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6B_229/2020


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

6B 229/2020

Urteil vom 29. April 2020

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin van de Graaf,
Bundesrichterin Koch,
Gerichtsschreiber Briw.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Stephan Bernard,
Beschwerdeführer,

gegen

1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich,
2. Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich, Massnahmen und Bewährung 4,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Verlängerung der stationären Massnahme; Nachverfahren,

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 23. Januar 2020 (UH190338-O/U/BEE).

Sachverhalt:

A.
A.________ wurde vom Obergericht des Kantons Zürich am 11. Juli 2014 wegen versuchter vorsätzlicher Tötung, unter Berücksichtigung eines bereits rechtskräftigen Schuldspruchs wegen Raufhandels und Sachbeschädigung, zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren (mit Anrechnung von Hafttagen) verurteilt. Der Vollzug der Freiheitsstrafe wurde zugunsten einer stationären Massnahme im Sinne von Art. 59 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 59 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn:
und 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 59 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn:
StGB aufgeschoben.
Er wurde vom Bezirksgericht Zürich am 21. März 2016 sodann wegen versuchter Erpressung, Raubes, Diebstahls und Hausfriedensbruchs zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten verurteilt. Der Vollzug der Freiheitsstrafe wurde zugunsten der bereits angeordneten stationären Massnahme aufgeschoben.

B.
Im Hinblick auf den Ablauf der fünfjährigen Höchstdauer der Massnahme am 10. Juli 2019 beantragte das Amt für Justizvollzug beim Bezirksgericht Zürich am 27. Mai 2019 die Verlängerung der Massnahme um 4 Jahre. Dieses verlängerte am 4. Oktober 2019 die Massnahme um 4 Jahre und schob die Freiheitsstrafe erneut auf.
Das Obergericht des Kantons Zürich wies die von A.________ erhobene Beschwerde am 23. Januar 2020 ab.

C.
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, den vorinstanzlichen Beschluss aufzuheben, die beantragte Verlängerung der Massnahme abzuweisen, die Reststrafe zu vollziehen oder eventualiter die stationäre Massnahme um 18 Monate zu verlängern und ihm die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, der Fall unterscheide sich fundamental von anderen Massnahmenfällen. Es seien ihm über die Jahre die unterschiedlichsten psychiatrischen Diagnosen mit 13 verschiedenen psychischen Störungen zugeschrieben worden. Das Anlassurteil sei gestützt auf die Diagnose einer manisch-depressiven Erkrankung (ICD-10: F31.6) ergangen (zudem sei ein schädlicher Gebrauch von Alkohol und Cannabis festgestellt worden). Nun solle nach dem angefochtenen Beschluss ein komplett anderes Störungsbild die Fortsetzung der Massnahme rechtfertigen, nämlich eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit dissozialen und narzisstischen Anteilen. Die Vorinstanz halte dazu lapidar fest, das aktuelle Gutachten vom Mai 2019 erkläre die Abweichung vom Erstgutachten eingehend. Auf die Beschwerde, dass angesichts der Auswahlsendung an Diagnosen gar keine psychische Störung vorliege, gehe die Vorinstanz nicht ein, weshalb dies erneut vorgetragen werden müsse (Beschwerde S. 4).
Erforderlich sei eine exakte Diagnose und die Störung müsse einen erheblichen Schweregrad aufweisen. Beide Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Die ICD-10-Klassifikation sei eine entscheidende Bezugsgrösse. Der Beschwerdeführer begründet seine Ansicht unter den Gesichtspunkten: die exakte Diagnose bilde kein blosses Eingangskriterium, sie sei Indikator für Therapie und Intervention und sie werde durch das Erfordernis der Kausalität verlangt. Diesen Erfordernissen werde nicht nachgelebt. Zu beachten seien neben den divergierenden Erst- und Zweitgutachten die weiteren Expertenmeinungen. Es handle sich um Diagnosen aus komplett unterschiedlichen ICD-10-Diagnose-Gruppen. Angehörige der Justiz hätten sich in Erinnerung zu rufen, dass forensisch-psychiatrische Diagnosen nicht willkürlich gestellt werden dürften, sondern sich auf einheitliche Standards und Leitlinien zu stützen hätten (mit Hinweis auf MARIANNE HEER, Kriterien für eine Umschreibung der Schwere einer psychischen Störung gemäss Art. 59
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 59 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn:
und 63
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
StGB, in Heer/Habermeyer/Bernard [Hrsg.], Die schwere psychische Störung als Voraussetzung von therapeutischen Massnahmen, Forum Justiz und Psychiatrie, Band 4, Bern 2019). Es könne nicht auf die zufällig zuletzt vertretene Diagnose
abgestützt werden (Beschwerde S. 12).

Selbst bei Annahme einer exakt definierten Diagnose obliege es dem Gericht, den Schweregrad im Sinne von Art. 59 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 59 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn:
StGB zu beurteilen. Eine Persönlichkeitsstörung müsse auch in anderen Lebensbereichen als in der Delinquenz erkennbar sein (HEER, a.a.O., S. 32). Bereits diese Voraussetzung sei nicht gegeben. Auf seinen Fall sei das Urteil 6B 1083/2017 vom 21. November 2017 übertragbar. Der Beschwerdeführer verweist weiter auf den "Mindeststandard für die Schuldfähigkeitsgutachten", der in BGE 140 IV 49 E. 2.4.1 als tauglich erachtet werde. Auch diese Voraussetzungen seien nicht aufgezeigt und lägen nicht vor. Es erstaune daher nicht, dass selbst das aktuelle Gutachten von einer bloss mittelgradigen Persönlichkeitsstörung ausgehe (Beschwerde S. 15). Erst aufgrund des früheren Alkohol- und Cannabisabusus solle die Störung schwer sein. Diese abrupte und nicht nachvollziehbare Begründung widerspreche den Voraussetzungen für schwere Persönlichkeitsstörungen (Beschwerde S. 16). Es bestehe eine Tendenz zu einer Inflation psychiatrischer Diagnosen. Bei unklarer Diagnose müsse die mildere Massnahme getroffen werden. Das sei vorliegend der Vollzug der Freiheitsstrafe (Beschwerde S. 18). Eventualiter sei die Massnahme um 18 Monate zu
verlängern. Bei den empfohlenen vier Jahren Verlängerung handle es sich um eine Fantasiezahl. Die Justiz sei gefordert, nicht alles psychiatrisch möglicherweise Wünschenswerte eins-zu-eins in einer Null-Risiko-Strategie umzusetzen (Beschwerde S. 19, 20).

1.2. Die Vorinstanz führt aus, nach dem aktuellen Gutachten vom Mai 2019 sei die Fortführung der stationären Massnahmen aus forensisch-psychiatrischer Sicht indiziert. Der Gutachter attestiere eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit dissozialen und narzisstischen Anteilen (ICD-10: F61.0). Die Störung sei als mindestens mittelgradig schwer einzustufen. Zusätzlich werde die Diagnose eines schädlichen Gebrauchs von Cannabis und Alkohol (ICD-10: F12.1 und ICD-10: F10.1) gestellt. Insgesamt handle es sich um eine schwere psychische Störung. Der Beschwerdeführer habe bereits bei der Anlasstat an dieser Störung gelitten. Die Risikoanalysen hätten ein sehr ungünstiges Bild ergeben. Der Gutachter bejahe die Behandelbarkeit der Störung sowie auch die Fähigkeit, sich auf die Therapie einzulassen und weitere Fortschritte zu erzielen. Eine ambulante Behandlung könne er nicht empfehlen.

Die Vorinstanz verneint ein fehlerhaftes Gutachten. Es sei sorgfältig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei begründet. Die Abweichung vom Erstgutachten werde eingehend erklärt. Das Gericht sei nicht veranlasst, an der Richtigkeit des Gutachtens zu zweifeln. Der Substanzmissbrauch sei nicht überwunden. Die Rückfallprognose, insbesondere für Gewaltdelikte, sei sehr ungünstig. Die Therapie habe sich inzwischen stabilisiert. Der Beschwerdeführer sei motivierter und habe eine selbstkritischere Haltung eingenommen. Es sei denkbar, dass er die Fortsetzung der Behandlung im Hinblick auf Vollzugslockerungen als Chance erkenne und sich sein Therapiewille verbessere. Die Verlängerung der Massnahme sei verhältnismässig. Die Störung werde als komplex und die Behandlung als aufwändig bezeichnet. Eine erfolgreiche Behandlung benötige ein genügend grosses Zeitfenster.

1.3. Die Vorinstanz legt die Voraussetzungen einer Verlängerung der stationären therapeutischen Massnahme im Nachverfahren im Sinne von Art. 59 Abs. 4
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 59 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn:
StGB gemäss Gesetz und Rechtsprechung dar. Darauf kann hier verwiesen werden. Das Gericht stützt sich bei diesem Entscheid auf eine (hinreichend aktuelle) Begutachtung durch eine fachkompetente Person (Art. 56 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 56 - 1 Eine Massnahme ist anzuordnen, wenn:
StGB). Die Vorinstanz hält in entscheidwesentlicher Hinsicht zutreffend fest, dass das Gericht zwar das Gutachten frei würdigt (Art. 10 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 10 Unschuldsvermutung und Beweiswürdigung - 1 Jede Person gilt bis zu ihrer rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
StPO), dass es aber nicht ohne triftige Gründe vom massgebenden aktuellen Gutachten (Art. 56 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 56 - 1 Eine Massnahme ist anzuordnen, wenn:
StGB) abweichen darf (BGE 141 IV 369 E. 6.1).
Das Gericht muss neben fortbestehender Massnahmenbedürftigkeit und Behandelbarkeit eine Abwägung zwischen der vom Insassen ausgehenden Gefahr und dem Eingriff in seine Freiheitsrechte vornehmen, wobei nur die Gefahr relativ schwerer Delikte eine Verlängerung rechtfertigen kann; auch bei der Festlegung der Dauer der Verlängerung ist das Verhältnismässigkeitsprinzip zu beachten (STEFAN HEIMGARTNER, in Andreas Donatsch et al., StGB/JStG, Kommentar, 20. Aufl. 2018, N. 12 zu Art. 59
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 59 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn:
StGB).

Der Beschwerdeführer thematisiert wesentliche Gesichtspunkte zu den Anforderungen an eine Begutachtung und deren vorzugswürdiger Beurteilung durch die Gerichte. Zu prüfen hat das Bundesgericht indes einzig die ihm zur Beurteilung gestützt auf den konkreten Sachverhalt (Art. 105 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.96
BGG) vorgelegte vorinstanzliche Rechtsanwendung. Soweit der Beschwerdeführer sinngemäss Kritik an der erstmaligen Anordnung der Massnahme vom 11. Juli 2014 übt, genügt er den Begründungsanforderungen an die Beschwerde nicht (Art. 42 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 42 Rechtsschriften - 1 Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
1    Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
1bis    Wurde in einer Zivilsache das Verfahren vor der Vorinstanz in englischer Sprache geführt, so können Rechtsschriften in dieser Sprache abgefasst werden.14
2    In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so ist auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist. 15 16
3    Die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat; richtet sich die Rechtsschrift gegen einen Entscheid, so ist auch dieser beizulegen.
4    Bei elektronischer Einreichung muss die Rechtsschrift von der Partei oder ihrem Vertreter beziehungsweise ihrer Vertreterin mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201617 über die elektronische Signatur versehen werden. Das Bundesgericht bestimmt in einem Reglement:
a  das Format der Rechtsschrift und ihrer Beilagen;
b  die Art und Weise der Übermittlung;
c  die Voraussetzungen, unter denen bei technischen Problemen die Nachreichung von Dokumenten auf Papier verlangt werden kann.18
5    Fehlen die Unterschrift der Partei oder ihrer Vertretung, deren Vollmacht oder die vorgeschriebenen Beilagen oder ist die Vertretung nicht zugelassen, so wird eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels angesetzt mit der Androhung, dass die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibt.
6    Unleserliche, ungebührliche, unverständliche, übermässig weitschweifige oder nicht in einer Amtssprache verfasste Rechtsschriften können in gleicher Weise zur Änderung zurückgewiesen werden.
7    Rechtsschriften, die auf querulatorischer oder rechtsmissbräuchlicher Prozessführung beruhen, sind unzulässig.
BGG). Darauf ist nicht einzutreten.

1.4. Der Beschwerdeführer vermag nicht durchzudringen. Der Gutachter diagnostizierte eine kombinierte Persönlichkeitsstörung von mindestens mittelgradiger Schwere in Kombination mit Stoffabusus (Alkohol und Cannabis), wobei der Cannabiskonsum entgegen der Beschwerde mittlerweile selbst im strukturierten Massnahmenvollzug keineswegs überwunden ist (Beschluss S. 11). Der Vorwurf des Beschwerdeführers, die Vorinstanz lege der Verlängerung der Massnahme kein konkretes Störungsbild zugrunde, erweist sich als unbegründet, zumal sich die Vorinstanz auf das von ihr eingeholte Gutachten und die darin enthaltenen Diagnosen abstützt. Dabei entspricht das aktuelle Gutachten den fachlichen Standards und der Gutachter begründet die Abweichungen von früheren Diagnosen schlüssig. Insoweit bestand für die Vorinstanz kein Grund, von der Einschätzung des aktuellen Gutachtens abzuweichen.
Es ist sodann nachvollziehbar, dass ein psychisches Störungsbild und ein Substanzmissbrauch in dieser Kombination gutachterlich und in der Folge von beiden kantonalen Gerichten als schwere psychische Störung im Sinne von Art. 59 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 59 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn:
StGB (vgl. zur Publikation bestimmtes Urteil 6B 933/2018 vom 3. Oktober 2019 E. 3.5.3 f.) eingestuft wurde (Beschluss S. 11). Zu verweisen ist hinsichtlich der Argumentation in der Beschwerde ausserdem auf die weiter differenzierenden E. 3.5.5 und E. 3.5.6 dieses Urteils 6B 933/2018, wonach der (funktionale) Begriff der psychischen Störung auf die Rückfallprävention auszurichten ist und deshalb die forensisch-psychiatrische Begutachtung nicht abstrakt auf die Codierung des ICD-10 abgestellt werden kann, dass vielmehr eine Kombination von minder schweren Befunden eine Störungsqualität in der gesetzlich vorgesehenen Schwere begründen kann (a.a.O., E. 3.5.6). Es steht ausser Frage, dass dieser Sachverhalt (auch) der sorgfältigen juristischen Prüfung bedarf, insbesondere beim umstrittenen Störungsbild der dissozialen Persönlichkeitsstörungen (vgl. a.a.O., E. 3.5.4 zur angekündigten überarbeiteten Fassung des ICD-11).
Nach dem massgebenden Gutachten ist die Störung behandelbar und die Behandlung sowohl geeignet als auch erforderlich, um das Rückfallrisiko zu verringern, d.h. "der Gefahr weiterer mit der psychischen Störung des Täters in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen zu begegnen" (Art. 59 Abs. 4
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 59 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn:
StGB), mithin die Legalprognose zu verbessern. Nach HEER/HABERMEYER lassen "Psychotherapien in den meisten Fällen von Persönlichkeitsstörungen aber gewisse Therapieerfolge erwarten" (in: Basler Kommentar, Strafrecht I, 4. Aufl. 2019, N. 69 zu Art. 59
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 59 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn:
StGB).

Das Rückfallrisiko betrifft erwartbare schwere Gewaltdelikte (oben Sachverhalt A). Damit überwiegt in der Interessenabwägung das öffentliche Sicherheitsinteresse das private Interesse des Beschwerdeführers, der eine Verkürzung der Massnahmenverlängerung auf 18 Monate bzw. die Versetzung in den Vollzug der Reststrafe beantragt. Er sucht damit die anforderungsreiche, aber notwendige deliktorientierte Massnahmenarbeit zu vermeiden. Der geforderte Verzicht auf die von der öffentlichen Hand angebotene und gesetzlich gebotene Therapie hilft einerseits dem Beschwerdeführer persönlich nicht vorwärts und vermindert andererseits bei m angestrebten Abbruch der Behandlung und einer untherapierten Entlassung die Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht, da unter diesen Voraussetzungen nicht von einer Einsicht des Beschwerdeführers ausgegangen werden kann, sodass die Gefährdung durch Gewaltdelikte fortbestehen würde. Nach dem Gutachten ist dagegen anzunehmen, dass durch die Verlängerung der Massnahme und damit der therapeutischen Wirksamkeit dieser fortbestehenden Gefahr begegnet werden kann. Die Massnahmenverlängerung erweist sich deshalb als nicht unverhältnismässig; sie ist erforderlich, geeignet und zumutbar (Art. 36 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 36 Einschränkungen von Grundrechten - 1 Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr.
BV; Art. 56
Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 56 - 1 Eine Massnahme ist anzuordnen, wenn:
StGB; vgl. BGE 145 IV 65 E. 2.6.1 S. 74; 142 IV 105 E. 5.4 S 112; 135 IV 139 E. 2.4 S. 144; Urteil 6B 173/2019 vom 24. Oktober 2019 E. 5.3). Die Legalprognose lässt sich deutlich verbessern. Daher verletzt die vorinstanzliche Verlängerung der stationären therapeutischen Massnahme kein Bundesrecht.

2.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist gutzuheissen. Entsprechend sind keine Gerichtskosten zu erheben und der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers aus der Bundesgerichtskasse zu entschädigen (Art. 64 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 64 Unentgeltliche Rechtspflege - 1 Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
1    Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
2    Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt das Bundesgericht der Partei einen Anwalt oder eine Anwältin. Der Anwalt oder die Anwältin hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung aus der Gerichtskasse, soweit der Aufwand für die Vertretung nicht aus einer zugesprochenen Parteientschädigung gedeckt werden kann.
3    Über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entscheidet die Abteilung in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen. Vorbehalten bleiben Fälle, die im vereinfachten Verfahren nach Artikel 108 behandelt werden. Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin kann die unentgeltliche Rechtspflege selbst gewähren, wenn keine Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind.
4    Die Partei hat der Gerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Rechtsanwalt Stephan Bernard wird aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 3'000.-- entschädigt.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. April 2020

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Briw
6B_229/2020 29. April 2020 17. Mai 2020 Bundesgericht Unpubliziert Strafrecht (allgemein)

Subject Verlängerung der stationären Massnahme; Nachverfahren