105 Ia 219
44. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 26. September 1979 i.S. Dr. Blaser und Mitbeteiligte gegen Einwohnergemeinde der Stadt Thun und Regierungsrat des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
- Der Anstoss eines Grundstückes an ein öffentliches Gewässer bildet - abweichende kantonale Vorschriften vorbehalten - lediglich einen für den Eigentümer günstigen tatsächlichen Zustand, der im öffentlichen Interesse geändert werden kann. Die tatsächliche Vorzugsstellung verschafft dem Anstösser kein unter dem Schutz der Eigentumsgarantie stehendes Recht auf Fortbestand des Seeanstosses (E. 2).
- Das Strandwegprojekt verletzt den Grundsatz der Verhältnismässigkeit nicht (E. 3).
Regeste (fr):
- Art. 4 et 22ter Cst.; projet de quai-promenade, intérêts des riverains.
- Sous réserve de dispositions cantonales contraires, le propriétaire d'un bien-fonds situé sur la rive des eaux publiques ne bénéficie que d'un pur avantage de fait qui peut être supprimé en raison de l'intérêt public. Le fait de se trouver de la sorte dans une situation privilégiée ne donne nullement au riverain un droit permanent au maintien de la rive, droit dont l'intéressé se prévaudrait en se fondant sur la protection de la garantie de la propriété (consid. 2).
- Le projet de création d'un quai-promenade ne viole pas le principe de la proportionnalité (consid. 3).
Regesto (it):
- Art. 4 e 22ter Cost.; progetto di un sentiero sulla riva di un lago, interessi dei rivieraschi.
- Con riserva di disposizioni cantonali in senso contrario, il proprietario di un fondo confinante con acque pubbliche beneficia soltanto di un vantaggio di fatto, che può essere soppresso per ragioni d'interesse pubblico. La situazione di fattuale privilegio in cui si trova un proprietario rivierasco non gli conferisce un diritto, fondato sulla garanzia della proprietà, di mantenere l'accesso alle acque pubbliche (consid. 2).
- Il progetto con cui è prevista la creazione di un sentiero sulla riva non viola il principio della proporzionalità (consid. 3).
Sachverhalt ab Seite 219
BGE 105 Ia 219 S. 219
Die Einwohnergemeinde der Stadt Thun stimmte am 13. März 1977 dem Überbauungsplan "Strandweg (Lindermatte-Hechtweg)"
BGE 105 Ia 219 S. 220
zu. Dieser Plan setzt die Baulinien für ein Projekt fest, wonach am linken unteren Thunerseeufer das fehlende Strandwegstück Lindermatte-Hechtweg eingefügt werden soll, um einen durchgehenden Wanderweg vom Lachengebiet bis in den Bonstettenpark zu schaffen. Der vorgesehene Strandweg soll in einer Entfernung von 30-40 m von der heutigen Uferlinie über künstlich aufgeschüttete Inseln, die durch Steg- und Brückenbauten miteinander verbunden sind, von der Lindermatte bis zum Hechtweg führen. Gegen den Überbauungsplan hatten Dr. E. Blaser und 12 weitere Seeanstösser gemeinsam Einsprache erhoben, da die Seezufahrt zu ihren Grundstücken durch den geplanten Strandweg eingeschränkt werde. Die Baudirektion des Kantons Bern genehmigte mit Beschluss vom 31. Januar 1978 den Überbauungsplan "Strandweg (Lindermatte-Hechtweg)" und wies die Einsprache ab. Die 13 Grundeigentümer erhoben dagegen ohne Erfolg Verwaltungsbeschwerde. Der Regierungsrat wies diese am 17. Januar 1979 ab, soweit er darauf eintrat, und genehmigte den genannten Überbauungsplan. Mit staatsrechtlicher Beschwerde gestützt auf Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Der Thunersee gehört als öffentliches Gewässer zu den öffentlichen Sachen und unterliegt daher dem Gemeingebrauch. Den Anstössern ist wegen der besonderen Lage ihrer Liegenschaften die Ausübung des Gemeingebrauchs erleichtert. Gemäss Art. 664
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 664 - 1 Die herrenlosen und die öffentlichen Sachen stehen unter der Hoheit des Staates, in dessen Gebiet sie sich befinden. |
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1 | Die herrenlosen und die öffentlichen Sachen stehen unter der Hoheit des Staates, in dessen Gebiet sie sich befinden. |
2 | An den öffentlichen Gewässern sowie an dem der Kultur nicht fähigen Lande, wie Felsen und Schutthalden, Firnen und Gletschern, und den daraus entspringenden Quellen besteht unter Vorbehalt anderweitigen Nachweises kein Privateigentum. |
3 | Das kantonale Recht stellt über die Aneignung des herrenlosen Landes, die Ausbeutung und den Gemeingebrauch der öffentlichen Sachen, wie der Strassen und Plätze, Gewässer und Flussbetten die erforderlichen Bestimmungen auf. |
BGE 105 Ia 219 S. 221
verleihen würde. Welche Rechte ein privates, im Grundbuch eingetragenes Ländterecht dem Anstösser zu verschaffen vermöchte, kann dahingestellt bleiben. Die Beschwerdeführer machen zwar unter Art. 5 ihrer Rechtsschrift geltend, das unwiderrufliche Kanalbenützungsrecht der Erben Zbinden stehe seit ca. 1930 fest, und bezüglich der Parzelle Hoffmann wird ein Zitat ohne Quellenangabe angeführt, wonach der Gemeinderat 1943 ein privates Ländterecht gegenüber dem Grundbuchamt anerkannt haben soll. Diese Ausführungen entbehren jedoch der notwendigen Klarheit. Die Beschwerdeführer legen nicht dar, wo diese Rechte festgehalten sein sollen und wie sie im einzelnen umschrieben seien. Es wird auch nicht ausgeführt, worin in diesem Zusammenhang die Verletzung eines verfassungsmässigen Rechtes liegen soll. Die Beschwerdebegründung genügt insoweit den Anforderungen des Art. 90
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 664 - 1 Die herrenlosen und die öffentlichen Sachen stehen unter der Hoheit des Staates, in dessen Gebiet sie sich befinden. |
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1 | Die herrenlosen und die öffentlichen Sachen stehen unter der Hoheit des Staates, in dessen Gebiet sie sich befinden. |
2 | An den öffentlichen Gewässern sowie an dem der Kultur nicht fähigen Lande, wie Felsen und Schutthalden, Firnen und Gletschern, und den daraus entspringenden Quellen besteht unter Vorbehalt anderweitigen Nachweises kein Privateigentum. |
3 | Das kantonale Recht stellt über die Aneignung des herrenlosen Landes, die Ausbeutung und den Gemeingebrauch der öffentlichen Sachen, wie der Strassen und Plätze, Gewässer und Flussbetten die erforderlichen Bestimmungen auf. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 942 - 1 Über die Rechte an den Grundstücken wird ein Grundbuch geführt. |
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1 | Über die Rechte an den Grundstücken wird ein Grundbuch geführt. |
2 | Das Grundbuch besteht aus dem Hauptbuch und den das Hauptbuch ergänzenden Plänen, Liegenschaftsverzeichnissen, Belegen, Liegenschaftsbeschreibungen und dem Tagebuche. |
3 | Das Grundbuch kann auf Papier oder mittels Informatik geführt werden.678 |
4 | Bei der Grundbuchführung mittels Informatik kommen die Rechtswirkungen den im System ordnungsgemäss gespeicherten und auf den Geräten des Grundbuchamtes durch technische Hilfsmittel in Schrift und Zahlen lesbaren oder in Plänen dargestellten Daten zu.679 |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 942 - 1 Über die Rechte an den Grundstücken wird ein Grundbuch geführt. |
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1 | Über die Rechte an den Grundstücken wird ein Grundbuch geführt. |
2 | Das Grundbuch besteht aus dem Hauptbuch und den das Hauptbuch ergänzenden Plänen, Liegenschaftsverzeichnissen, Belegen, Liegenschaftsbeschreibungen und dem Tagebuche. |
3 | Das Grundbuch kann auf Papier oder mittels Informatik geführt werden.678 |
4 | Bei der Grundbuchführung mittels Informatik kommen die Rechtswirkungen den im System ordnungsgemäss gespeicherten und auf den Geräten des Grundbuchamtes durch technische Hilfsmittel in Schrift und Zahlen lesbaren oder in Plänen dargestellten Daten zu.679 |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 973 - 1 Wer sich in gutem Glauben auf einen Eintrag im Grundbuch verlassen und daraufhin Eigentum oder andere dingliche Rechte erworben hat, ist in diesem Erwerbe zu schützen. |
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1 | Wer sich in gutem Glauben auf einen Eintrag im Grundbuch verlassen und daraufhin Eigentum oder andere dingliche Rechte erworben hat, ist in diesem Erwerbe zu schützen. |
2 | Diese Bestimmung gilt nicht für Grenzen von Grundstücken in den vom Kanton bezeichneten Gebieten mit Bodenverschiebungen.704 |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 942 - 1 Über die Rechte an den Grundstücken wird ein Grundbuch geführt. |
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1 | Über die Rechte an den Grundstücken wird ein Grundbuch geführt. |
2 | Das Grundbuch besteht aus dem Hauptbuch und den das Hauptbuch ergänzenden Plänen, Liegenschaftsverzeichnissen, Belegen, Liegenschaftsbeschreibungen und dem Tagebuche. |
3 | Das Grundbuch kann auf Papier oder mittels Informatik geführt werden.678 |
4 | Bei der Grundbuchführung mittels Informatik kommen die Rechtswirkungen den im System ordnungsgemäss gespeicherten und auf den Geräten des Grundbuchamtes durch technische Hilfsmittel in Schrift und Zahlen lesbaren oder in Plänen dargestellten Daten zu.679 |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 973 - 1 Wer sich in gutem Glauben auf einen Eintrag im Grundbuch verlassen und daraufhin Eigentum oder andere dingliche Rechte erworben hat, ist in diesem Erwerbe zu schützen. |
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1 | Wer sich in gutem Glauben auf einen Eintrag im Grundbuch verlassen und daraufhin Eigentum oder andere dingliche Rechte erworben hat, ist in diesem Erwerbe zu schützen. |
2 | Diese Bestimmung gilt nicht für Grenzen von Grundstücken in den vom Kanton bezeichneten Gebieten mit Bodenverschiebungen.704 |
BGE 105 Ia 219 S. 222
ihren Grundstücken zubilligen. Das ist nicht der Fall. Nach Lehre und Rechtsprechung begründet der Anstoss eines Grundstückes an ein öffentliches Gewässer nicht einen Rechtsanspruch; er bildet lediglich einen für den Eigentümer günstigen tatsächlichen Zustand, der im öffentlichen Interesse geändert werden kann. Die tatsächliche Vorzugsstellung verschafft dem Anstösser kein unter dem Schutz der Eigentumsgarantie stehendes Recht. Er ist daher im Falle der Aufhebung oder Einschränkung des Seeanstosses nicht berechtigt, die Wiederherstellung oder eine Entschädigung zu verlangen (MEIER-HAYOZ, Komm. zu Art. 664
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1 | Die herrenlosen und die öffentlichen Sachen stehen unter der Hoheit des Staates, in dessen Gebiet sie sich befinden. |
2 | An den öffentlichen Gewässern sowie an dem der Kultur nicht fähigen Lande, wie Felsen und Schutthalden, Firnen und Gletschern, und den daraus entspringenden Quellen besteht unter Vorbehalt anderweitigen Nachweises kein Privateigentum. |
3 | Das kantonale Recht stellt über die Aneignung des herrenlosen Landes, die Ausbeutung und den Gemeingebrauch der öffentlichen Sachen, wie der Strassen und Plätze, Gewässer und Flussbetten die erforderlichen Bestimmungen auf. |
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1 | Die herrenlosen und die öffentlichen Sachen stehen unter der Hoheit des Staates, in dessen Gebiet sie sich befinden. |
2 | An den öffentlichen Gewässern sowie an dem der Kultur nicht fähigen Lande, wie Felsen und Schutthalden, Firnen und Gletschern, und den daraus entspringenden Quellen besteht unter Vorbehalt anderweitigen Nachweises kein Privateigentum. |
3 | Das kantonale Recht stellt über die Aneignung des herrenlosen Landes, die Ausbeutung und den Gemeingebrauch der öffentlichen Sachen, wie der Strassen und Plätze, Gewässer und Flussbetten die erforderlichen Bestimmungen auf. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
3. Die Beschwerdeführer beklagen sich ausserdem über eine Verletzung der Rechtsgleichheit. Auch dieser Vorwurf geht fehl. Es wird in keiner Weise dargetan, dass die kantonale Behörde einen andern, ebenfalls vom Überbauungsplan betroffenen Anstösser ohne sachlichen Grund anders als die Beschwerdeführer behandelt hätte. Sofern sie eine rechtsungleiche Behandlung darin erblicken, dass jenen Anstössern, deren Grundstücke nicht im Bereich Lindermatte-Hechtweg gelegen sind, die freie Seezufahrt weiterhin zustehe, ist das unzutreffend. Da sich die Liegenschaften dieser Anstösser in einem Uferabschnitt befinden, der nicht vom Überbauungsplan betroffen ist, sind die Verhältnisse nicht die selben wie bei den
BGE 105 Ia 219 S. 223
Beschwerdeführern, so dass von einer rechtsungleichen Behandlung nicht die Rede sein kann. Die Beschwerdeführer machen mit ihren Vorbringen unter Art. 9 ihrer Rechtsschrift zwar nicht ausdrücklich, wohl aber sinngemäss geltend, das vom Regierungsrat genehmigte Strandwegprojekt verstosse gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Die Rüge dringt nicht durch. Das fragliche Projekt liegt ohne Zweifel im öffentlichen Interesse, denn mit der Errichtung eines Strandweges im Bereich Lindermatte-Hechtweg wird ein weiterer Teil des Seeufers der Allgemeinheit zugänglich gemacht und für diese ein durchgehender Spazierweg grösstenteils dem Seeufer entlang vom Lachengebiet bis in den Bonstettenpark geschaffen. Das öffentliche Interesse überwiegt die privaten Interessen der Anstösser. Die Beschwerdeführer werden durch das Strandwegprojekt insoweit betroffen, als die freie Zufahrt vom offenen See her zu ihren Liegenschaften und umgekehrt mit Segelbooten nicht mehr möglich sein wird, während dagegen Boote ohne Mast in der Regel unter der im Überbauungsplan vorgesehenen Brücke werden durchfahren können. Die Zufahrt mit Segelbooten ist jedoch für die Beschwerdeführer nicht eine Frage des Zugangs zu ihren Grundstücken an sich - sind diese doch von der Strasse her erreichbar -, sondern lediglich eine Frage der bequemeren Ausübung des Segelsports. Die Schaffung eines Strandweges dem bestehenden Ufer entlang gemäss den Baulinien von 1929 würde die Beschwerdeführer wesentlich härter treffen. Das mit dem angefochtenen Entscheid genehmigte Strandwegprojekt Lindermatte-Hechtweg kann nach dem Gesagten nicht als unverhältnismässig bezeichnet werden. Die Beschwerde erweist sich damit auch insoweit als unbegründet.