103 IV 90
25. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 20. April 1977 i.S. E. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau
Regeste (de):
- Art. 191 Ziff. 1 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 191 - Wer eine urteilsunfähige oder eine zum Widerstand unfähige Person in Kenntnis ihres Zustandes zum Beischlaf, zu einer beischlafsähnlichen oder einer anderen sexuellen Handlung missbraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe bestraft.
- Unzucht mit einem Pflegekind.
- Begriff der Pflegekindschaft.
- Täter lebt im Konkubinat mit der Mutter des Kindes.
Regeste (fr):
- Art. 191 ch. 1 al. 2 et ch. 2 al. 2 CP.
- Attentat à la pudeur d'un enfant confié.
- Définition de l'enfant confié.
- Auteur vivant en concubinage avec la mère de l'enfant.
Regesto (it):
- Art. 191 n. 1 cpv. 2 e n. 2 cpv. 2 CP.
- Atti di libidine su fanciullo affidato.
- Nozione di fanciullo affidato alle cure di qualcuno.
- Agente che vive in concubinato con la madre del fanciullo.
Erwägungen ab Seite 90
BGE 103 IV 90 S. 90
Aus den Erwägungen:
3. Wie das Bundesgericht wiederholt entschieden hat, ist zur Annahme einer Pflegekindschaft im Sinne des Art. 191 Ziff. 1 Abs. 2
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 191 - Wer eine urteilsunfähige oder eine zum Widerstand unfähige Person in Kenntnis ihres Zustandes zum Beischlaf, zu einer beischlafsähnlichen oder einer anderen sexuellen Handlung missbraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 331 - 1 Haben Personen, die in gemeinsamem Haushalte leben, nach Vorschrift des Gesetzes oder nach Vereinbarung oder Herkommen ein Familienhaupt, so steht diesem die Hausgewalt zu. |
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1 | Haben Personen, die in gemeinsamem Haushalte leben, nach Vorschrift des Gesetzes oder nach Vereinbarung oder Herkommen ein Familienhaupt, so steht diesem die Hausgewalt zu. |
2 | Die Hausgewalt erstreckt sich auf alle Personen, die als Verwandte467 und Verschwägerte oder auf Grund eines Vertragsverhältnisses als Arbeitnehmer oder in ähnlicher Stellung in dem gemeinsamen Haushalte leben.468 |
Die Vorinstanz stellt fest, der Beschwerdeführer sei der Partner der Mutter des Kindes gewesen, mit der er in wilder Ehe gelebt habe; eine Legalisierung der Beziehung hätte ihn zum Stiefvater des Kindes gemacht. Er sei in der Wohnung P. als Hausherr aufgetreten, sei dort nach Belieben ein- und ausgegangen, habe bei der Einrichtung der Wohnung mitgeholfen und, während seine Freundin auswärts der Arbeit
BGE 103 IV 90 S. 91
nachging, die Hausgeschäfte besorgt und sich des Knaben angenommen; die Mutter sei froh gewesen, dass der Beschwerdeführer auf das Kind aufgepasst habe. Das Kind habe anfänglich im Doppelbett der Erwachsenen geschlafen; nach einiger Zeit habe ihm E. ein eigenes Zimmer eingerichtet. Der Knabe habe den Beschwerdeführer als Autoritätsperson kennengelernt. Er sei auch wiederholt Zeuge gewesen, wie der Mann seine Mutter geschlagen habe. Das Kind habe seinerseits gefürchtet, von ihm in ein Heim eingewiesen zu werden, und habe es nicht gewagt, sich seinen Anordnungen zu widersetzen. Es habe versucht, sich den Zumutungen des Beschwerdeführers zu entziehen, sei aber gegen diesen nicht aufgekommen. Als E. vor der letzten Tat den Knaben telefonisch von Wittenbach nach Arbon beordert habe, habe dieser dem Ruf Folge geleistet. Noch mehrere Wochen nach der Tat habe das Kind sich nicht getraut, der Mutter im Beisein des Täters vom Vorgefallenen zu erzählen. Diese Feststellungen sind tatsächlicher Natur und binden den Kassationshof; sie können mit der Nichtigkeitsbeschwerde nicht angefochten werden (Art. 273 Abs. 1 Bst. b
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 331 - 1 Haben Personen, die in gemeinsamem Haushalte leben, nach Vorschrift des Gesetzes oder nach Vereinbarung oder Herkommen ein Familienhaupt, so steht diesem die Hausgewalt zu. |
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1 | Haben Personen, die in gemeinsamem Haushalte leben, nach Vorschrift des Gesetzes oder nach Vereinbarung oder Herkommen ein Familienhaupt, so steht diesem die Hausgewalt zu. |
2 | Die Hausgewalt erstreckt sich auf alle Personen, die als Verwandte467 und Verschwägerte oder auf Grund eines Vertragsverhältnisses als Arbeitnehmer oder in ähnlicher Stellung in dem gemeinsamen Haushalte leben.468 |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 331 - 1 Haben Personen, die in gemeinsamem Haushalte leben, nach Vorschrift des Gesetzes oder nach Vereinbarung oder Herkommen ein Familienhaupt, so steht diesem die Hausgewalt zu. |
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1 | Haben Personen, die in gemeinsamem Haushalte leben, nach Vorschrift des Gesetzes oder nach Vereinbarung oder Herkommen ein Familienhaupt, so steht diesem die Hausgewalt zu. |
2 | Die Hausgewalt erstreckt sich auf alle Personen, die als Verwandte467 und Verschwägerte oder auf Grund eines Vertragsverhältnisses als Arbeitnehmer oder in ähnlicher Stellung in dem gemeinsamen Haushalte leben.468 |
BGE 103 IV 90 S. 92
der Hausgewalt des E., dessen Anordnungen er sich nicht zu widersetzen getraute. Daran ändert nichts, dass anlässlich des letzten Vorfalls (Weihnachten) die Mutter sich ebenfalls im Hause, nämlich in der Küche befunden haben soll. Ihre Anwesenheit in einem andern Raum gebot dem Beschwerdeführer höchstens eine gewisse Vorsicht, beeinträchtigte aber seine Stellung gegenüber dem Kinde nach den von diesem bereits gemachten Erfahrungen nicht.