100 IV 5
2. Urteil des Kassationshofes vom 12. März 1974 i.S. Schmid gegen Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen.
Regeste (de):
- Art. 27 Ziff. 3 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 27 - Besondere persönliche Verhältnisse, Eigenschaften und Umstände, welche die Strafbarkeit erhöhen, vermindern oder ausschliessen, werden bei dem Täter oder Teilnehmer berücksichtigt, bei dem sie vorliegen.
- Die Strafbarkeit des als verantwortlich zeichnenden Redaktors hängt weder von dessen eigenem Verschulden noch demjenigen des eigentlichen Verfassers der beanstandeten Veröffentlichung ab.
Regeste (fr):
- Art. 27 ch. 3 al. 1 CP.
- La punissabilité du rédacteur signant comme responsable ne dépend ni de sa propre faute, ni de celle de l'auteur proprement dit de la publication litigieuse.
Regesto (it):
- Art. 27 num. 3 cpv. 1 CP.
- La punibilità del redattore che firma come responsabile non dipende da colpa del medesimo nè da quella del vero autore della publicazione litigiosa.
Sachverhalt ab Seite 5
BGE 100 IV 5 S. 5
A.- Auf Nichtigkeitsbeschwerde der Bundesanwaltschaft hin hat das Bundesgericht am 18. April 1973 erkannt, der in der Zeitschrift "Roter Gallus" Nr. 2 unter dem Titel "Dann gibt's nur eins 'Sag NEIN!" veröffentlichte Text erfülle objektiv den Straftatbestand der öffentlichen Aufforderung zur Verletzung militärischer Dienstpflichten gemäss Art. 276 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 276 - 1. Wer öffentlich zum Ungehorsam gegen militärische Befehle, zur Dienstverletzung, zur Dienstverweigerung oder zum Ausreissen auffordert, |
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1 | Wer öffentlich zum Ungehorsam gegen militärische Befehle, zur Dienstverletzung, zur Dienstverweigerung oder zum Ausreissen auffordert, |
2 | Geht die Aufforderung auf Meuterei oder auf Vorbereitung einer Meuterei, oder wird zur Meuterei oder zur Vorbereitung einer Meuterei verleitet, so ist die Strafe Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 27 - Besondere persönliche Verhältnisse, Eigenschaften und Umstände, welche die Strafbarkeit erhöhen, vermindern oder ausschliessen, werden bei dem Täter oder Teilnehmer berücksichtigt, bei dem sie vorliegen. |
BGE 100 IV 5 S. 6
Aufforderung und Verleitung zur Verletzung militärischer Dienstpflichten gemäss Art. 276 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 276 - 1. Wer öffentlich zum Ungehorsam gegen militärische Befehle, zur Dienstverletzung, zur Dienstverweigerung oder zum Ausreissen auffordert, |
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1 | Wer öffentlich zum Ungehorsam gegen militärische Befehle, zur Dienstverletzung, zur Dienstverweigerung oder zum Ausreissen auffordert, |
2 | Geht die Aufforderung auf Meuterei oder auf Vorbereitung einer Meuterei, oder wird zur Meuterei oder zur Vorbereitung einer Meuterei verleitet, so ist die Strafe Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. |
B.- Schmid führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde. Er beantragt Freisprechung von Schuld und Strafe, eventl. Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung.
C.- Die Schweizerische Bundesanwaltschaft beantragt Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Im angefochtenen Urteil stellt die Vorinstanz verbindlich fest, der oder die Verfasser des inkriminierten Textes hätten nicht ermittelt werden können. Nachdem aber Schmid für den "Roten Gallus" Nr. 2 als sogenannter Sitzredaktor verantwortlich gezeichnet habe, sei er in Anwendung von Art. 27 Ziff. 3 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 27 - Besondere persönliche Verhältnisse, Eigenschaften und Umstände, welche die Strafbarkeit erhöhen, vermindern oder ausschliessen, werden bei dem Täter oder Teilnehmer berücksichtigt, bei dem sie vorliegen. |
2. Der Beschwerdeführer wendet jedoch ein, nach dem das schweizerische Strafgesetzbuch beherrschenden Grundsatz der Verschuldenshaftung könne er als Redaktor nur bestraft werden, wenn der Verfasser des in Frage stehenden Artikels selber schuldhaft gehandelt habe. Da der oder die Verfasser des Textes "Dann gibt's nur eins: Sag NEIN!" nicht hätten ermittelt werden können, sei auch kein Schuldbeweis gegen sie möglich gewesen. Es fehle daher an einer Grundvoraussetzung für die Bestrafung des BeschWerdeführers gemäss Art. 276 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 276 - 1. Wer öffentlich zum Ungehorsam gegen militärische Befehle, zur Dienstverletzung, zur Dienstverweigerung oder zum Ausreissen auffordert, |
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1 | Wer öffentlich zum Ungehorsam gegen militärische Befehle, zur Dienstverletzung, zur Dienstverweigerung oder zum Ausreissen auffordert, |
2 | Geht die Aufforderung auf Meuterei oder auf Vorbereitung einer Meuterei, oder wird zur Meuterei oder zur Vorbereitung einer Meuterei verleitet, so ist die Strafe Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. |
BGE 100 IV 5 S. 7
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Der als verantwortlich zeichnende Redaktor im Sinne von Art. 27 Ziff. 3 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 27 - Besondere persönliche Verhältnisse, Eigenschaften und Umstände, welche die Strafbarkeit erhöhen, vermindern oder ausschliessen, werden bei dem Täter oder Teilnehmer berücksichtigt, bei dem sie vorliegen. |
3. Die Beschwerde macht geltend, Voraussetzung für eine Bestrafung des als verantwortlich zeichnenden Redaktors sei zumindest dessen eigenes vorsätzliches Handeln. Im angefochtenen Urteil fehle es jedoch an einer diesbezüglichen Feststellung. In diesem Punkt geht das Kantonsgericht sogar weiter und führt aus, es stehe nicht fest, dass der Angeschuldigte den inkriminierten Text als Aufforderung zur Dienstverweigerung gegenüber der Schweizer Armee erkannt und eine solche Wirkung bewusst in Kauf genommen habe. Damit wird dem Sinne nach auch ein eventualvorsätzliches Handeln des Beschwerdeführers ausgeschlossen. Auf ein allfälliges Verschulden
BGE 100 IV 5 S. 8
desselben kommt jedoch überhaupt nichts an. Nicht selten wird jeder Grund, dem presserechtlich Verantwortlichen eine Schuld vorzuwerfen, fehlen. Deshalb lässt sich diese Verantwortung nicht als solche für eigene Schuld begründen, sondern sie ist eine stellvertretende Verantwortung, um dem Verletzten mit der Möglichkeit der Bestrafung Genugtuung zu verschaffen (SCHULTZ, a.a.O., S. 246; HAFTER, a.a.O., S. 502; SCHWANDER, a.a.O., Nr. 296; GERMANN, Das Verbrechen im neuen Strafrecht, S. 77; LUDWIG in ZStR 1957, S. 197 und 1958, S. 126). Die Bestrafung des Beschwerdeführers gemäss Art. 276 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 276 - 1. Wer öffentlich zum Ungehorsam gegen militärische Befehle, zur Dienstverletzung, zur Dienstverweigerung oder zum Ausreissen auffordert, |
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1 | Wer öffentlich zum Ungehorsam gegen militärische Befehle, zur Dienstverletzung, zur Dienstverweigerung oder zum Ausreissen auffordert, |
2 | Geht die Aufforderung auf Meuterei oder auf Vorbereitung einer Meuterei, oder wird zur Meuterei oder zur Vorbereitung einer Meuterei verleitet, so ist die Strafe Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. |
4. Da ein Verschulden des als verantwortlich zeichnenden Redaktors für dessen Strafbarkeit nicht erforderlich ist, kann sich der Beschwerdeführer auch nicht darauf berufen, er habe im Sinne des Art. 20
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 20 - Besteht ernsthafter Anlass, an der Schuldfähigkeit des Täters zu zweifeln, so ordnet die Untersuchungsbehörde oder das Gericht die sachverständige Begutachtung durch einen Sachverständigen an. |
5. Hinsichtlich der bereits im ersten Verfahren vor Bundesgericht vorgetragenen und mit der vorliegenden Emgabe erneuerten Auffassung, der Beschwerdeführer könne nicht für die blosse Wiedergabe des wörtlichen Zitats eines Gedichtes gemäss Art. 276 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 276 - 1. Wer öffentlich zum Ungehorsam gegen militärische Befehle, zur Dienstverletzung, zur Dienstverweigerung oder zum Ausreissen auffordert, |
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1 | Wer öffentlich zum Ungehorsam gegen militärische Befehle, zur Dienstverletzung, zur Dienstverweigerung oder zum Ausreissen auffordert, |
2 | Geht die Aufforderung auf Meuterei oder auf Vorbereitung einer Meuterei, oder wird zur Meuterei oder zur Vorbereitung einer Meuterei verleitet, so ist die Strafe Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. |
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.