Tribunal federal
{T 0/2}
1P.378/2003 /sch
Urteil vom 27. Oktober 2003
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesgerichtsvizepräsident Nay, Bundesrichter Aeschlimann, Reeb, Féraud.
Gerichtsschreiber Störi.
Parteien
Kanton Aargau, 5000 Aarau,
Kläger, vertreten durch den Regierungsrat des Kantons Aargau, Rechtsdienst, Staatskanzlei, Regierungsgebäude, Laurenzenvorstadt 9, 5001 Aarau,
gegen
Kanton St. Gallen, 9001 St. Gallen, vertreten durch das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons St. Gallen, Leiter Rechtsdienst, Oberer Graben 32, 9001 St. Gallen.
Gegenstand
Art. 83 lit. b OG (Bestimmung der zuständigen Vormundschaftsbehörde); staatsrechtliche Klage des Kantons Aargau vom 13. Juni 2002 gegen den Kanton St. Gallen.
Sachverhalt:
A.
Das Bezirksgericht Brugg (AG) schied am 26. Juni 1995 die Ehe zwischen A.X.________ und B.X.________; die elterliche Gewalt über die Kinder C.________ (geb. 16. Juni 1988) und D.________ (geb. 20. Februar 1991) teilte es der Mutter zu.
Am 17. April 2001 entzog die Vormundschaftsbehörde Killwangen (AG) B.X.________ die Obhut über ihre beiden Kinder nach Art. 310 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 310 - 1 Kann der Gefährdung des Kindes nicht anders begegnet werden, so hat die Kindesschutzbehörde es den Eltern oder, wenn es sich bei Dritten befindet, diesen wegzunehmen und in angemessener Weise unterzubringen. |
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1 | Kann der Gefährdung des Kindes nicht anders begegnet werden, so hat die Kindesschutzbehörde es den Eltern oder, wenn es sich bei Dritten befindet, diesen wegzunehmen und in angemessener Weise unterzubringen. |
2 | Die gleiche Anordnung trifft die Kindesschutzbehörde auf Begehren der Eltern oder des Kindes, wenn das Verhältnis so schwer gestört ist, dass das Verbleiben des Kindes im gemeinsamen Haushalt unzumutbar geworden ist und nach den Umständen nicht anders geholfen werden kann. |
3 | Hat ein Kind längere Zeit bei Pflegeeltern gelebt, so kann die Kindesschutzbehörde den Eltern seine Rücknahme untersagen, wenn diese die Entwicklung des Kindes ernstlich zu gefährden droht. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
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1 | Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. |
2 | Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413 |
3 | Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden. |
Nach dem Umzug der Mutter B.X.________ von Killwangen nach Gansingen (AG) übertrug die Vormundschaftsbehörde Killwangen die getroffenen Kindesschutzmassnahmen (Obhutsentzug mit Beistandsschaft, Kontrolle des Kindesvermögens) auf die Vormundschaftsbehörde Gansingen, welche sie mit Beschlüssen vom 6. und 19. August 2002 zur Weiterführung übernahm.
Am 1. Oktober 2002 zog B.X.________ nach Degersheim (SG) weiter, wo sie seither unbestrittenermassen ihren Wohnsitz hat.
B.
Am 11. November 2002 ersuchte die Vormundschaftsbehörde Gansingen die Vormundschaftsbehörde Degersheim um Übernahme und Weiterführung der Kindesschutzmassnahmen. Diese verweigerte die Übernahme am 9. Dezember 2002 mit der Begründung, es bestehe nach Art. 315
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
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1 | Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
2 | Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält. |
3 | Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde. |
Die Kammer für Vormundschaftswesen des Obergerichts des Kantons Aargau ersuchte am 24. April 2003 als zweitinstanzliche kantonale vormundschaftliche Aufsichtsbehörde das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons St. Gallen als zweitinstanzliche kantonale Aufsichtsbehörde, die Vormundschaftsbehörde Degersheim zur Über-
nahme und Weiterführung der erwähnten Kindesschutzmassnahmen anzuhalten. Das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons St. Gallen verweigerte dies mit Schreiben vom 23. Mai 2003.
C.
Mit staatsrechtlicher Klage vom 13. Juni 2003 gegen den Kanton St. Gallen beantragt der Kanton Aargau:
1. Es sei der Kanton St. Gallen zu verpflichten,
a) die im Kanton Aargau durch die Vormundschaftsbehörde Gansingen AG geführten Kindesschutzmassnahmen des Obhutentzuges mit Bei- standschaft für die Kinder
- C.________, geb. 16.06.1988, und
- D.________, geb. 20.02.1991,
durch die Vormundschaftsbehörde Degersheim SG als Vormund- schaftsbehörde am gesetzlichen Wohnsitz der Kinder zur Weiterführung zu übernehmen (vgl. Art. 377
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 377 - 1 Hat sich eine urteilsunfähige Person zur Behandlung nicht in einer Patientenverfügung geäussert, so plant die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt unter Beizug der zur Vertretung bei medizinischen Massnahmen berechtigten Person die erforderliche Behandlung. |
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1 | Hat sich eine urteilsunfähige Person zur Behandlung nicht in einer Patientenverfügung geäussert, so plant die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt unter Beizug der zur Vertretung bei medizinischen Massnahmen berechtigten Person die erforderliche Behandlung. |
2 | Die Ärztin oder der Arzt informiert die vertretungsberechtigte Person über alle Umstände, die im Hinblick auf die vorgesehenen medizinischen Massnahmen wesentlich sind, insbesondere über deren Gründe, Zweck, Art, Modalitäten, Risiken, Nebenwirkungen und Kosten, über Folgen eines Unterlassens der Behandlung sowie über allfällige alternative Behandlungsmöglichkeiten. |
3 | Soweit möglich wird auch die urteilsunfähige Person in die Entscheidfindung einbezogen. |
4 | Der Behandlungsplan wird der laufenden Entwicklung angepasst. |
b) eventuell durch seine kantonale vormundschaftliche Aufsichtsbehörde (Justiz- und Polizeidepartement) die Übernahme und Weiterführung dieser Kindesschutzmassnahmen durch die Vormundschaftsbehörde Degersheim SG zu veranlassen.
2. Unter gesetzlicher Kostenfolge."
Der Kanton St. Gallen beantragt in seiner Klageantwort vom 9. Juli 2003, die Klage abzuweisen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Nach Art. 189 Abs. 1 lit. d
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 189 Zuständigkeiten des Bundesgerichts - 1 Das Bundesgericht beurteilt Streitigkeiten wegen Verletzung: |
|
1 | Das Bundesgericht beurteilt Streitigkeiten wegen Verletzung: |
a | von Bundesrecht; |
b | von Völkerrecht; |
c | von interkantonalem Recht; |
d | von kantonalen verfassungsmässigen Rechten; |
e | der Gemeindeautonomie und anderer Garantien der Kantone zu Gunsten von öffentlich-rechtlichen Körperschaften; |
f | von eidgenössischen und kantonalen Bestimmungen über die politischen Rechte. |
1bis | ...135 |
2 | Es beurteilt Streitigkeiten zwischen Bund und Kantonen oder zwischen Kantonen. |
3 | Das Gesetz kann weitere Zuständigkeiten des Bundesgerichts begründen. |
4 | Akte der Bundesversammlung und des Bundesrates können beim Bundesgericht nicht angefochten werden. Ausnahmen bestimmt das Gesetz. |
Der vorliegende negative Kompetenzkonflikt zwischen den Kantonen Aargau und St. Gallen dreht sich um die Auslegung von Art. 315 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
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1 | Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
2 | Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält. |
3 | Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
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1 | Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
2 | Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält. |
3 | Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde. |
Auf staatsrechtliche Klage hin prüft das Bundesgericht den Streitgegenstand im Rahmen der Parteianträge sowohl in rechtlicher als auch tatsächlicher Hinsicht frei (BGE 125 I 458 E. 1g; 61 I 351; W. Birchmeier, Bundesrechtspflege, Zürich 1950, S. 287).
2.
2.1 Unbestritten ist der einleitend wiedergegebene Sachverhalt, wie ihn der Kanton Aargau in seiner Klage darlegt. Im Weiteren sind sich die Parteien zu Recht darin einig, dass die unmündigen Kinder C.________ und D.________, die seit dem 27. Mai 2001 in einer sozialpädagogischen Gemeinschaft in Eggenwil leben, ihren gesetzlichen Wohnsitz nach Art. 25 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 25 - 1 Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge26 gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz. |
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1 | Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge26 gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz. |
2 | Bevormundete Kinder haben ihren Wohnsitz am Sitz der Kindesschutzbehörde.27 |
2.2 Nach Art. 315 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
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1 | Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
2 | Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält. |
3 | Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde. |
Der Kanton St. Gallen stellt sich auf den Standpunkt, Art. 315 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
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1 | Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
2 | Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält. |
3 | Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde. |
Der Kanton Aargau hält dem entgegen, die Zuständigkeit der Vormundschaftsbehörden müsse nach streng formalen Kriterien eindeutig bestimmbar sein. Zuständig für Kindesschutzmassnahmen sei nach Art. 315 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
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1 | Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
2 | Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält. |
3 | Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
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1 | Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
2 | Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält. |
3 | Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde. |
2.3 Die Gliederung von Art. 315
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
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1 | Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
2 | Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält. |
3 | Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
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1 | Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
2 | Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält. |
3 | Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
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1 | Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
2 | Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält. |
3 | Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde. |
Der Kanton St. Gallen will dieses Problem unter Berufung auf Hegnauer und die erwähnten Richtlinien der Konferenz der Vormundschaftsdirektoren durch eine inhaltliche Beurteilung jedes Einzelfalles lösen und die Zuständigkeit der Vormundschaftsbehörde mit der "grössten Sachnähe" zuweisen. Mit einer einzelfallweisen Verteilung der Zuständigkeit nach einem naturgemäss verschiedenen Interpretationen zugänglichen inhaltlichen Kriterium wären - wie auch der vorliegende Fall zeigt - unergiebige Streitigkeiten über die (kostenträchtige) Übernahme von Kindesschutzmassnahmen vorprogrammiert: dies würde dem Zweck von Art. 315
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
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1 | Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438 |
2 | Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält. |
3 | Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde. |
beurteilen und sogar die Prognose abgeben zu können, dass beide Kinder weiterhin in der sozialpädagogischen Gemeinschaft in Eggenwil betreut werden sollten. Es gibt daher keinen stichhaltigen Grund, von BGE 109 Ib 76 abzuweichen, und es ist daran festzuhalten, dass jedenfalls im negativen Konfliktfall die Zuständigkeit für Kindesschutzmassnahmen bei der Vormundschaftsbehörde am Wohnsitz des schutzbedürftigen Kindes liegt.
Selbst wenn man im Übrigen auf die Argumentation des Kantons St. Gallen abstellen und die Zuständigkeit nach dem Ort mit dem grössten Sachzusammenhang bestimmen wollte, stünde keineswegs fest, dass die Vormundschaftsbehörde Eggenwil die Kindesschutzmassnahmen übernehmen müsste. Einmal war diese bis anhin so wenig mit dem Fall befasst wie die Vormundschaftsbehörde Degersheim, und es ist offen, wie lange die beiden Kinder voraussichtlich noch in Eggenwil bleiben werden. Die Hauptschwierigkeit für die Behörden liegt zudem offenbar darin, mit der Mutter einen vernünftigen Kontakt herzustellen: dies wäre für die Vormundschaftsbehörde Eggenwil offensichtlich noch schwieriger als für diejenige von Degersheim, wo die Mutter wohnt. Ausserdem besteht schon angesichts des Altersunterschiedes zwischen den beiden Kindern von knapp drei Jahren eine erhebliche Wahrscheinlichkeit, dass sie die Gemeinschaft zu unterschiedlichen Zeitpunkten verlassen werden. Da der Aufenthalt die einzige Anknüpfung für die Begründung der Zuständigkeit der Vormundschaftsbehörde Eggenwil darstellt, würde dies nach der vom Kanton St. Gallen vertretenen Rechtsauffassung bedeuten, dass für das zuerst austretende Kind die Vormundschaftsbehörde am neuen Aufenthaltsort des
Kindes zuständig würde. Damit wären zwei Vormundschaftsbehörden mit der Familie X.________ befasst, was kaum sinnvoll erscheint. Dies zeigt jedenfalls, dass sich die Zuständigkeiten nach dem vorgeschlagenen materiellen Kriterium keineswegs mit der angesichts der entgegengesetzten Interessenlage der beteiligten Vormundschaftsbehörden notwendigen Eindeutigkeit bestimmen lassen.
3.
Die Klage ist somit gutzuheissen und der Kanton St. Gallen zu verpflichten, die Übernahme und Weiterführung der Kindesschutzmassnahmen zu Gunsten von C.________ und D.________ durch die Vormundschaftsbehörde ihres gesetzlichen Wohnsitzes in Degersheim zu veranlassen.
Praxisgemäss sind bei einer Streitigkeit nach Art. 83 lit. b OG weder Gerichtskosten zu erheben noch Parteientschädigungen zuzusprechen (BGE 125 I 458 E. 5b S. 473).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Klage wird gutgeheissen und der Kanton St. Gallen verpflichtet, die Übernahme und Weiterführung der Kindesschutzmassnahmen zu Gunsten von C.________ und D.________ durch die Vormundschaftsbehörde Degersheim zu veranlassen.
2.
Es werden keine Kosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird dem Kläger und dem Kanton St. Gallen schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 27. Oktober 2003
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: