105 IV 161
42. Urteil des Kassationshofes vom 1. Juni 1979 i.S. E. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde).
Regeste (de):
- Art. 13
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 13 - 1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat. 2 Hätte der Täter den Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht vermeiden können, so ist er wegen Fahrlässigkeit strafbar, wenn die fahrlässige Begehung der Tat mit Strafe bedroht ist. - Ob die Begutachtung eines Angeklagten in Verkennung der in Art. 13
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 13 - 1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat. 2 Hätte der Täter den Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht vermeiden können, so ist er wegen Fahrlässigkeit strafbar, wenn die fahrlässige Begehung der Tat mit Strafe bedroht ist.
Regeste (fr):
- Art. 13 CP. Voies de droit ouvertes en cas de refus d'une expertise.
- Lorsque l'examen de l'inculpé est refusé au mépris des prescriptions de l'art. 13 CP, il s'agit d'une question de droit qui peut être soumise au Tribunal fédéral par la voie du pourvoi en nullité. En revanche, si pour justifier une réquisition tendante à la mise en oeuvre d'une nouvelle expertise de complément, ce sont la force probante et l'autorité d'une précédente expertise figurant au dossier, ainsi que l'appréciation qui en a été faite par le juge qui sont contestées, il s'agit d'une question d'appréciation des preuves qui devra faire l'objet soit d'un pourvoi en nullité de droit cantonal, soit d'un recours de droit public.
Regesto (it):
- Art. 13 CP. Rimedi di diritto esperibili in caso di rifiuto di una perizia.
- Attiene al diritto federale, e può come tale essere sottoposta al Tribunale federale con ricorso per cassazione, la questione se l'esame di un imputato sia stato rifiutato in violazione di quanto disposto dall'art. 13 CP. Si è invece in presenza di una questione relativa alla valutazione delle prove, che deve pertanto fare oggetto di un eventuale ricorso per cassazione cantonale o di un ricorso di diritto pubblico, allorquando, a sostegno di una domanda tendente ad una nuova perizia complementare, l'interessato contesti il valore probante o la concludenza di una perizia precedente esistente agli atti oppure l'apprezzamento di detta perizia quale effettuato dal giudice.
Sachverhalt ab Seite 161
BGE 105 IV 161 S. 161
A.- E. wurde am 30. November 1978 von der I. Strafkammer des Zürcher Obergerichts wegen gewerbs- und bandenmässigen
BGE 105 IV 161 S. 162
Diebstahls und weiterer Delikte zu zwei Jahren Zuchthaus, abzüglich 112 Tage Untersuchungshaft, verurteilt.
B.- Gegen dieses Urteil führte E. beim Kassationsgericht des Kantons Zürich Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur Anordnung einer Oberexpertise über den Geisteszustand des Beschwerdeführers und zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen. Das Kassationsgericht trat auf die Beschwerde nicht ein mit der Begründung, die erhobene Rüge, das Obergericht hätte auf die früher erstatteten Gutachten nicht abstellen dürfen, sondern ein neues Gutachten einholen müssen, beurteile sich nach der bundesrechtlichen Vorschrift von Art. 13
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 13 - 1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat. |
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1 | Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat. |
2 | Hätte der Täter den Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht vermeiden können, so ist er wegen Fahrlässigkeit strafbar, wenn die fahrlässige Begehung der Tat mit Strafe bedroht ist. |
C.- E. verlangt mit staatsrechtlicher Beschwerde die Aufhebung des Entscheides des Kassationsgerichts wegen Verletzung von Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
D.- Kassationsgericht und Staatsanwaltschaft haben auf Vernehmlassung verzichtet.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Das Obergericht nahm gestützt auf die früher eingeholten psychiatrischen Gutachten von 1965 und 1969 als erwiesen an, der Beschwerdeführer müsse wegen geistiger und seelischer Fehlentwicklung als debiler Psychopath eingestuft werden, dessen Zurechnungsfähigkeit in erheblichem Grade vermindert sei. Nach Ansicht des Obergerichts sind die Befunde der Gutachter auch heute noch gültig, da Psychopathie und Debilität nicht heilbar seien und die Voraussage von Dr. B., der Beschwerdeführer werde weiterhin die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden, durch die neuen Straftaten bestätigt worden sei. Es kam sodann zum Schluss, dass von der Anordnung einer Massnahme abgesehen werden könne und dass eine neue Begutachtung nicht erforderlich sei.
2. Nach Art. 13
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 13 - 1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat. |
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1 | Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat. |
2 | Hätte der Täter den Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht vermeiden können, so ist er wegen Fahrlässigkeit strafbar, wenn die fahrlässige Begehung der Tat mit Strafe bedroht ist. |
BGE 105 IV 161 S. 163
an seiner Zurechnungsfähigkeit hat oder wenn zum Entscheid über die Anordnung einer sichernden Massnahme Erhebungen über den körperlichen oder geistigen Zustand erforderlich sind. Werden die Voraussetzungen, unter denen der Beschuldigte einen Anspruch auf Begutachtung hat, aus unzutreffenden Gründen verneint, so kann dieser Entscheid wegen Verletzung von Bundesrecht mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde angefochten werden Dagegen kann nach durchgeführter Begutachtung mit diesem Rechtsmittel nicht ohne weiteres auch die Frage zur Entscheidung gestellt werden, ob das bereits vorhandene Gutachten für die Beurteilung einer neuen Strafsache ausreiche oder ob es durch eine weitere Expertise ergänzt werden müsse. Wird ein neues Gutachten verlangt, weil der Beweiswert des bereits vorliegenden Gutachtens, z.B. wegen ungenügender Abklärung des Sachverhalts, unrichtiger oder widersprüchlicher Feststellungen in Zweifel gezogen oder geltend gemacht wird, der Richter habe den Sinn des Gutachtens verkannt und falsche oder unzulässige Folgerungen daraus gezogen, so bezieht sich die Anfechtung auf Fragen der Beweiswürdigung, die nicht mit Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 269 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 13 - 1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat. |
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1 | Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat. |
2 | Hätte der Täter den Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht vermeiden können, so ist er wegen Fahrlässigkeit strafbar, wenn die fahrlässige Begehung der Tat mit Strafe bedroht ist. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 13 - 1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat. |
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1 | Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat. |
2 | Hätte der Täter den Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht vermeiden können, so ist er wegen Fahrlässigkeit strafbar, wenn die fahrlässige Begehung der Tat mit Strafe bedroht ist. |
BGE 105 IV 161 S. 164
3. Ob die Beweiswürdigung des Obergerichts kantonale Prozessvorschriften, insbesondere § 127 StPO, verletzt habe, wie in der kantonalen Beschwerde gerügt wurde, kann gemäss § 430 Ziff. 4 StPO vom Kassationsgericht geprüft werden. Da es in Verkennung der Zuständigkeitsvorschrift von § 430b StPO auf die Nichtigkeitsbeschwerde nicht eingetreten ist, ist der angefochtene Entscheid wegen Verletzung von Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Beschluss des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 13. Februar 1979 aufgehoben.