Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas

Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts

Prozess
{T 7}
I 771/01

Urteil vom 27. Mai 2003
IV. Kammer

Besetzung
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiberin Polla

Parteien
M.________, 1960, Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin

Vorinstanz
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, Bern

(Entscheid vom 1. November 2001)

Sachverhalt:
A.
Der 1960 geborene irakische Staatsangehörige M.________ reiste am 4. Mai 1995 in die Schweiz ein, wo er als Flüchtling Asyl erhielt. Mit Verfügung vom 12. Dezember 2000 wies die IV-Stelle des Kantons Bern den Anspruch auf berufliche Eingliederungsmassnahmen (Berufsberatung, Umschulung auf eine neue Tätigkeit) sowie eine Rente der Invalidenversicherung ab.
B.
Die von M.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 1. November 2001 ab.
C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt M.________, es seien ihm Leistungen der Invalidenversicherung zuzusprechen. Zudem sei ein weiteres medizinisches Gutachten bezüglich der geklagten Rückenschmerzen einzuholen.

Die IV-Stelle beantragt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Die Vorinstanz hat unter Hinweis auf Art. 1 des Bundesbeschlusses über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und Staatenlosen in der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (FlüB) zutreffend dargelegt, dass der Versicherte als Flüchtling mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz unter den gleichen Voraussetzungen wie Schweizer Bürger Anspruch auf eine ordentliche Rente der Invalidenversicherung hat und dass für die Gewährung einer ausserordentlichen Rente zudem erforderlich ist, dass er sich unmittelbar vor dem Zeitpunkt, von welchem an die Rente verlangt wird, ununterbrochen fünf Jahre in der Schweiz aufgehalten hat (Abs. 2). Als Nichterwerbstätiger hat der Versicherte unter den gleichen Voraussetzungen wie Schweizer Bürger Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen, wenn er unmittelbar vor dem Eintritt der Invalidität Beiträge an die Invalidenversicherung entrichtet hat (Art. 2 Abs. 1
SR 831.131.11 Bundesbeschluss vom 4. Oktober 1962 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und Staatenlosen in der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung
FlüB Art. 2 2. Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung
1    Erwerbstätige Flüchtlinge mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz haben unter den gleichen Voraussetzungen wie Schweizer Bürger Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung, wenn sie unmittelbar vor dem Eintritt der Invalidität Beiträge an die Invalidenversicherung entrichtet haben.
2    Die Nichterwerbstätigen sowie die minderjährigen Kinder mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz haben als Flüchtlinge unter den gleichen Voraussetzungen wie Schweizer Bürger Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung, wenn sie sich unmittelbar vor Eintritt der Invalidität ununterbrochen während mindestens eines Jahres in der Schweiz aufgehalten haben. Den minderjährigen Kindern mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz steht dieser Anspruch überdies zu, wenn sie in der Schweiz invalid geboren sind oder sich seit der Geburt ununterbrochen in der Schweiz aufgehalten haben.
3    Den in der Schweiz invalid geborenen Kindern gleichgestellt sind Kinder mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz, die im Ausland invalid geboren sind und deren Mutter sich dort unmittelbar vor der Geburt während höchstens zwei Monaten aufgehalten hat. Der Bundesrat regelt, in welchem Umfang die Invalidenversicherung die Kosten zu übernehmen hat, die sich im Ausland wegen der Invalidität ergeben haben.
FlüB). Richtig sind zudem die Erwägungen zu den gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätzen über den Bezügerkreis von ordentlichen und ausserordentlichen Renten (Art. 36 Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 36 Bezügerkreis und Berechnung - 1 Anspruch auf eine ordentliche Rente haben Versicherte, die bei Eintritt der Invalidität während mindestens drei Jahren Beiträge geleistet haben.228
1    Anspruch auf eine ordentliche Rente haben Versicherte, die bei Eintritt der Invalidität während mindestens drei Jahren Beiträge geleistet haben.228
2    Für die Berechnung der ordentlichen Renten sind die Bestimmungen des AHVG229 sinngemäss anwendbar. Der Bundesrat kann ergänzende Vorschriften erlassen.230
3    ...231
4    Beiträge, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes an die Alters- und Hinterlassenenversicherung geleistet wurden, werden angerechnet.
und 39 Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 39 Bezügerkreis - 1 Der Anspruch von Schweizer Bürgern auf ausserordentliche Renten richtet sich nach den Bestimmungen des AHVG246.247
1    Der Anspruch von Schweizer Bürgern auf ausserordentliche Renten richtet sich nach den Bestimmungen des AHVG246.247
2    ...248
3    Anspruch auf eine ausserordentliche Rente haben auch invalide Ausländer und Staatenlose, die als Kinder die Voraussetzungen von Artikel 9 Absatz 3 erfüllt haben.249
IVG in Verbindung mit Art. 42 Abs. 1
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 42 Bezügerkreis - 1 Anspruch auf eine ausserordentliche Rente haben Schweizer Bürger mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt (Art. 13 ATSG202) in der Schweiz, die während der gleichen Zahl von Jahren versichert waren wie ihr Jahrgang, denen aber keine ordentliche Rente zusteht, weil sie bis zur Entstehung des Rentenanspruchs nicht während eines vollen Jahres der Beitragspflicht unterstellt gewesen sind.203 Der Anspruch steht auch ihren Hinterlassenen zu.
1    Anspruch auf eine ausserordentliche Rente haben Schweizer Bürger mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt (Art. 13 ATSG202) in der Schweiz, die während der gleichen Zahl von Jahren versichert waren wie ihr Jahrgang, denen aber keine ordentliche Rente zusteht, weil sie bis zur Entstehung des Rentenanspruchs nicht während eines vollen Jahres der Beitragspflicht unterstellt gewesen sind.203 Der Anspruch steht auch ihren Hinterlassenen zu.
2    Das Erfordernis des Wohnsitzes und des gewöhnlichen Aufenthalts ist von jedem Versicherten, für den eine Rente ausgerichtet wird, einzeln zu erfüllen.
3    Der Ehegatte, der mit einem obligatorisch versicherten Schweizer Bürger verheiratet ist und im Ausland lebt, aber gemäss internationalem Abkommen oder völkerrechtlicher Übung der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung seines Wohnsitzstaates nicht angehört, ist dem in der Schweiz wohnhaften Ehegatten von Schweizer Bürgern gleichgestellt.
AHVG). Darauf wird verwiesen.
1.2 Anzufügen ist, dass als Invalidität im Sinne des Gesetzes die durch einen körperlichen oder geistigen Gesundheitsschaden als Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall verursachte, voraussichtlich bleibende ode längere Zeit dauernde Erwerbsunfähigkeit gilt (Art. 4 Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 4 Invalidität - 1 Die Invalidität (Art. 8 ATSG46) kann Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall sein.47
1    Die Invalidität (Art. 8 ATSG46) kann Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall sein.47
2    Die Invalidität gilt als eingetreten, sobald sie die für die Begründung des Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche Art und Schwere erreicht hat.48
IVG). Die Invalidität gilt als eingetreten, sobald sie die für die Begründung des Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche Art und Schwere erreicht hat (Art. 4 Abs. 2
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 4 Invalidität - 1 Die Invalidität (Art. 8 ATSG46) kann Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall sein.47
1    Die Invalidität (Art. 8 ATSG46) kann Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall sein.47
2    Die Invalidität gilt als eingetreten, sobald sie die für die Begründung des Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche Art und Schwere erreicht hat.48
IVG). Der Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen entsteht, sobald solche im Hinblick auf Alter und Gesundheitszustand des Versicherten angezeigt sind (Art. 10 Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 10 Beginn und Ende des Anspruchs - 1 Der Anspruch auf Integrationsmassnahmen zur Vorbereitung auf die berufliche Eingliederung sowie auf Massnahmen beruflicher Art entsteht frühestens im Zeitpunkt der Geltendmachung des Leistungsanspruchs nach Artikel 29 Absatz 1 ATSG104.
1    Der Anspruch auf Integrationsmassnahmen zur Vorbereitung auf die berufliche Eingliederung sowie auf Massnahmen beruflicher Art entsteht frühestens im Zeitpunkt der Geltendmachung des Leistungsanspruchs nach Artikel 29 Absatz 1 ATSG104.
2    Der Anspruch auf die übrigen Eingliederungsmassnahmen und die Massnahmen zur Wiedereingliederung nach Artikel 8a entsteht, sobald die Massnahmen im Hinblick auf Alter und Gesundheitszustand der versicherten Person angezeigt sind.105
3    Der Anspruch erlischt, sobald die versicherte Person eine ganze Altersrente nach Artikel 40 Absatz 1 AHVG106 vorbezieht, spätestens aber am Ende des Monats, in dem sie das Referenzalter nach Artikel 21 Absatz 1 AHVG erreicht.107
IVG). Für die Begründung eines Anspruchs auf Berufsberatung genügt ein relativ geringes Mass an gesundheitlich bedingten Schwierigkeiten bei der Berufswahl oder in der Ausübung der bisherigen Tätigkeit (nicht veröffentlichtes Urteil S. vom 15. Oktober 1999, I 11/99). Als invalid bezüglich einer Umschulungsmassnahme nach Art. 17
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 17 Umschulung - 1 Der Versicherte hat Anspruch auf Umschulung auf eine neue Erwerbstätigkeit, wenn die Umschulung infolge Invalidität notwendig ist und dadurch die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich erhalten oder verbessert werden kann.134
1    Der Versicherte hat Anspruch auf Umschulung auf eine neue Erwerbstätigkeit, wenn die Umschulung infolge Invalidität notwendig ist und dadurch die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich erhalten oder verbessert werden kann.134
2    Der Umschulung auf eine neue Erwerbstätigkeit ist die Wiedereinschulung in den bisherigen Beruf gleichgestellt.
IVG gilt, wer nicht hinreichend eingegliedert ist, weil der Gesundheitsschaden eine Art und Schwere erreicht hat, welche die Ausübung der bisherigen Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise unzumutbar macht. Dabei muss der Invaliditätsgrad ein bestimmtes erhebliches Mass erreicht haben; nach der
Rechtsprechung ist dies der Fall, wenn der Versicherte in den ohne zusätzliche berufliche Ausbildung noch zumutbaren Erwerbstätigkeiten eine bleibende oder längere Zeit dauernde Erwerbseinbusse von etwa 20 % erleidet (BGE 124 V 110 f. Erw. 2b mit Hinweisen). Im Falle einer Rente gilt die Invalidität in dem Zeitpunkt als eingetreten, in dem der Anspruch nach Art. 29 Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 29 Beginn des Anspruchs und Auszahlung der Rente - 1 Der Rentenanspruch entsteht frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach Geltendmachung des Leistungsanspruchs nach Artikel 29 Absatz 1 ATSG216, jedoch frühestens im Monat, der auf die Vollendung des 18. Altersjahres folgt.
1    Der Rentenanspruch entsteht frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach Geltendmachung des Leistungsanspruchs nach Artikel 29 Absatz 1 ATSG216, jedoch frühestens im Monat, der auf die Vollendung des 18. Altersjahres folgt.
2    Der Anspruch entsteht nicht, solange die versicherte Person ein Taggeld nach Artikel 22 beanspruchen kann.
3    Die Rente wird vom Beginn des Monats an ausbezahlt, in dem der Rentenanspruch entsteht.
4    Beträgt der Invaliditätsgrad weniger als 50 Prozent, so werden die entsprechenden Renten nur an Versicherte ausbezahlt, die ihren Wohnsitz und ihren gewöhnlichen Aufenthalt (Art. 13 ATSG) in der Schweiz haben. Diese Voraussetzung ist auch von Angehörigen zu erfüllen, für die eine Leistung beansprucht wird.
IVG entsteht, d.h. frühestens wenn der Versicherte mindestens zu 40 % bleibend erwerbsunfähig geworden ist (lit. a) oder während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens zu 40 % arbeitsunfähig gewesen war (lit. b; BGE 127 V 297 Erw. 4b/bb, 119 V 102 Erw. 4a). Der Zeitpunkt des Eintritts der Invalidität ist objektiv auf Grund des Gesundheitszustandes festzustellen; zufällige externe Faktoren sind unerheblich (BGE 126 V 9 Erw. 2b, 160 Erw. 3a, 118 V 82 Erw. 3a mit Hinweisen).
1.3 Zu ergänzen ist zudem, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 12. Dezember 2000) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b).
2.
Entsprechend dem System des leistungsspezifischen Invaliditätseintritts (Art. 4 Abs. 2
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 4 Invalidität - 1 Die Invalidität (Art. 8 ATSG46) kann Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall sein.47
1    Die Invalidität (Art. 8 ATSG46) kann Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall sein.47
2    Die Invalidität gilt als eingetreten, sobald sie die für die Begründung des Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche Art und Schwere erreicht hat.48
IVG) ist der Zeitpunkt des Eintritts des jeweiligen Versicherungsfalls (Rente, Berufsberatung, Umschulung) streitig und zu prüfen.
2.1 Die Vorinstanz hat, insbesondere gestützt auf den medizinischen Bericht der Frau Dr. med. W.________ vom 17. August 2000 sowie desjenigen von Dr. med. K.________, Spezialarzt für Orthopädie, vom 14. November 2000 erwogen, dass der Beschwerdeführer schon vor seiner Einreise in die Schweiz an Rückenschmerzen gelitten habe. Mangels rechtzeitig geleistetem Beitrag (da bei Eintritt der Invalidität nicht während mindestens eines vollen Jahres Beiträge geleistet wurden) könne er weder eine ordentliche Rente noch Eingliederungsmassnahmen beanspruchen. Ebenso wenig bestehe Anspruch auf eine ausserordentliche Rente, da der Beschwerdeführer vor seiner Einreise in die Schweiz im Mai 1995 nicht versichert gewesen sei und somit nicht gleich viele Versicherungsjahre wie sein Jahrgang aufweisen könne.
2.2 Hinsichtlich des Anspruchs auf eine ausserordentliche Rente kann vollumfänglich auf die zutreffenden Erwägungen des kantonalen Gerichts verwiesen werden. Dass der Versicherte vor 1995 nicht versichert war und somit nicht gleich viele Versicherungsjahre wie sein Jahrgang aufweisen kann, wird denn auch zu Recht nicht bestritten.
2.3 Bezüglich der Gewährung einer ordentlichen Rente besteht Einigkeit darin, dass der Beschwerdeführer bereits vor seiner Einreise in die Schweiz in seiner Gesundheit beeinträchtigt war. Ob für ein allfälliges invalidisierendes Leiden Rücken- oder Nacken- und Schulterbeschwerden ursächlich sind, ist dabei unerheblich. Denn auch verschiedene, hintereinander oder kumulativ auftretende Ursachen der Arbeitsunfähigkeit können bei der Anwendung von Art. 29 Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 29 Beginn des Anspruchs und Auszahlung der Rente - 1 Der Rentenanspruch entsteht frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach Geltendmachung des Leistungsanspruchs nach Artikel 29 Absatz 1 ATSG216, jedoch frühestens im Monat, der auf die Vollendung des 18. Altersjahres folgt.
1    Der Rentenanspruch entsteht frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach Geltendmachung des Leistungsanspruchs nach Artikel 29 Absatz 1 ATSG216, jedoch frühestens im Monat, der auf die Vollendung des 18. Altersjahres folgt.
2    Der Anspruch entsteht nicht, solange die versicherte Person ein Taggeld nach Artikel 22 beanspruchen kann.
3    Die Rente wird vom Beginn des Monats an ausbezahlt, in dem der Rentenanspruch entsteht.
4    Beträgt der Invaliditätsgrad weniger als 50 Prozent, so werden die entsprechenden Renten nur an Versicherte ausbezahlt, die ihren Wohnsitz und ihren gewöhnlichen Aufenthalt (Art. 13 ATSG) in der Schweiz haben. Diese Voraussetzung ist auch von Angehörigen zu erfüllen, für die eine Leistung beansprucht wird.
IVG den Rentenanspruch begründen (nicht veröffentlichtes Urteil A. vom 15. Oktober 1998, I 558/97, mit Hinweisen). Aufgrund der medizinischen Aktenlage ist unklar, wann der Versicherungsfall eingetreten ist. Der (in der Schweiz) erstbehandelnde Arzt Dr. med. K.________, welcher den Versicherten am 24. Oktober 1996 untersuchte und in die Krankenakten eintrug: "Seit sechs Jahren Rückenschmerzen, ins rechte Bein ausstrahlend, Sensibilität stets i.O.", vermerkte (trotz Übersetzer) nirgends, dass die Beschwerden unfallursächlich seien, wie der Beschwerdeführer geltend macht (Schreiben vom 14. November 2000 und 19. Februar 2001). Nach Überweisung an die Universitätsklinik für Orthopädische Chirurgie am Spital X.________ wurden im Anschluss an die Untersuchung vom 7. Oktober 1999 die
Diagnose einer vorliegenden Spondylolisthesis L5/S1 bei Spondylolyse L5 beidseits mit pseudoradikulärer Ausstrahlung ins linke Bein sowie das weitere Vorgehen mit dem Beschwerdeführer unter Anwesenheit eines Dolmetschers besprochen. Die Ärzte am Spital X.________ gingen anamnestisch (ohne Hinweis auf einen Unfall) von seit 1990 immer wieder auftretenden Rückenschmerzen aus (Bericht vom 12. Oktober 1999, Schreiben der Dres. med. B.________ und H.________ vom 26. Februar 2001). Auch bei der Anmeldung zum Leistungsbezug wird angegeben, dass die Behinderung bereits seit 1982 bestünde und dass der Beschwerdeführer im Irak während eines Monats einen Rollstuhl besessen habe. Auch aus dem letztinstanzlich vorgelegten irakischen Arztzeugnis des Dr. S.________ vom 23. Oktober 1989, lässt sich nichts Genaueres über Art und Schwere des Leidens ableiten. Dieser hält lediglich in knapper Form fest, dass der Beschwerdeführer aufgrund einer Seitwärtsdrehung der Achse an Nackenbeschwerden gelitten habe und der Ruhe bedurfte. Ob ein gesundheitliches Leiden im hier notwendigen Mass im Sinne einer eingetretenen Invalidität (vgl. Erw. 1 hiervor) bereits im Irak vorlag, kann somit anhand der Aktenlage nicht mit dem beweisrechtlich notwendigen Grad der
überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 126 V 360 Erw. 5b, 125 V 195 Erw. 2, je mit Hinweisen) bejaht werden. Ebenso wenig vermögen die Auskünfte des Flüchtlingsdienstes der Caritas, welcher den Beschwerdeführer nach seiner Einreise in die Schweiz betreute, erhellen, ob das Rückenleiden erst in der Schweiz invalidisierendes Ausmass annahm oder nicht. Gemäss Schreiben vom 28. September 2000 sei der Flüchtlingsdienst oft nur mündlich über die gesundheitlichen Probleme - mit Ausnahme einer verordneten Kur in Y.________ - informiert worden. Wann der Versicherte die Teilnahme an einem Beschäftigungsprogramm sowie an einem Integrationskurs wegen Rückenschmerzen oder anderen gesundheitlichen Problemen kurzfristig abgesagt habe, geht aus den Akten nicht hervor. Auch die Sozialdienste der Gemeinde I.________, welche den Beschwerdeführer als Sozialhilfeempfänger unterstützen, konnten keine weiteren Auskünfte über den Ablauf der medizinischen Problematik erteilen (Schreiben vom 6. September 2000). Anhand der vorliegenden Akten kann demnach auch die Frage nicht beantwortet werden, ob die Invalidität zwischen dem 4. Mai 1995 (Einreisedatum) und 24. Oktober 1996 (erstmals aktenkundiger Arztbesuch in der Schweiz) eintrat.

Ein weiteres ärztliches Gutachten könnte hinsichtlich des Zeitpunktes nicht schlüssig beantworten, ob bereits vor dem Ablauf eines vollen Jahres, in dem der Versicherte Beiträge geleistet hat, ein invalidisierendes Leiden vorlag oder nicht, weshalb davon abzusehen ist. Da im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes jedoch noch nicht alle Mittel ausgeschöpft sind, um den rechtserheblichen Sachverhalt zu erhellen, ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, um die Frage zu klären, ob und wann in einer der Institutionen, mit denen der Beschwerdeführer (als Flüchtling) in Kontakt getreten war, eine leistungsbegründende Behinderung festgestellt wurde. Insbesondere interessiert, wann genau der Beschwerdeführer durch den Flüchtlingsdienst der Caritas im Rahmen der beruflichen Integration in ein Beschäftigungsprogramm und in einen Integrationskurs zugewiesen wurde, welche Massnahmen dieser aus gesundheitlichen Gründen absagte (Schreiben der Caritas vom 28. September 2000) und ob und allenfalls in welchem Ausmass bereits im Durchgangszentrum A.________, welches den Beschwerdeführer nach seiner Einreise in die Schweiz aufnahm, ein gesundheitliches Leiden festgestellt werden konnte.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 1. November 2001 aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, damit sie nach erfolgten Abklärungen im Sinne der Erwägungen über den Anspruch des Beschwerdeführers auf Leistungen der Invalidenversicherung neu entscheide.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 27. Mai 2003

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Die Präsidentin der IV. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : I 771/01
Datum : 27. Mai 2003
Publiziert : 09. Juli 2003
Quelle : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Invalidenversicherung
Gegenstand : Eidgenössisches Versicherungsgericht Tribunale federale delle assicurazioni Tribunal


Gesetzesregister
AHVG: 42
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 42 Bezügerkreis - 1 Anspruch auf eine ausserordentliche Rente haben Schweizer Bürger mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt (Art. 13 ATSG202) in der Schweiz, die während der gleichen Zahl von Jahren versichert waren wie ihr Jahrgang, denen aber keine ordentliche Rente zusteht, weil sie bis zur Entstehung des Rentenanspruchs nicht während eines vollen Jahres der Beitragspflicht unterstellt gewesen sind.203 Der Anspruch steht auch ihren Hinterlassenen zu.
1    Anspruch auf eine ausserordentliche Rente haben Schweizer Bürger mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt (Art. 13 ATSG202) in der Schweiz, die während der gleichen Zahl von Jahren versichert waren wie ihr Jahrgang, denen aber keine ordentliche Rente zusteht, weil sie bis zur Entstehung des Rentenanspruchs nicht während eines vollen Jahres der Beitragspflicht unterstellt gewesen sind.203 Der Anspruch steht auch ihren Hinterlassenen zu.
2    Das Erfordernis des Wohnsitzes und des gewöhnlichen Aufenthalts ist von jedem Versicherten, für den eine Rente ausgerichtet wird, einzeln zu erfüllen.
3    Der Ehegatte, der mit einem obligatorisch versicherten Schweizer Bürger verheiratet ist und im Ausland lebt, aber gemäss internationalem Abkommen oder völkerrechtlicher Übung der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung seines Wohnsitzstaates nicht angehört, ist dem in der Schweiz wohnhaften Ehegatten von Schweizer Bürgern gleichgestellt.
IVG: 4 
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 4 Invalidität - 1 Die Invalidität (Art. 8 ATSG46) kann Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall sein.47
1    Die Invalidität (Art. 8 ATSG46) kann Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall sein.47
2    Die Invalidität gilt als eingetreten, sobald sie die für die Begründung des Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche Art und Schwere erreicht hat.48
10 
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 10 Beginn und Ende des Anspruchs - 1 Der Anspruch auf Integrationsmassnahmen zur Vorbereitung auf die berufliche Eingliederung sowie auf Massnahmen beruflicher Art entsteht frühestens im Zeitpunkt der Geltendmachung des Leistungsanspruchs nach Artikel 29 Absatz 1 ATSG104.
1    Der Anspruch auf Integrationsmassnahmen zur Vorbereitung auf die berufliche Eingliederung sowie auf Massnahmen beruflicher Art entsteht frühestens im Zeitpunkt der Geltendmachung des Leistungsanspruchs nach Artikel 29 Absatz 1 ATSG104.
2    Der Anspruch auf die übrigen Eingliederungsmassnahmen und die Massnahmen zur Wiedereingliederung nach Artikel 8a entsteht, sobald die Massnahmen im Hinblick auf Alter und Gesundheitszustand der versicherten Person angezeigt sind.105
3    Der Anspruch erlischt, sobald die versicherte Person eine ganze Altersrente nach Artikel 40 Absatz 1 AHVG106 vorbezieht, spätestens aber am Ende des Monats, in dem sie das Referenzalter nach Artikel 21 Absatz 1 AHVG erreicht.107
17 
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 17 Umschulung - 1 Der Versicherte hat Anspruch auf Umschulung auf eine neue Erwerbstätigkeit, wenn die Umschulung infolge Invalidität notwendig ist und dadurch die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich erhalten oder verbessert werden kann.134
1    Der Versicherte hat Anspruch auf Umschulung auf eine neue Erwerbstätigkeit, wenn die Umschulung infolge Invalidität notwendig ist und dadurch die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich erhalten oder verbessert werden kann.134
2    Der Umschulung auf eine neue Erwerbstätigkeit ist die Wiedereinschulung in den bisherigen Beruf gleichgestellt.
29 
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 29 Beginn des Anspruchs und Auszahlung der Rente - 1 Der Rentenanspruch entsteht frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach Geltendmachung des Leistungsanspruchs nach Artikel 29 Absatz 1 ATSG216, jedoch frühestens im Monat, der auf die Vollendung des 18. Altersjahres folgt.
1    Der Rentenanspruch entsteht frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach Geltendmachung des Leistungsanspruchs nach Artikel 29 Absatz 1 ATSG216, jedoch frühestens im Monat, der auf die Vollendung des 18. Altersjahres folgt.
2    Der Anspruch entsteht nicht, solange die versicherte Person ein Taggeld nach Artikel 22 beanspruchen kann.
3    Die Rente wird vom Beginn des Monats an ausbezahlt, in dem der Rentenanspruch entsteht.
4    Beträgt der Invaliditätsgrad weniger als 50 Prozent, so werden die entsprechenden Renten nur an Versicherte ausbezahlt, die ihren Wohnsitz und ihren gewöhnlichen Aufenthalt (Art. 13 ATSG) in der Schweiz haben. Diese Voraussetzung ist auch von Angehörigen zu erfüllen, für die eine Leistung beansprucht wird.
36 
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 36 Bezügerkreis und Berechnung - 1 Anspruch auf eine ordentliche Rente haben Versicherte, die bei Eintritt der Invalidität während mindestens drei Jahren Beiträge geleistet haben.228
1    Anspruch auf eine ordentliche Rente haben Versicherte, die bei Eintritt der Invalidität während mindestens drei Jahren Beiträge geleistet haben.228
2    Für die Berechnung der ordentlichen Renten sind die Bestimmungen des AHVG229 sinngemäss anwendbar. Der Bundesrat kann ergänzende Vorschriften erlassen.230
3    ...231
4    Beiträge, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes an die Alters- und Hinterlassenenversicherung geleistet wurden, werden angerechnet.
39
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 39 Bezügerkreis - 1 Der Anspruch von Schweizer Bürgern auf ausserordentliche Renten richtet sich nach den Bestimmungen des AHVG246.247
1    Der Anspruch von Schweizer Bürgern auf ausserordentliche Renten richtet sich nach den Bestimmungen des AHVG246.247
2    ...248
3    Anspruch auf eine ausserordentliche Rente haben auch invalide Ausländer und Staatenlose, die als Kinder die Voraussetzungen von Artikel 9 Absatz 3 erfüllt haben.249
SR 831.131.11: 2
BGE Register
118-V-79 • 119-V-98 • 121-V-362 • 124-V-108 • 125-V-193 • 126-V-353 • 126-V-5 • 127-V-294 • 127-V-466
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1995 • alters-, hinterlassenen- und invalidenversicherung • arzt • arztzeugnis • ausserordentliche rente • begründung des entscheids • berufsausbildung • bundesamt für sozialversicherungen • bundesgericht • bundesgesetz über den allgemeinen teil des sozialversicherungsrechts • chirurgie • dauer • diagnose • eidgenössisches versicherungsgericht • einreise • entscheid • frage • geburtsgebrechen • geistiger gesundheitsschaden • gemeinde • gerichtskosten • gesundheitsschaden • gesundheitszustand • gewöhnlicher aufenthalt • integration • invalidität • irak • iv-stelle • kantonales rechtsmittel • mass • medizinisches gutachten • monat • ordentliche rente • richtigkeit • rollstuhl • sachverhalt • schweizer bürgerrecht • spezialarzt • spondylolisthesis • spondylolyse • stichtag • umschulung • versicherungsfall • vorinstanz • weiler • wiese • zugang