superficielles: les eaux de surface, les lits, les fonds et les berges, de même que la faune et la flore qui y vivent.
b  eaux souterraines: les eaux du sous-sol, les formations aquifères, le substratum imperméable et les couches de couverture.
c  atteinte nuisible: toute pollution et toute intervention susceptible de nuire à l'aspect ou aux fonctions d'une eau.
d  pollution: toute altération nuisible des propriétés physiques, chimiques ou biologiques de l'eau.
e  eaux à évacuer: les eaux altérées par suite d'usage domestique, industriel, artisanal, agricole ou autre, ainsi que les eaux qui s'écoulent avec elles dans les égouts et celles qui proviennent de surfaces bâties ou imperméabilisées.
f  eaux polluées: les eaux à évacuer qui sont de nature à contaminer l'eau dans laquelle elles sont déversées.
g  engrais de ferme: le lisier, le fumier et les jus de silo provenant de la garde d'animaux de rente.
h  débit Q347: le débit d'un cours d'eau atteint ou dépassé pendant 347 jours par année, dont la moyenne est calculée sur une période de dix ans et qui n'est pas influencé sensiblement par des retenues, des prélèvements ou des apports d'eau.
i  débit permanent: un débit Q347 supérieur à zéro.
k  débit résiduel: le débit d'un cours d'eau qui subsiste après un ou plusieurs prélèvements.
l  débit de dotation: la quantité d'eau nécessaire au maintien d'un débit résiduel déterminé après un prélèvement.
m  revitalisation: le rétablissement, par des travaux de construction, des fonctions naturelles d'eaux superficielles endiguées, corrigées, couvertes ou mises sous terre.
GSchG). Es steht fest, dass der Ablagerungsplatz des Beschwerdeführers keine hinreichenden Schutzvorrichtungen aufwies, die eine Verschmutzung des Grundwassers verhindern konnten. Er war somit geeignet, eine Verunreinigung der Gewässer zu verursachen. Im weitern war nach §§ 10 Abs. 2 der zürcherischen Verordnung über allgemeine und Wohnhygiene vom 20. März 1967 für den Betrieb eines Abstellplatzes für ausgediente Automobile eine Bewilligung der Gemeinde erforderlich. Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer keine solche Bewilligung besass. Mit dem AltautoG vom 4. März 1973, das am 1. Januar 1974 in Kraft trat, wurden die Anforderungen festgelegt, denen ein Sammelplatz für Altautos mit Rücksicht auf den Gewässerschutz und den Landschaftsschutz zu entsprechen hatte. Nach den Feststellungen der kantonalen Behörden ist erwiesen, dass der Sammelplatz des Beschwerdeführers diesen Anforderungen nicht genügte und dass der Beschwerdeführer keine Vorkehren zur Verhinderung einer Gewässerverunreinigung getroffen hatte, wozu er bereits aufgrund von Art. 4
SR 814.20 Loi fédérale du 24 janvier 1991 sur la protection des eaux (LEaux) - Loi sur la protection des eaux
LEaux Art. 4 Définitions - Au sens de la présente loi, on entend par:
a  eaux superficielles: les eaux de surface, les lits, les fonds et les berges, de même que la faune et la flore qui y vivent.
b  eaux souterraines: les eaux du sous-sol, les formations aquifères, le substratum imperméable et les couches de couverture.
c  atteinte nuisible: toute pollution et toute intervention susceptible de nuire à l'aspect ou aux fonctions d'une eau.
d  pollution: toute altération nuisible des propriétés physiques, chimiques ou biologiques de l'eau.
e  eaux à évacuer: les eaux altérées par suite d'usage domestique, industriel, artisanal, agricole ou autre, ainsi que les eaux qui s'écoulent avec elles dans les égouts et celles qui proviennent de surfaces bâties ou imperméabilisées.
f  eaux polluées: les eaux à évacuer qui sont de nature à contaminer l'eau dans laquelle elles sont déversées.
g  engrais de ferme: le lisier, le fumier et les jus de silo provenant de la garde d'animaux de rente.
h  débit Q347: le débit d'un cours d'eau atteint ou dépassé pendant 347 jours par année, dont la moyenne est calculée sur une période de dix ans et qui n'est pas influencé sensiblement par des retenues, des prélèvements ou des apports d'eau.
i  débit permanent: un débit Q347 supérieur à zéro.
k  débit résiduel: le débit d'un cours d'eau qui subsiste après un ou plusieurs prélèvements.
l  débit de dotation: la quantité d'eau nécessaire au maintien d'un débit résiduel déterminé après un prélèvement.
m  revitalisation: le rétablissement, par des travaux de construction, des fonctions naturelles d'eaux superficielles endiguées, corrigées, couvertes ou mises sous terre.
des GSchG vom 16. März 1955

BGE 106 Ia 262 S. 266

verpflichtet gewesen wäre. Unter diesen Umständen kann sich der Beschwerdeführer nicht auf die Bestandesgarantie berufen. Wenn die Baudirektion dem Beschwerdeführer am 16. Juli 1974, d.h. rund ein halbes Jahr nach Inkrafttreten des AltautoG, die Weiterführung seines Autofriedhofs untersagte, hat sie ihm somit eine Nutzung entzogen, die seit Jahren rechtswidrig war. Dass die Behörden den Betrieb des Beschwerdeführers jahrelang geduldet haben und erst 1974 eingeschritten sind, vermag daran nichts zu ändern. Das Verwaltungsgericht hat demnach in zutreffender Weise angenommen, der hier in Frage stehende Eingriff in das Eigentum des Beschwerdeführers könne keine materielle Enteignung bewirken. c) Bei dieser Sachlage braucht nicht mehr geprüft zu werden, ob es sich beim fraglichen Eingriff um eine Polizeimassnahme im engeren Sinn handelt, die der betroffene Eigentümer nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung entschädigungslos hinzunehmen hat (BGE 106 Ib 332 E. 4, 337 E. 5; BGE 105 Ia 335 E. 3b, BGE 96 I 359). Das Verbot der Weiterführung des Autofriedhofs erging aufgrund der § 8 und 18 des AltautoG. Diese Vorschriften dienen unter anderem dem Schutz der Gewässer vor Verunreinigung. Das Bundesgericht hat in BGE 96 I 350 ff. das zum Schutze einer Grundwasserfassung angeordnete Verbot der Kiesausbeutung als polizeilichen Eingriff im engeren Sinn betrachtet und demgemäss eine die Entschädigungspflicht auslösende Eigentumsbeschränkung verneint. Es scheint, dass es sich bei der hier in Frage stehenden Massnahme, welche zumindest teilweise zum Schutz des Grundwassers getroffen wurde, ebenfalls um eine solche polizeilich motivierte Eigentumsbeschränkung handelt und somit auch aus diesem Grunde keine materielle Enteignung und folglich keine Entschädigungspflicht gegeben wäre. Wie es sich damit letztlich verhält, kann aber offen bleiben, da hier - wie ausgeführt - eine materielle Enteignung schon deshalb nicht vorliegen kann, weil die bisherige Nutzung, die dem Beschwerdeführer entzogen wurde, eine rechtswidrige war. Im übrigen wurde dem Beschwerdeführer mit dem fraglichen Eingriff lediglich untersagt, seine Grundstücke weiterhin für die Lagerung ausgedienter Fahrzeuge zu verwenden. Es steht ihm frei, sie zu anderen gewerblichen Zwecken zu nutzen. Er kann seine Liegenschaften auch baulich verwerten, denn diese befinden sich in den Wohnzonen W 2 und W 3 sowie in der
BGE 106 Ia 262 S. 267

Wohn- und Gewerbezone WG 3. Der Beschwerdeführer hat somit weiterhin die Möglichkeit, sein Grundeigentum gewinnbringend zu nutzen. Er behauptet nicht, sein subjektiver Schaden, den er zufolge der Aufhebung des Autofriedhofs erleide, übersteige den Verkehrswert seiner Liegenschaften. Unter diesen Umständen fehlt es am Nachweis eines enteignungsrechtlich relevanten Schadens. Auch verblieb dem Beschwerdeführer genügend Zeit, um seinen Betrieb umzustellen oder zu liquidieren. Es kann daher auch nicht gesagt werden, es sei ihm ein Sonderopfer auferlegt worden, zu dessen Ausgleich Entschädigung geleistet werden müsste.
Nach dem Gesagten verletzte das Verwaltungsgericht Art. 22ter BV nicht, wenn es zum Schluss gelangte, der Staat Zürich habe dem Beschwerdeführer keine Entschädigung aufgrund materieller Enteignung zu leisten.
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 106 IA 262
Date : 17 décembre 1980
Publié : 31 décembre 1981
Source : Tribunal fédéral
Statut : 106 IA 262
Domaine : ATF- Droit constitutionnel
Objet : Garantie de la propriété; expropriation matérielle. Lorsqu'un propriétaire se voit priver d'un usage illicite de sa chose,


Répertoire des lois
Cst: 22ter
LEaux: 4
SR 814.20 Loi fédérale du 24 janvier 1991 sur la protection des eaux (LEaux) - Loi sur la protection des eaux
LEaux Art. 4 Définitions - Au sens de la présente loi, on entend par:
a  eaux superficielles: les eaux de surface, les lits, les fonds et les berges, de même que la faune et la flore qui y vivent.
b  eaux souterraines: les eaux du sous-sol, les formations aquifères, le substratum imperméable et les couches de couverture.
c  atteinte nuisible: toute pollution et toute intervention susceptible de nuire à l'aspect ou aux fonctions d'une eau.
d  pollution: toute altération nuisible des propriétés physiques, chimiques ou biologiques de l'eau.
e  eaux à évacuer: les eaux altérées par suite d'usage domestique, industriel, artisanal, agricole ou autre, ainsi que les eaux qui s'écoulent avec elles dans les égouts et celles qui proviennent de surfaces bâties ou imperméabilisées.
f  eaux polluées: les eaux à évacuer qui sont de nature à contaminer l'eau dans laquelle elles sont déversées.
g  engrais de ferme: le lisier, le fumier et les jus de silo provenant de la garde d'animaux de rente.
h  débit Q347: le débit d'un cours d'eau atteint ou dépassé pendant 347 jours par année, dont la moyenne est calculée sur une période de dix ans et qui n'est pas influencé sensiblement par des retenues, des prélèvements ou des apports d'eau.
i  débit permanent: un débit Q347 supérieur à zéro.
k  débit résiduel: le débit d'un cours d'eau qui subsiste après un ou plusieurs prélèvements.
l  débit de dotation: la quantité d'eau nécessaire au maintien d'un débit résiduel déterminé après un prélèvement.
m  revitalisation: le rétablissement, par des travaux de construction, des fonctions naturelles d'eaux superficielles endiguées, corrigées, couvertes ou mises sous terre.
Répertoire ATF
101-IA-224 • 105-IA-330 • 106-IA-262 • 106-IB-330 • 69-I-234 • 96-I-350 • 98-IA-381
Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
expropriation matérielle • tribunal fédéral • propriété • question • pré • début • délai • commune • hameau • garantie de la propriété • recours de droit public • eau souterraine • autorité cantonale • utilisation • décision • expropriation • place de dépôt • loi fédérale sur la protection des eaux • victime • pollution
... Les montrer tous