Tribunal federal
{T 0/2}
4C.143/2002 /rnd
Urteil vom 31. März 2003
I. Zivilabteilung
Besetzung
Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch,
Gerichtsschreiberin Schoder.
Parteien
X.________ AG,
Beklagte und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt Martin Imthurn, Oberstadtstrasse 7,
5400 Baden,
gegen
A.________,
Kläger und Berufungsbeklagten, vertreten durch Rechtsanwalt Reto Ziegler, Lavaterstrasse 71,
8002 Zürich.
Gegenstand
Arbeitsvertrag,
Berufung gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 25. März 2002.
Sachverhalt:
A.
A.________ (Kläger) arbeitete seit dem 15. Juni 1999 für die X.________ AG (Beklagte) zu einem Stundenlohn von brutto Fr. 18.--, inklusive 8,33% Ferienanteil. Dem Kläger war eine wöchentliche Arbeitszeit von 45 Stunden garantiert.
Anfangs November 1999 fragte der Kläger den Geschäftsführer der Beklagten, ob er vom 20. Dezember 1999 bis 3. Januar 2000 Ferien beziehen könne. Der Geschäftsführer verneinte dies und wies auf die in diesem Zeitraum anfallende hohe Arbeitsbelastung hin. Der Kläger verlegte hierauf seine Ferien auf den 3. bis 14. Januar 2000. Als er sich am 17. Januar 2000 wieder zur Arbeit einfand, wurde er mit der Begründung, die Ferien ohne Zustimmung der Beklagten bezogen zu haben, fristlos entlassen.
B.
In der in der Folge vor dem Einzelrichter im ordentlichen Verfahren des Bezirksgerichts Uster geführten Auseinandersetzung einigten sich die Parteien auf die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses und auf dessen Inhalt. Im Übrigen schützte der Einzelrichter die mit Fr. 13'531.40 bezifferte Klage im Umfang von Fr. 1'551.50 zuzüglich 5% Zins seit 3. August 2000. Insoweit erwuchs das Urteil in Rechtskraft.
Auf Berufung des Klägers verpflichtete das Obergericht des Kantons Zürich die Beklagte, dem Kläger weitere Fr. 11'980.10 zuzüglich 5% Zins seit 3. August 2000 zu bezahlen. Das Obergericht hielt die fristlose Entlassung des Klägers für unbegründet und sprach ihm daher den der Höhe nach unbestrittenen Lohn bis Ende Februar 2000 zu, auf welchen Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis ordentlich hätte ge- kündigt werden können, sowie eine zwei Monatslöhnen entspre- chende Entschädigung im Sinne von Art. 337c Abs. 3
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 337c - 1 Entlässt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer fristlos ohne wichtigen Grund, so hat dieser Anspruch auf Ersatz dessen, was er verdient hätte, wenn das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist oder durch Ablauf der bestimmten Vertragszeit beendigt worden wäre. |
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1 | Entlässt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer fristlos ohne wichtigen Grund, so hat dieser Anspruch auf Ersatz dessen, was er verdient hätte, wenn das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist oder durch Ablauf der bestimmten Vertragszeit beendigt worden wäre. |
2 | Der Arbeitnehmer muss sich daran anrechnen lassen, was er infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erspart hat und was er durch anderweitige Arbeit verdient oder zu verdienen absichtlich unterlassen hat. |
3 | Der Richter kann den Arbeitgeber verpflichten, dem Arbeitnehmer eine Entschädigung zu bezahlen, die er nach freiem Ermessen unter Würdigung aller Umstände festlegt; diese Entschädigung darf jedoch den Lohn des Arbeitnehmers für sechs Monate nicht übersteigen. |
C.
Die Beklagte hat den Beschluss des Obergerichts vom 25. März 2002 mit eidgenössischer Berufung angefochten. Sie beantragt die Abweisung der Klage, soweit sie vom Obergericht gutgeheissen wurde. Der Kläger schliesst auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.
Die von der Beklagten gegen den Beschluss des Obergerichts eben- falls eingereichte kantonale Nichtigkeitsbeschwerde hat das Kassationsgericht des Kantons Zürich am 31. Oktober 2002 abgewiesen, soweit es darauf eintrat.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Die Beklagte macht in der Berufung einzig geltend, die Vorinstanz sei in Verletzung der Untersuchungsmaxime (Art. 343 Abs. 4
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 343 |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 343 |
2.
Die Vorinstanz hielt für erstellt, dass der Kläger dem Geschäftsführer der Beklagten erklärte, er werde seine Ferien vom 3. bis 14. Januar 2000 beziehen, nachdem dieser einen zuvor geäusserten Vorschlag des Ferienbezugs vom 20. Dezember 1999 bis 3. Januar 2000 aus betrieblichen Gründen abgelehnt, aber einen Ferienbezug nach Neujahr als möglich bezeichnet hatte. Den Wunsch des Klägers nach Ferien anfangs Januar 2000 nahm der Geschäftsführer der Beklagten nach dem angefochtenen Urteil zwar entgegen, stimmte ihm aber weder ausdrücklich zu noch lehnte er ihn ausdrücklich ab. Diese Feststellung beruht auf einer eingehenden Würdigung der Zeugenaussagen. Nach Auffassung der Vorinstanz durfte der Kläger aus diesem der Beklagten zurechenbaren Verhalten nach Treu und Glauben auf Zustimmung schliessen, wäre ihr doch im Hinblick auf das vorangegangene Gespräch über den Ferienbezug Ende Dezember 1999 zuzumuten gewesen, auch dem zweiten "Angebot" des Klägers betreffend den Zeitraum seiner Ferienabwesenheit unverzüglich zu widersprechen.
Die Beklagte rügt, die Vorinstanz habe die bundesrechtliche Untersuchungsmaxime gemäss Art. 343 Abs. 4
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 343 |
3.
Die sozialpolitisch begründete Untersuchungsmaxime gemäss Art. 343 Abs. 4
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 343 |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 343 |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 343 |
schon im Hinblick auf den erwähnten Regelungszweck nur in krassen Fällen eine Verletzung von Art. 343 Abs. 4
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 343 |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 343 |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 343 |
4.
Auf eine derartige unzulässige Kritik an der Beweiswürdigung laufen die Vorbringen der Beklagten hinaus. Sie verkennt, dass die Vorinstanz aufgrund der Akten zum Schluss kam, die Aussagen des von der Beklagten als unglaubwürdig taxierten Zeugen träfen zu. Unter diesen Umständen wäre es Sache der Beklagten gewesen, durch die Bezeichnung weiterer geeigneter Beweismittel den Nachweis für die Richtigkeit ihrer gegenteiligen Behauptung anzutreten. Das Gericht war jedenfalls nicht gehalten, von sich aus weitere Nachforschungen zu betreiben, nachdem es sich bereits eine Überzeugung gebildet hatte. Ein Verstoss gegen Art. 343 Abs. 4
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 343 |
5.
Aus den dargelegten Gründen ist die Berufung abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das Verfahren ist unentgeltlich (Art. 343 Abs. 3
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 343 |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 343 |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 343 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Beklagte hat den Kläger für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 31. März 2003
Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: