Tribunal federal
{T 0/2}
8C 526/2007
Urteil vom 29. April 2008
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold.
Parteien
M.________, 1978, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Monika Fehlmann, Badenerstrasse 13, 5201 Brugg,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Unfallversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 4. Juli 2007.
Sachverhalt:
A.
M.________, geboren 1978, war vom 19. Juni 2000 bis 31. August 2004 bei der Firma X.________ als Sortiererin angestellt und in dieser Eigenschaft bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (nachfolgend: SUVA) gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 28. Oktober 2003 wurde ihr anlässlich einer gynäkologischen Kontrolluntersuchung in der linken Ellenbeuge Blut entnommen. Dabei verletzte die Arztgehilfin den Nervus medianus. In der Folge litt M.________ an Schmerzen und Sensibilitätsstörungen. Die SUVA erbrachte die gesetzlichen Leistungen. Mit Verfügung vom 21. September 2005, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 3. Februar 2006, lehnte die SUVA den Schadensfall nachträglich ab und stellte ihre Leistungen ein.
B.
Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau wies die hiegegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 4. Juli 2007 ab.
C.
M.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, es seien Ziff. 1 und 3 des kantonalen Entscheids aufzuheben und die Sache zur Festsetzung der gesetzlichen Leistungen sowie der Kostenfolgen im kantonalen Verfahren an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter sei die Sache zur Einholung eines weiteren Gutachtens an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem ersucht sie um unentgeltliche Rechtspflege. Die SUVA schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über den Begriff des Unfalls (Art. 4
SR 830.1 Loi fédérale du 6 octobre 2000 sur la partie générale du droit des assurances sociales (LPGA) LPGA Art. 4 Accident - Est réputée accident toute atteinte dommageable, soudaine et involontaire, portée au corps humain par une cause extérieure extraordinaire qui compromet la santé physique, mentale ou psychique ou qui entraîne la mort. |
Zu berichtigen bleibt, dass entgegen den Ausführungen des kantonalen Gerichts der ungewöhnliche äussere Faktor nicht allein schon deshalb zu verneinen ist, weil die medizinische Vornahme im Rahmen einer prophylaktischen Behandlung erfolgte (vgl. RKUV 1992 Nr. U 153 S. 202 sowie BGE 118 V 283, wonach der Indikation zum Eingriff keine Rechtserheblichkeit zukommt).
2.
Es ist unbestritten, dass im Rahmen einer gynäkologischen Kontrolluntersuchung eine Blutentnahme erfolgte, bei welcher die Arztgehilfin die hinter der Vene liegende Bindegewebsaponeurose durchstach und dabei den Nervus medianus verletzte, wonach es zu den geklagten Schmerzen und Sensibilitätsstörungen kam. Streitig ist hingegen, ob dieses Geschehen den Unfallbegriff, insbesondere das Merkmal des ungewöhnlichen äusseren Faktors, erfüllt.
3.
Die Verletzung des Nervus medianus durch die Arztgehilfin ereignete sich anlässlich einer ärztlichen Kontrolluntersuchung, d.h. im Rahmen einer Krankenbehandlung, für welche der Unfallversicherer nicht leistungspflichtig ist. Diesfalls kann ein Behandlungsfehler ausnahmsweise den Unfallbegriff erfüllen, wenn es sich um grobe und ausserordentliche Verwechslungen und Ungeschicklichkeiten oder sogar um absichtliche Schädigungen handelt, mit denen niemand rechnet oder zu rechnen braucht (RKUV 2003 Nr. U 492 S. 371 E. 2.3 [= U 56/01] mit Hinweisen). Zu prüfen ist somit, ob die Durchstechung der Bindegewebsaponeurose bei einer normalen Blutentnahme in Form einer Venenpunktuation einen ungewöhnlichen äusseren Faktor darstellt bzw. ob der Arztgehilfin als Hilfsperson des Arztes, für welche er einzustehen hat, eine grobe oder ausserordentliche Ungeschicklichkeit vorzuwerfen ist, mit welcher die Versicherte nicht rechnen musste.
4.
4.1 Dr. med. T.________, Oberarzt, Neurologische Klinik, Spital A.________, erstattete am 4. Mai 2005 im Auftrag der SUVA ein neurologisches Gutachten. Darin hielt er fest, dass es sich bei der Verletzung des Nervus medianus im Rahmen einer Blutentnahme um eine "wohlbekannte Komplikation von Venenpunktuationen in der Ellenbeuge" handle. Gemäss Fachliteratur liege die Häufigkeit dieser Komplikation bei 1:25'000, wobei die Autoren der Studie darauf hinweisen würden, dass bei sachgerechtem Vorgehen keine Verletzung der Nerven zu erwarten sei, da der Nerv im Bereich der Ellenbeuge von der oberflächlichen Vene durch eine Bindegewebsaponeurose getrennt sei, die durchstochen werden müsse, damit die Nadel den Nerv erreiche. Weiter führte Dr. med. T.________ aus, es bestünden für ihn keine Zweifel an der Verursachung der Beschwerden durch die Venenpunktuation.
4.2 Gemäss dem Gutachten vom 4. Mai 2005 hat sich bei der Venenpunktuation vom 28. Oktober 2003 ein Risiko verwirklicht, das zwar bei Vornahme einer Blutentnahme bekannt ist, mit welchem aber die versicherte Person nicht rechnen muss. Die Alltäglichkeit einer Blutentnahme spricht denn auch gerade dafür, dass die versicherte Person - anders als etwa bei einer schwierigeren Operation - nicht mit einer bleibenden Schädigung rechnen muss. Die Beschwerdeführerin wurde wohl aus diesem Grund vor dieser Verrichtung nicht über dieses (letztlich eingetretene) Risiko aufgeklärt. Da für eine Verletzung des Nervus medianus nebst der Vene auch die dahinterliegende Bindegewebsaponeurose durchstochen werden muss, ist davon auszugehen, dass die Arztgehilfin in grober Weise nicht sachgerecht vorgegangen ist. Dass dieses Vorgehen ausserordentlich ist, zeigt die Häufigkeit von 1:25'000. Damit ist aber eine grobe und ausserordentliche Ungeschicklichkeit im Rahmen der medizinischen Vornahme erstellt und der ungewöhnliche äussere Faktor zu bejahen. Vorinstanz und Verwaltung haben demnach das Vorliegen dieses Merkmals des Unfallbegriffs zu Unrecht verneint. Die Sache ist somit unter Aufhebung des kantonalen Entscheids vom 4. Juli 2007 und des
Einspracheentscheids vom 3. Februar 2006 an die SUVA zurückzuweisen, damit sie über den Leistungsanspruch neu befinde.
5.
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Die SUVA hat als unterliegende Partei die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Loi du 17 juin 2005 sur le Tribunal fédéral (LTF) - Organisation judiciaire LTF Art. 66 Recouvrement des frais judiciaires - 1 En règle générale, les frais judiciaires sont mis à la charge de la partie qui succombe. Si les circonstances le justifient, le Tribunal fédéral peut les répartir autrement ou renoncer à les mettre à la charge des parties. |
|
1 | En règle générale, les frais judiciaires sont mis à la charge de la partie qui succombe. Si les circonstances le justifient, le Tribunal fédéral peut les répartir autrement ou renoncer à les mettre à la charge des parties. |
2 | Si une affaire est liquidée par un désistement ou une transaction, les frais judiciaires peuvent être réduits ou remis. |
3 | Les frais causés inutilement sont supportés par celui qui les a engendrés. |
4 | En règle générale, la Confédération, les cantons, les communes et les organisations chargées de tâches de droit public ne peuvent se voir imposer de frais judiciaires s'ils s'adressent au Tribunal fédéral dans l'exercice de leurs attributions officielles sans que leur intérêt patrimonial soit en cause ou si leurs décisions font l'objet d'un recours. |
5 | Sauf disposition contraire, les frais judiciaires mis conjointement à la charge de plusieurs personnes sont supportés par elles à parts égales et solidairement. |
SR 173.110 Loi du 17 juin 2005 sur le Tribunal fédéral (LTF) - Organisation judiciaire LTF Art. 68 Dépens - 1 Le Tribunal fédéral décide, dans son arrêt, si et dans quelle mesure les frais de la partie qui obtient gain de cause sont supportés par celle qui succombe. |
|
1 | Le Tribunal fédéral décide, dans son arrêt, si et dans quelle mesure les frais de la partie qui obtient gain de cause sont supportés par celle qui succombe. |
2 | En règle générale, la partie qui succombe est tenue de rembourser à la partie qui a obtenu gain de cause, selon le tarif du Tribunal fédéral, tous les frais nécessaires causés par le litige. |
3 | En règle générale, aucuns dépens ne sont alloués à la Confédération, aux cantons, aux communes ou aux organisations chargées de tâches de droit public lorsqu'ils obtiennent gain de cause dans l'exercice de leurs attributions officielles. |
4 | L'art. 66, al. 3 et 5, est applicable par analogie. |
5 | Le Tribunal fédéral confirme, annule ou modifie, selon le sort de la cause, la décision de l'autorité précédente sur les dépens. Il peut fixer lui-même les dépens d'après le tarif fédéral ou cantonal applicable ou laisser à l'autorité précédente le soin de les fixer. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 4. Juli 2007 und der Einspracheentscheid der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) vom 3. Februar 2006 werden aufgehoben. Es wird die Sache an die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) zurückgewiesen, damit sie über den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Leistungen aus dem Unfall vom 28. Oktober 2003 neu verfüge.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
3.
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2500.- zu entschädigen.
4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Versicherungsgericht des Kantons Aargau zurückgewiesen.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 29. April 2008
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Ursprung Riedi Hunold