Urteilskopf

103 IV 165

49. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 2. September 1977 i.S. S. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Erwägungen ab Seite 165

BGE 103 IV 165 S. 165

Aus den Erwägungen:
... In Übereinstimmung mit dem Strafgericht hat die Vorinstanz die Widerstandsunfähigkeit darin gesehen, dass die auf einem Untersuchungsstuhl liegenden Patientinnen wegen ihrer Lage (gegenüber Kopflage erhöhte Beckenlage) keinen Einblick
BGE 103 IV 165 S. 166

in die Handlungen des Beschwerdeführers nehmen konnten und wegen des besonderen Vertrauensverhältnisses nicht damit rechneten, dass der Beschwerdeführer sich an ihnen vergehen könnte; sie seien durch die Unzuchtshandlungen überrascht worden, bevor sie nur an Widerstand hätten denken können. Die Willensbetätigung der Frauen war demnach beeinträchtigt, weil sie wegen ihrer Lage auf dem Untersuchungsstuhl nicht sehen konnten, was mit ihnen geschah. Und in der Tat hängt eine willensmässige Reaktion von einer vorgängig durch die Sinne vermittelten äusseren Wahrnehmung ab. Fiel aber in casu das Sehen weg, so verblieb den Frauen als anderweitige Wahrnehmung das körperliche Empfinden im Bereich des Geschlechtsteils. Das aber bedeutete in diesem Fall nichts anderes, als dass sie erst reagieren konnten, als der Täter bereits im Begriff war, sie zu missbrauchen. Sie waren somit wegen ihrer besonderen Körperlage ausserstande, einen solchen Angriff auf ihre geschlechtliche Ehre zum vornherein abzuwehren. Dass sie, als sie sich schliesslich Rechenschaft darüber gaben, dass die Handlungen des Beschwerdeführers über das hinausgingen, was die Untersuchung erforderte, die physische Möglichkeit gehabt hätten, sich zu wehren, ändert am Gesagten nichts, denn abgesehen davon, dass eine bloss vorübergehende Widerstandsunfähigkeit genügt, hatte der Täter in diesem Zeitpunkt die vorbestandene Wehrlosigkeit der Frauen bereits ausgenützt. Dann aber vermag ihn auch der Umstand nicht zu entlasten, dass die Frauen sich nach jenem Zeitpunkt nicht wehrten. Das könnte in casu umsoweniger der Fall sein, als die fraglichen Patientinnen nach dem angefochtenen Urteil wegen des Vertrauensverhältnisses zum Arzt mit solchen Handlungen nicht rechneten, von diesen völlig überrascht wurden und sich schämten (Frau X.), bzw. einen eigentlichen Schock erlitten (Frau Y.) und deswegen zu einer Abwehr unfähig waren.
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 103 IV 165
Date : 02 septembre 1977
Publié : 31 décembre 1977
Source : Tribunal fédéral
Statut : 103 IV 165
Domaine : ATF - Droit pénal et procédure penale
Objet : Art. 189 al. 1 CP. Lorsqu'une femme installée sur une table gynécologique se trouve dans l'incapacité de suivre les mouvements


Répertoire des lois
CP: 189
SR 311.0 Code pénal suisse du 21 décembre 1937
CP Art. 189 - 1 Quiconque, contre la volonté d'une personne, commet sur elle ou lui fait commettre un acte d'ordre sexuel ou profite à cette fin d'un état de sidération d'une personne, est puni d'une peine privative de liberté de trois ans au plus ou d'une peine pécuniaire.
1    Quiconque, contre la volonté d'une personne, commet sur elle ou lui fait commettre un acte d'ordre sexuel ou profite à cette fin d'un état de sidération d'une personne, est puni d'une peine privative de liberté de trois ans au plus ou d'une peine pécuniaire.
2    Quiconque, notamment en usant de menace ou de violence envers une personne, en exerçant sur elle des pressions d'ordre psychique ou en la mettant hors d'état de résister, la contraint à commettre ou à subir un acte d'ordre sexuel, est puni d'une peine privative de liberté de dix ans au plus ou d'une peine pécuniaire.
3    Si l'auteur au sens de l'al. 2 agit avec cruauté, s'il fait usage d'une arme dangereuse ou d'un autre objet dangereux, il est puni d'une peine privative de liberté d'un an au moins.
Répertoire ATF
103-IV-165
Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
résistance • médecin • sexe • bâle-campagne • autorité inférieure • hameau • honneur • tribunal pénal • cour de cassation pénale