BGE-100-IV-142
Urteilskopf
100 IV 142
36. Urteil des Kassationshofes vom 15. Juli 1974 i.S. Bretscher gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
Regeste (de):
- Art. 44 Ziff. 3 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 44 - 1 Schiebt das Gericht den Vollzug einer Strafe ganz oder teilweise auf, so bestimmt es dem Verurteilten eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren.
- Wo als "andere sichernde Massnahme" die Einweisung in eine Anstalt im Sinne des Art. 43
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 43 - 1 Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen.37
Regeste (fr):
- Art. 44 ch. 3 al. 2 CP.
- Lorsqu'il s'agit d'ordonner, comme "autre mesure de sûreté", le renvoi dans un établissement au sens de l'art. 43 CP, le juge doit procéder comme le prévoit l'art. 43 ch. 1 al. 3, c'est-à-dire demander une expertise.
Regesto (it):
- Art. 44 num. 3 cpv. 2 CP.
- Quando si tratta di ordinare come "altra misura di sicurezza" l'internamento in uno stabilimento a'sensi dell'art. 43 CP, il giudice deve procedere secondo l'art. 43 num. 1 cpv. 3, vale a dire ordinare una perizia.
Sachverhalt ab Seite 142
BGE 100 IV 142 S. 142
A.- Max Bretscher wurde vom Obergericht des Kantons Zürich am 5. Oktober 1973 der wiederholten und fortgesetzten Entwendung eines Motorfahrzeugs zum Gebrauch, des wiederholten und fortgesetzten Fahrens in angetrunkenem Zustand, der Gewalt und Drohung gegen Beamte sowie weiterer
BGE 100 IV 142 S. 143
Straftaten schuldig erklärt und zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt. Das Gericht schob den Vollzug der Strafe auf und wies Bretscher gemäss Art. 44

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 44 - 1 Schiebt das Gericht den Vollzug einer Strafe ganz oder teilweise auf, so bestimmt es dem Verurteilten eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 44 - 1 Schiebt das Gericht den Vollzug einer Strafe ganz oder teilweise auf, so bestimmt es dem Verurteilten eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 44 - 1 Schiebt das Gericht den Vollzug einer Strafe ganz oder teilweise auf, so bestimmt es dem Verurteilten eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren. |
B.- Am 6. Mai 1974 ordnete das Obergericht des Kantons Zürich den Vollzug der von ihm am 5. Oktober 1973 ausgesprochenen Freiheitsstrafe an, abzüglich Untersuchungshaft und Dauer des Massnahmevollzugs.
C.- Bretscher führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, den Beschluss des Obergerichts aufzuheben und dieses anzuweisen, vor Ausfällung eines neuen Entscheids über einen allfälligen Vollzug der Strafe eine psychiatrische Begutachtung anzuordnen. Er ersucht um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich hat sich nicht vernehmen lassen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Gemäss Art. 44 Ziff. 3

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 44 - 1 Schiebt das Gericht den Vollzug einer Strafe ganz oder teilweise auf, so bestimmt es dem Verurteilten eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren. |
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Wird solchen Massnahmen vor den Strafen der Vorrang eingeräumt, so besteht am ehesten Aussicht, diese Gefahr auszuschalten, während der Strafvollzug hier kaum einen besonderen spezialpräventiven Erfolg verspricht (GERMANN, Grundzüge der Partialrevision des schweizerischen StGB durch das Gesetz vom 18. März 1971, in ZStR 1971, S. 356/357 und 378/379). Dem muss der Richter Rechnung tragen beim Entscheid, ob gemäss Art. 44 Ziff. 3

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 44 - 1 Schiebt das Gericht den Vollzug einer Strafe ganz oder teilweise auf, so bestimmt es dem Verurteilten eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren. |
2. Es ist unbestritten, dass sich die von der Vorinstanz am 5. Oktober 1973 angeordnete Einweisung des Beschwerdeführers in eine Trinkerheilanstalt (Art. 44 Ziff. 1

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 44 - 1 Schiebt das Gericht den Vollzug einer Strafe ganz oder teilweise auf, so bestimmt es dem Verurteilten eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 44 - 1 Schiebt das Gericht den Vollzug einer Strafe ganz oder teilweise auf, so bestimmt es dem Verurteilten eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33 |
3. Dem Beschwerdeführer ist darin beizupflichten, dass der Richter, der gemäss Art. 44 Ziff. 3 Abs. 2

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 44 - 1 Schiebt das Gericht den Vollzug einer Strafe ganz oder teilweise auf, so bestimmt es dem Verurteilten eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33 |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 43 - 1 Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen.37 |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 43 - 1 Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen.37 |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 43 - 1 Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen.37 |
BGE 100 IV 142 S. 145
über den körperlichen und geistigen Zustand des Täters sowie über die Verwahrungs-, Behandlungs- oder Pflegebedürftigkeit. Wie sich schon aus dem Wortlaut ergibt, ist es nicht ins Ermessen des Richters gestellt, ob er ein solches Gutachten einholen will oder nicht. Er ist vielmehr dazu verpflichtet, sofern erhebliche Gründe die Prüfung der Anwendung von Art. 43 Ziff. 1

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 43 - 1 Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen.37 |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 43 - 1 Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen.37 |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 43 - 1 Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen.37 |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 43 - 1 Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen.37 |
BGE 100 IV 142 S. 146
Trunksucht ausgerichtete psychiatrische Betreuung, und die Justizidirektion des Kantons Zürich in ihrem Schreiben vom 28. Juni 1973 an die Staatsanwaltschaft auf die Notwendigkeit einer psychiatrischen Begutachtung des Beschwerdeführers hingewiesen hatte, worauf die Staatsanwaltschaft gegen das bezirksgerichtliche Urteil Berufung einlegte mit dem Antrag, es sei vor der Berufungsverhandlung ein psychiatrisches Gut achten einzuholen.
4. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie den körperlichen und geistigen Zustand des Beschwerdeführers durch einen Sachverständigen begtachten lasse, wobei sich dieser auch darüber wird aussprechen müssen, ob und in welcher Form eine andere Massnahme als diejenige des Art. 44 zweckmässig sei.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Gesetzesregister
StGB 42
StGB 43
StGB 44
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33 |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 43 - 1 Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen.37 |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 44 - 1 Schiebt das Gericht den Vollzug einer Strafe ganz oder teilweise auf, so bestimmt es dem Verurteilten eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren. |
BGE Register