Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

9C 53/2021

Urteil vom 30. Juni 2021

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Parrino, Präsident,
Bundesrichter Stadelmann,
Bundesrichterin Moser-Szeless,
Bundesrichter Wirthlin, Bundesrichterin Viscione,
Gerichtsschreiberin Oswald.

Verfahrensbeteiligte
Ausgleichskasse des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5000 Aarau,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Erwerbsersatz für Dienstleistende und bei Mutterschaft (Covid-19),

Beschwerde gegen das Urteil des
Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 30. November 2020 (VBE.2020.425).

Sachverhalt:

A.
Die 1977 geborene A.________ ist als selbständige medizinische Masseurin (mit Eidgenössischem Fachausweis) der Ausgleichskasse des Kantons Aargau (fortan: Ausgleichskasse) angeschlossen. Am 6. April 2020 meldete sie sich im Zusammenhang mit den Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus zum Bezug einer Erwerbsausfallentschädigung (nachfolgend: Corona-Erwerbsersatz) an. Die Ausgleichskasse verneinte einen Anspruch mit Verweis auf die lediglich indirekte Betroffenheit der Versicherten durch die bundesrätlich angeordnete Schliessung diverser Betriebe und ein unter der Grenze von Fr. 10'000.- liegendes massgebliches Einkommen aus selbständiger Tätigkeit (Verfügung vom 5. Mai 2020), was sie mit Einspracheentscheid vom 19. August 2020 bestätigte.

B.
Die von der Versicherten hiergegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 30. November 2020 teilweise gut. Es hob den Einspracheentscheid vom 19. August 2020 auf und wies die Sache zur Vornahme weiterer Abklärungen zum im Jahr 2019 erzielten Einkommen sowie zum aufgrund der Massnahmen erlittenen Erwerbsausfall an die Verwaltung zurück.

C.
Die Ausgleichskasse führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, es sei das vorinstanzliche Urteil vom 30. November 2020 aufzuheben und ihr Einspracheentscheid vom 19. August 2020 zu bestätigen.
A.________ verzichtet unter Verweis auf das Urteil des kantonalen Versicherungsgerichts auf eine Stellungnahme und ersucht um Kostenbefreiung. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) beantragt die Gutheissung der Beschwerde.

Erwägungen:

1.

1.1. Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit einer Beschwerde von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 29 Prüfung - 1 Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit von Amtes wegen.
1    Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit von Amtes wegen.
2    Bestehen Zweifel, ob das Bundesgericht oder eine andere Behörde zuständig ist, so führt das Gericht mit dieser Behörde einen Meinungsaustausch.
BGG; BGE 146 V 331 E. 1; Urteil 9C 285/2020 vom 25. März 2021 E. 1.1; je mit Hinweisen).

1.2. Beim angefochtenen Rückweisungsentscheid handelt es sich um einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 93 Andere Vor- und Zwischenentscheide - 1 Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde zulässig:
1    Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde zulässig:
a  wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können; oder
b  wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde.
2    Auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen und dem Gebiet des Asyls sind Vor- und Zwischenentscheide nicht anfechtbar.85 Vorbehalten bleiben Beschwerden gegen Entscheide über die Auslieferungshaft sowie über die Beschlagnahme von Vermögenswerten und Wertgegenständen, sofern die Voraussetzungen von Absatz 1 erfüllt sind.
3    Ist die Beschwerde nach den Absätzen 1 und 2 nicht zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, so sind die betreffenden Vor- und Zwischenentscheide durch Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, soweit sie sich auf dessen Inhalt auswirken.
BGG. Beschwerden an das Bundesgericht gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide sind u.a. zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 93 Andere Vor- und Zwischenentscheide - 1 Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde zulässig:
1    Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde zulässig:
a  wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können; oder
b  wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde.
2    Auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen und dem Gebiet des Asyls sind Vor- und Zwischenentscheide nicht anfechtbar.85 Vorbehalten bleiben Beschwerden gegen Entscheide über die Auslieferungshaft sowie über die Beschlagnahme von Vermögenswerten und Wertgegenständen, sofern die Voraussetzungen von Absatz 1 erfüllt sind.
3    Ist die Beschwerde nach den Absätzen 1 und 2 nicht zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, so sind die betreffenden Vor- und Zwischenentscheide durch Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, soweit sie sich auf dessen Inhalt auswirken.
BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 93 Andere Vor- und Zwischenentscheide - 1 Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde zulässig:
1    Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde zulässig:
a  wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können; oder
b  wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde.
2    Auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen und dem Gebiet des Asyls sind Vor- und Zwischenentscheide nicht anfechtbar.85 Vorbehalten bleiben Beschwerden gegen Entscheide über die Auslieferungshaft sowie über die Beschlagnahme von Vermögenswerten und Wertgegenständen, sofern die Voraussetzungen von Absatz 1 erfüllt sind.
3    Ist die Beschwerde nach den Absätzen 1 und 2 nicht zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, so sind die betreffenden Vor- und Zwischenentscheide durch Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, soweit sie sich auf dessen Inhalt auswirken.
BGG).

1.3. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die angefochtene Rückweisung enthalte materielle Vorgaben und verpflichte sie, einen Entscheid zu fällen, den sie in der Folge nicht weiterziehen könnte, worin ein nicht wieder gutzumachender Nachteil liege. Damit dringt sie durch, wurde sie doch von der Vorinstanz verbindlich angewiesen, u.a. "Erhebungen zum tatsächlichen Einkommen der Beschwerdeführerin aus selbständiger Erwerbstätigkeit im Jahr 2019" vorzunehmen und diese ihrer Anspruchsprüfung zugrunde zu legen (vorinstanzliche Dispositiv-Ziffer 1 i.V.m. den dortigen Erwägungen 4.2.2 und 4.2.3). Unabhängig davon, ob nach Vornahme der von der Vorinstanz angeordneten Abklärungen letztlich ein Anspruch der Versicherten auf Corona-Erwerbsersatz resultiert, wird die Verwaltung gezwungen, eine ihres Erachtens rechtswidrige Verfügung zu erlassen: Den Anspruch der Beschwerdegegnerin muss sie verbindlich auf - aus ihrer Sicht - rechtsfehlerhafter Grundlage (tatsächliches Einkommen 2019 statt Einkommen gemäss Akontorechnung vom 30. Januar 2019 bzw. gemäss definitiver Beitragsverfügung 2018 vom 13. August 2020) prüfen. Darin liegt ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 93 Andere Vor- und Zwischenentscheide - 1 Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde zulässig:
1    Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde zulässig:
a  wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können; oder
b  wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde.
2    Auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen und dem Gebiet des Asyls sind Vor- und Zwischenentscheide nicht anfechtbar.85 Vorbehalten bleiben Beschwerden gegen Entscheide über die Auslieferungshaft sowie über die Beschlagnahme von Vermögenswerten und Wertgegenständen, sofern die Voraussetzungen von Absatz 1 erfüllt sind.
3    Ist die Beschwerde nach den Absätzen 1 und 2 nicht zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, so sind die betreffenden Vor- und Zwischenentscheide durch Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, soweit sie sich auf dessen Inhalt auswirken.
BGG, zumal sie ihre eigene Verfügung in
der Folge nicht wird anfechten können. Auf die Beschwerde ist demnach einzutreten.

2.
Strittig ist die Anspruchsberechtigung einer Selbständigerwerbenden auf Corona-Erwerbsersatz.

2.1. Als Anspruchsgrundlage kommt - insoweit unbestritten - grundsätzlich die Verordnung vom 20. März 2020 über Massnahmen bei Erwerbsausfall im Zusammenhang mit dem Coronavirus (Covid-19; Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall; SR 830.31) in Frage. Massgeblich ist deren zum Zeitpunkt der erstmaligen Verfügung über den Leistungsanspruch in Kraft stehende Fassung, da sich die Rechtmässigkeit eines Verwaltungsaktes grundsätzlich nach der Rechtslage zur Zeit seines Erlasses beurteilt (etwa: BGE 144 II 326 E. 2.1.1; 122 V 85 E. 3; 112 Ib 39 E. 1c; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2020, Rz. 293; WIEDERKEHR/RICHLI, Praxis des allgemeinen Verwaltungsrechts, 2012, Band I, Nr. 777). Soweit ihre hier einschlägigen Bestimmungen später geändert wurden, enthält die Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall dazu keine Übergangsregelungen, ebensowenig wie das am 26. September 2020 in Kraft getretene Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Gesetz; SR 818.102). Die Frage des anwendbaren Rechts ist daher im Sinne der allgemeinen Regel zu entscheiden und mithin das im Verfügungszeitpunkt (hier: 5. Mai 2020) geltende Recht auch im
Rechtsmittelverfahren anzuwenden.

2.2. Verwaltungsweisungen richten sich an die Durchführungsstellen und sind für die Gerichte nicht verbindlich. Diese sollen sie bei ihren Entscheidungen aber berücksichtigen, sofern sie dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegungen der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen. Das Gericht weicht also nicht ohne triftigen Grund von Verwaltungsweisungen ab, wenn diese eine überzeugende Konkretisierung der rechtlichen Vorgaben darstellen. Insofern wird dem Bestreben der Verwaltung, durch interne Weisungen eine rechtsgleiche Normanwendung zu gewährleisten, Rechnung getragen. Verwaltungsweisungen dürfen indes keine über Gesetz oder Verordnung hinausgehende Einschränkungen materieller Rechtsansprüche einführen (etwa: BGE 147 V 79 E. 7.3.2 mit Hinweisen). Vorliegend ist in diesem Sinne das Kreisschreiben des BSV über die Entschädigung bei Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus - Corona-Erwerbsersatz (KS CE) zu berücksichtigen. Dabei ist grundsätzlich diejenige Fassung mitzuberücksichtigen, die der Entscheidbehörde im Verfügungszeitpunkt vorgelegen (und ihr gegenüber Bindungswirkung entfaltet) hat (vgl. etwa WIEDERKEHR/RICHLI, a.a.O., Rz. 529). Spätere Ergänzungen können allenfalls in die Entscheidfindung
einfliessen, insbesondere wenn sie Schlüsse zulassen auf eine bereits zuvor gelebte Verwaltungspraxis.

3.

3.1. Das kantonale Gericht erwog zunächst, die Versicherte sei als Gesundheitsfachperson nach kantonalem Recht im Sinne von Art. 6 Abs. 3 lit. m der Verordnung 2 vom 13. März 2020 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (Covid-19-Verordnung 2; SR 818.101.24, Stand am 17. März 2020) i.V.m. § 10 Abs. 1 lit. h der Verordnung des Kantons Aargau über die Berufe, Organisationen und Betriebe im Gesundheitswesen (SAR 311.121) zu qualifizieren. Von der ab dem 17. März 2020 geltenden Schliessung öffentlich zugänglicher Einrichtungen sei sie demnach ausgenommen und folglich nicht direkt betroffen gewesen, so dass ein Entschädigungsanspruch nach Art. 2 Abs. 3 der Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall ausser Betracht falle.

3.2. Es verbleibe - so das Versicherungsgericht weiter - die Prüfung eines Anspruchs für indirekt betroffene Selbständigerwerbende nach Art. 2 Abs. 3bis der Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall (in der vom 17. März bis zum 16. September 2020 geltenden Fassung). Einen solchen habe die Verwaltung verneint, da die Versicherte die dort geltende untere Einkommensgrenze von Fr. 10'000.- weder gemäss definitiver Beitragsveranlagung vom 13. August 2020 für das Jahr 2018 noch gemäss Akontorechnung vom 30. Januar 2019 für das Jahr 2019 erreicht habe. Das Versicherungsgericht hielt fest, das von der Ausgleichskasse angewandte KS CE (Stand am 3. Juli 2020, Rz. 1041.3 i.V.m. Rz. 1065 ff.) sei rechtswidrig und damit unbeachtlich, soweit es vorsehe, eine erstmalige Festsetzung des massgebenden Einkommens könne generell nicht anhand von Anpassungen des den Akontorechnungen 2019 zugrunde liegenden Erwerbseinkommens vorgenommen werden, die nach dem 17. März 2020 erfolgt seien. Einem Rechtsmissbrauch könne auch mittels anderer Vorkehren begegnet werden. Dementsprechend hob es den Einspracheentscheid vom 19. August 2020 auf und wies die Sache zur Vornahme weiterer Abklärungen bezüglich des Einkommens der Versicherten im Jahr 2019 und zu deren
Erwerbsausfall aufgrund der bundesrätlichen Massnahmen an die Verwaltung zurück.

4.
Die Beschwerdeführerin macht im Wesentlichen geltend, eine effiziente Anspruchsprüfung und Ausschüttung beim hochdringlichen Massengeschäft des Corona-Erwerbsersatzes sei nur möglich, wenn sie sich nach Eingang der Anmeldung auf ihr bereits vorliegende Informationen, wie beispielsweise das den Akontorechnungen zugrunde liegende Erwerbseinkommen 2019 respektive die definitive Beitragsverfügung oder die definitiven Steuerdaten 2019, stützen könne. Unter Berücksichtigung der aussergewöhnlichen Umstände rechtfertige sich eine Abweichung vom Grundsatz, wonach das Beitragsrecht der AHV bis zur definitiven Beitragsfestsetzung keine zeitliche Begrenzung für die Anpassung des Einkommens kenne. Das kantonale Gericht verkenne, dass eine Berücksichtigung von nach dem 17. März 2020 vorgenommenen Änderungen an den Akontorechnungen 2019 das Potenzial zum Rechtsmissbrauch deutlich erhöhe.

5.

5.1. Die Beschwerdeführerin hat am 5. Mai 2020 erstmals über den Anspruch der Beschwerdegegnerin auf Corona-Erwerbsersatz verfügt. Auf die vorliegende Streitsache kommt dementsprechend die Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall in der am 5. Mai 2020 geltenden Fassung zur Anwendung (oben E. 2.1).

5.2. Art. 2 Abs. 3bis Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall (in der vom 23. April bis 5. Juli 2020 geltenden Fassung) setzt für den Anspruch indirekt betroffener Selbständigerwerbender auf Corona-Erwerbsersatz u.a. voraus, dass "ihr für die Bemessung der Beiträge der AHV massgebendes Einkommen für das Jahr 2019" zwischen Fr. 10'000.- und Fr. 90'000.- liegt. Art. 5 Abs. 2
SR 834.1 Bundesgesetz vom 25. September 1952 über den Erwerbsersatz (Erwerbsersatzgesetz, EOG) - Erwerbsersatzgesetz
EOG Art. 5
derselben Verordnung verweist für die Ermittlung des massgebenden Einkommens auf Art. 11 Abs. 1
SR 834.1 Bundesgesetz vom 25. September 1952 über den Erwerbsersatz (Erwerbsersatzgesetz, EOG) - Erwerbsersatzgesetz
EOG Art. 11 Berechnung der Entschädigung - 1 Grundlage für die Ermittlung des durchschnittlichen vordienstlichen Erwerbseinkommens bildet das Einkommen, von dem die Beiträge nach dem AHVG38 erhoben werden.39 Der Bundesrat erlässt Vorschriften über die Bemessung der Entschädigung und lässt durch das Bundesamt für Sozialversicherungen40 verbindliche Tabellen mit aufgerundeten Beträgen aufstellen.
1    Grundlage für die Ermittlung des durchschnittlichen vordienstlichen Erwerbseinkommens bildet das Einkommen, von dem die Beiträge nach dem AHVG38 erhoben werden.39 Der Bundesrat erlässt Vorschriften über die Bemessung der Entschädigung und lässt durch das Bundesamt für Sozialversicherungen40 verbindliche Tabellen mit aufgerundeten Beträgen aufstellen.
2    Der Bundesrat kann für Dienstleistende, die nur vorübergehend nicht erwerbstätig waren oder die wegen des Dienstes keine Erwerbstätigkeit aufnehmen konnten, besondere Vorschriften über die Bemessung ihrer Entschädigung erlassen.
EOG.
Art. 11 Abs. 1
SR 834.1 Bundesgesetz vom 25. September 1952 über den Erwerbsersatz (Erwerbsersatzgesetz, EOG) - Erwerbsersatzgesetz
EOG Art. 11 Berechnung der Entschädigung - 1 Grundlage für die Ermittlung des durchschnittlichen vordienstlichen Erwerbseinkommens bildet das Einkommen, von dem die Beiträge nach dem AHVG38 erhoben werden.39 Der Bundesrat erlässt Vorschriften über die Bemessung der Entschädigung und lässt durch das Bundesamt für Sozialversicherungen40 verbindliche Tabellen mit aufgerundeten Beträgen aufstellen.
1    Grundlage für die Ermittlung des durchschnittlichen vordienstlichen Erwerbseinkommens bildet das Einkommen, von dem die Beiträge nach dem AHVG38 erhoben werden.39 Der Bundesrat erlässt Vorschriften über die Bemessung der Entschädigung und lässt durch das Bundesamt für Sozialversicherungen40 verbindliche Tabellen mit aufgerundeten Beträgen aufstellen.
2    Der Bundesrat kann für Dienstleistende, die nur vorübergehend nicht erwerbstätig waren oder die wegen des Dienstes keine Erwerbstätigkeit aufnehmen konnten, besondere Vorschriften über die Bemessung ihrer Entschädigung erlassen.
EOG sieht unter dem Titel "Berechnung der Entschädigung" vor:

1 Grundlage für die Ermittlung des durchschnittlichen vordienstlichen Erwerbseinkommens bildet das Einkommen, von dem die Beiträge nach dem AHVG erhoben werden. Der Bundesrat erlässt Vorschriften über die Bemessung der Entschädigung und lässt durch das Bundesamt für Sozialversicherungen verbindliche Tabellen mit aufgerundeten Beträgen aufstellen.

Art. 7 Abs. 1
SR 834.11 Erwerbsersatzverordnung vom 24. November 2004 (EOV)
EOV Art. 7 Entschädigung für Selbstständigerwerbende - (Art. 11 EOG)
1    Die Entschädigung für Selbstständigerwerbende wird aufgrund des auf den Tag umgerechneten Erwerbseinkommens berechnet, das für den letzten vor dem Einrücken verfügten AHV-Beitrag massgebend war. Für die Umrechnung werden Perioden nicht berücksichtigt, in denen eine Person kein oder nur ein vermindertes Erwerbseinkommen erzielt hat wegen:
a  Krankheit;
b  Unfall;
c  Dienst im Sinne von Artikel 1a EOG;
d  Mutterschaftsurlaub im Sinne von Artikel 329f OR13 oder Urlaub des andern Elternteils im Sinne von Artikel 329gbis OR;
e  Betreuung eines gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindes im Sinne von Artikel 16o EOG.14
1bis    Wird für das Jahr der Dienstleistung später ein anderer AHV-Beitrag verfügt, so kann die Neuberechnung der Entschädigung verlangt werden.15
2    Für Personen, die glaubhaft machen, dass sie während der Zeit des Dienstes eine selbstständige Erwerbstätigkeit von längerer Dauer aufgenommen hätten, wird die Entschädigung auf Grund des Erwerbseinkommens berechnet, das sie verdient hätten.
3    War eine selbstständig erwerbende Person nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 194616 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) nicht beitragspflichtig, so wird die Entschädigung auf Grund des Erwerbseinkommens berechnet, das sie während des Jahres erzielt hat, das dem Einrücken vorangegangen ist.
EOV hält - als ausführende Bemessungsvorschrift - unter dem Titel "Entschädigung für Selbständigerwerbende" fest:

1 Die Entschädigung wird auf Grund des auf den Tag umgerechneten Erwerbseinkommens berechnet, das für den letzten vor dem Einrücken verfügten AHV-Beitrag massgebend war. Wird für das Jahr der Dienstleistung später ein anderer AHV-Beitrag verfügt, so kann die Neuberechnung der Entschädigung verlangt werden.
Aus den genannten Bestimmungen erhellt ohne Weiteres, dass sowohl für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzung gemäss Art. 2 Abs. 3bis Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall als auch für die Bemessung der Entschädigung nach deren Art. 5 das für die Bemessung der AHV-Beiträge entscheidende Erwerbseinkommen massgeblich ist (vgl. explizit die spätere Fassung von Art. 2 Abs. 3bis Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall in der vom 6. Juli bis zum 16. September 2020 geltenden Version). Dementsprechend rechtfertigt es sich, auch im Rahmen der Anwendung von Art. 2 Abs. 3bis
SR 834.11 Erwerbsersatzverordnung vom 24. November 2004 (EOV)
EOV Art. 7 Entschädigung für Selbstständigerwerbende - (Art. 11 EOG)
1    Die Entschädigung für Selbstständigerwerbende wird aufgrund des auf den Tag umgerechneten Erwerbseinkommens berechnet, das für den letzten vor dem Einrücken verfügten AHV-Beitrag massgebend war. Für die Umrechnung werden Perioden nicht berücksichtigt, in denen eine Person kein oder nur ein vermindertes Erwerbseinkommen erzielt hat wegen:
a  Krankheit;
b  Unfall;
c  Dienst im Sinne von Artikel 1a EOG;
d  Mutterschaftsurlaub im Sinne von Artikel 329f OR13 oder Urlaub des andern Elternteils im Sinne von Artikel 329gbis OR;
e  Betreuung eines gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindes im Sinne von Artikel 16o EOG.14
1bis    Wird für das Jahr der Dienstleistung später ein anderer AHV-Beitrag verfügt, so kann die Neuberechnung der Entschädigung verlangt werden.15
2    Für Personen, die glaubhaft machen, dass sie während der Zeit des Dienstes eine selbstständige Erwerbstätigkeit von längerer Dauer aufgenommen hätten, wird die Entschädigung auf Grund des Erwerbseinkommens berechnet, das sie verdient hätten.
3    War eine selbstständig erwerbende Person nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 194616 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) nicht beitragspflichtig, so wird die Entschädigung auf Grund des Erwerbseinkommens berechnet, das sie während des Jahres erzielt hat, das dem Einrücken vorangegangen ist.
Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall auf die zu den Art. 11 Abs. 1
SR 834.1 Bundesgesetz vom 25. September 1952 über den Erwerbsersatz (Erwerbsersatzgesetz, EOG) - Erwerbsersatzgesetz
EOG Art. 11 Berechnung der Entschädigung - 1 Grundlage für die Ermittlung des durchschnittlichen vordienstlichen Erwerbseinkommens bildet das Einkommen, von dem die Beiträge nach dem AHVG38 erhoben werden.39 Der Bundesrat erlässt Vorschriften über die Bemessung der Entschädigung und lässt durch das Bundesamt für Sozialversicherungen40 verbindliche Tabellen mit aufgerundeten Beträgen aufstellen.
1    Grundlage für die Ermittlung des durchschnittlichen vordienstlichen Erwerbseinkommens bildet das Einkommen, von dem die Beiträge nach dem AHVG38 erhoben werden.39 Der Bundesrat erlässt Vorschriften über die Bemessung der Entschädigung und lässt durch das Bundesamt für Sozialversicherungen40 verbindliche Tabellen mit aufgerundeten Beträgen aufstellen.
2    Der Bundesrat kann für Dienstleistende, die nur vorübergehend nicht erwerbstätig waren oder die wegen des Dienstes keine Erwerbstätigkeit aufnehmen konnten, besondere Vorschriften über die Bemessung ihrer Entschädigung erlassen.
EOG und Art. 7 Abs. 1
SR 834.11 Erwerbsersatzverordnung vom 24. November 2004 (EOV)
EOV Art. 7 Entschädigung für Selbstständigerwerbende - (Art. 11 EOG)
1    Die Entschädigung für Selbstständigerwerbende wird aufgrund des auf den Tag umgerechneten Erwerbseinkommens berechnet, das für den letzten vor dem Einrücken verfügten AHV-Beitrag massgebend war. Für die Umrechnung werden Perioden nicht berücksichtigt, in denen eine Person kein oder nur ein vermindertes Erwerbseinkommen erzielt hat wegen:
a  Krankheit;
b  Unfall;
c  Dienst im Sinne von Artikel 1a EOG;
d  Mutterschaftsurlaub im Sinne von Artikel 329f OR13 oder Urlaub des andern Elternteils im Sinne von Artikel 329gbis OR;
e  Betreuung eines gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindes im Sinne von Artikel 16o EOG.14
1bis    Wird für das Jahr der Dienstleistung später ein anderer AHV-Beitrag verfügt, so kann die Neuberechnung der Entschädigung verlangt werden.15
2    Für Personen, die glaubhaft machen, dass sie während der Zeit des Dienstes eine selbstständige Erwerbstätigkeit von längerer Dauer aufgenommen hätten, wird die Entschädigung auf Grund des Erwerbseinkommens berechnet, das sie verdient hätten.
3    War eine selbstständig erwerbende Person nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 194616 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) nicht beitragspflichtig, so wird die Entschädigung auf Grund des Erwerbseinkommens berechnet, das sie während des Jahres erzielt hat, das dem Einrücken vorangegangen ist.
EOV ergangene Rechtsprechung zurückzugreifen.

5.3. Im Sinne der Art. 11 Abs. 1
SR 834.1 Bundesgesetz vom 25. September 1952 über den Erwerbsersatz (Erwerbsersatzgesetz, EOG) - Erwerbsersatzgesetz
EOG Art. 11 Berechnung der Entschädigung - 1 Grundlage für die Ermittlung des durchschnittlichen vordienstlichen Erwerbseinkommens bildet das Einkommen, von dem die Beiträge nach dem AHVG38 erhoben werden.39 Der Bundesrat erlässt Vorschriften über die Bemessung der Entschädigung und lässt durch das Bundesamt für Sozialversicherungen40 verbindliche Tabellen mit aufgerundeten Beträgen aufstellen.
1    Grundlage für die Ermittlung des durchschnittlichen vordienstlichen Erwerbseinkommens bildet das Einkommen, von dem die Beiträge nach dem AHVG38 erhoben werden.39 Der Bundesrat erlässt Vorschriften über die Bemessung der Entschädigung und lässt durch das Bundesamt für Sozialversicherungen40 verbindliche Tabellen mit aufgerundeten Beträgen aufstellen.
2    Der Bundesrat kann für Dienstleistende, die nur vorübergehend nicht erwerbstätig waren oder die wegen des Dienstes keine Erwerbstätigkeit aufnehmen konnten, besondere Vorschriften über die Bemessung ihrer Entschädigung erlassen.
EOG und 7 Abs. 1 EOV sind nicht nur definitive Beitragsverfügungen, sondern auch Akontoverfügungen für die Berechnung der Entschädigung massgeblich (Urteil 9C 253/2014 vom 28. Juli 2014 E. 6.1; vgl. auch KS CE Rz. 1065 [in sämtlichen Fassungen ab 17. April 2020]). Auf diese abzustellen besteht dann kein Anlass, wenn die Verwaltung im Verfügungszeitpunkt bereits über Unterlagen verfügt, anhand derer sie die Entschädigung exakt berechnen kann (etwa: definitive Steuerveranlagung, zit. Urteil 9C 253/2014, a.a.O., E. 6.2; KS CE, a.a.O.). Davon gehen auch Ausgleichskasse und BSV aus.

5.3.1. Inwiefern es die Dringlichkeit gebieten würde, Akontoverfügungen ausser Acht zu lassen, die noch vor Erlass der Leistungsentscheide über den Corona-Erwerbsersatz ergangen sind, allein weil diese auf erst nach dem 17. März 2020 gemeldeten Anpassungen beruhen, ist nicht ersichtlich und legt die Ausgleichskasse auch nicht dar. Jedenfalls leuchtet nicht ein, weshalb "eine Anspruchsprüfung des CEE (Corona-Erwerbsersatz) deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen und unter Umständen mehrere Monate bis Jahre dauern" sollte, nur weil die Ausgleichskasse ihre Verfügung auf die im Verfügungszeitpunkt jeweils aktuellste - notabene von ihr selbst erlassene - Akontorechnung für das Jahr 2019 abstützen muss, liegt ihr diese doch naturgemäss bereits vor.

5.3.2. Die Ausgleichskasse verweist auf eine erhöhte Gefahr rechtsmissbräuchlichen Verhaltens bei Berücksichtigung von nach dem 17. März 2020 geänderten Akontorechnungen. Eine allgemeine Befürchtung rechtsmissbräuchlichen Verhaltens vermag es jedoch nicht zu rechtfertigen, auf dem Wege der Verwaltungsweisung eine von Verordnungsgeber nicht vorgesehene zeitliche Grenze per 17. März 2020 für die Berücksichtigung von Änderungen der Akontobeiträge zu statuieren und damit gleichsam prophylaktisch die Anwendung der Bestimmungen, auf welche die Covid-19-Verordnung Erwerbsersatz verweist, weitgehend zu vereiteln (vgl. auch oben E. 2.2). Mit der Vorinstanz liegt es bei Bestehen eines Missbrauchsverdachts vielmehr an der Ausgleichskasse, die versicherte Person aufzufordern, das von ihr gemeldete Einkommen näher zu plausibilisieren. Dies gilt unabhängig eines Gesuchs um Ausrichtung von Corona-Erwerbsersatz: Die Akontobeiträge sind durch die Verwaltung zu bestimmen, die dabei vom Einkommen gemäss letzter (definitiver) Beitragsverfügung ausgeht, es sei denn, die beitragspflichtige Person mache glaubhaft, dieses entspreche offensichtlich nicht dem voraussichtlichen Einkommen (Art. 24 Abs. 2
SR 831.101 Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV)
AHVV Art. 24 Akontobeiträge - 1 Im laufenden Beitragsjahr haben die Beitragspflichtigen periodisch Akontobeiträge zu leisten.
1    Im laufenden Beitragsjahr haben die Beitragspflichtigen periodisch Akontobeiträge zu leisten.
2    Die Ausgleichskassen bestimmen die Akontobeiträge auf Grund des voraussichtlichen Einkommens des Beitragsjahres. Sie können dabei vom Einkommen ausgehen, das der letzten Beitragsverfügung zu Grunde lag, es sei denn der Beitragspflichtige mache glaubhaft, dieses entspreche offensichtlich nicht dem voraussichtlichen Einkommen.
3    Zeigt sich während oder nach Ablauf des Beitragsjahres, dass das Einkommen wesentlich vom voraussichtlichen Einkommen abweicht, so passen die Ausgleichskassen die Akontobeiträge an.
4    Die Beitragspflichtigen haben den Ausgleichskassen die für die Festsetzung der Akontobeiträge erforderlichen Auskünfte zu erteilen, Unterlagen auf Verlangen einzureichen und wesentliche Abweichungen vom voraussichtlichen Einkommen zu melden.
5    Werden innert Frist die erforderlichen Auskünfte nicht erteilt, die Unterlagen nicht eingereicht oder die Akontobeiträge nicht bezahlt, so setzen die Ausgleichskassen die geschuldeten Akontobeiträge in einer Verfügung fest.
AHVV). Eine Anpassung der Akontobeiträge auf Meldung
der versicherten Person hin bedingt mithin, dass die Ausgleichskasse zumindest summarisch die Glaubhaftigkeit des gemeldeten Einkommens prüft. Im vorliegenden Fall hat die Verwaltung die Akontobeiträge 2019 der Beschwerdegegnerin auf deren Meldung vom 6. April 2020 hin am 7. April 2020 angepasst. Dass Anzeichen bestanden hätten für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der hier am Recht stehenden Versicherten, macht die Ausgleichskasse nicht geltend. Es ist denn auch aktenkundig, dass die Beschwerdegegnerin bereits im vorangehenden Jahr 2018 - gleich wie im Jahr 2019 - zunächst für ein selbständiges Erwerbseinkommen von Fr. 0.- veranlagt wurde, was erst später - dort sogar erst nach Eingang der definitiven Steuerveranlagung - an den tatsächlich erzielten Verdienst angepasst wurde.

5.3.3. Nach dem Gesagten hat die Ausgleichskasse Bundesrecht verletzt, indem sie bei der Prüfung des Anspruchs der Beschwerdegegnerin auf Corona-Erwerbsersatz nicht auf dasjenige Erwerbseinkommen des Jahres 2019 abgestellt hat, das dem letzten verfügten AHV-Beitrag zugrunde lag. Die Anwendung einer zeitlichen Grenze per 17. März 2020 für die Berücksichtigung von Änderungen diesbezüglich ist vom Wortlaut der Covid-19-Verordnung Erwerbsersatz nicht gedeckt (vgl. auch UELI KIESER, § 23: Covid-19-Erlasse und Sozialversicherungsrecht, in: Covid-19: Ein Panorama der Rechtsfragen zur Corona-Krise, 2020, Rz. 43). Ein entsprechender Wille des Verordnungsgebers lässt sich denn auch - entgegen der Beschwerdeführerin - nicht den Erläuterungen zur Covid-19-Verordnung Erwerbsausfall und deren jeweiligen Änderungen entnehmen (abrufbar unter: https://www.bsv.admin.ch/dam/bsv/de/dokumente/eo/faktenblaetter/covid-erlaeuterungen-gesammelt.pdf.download.pdf/covid-erlaeuterungen -gesammelt-de.pdf, zuletzt besucht am 17. Juni 2021). Den vom 17. März bis 22. April 2020 und vom 6. Juli bis zum 16. September 2020 geltenden Fassungen des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Covid-19-Verordnung Erwerbsersatz sowie Art. 5 Abs. 2ter der Fassungen ab 17. September 2020 lässt
sich immerhin entnehmen, es solle eine einmal festgelegte Entschädigung nur noch aufgrund bis zum 16. September 2020 vorliegender Unterlagen angepasst werden. Die Ausführungen des KS CE sind vor diesem Hintergrund zu verstehen. Dessen Rz. 1041.3 verweist hinsichtlich der Ermittlung der Einkommensgrenzen auf die sinngemäss anzuwendenden Rz. 1065 (in der ab dem 17. April 2020 geltenden Fassung) bzw. auf Rz. 1065-1068 (in der von der Vorinstanz beigezogenen, ab 3. Juli 2020 geltenden, Fassung). Rz. 1065 gibt (in beiden Versionen) im Wesentlichen die in E. 5.3 (Ingress) hiervor dargestellte Rechtsprechung wieder, woraus die Beschwerdeführerin für ihren Rechtsstandpunkt nichts ableiten kann. Die Rz. 1068 KS CE, worauf sich sowohl die Ausgleichskasse als auch das BSV berufen, bezieht sich nach klarem Wortlaut lediglich - übereinstimmend mit dem Willen des Verordnungsgebers - auf nachträgliche Änderungen der Entschädigung aufgrund Anpassung des Erwerbseinkommens. Hingegen beschlägt sie zum Vornherein nicht Konstellationen, in denen - wie hier - die erstmalige Festlegung der Entschädigung strittig ist. Weiterungen zu den in Rz. 1068 angesprochenen zeitlichen Grenzen der Nachmeldung von Einkommen im Rahmen einer nachträglichen
Entschädigungsänderung erübrigen sich, da vorliegend keine solche zu beurteilen ist.

5.4. Im Ergebnis hat es beim vorinstanzlichen Entscheid sein Bewenden und ist die Beschwerde abzuweisen. Zu präzisieren ist nach dem Gesagten immerhin: Soweit das k antonale Gericht die Verwaltung ohne nähere Einschränkung angewiesen hat, das tatsächliche Ein kommen 2019 zu ermitteln, wird die Ausgleichskasse dabei auf die im Verfügungszeitpunkt aktuellste ihr vorliegende Beitragsverfügung für das Jahr 2019 abzustellen haben (oben E. 5.2 f.). Zu weiteren, eigenen Abklärungen bezüglich des 2019 erzielten Einkommens ist sie grundsätzlich nicht verpflichtet.

6.
Die unterliegende Beschwerdeführerin trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
Satz 1 BGG). Bei diesem Verfahrensausgang ist das Gesuch der Beschwerdegegnerin um Kostenbefreiung gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, 4. Kammer, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 30. Juni 2021
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Parrino

Die Gerichtsschreiberin: Oswald
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 9C_53/2021
Datum : 30. Juni 2021
Publiziert : 21. Juli 2021
Quelle : Bundesgericht
Status : Publiziert als BGE-147-V-278
Sachgebiet : Erwerbersatzordnung
Gegenstand : Erwerbsersatz für Dienstleistende und bei Mutterschaft (Covid-19)


Gesetzesregister
AHVV: 24
SR 831.101 Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV)
AHVV Art. 24 Akontobeiträge - 1 Im laufenden Beitragsjahr haben die Beitragspflichtigen periodisch Akontobeiträge zu leisten.
1    Im laufenden Beitragsjahr haben die Beitragspflichtigen periodisch Akontobeiträge zu leisten.
2    Die Ausgleichskassen bestimmen die Akontobeiträge auf Grund des voraussichtlichen Einkommens des Beitragsjahres. Sie können dabei vom Einkommen ausgehen, das der letzten Beitragsverfügung zu Grunde lag, es sei denn der Beitragspflichtige mache glaubhaft, dieses entspreche offensichtlich nicht dem voraussichtlichen Einkommen.
3    Zeigt sich während oder nach Ablauf des Beitragsjahres, dass das Einkommen wesentlich vom voraussichtlichen Einkommen abweicht, so passen die Ausgleichskassen die Akontobeiträge an.
4    Die Beitragspflichtigen haben den Ausgleichskassen die für die Festsetzung der Akontobeiträge erforderlichen Auskünfte zu erteilen, Unterlagen auf Verlangen einzureichen und wesentliche Abweichungen vom voraussichtlichen Einkommen zu melden.
5    Werden innert Frist die erforderlichen Auskünfte nicht erteilt, die Unterlagen nicht eingereicht oder die Akontobeiträge nicht bezahlt, so setzen die Ausgleichskassen die geschuldeten Akontobeiträge in einer Verfügung fest.
BGG: 29 
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 29 Prüfung - 1 Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit von Amtes wegen.
1    Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit von Amtes wegen.
2    Bestehen Zweifel, ob das Bundesgericht oder eine andere Behörde zuständig ist, so führt das Gericht mit dieser Behörde einen Meinungsaustausch.
66 
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
93
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 93 Andere Vor- und Zwischenentscheide - 1 Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde zulässig:
1    Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde zulässig:
a  wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können; oder
b  wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde.
2    Auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen und dem Gebiet des Asyls sind Vor- und Zwischenentscheide nicht anfechtbar.85 Vorbehalten bleiben Beschwerden gegen Entscheide über die Auslieferungshaft sowie über die Beschlagnahme von Vermögenswerten und Wertgegenständen, sofern die Voraussetzungen von Absatz 1 erfüllt sind.
3    Ist die Beschwerde nach den Absätzen 1 und 2 nicht zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, so sind die betreffenden Vor- und Zwischenentscheide durch Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, soweit sie sich auf dessen Inhalt auswirken.
EOG: 2  5 
SR 834.1 Bundesgesetz vom 25. September 1952 über den Erwerbsersatz (Erwerbsersatzgesetz, EOG) - Erwerbsersatzgesetz
EOG Art. 5
11
SR 834.1 Bundesgesetz vom 25. September 1952 über den Erwerbsersatz (Erwerbsersatzgesetz, EOG) - Erwerbsersatzgesetz
EOG Art. 11 Berechnung der Entschädigung - 1 Grundlage für die Ermittlung des durchschnittlichen vordienstlichen Erwerbseinkommens bildet das Einkommen, von dem die Beiträge nach dem AHVG38 erhoben werden.39 Der Bundesrat erlässt Vorschriften über die Bemessung der Entschädigung und lässt durch das Bundesamt für Sozialversicherungen40 verbindliche Tabellen mit aufgerundeten Beträgen aufstellen.
1    Grundlage für die Ermittlung des durchschnittlichen vordienstlichen Erwerbseinkommens bildet das Einkommen, von dem die Beiträge nach dem AHVG38 erhoben werden.39 Der Bundesrat erlässt Vorschriften über die Bemessung der Entschädigung und lässt durch das Bundesamt für Sozialversicherungen40 verbindliche Tabellen mit aufgerundeten Beträgen aufstellen.
2    Der Bundesrat kann für Dienstleistende, die nur vorübergehend nicht erwerbstätig waren oder die wegen des Dienstes keine Erwerbstätigkeit aufnehmen konnten, besondere Vorschriften über die Bemessung ihrer Entschädigung erlassen.
EOV: 7
SR 834.11 Erwerbsersatzverordnung vom 24. November 2004 (EOV)
EOV Art. 7 Entschädigung für Selbstständigerwerbende - (Art. 11 EOG)
1    Die Entschädigung für Selbstständigerwerbende wird aufgrund des auf den Tag umgerechneten Erwerbseinkommens berechnet, das für den letzten vor dem Einrücken verfügten AHV-Beitrag massgebend war. Für die Umrechnung werden Perioden nicht berücksichtigt, in denen eine Person kein oder nur ein vermindertes Erwerbseinkommen erzielt hat wegen:
a  Krankheit;
b  Unfall;
c  Dienst im Sinne von Artikel 1a EOG;
d  Mutterschaftsurlaub im Sinne von Artikel 329f OR13 oder Urlaub des andern Elternteils im Sinne von Artikel 329gbis OR;
e  Betreuung eines gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindes im Sinne von Artikel 16o EOG.14
1bis    Wird für das Jahr der Dienstleistung später ein anderer AHV-Beitrag verfügt, so kann die Neuberechnung der Entschädigung verlangt werden.15
2    Für Personen, die glaubhaft machen, dass sie während der Zeit des Dienstes eine selbstständige Erwerbstätigkeit von längerer Dauer aufgenommen hätten, wird die Entschädigung auf Grund des Erwerbseinkommens berechnet, das sie verdient hätten.
3    War eine selbstständig erwerbende Person nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 194616 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) nicht beitragspflichtig, so wird die Entschädigung auf Grund des Erwerbseinkommens berechnet, das sie während des Jahres erzielt hat, das dem Einrücken vorangegangen ist.
BGE Register
112-IB-39 • 122-V-85 • 144-II-326 • 146-V-331 • 147-V-79
Weitere Urteile ab 2000
9C_253/2014 • 9C_285/2020 • 9C_53/2021
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
erwerbsausfall • erwerbseinkommen • vorinstanz • aargau • versicherungsgericht • bundesgericht • einspracheentscheid • bundesamt für sozialversicherungen • verhalten • entscheid • gerichtskosten • berechnung • angewiesener • frage • zwischenentscheid • wiese • bundesrat • wille • weiler • einkommensgrenze
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