Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6S.163/2005 /gnd

Urteil vom 26. Oktober 2005
Kassationshof

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Kolly,
Gerichtsschreiber Briw.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Frei,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8090 Zürich.

Gegenstand
Strafzumessung (vorsätzliche Tötung),

Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer,
vom 28. Februar 2005 (SE040018/U/jv).

Sachverhalt:
A.
Am 29. Oktober 2003 entstand in der Wohnung von X.________ ein Streit zwischen ihm, seiner Ehefrau und einem Sohn. Nachdem dieser das Haus verlassen hatte, begab sich X.________ - der sich durch seine Ehefrau gedemütigt fühlte - in ein Einkaufszentrum und kaufte ein Beil. Als ihn seine Ehefrau erneut beschimpfte und demütigte, ergriff er das Beil und versetzte ihr mit der Schneide zahlreiche Schläge. Sie erlitt den sofortigen Tod.
B.
Am 28. Februar 2005 fand ihn das Obergericht des Kantons Zürich (I. Strafkammer) der vorsätzlichen Tötung schuldig und bestrafte ihn mit 13 Jahren Zuchthaus.
C.
X.________ erhebt Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Das Obergericht des Kantons Zürich verzichtet auf eine Stellungnahme.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung von Art. 63
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
1    Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
a  der Täter eine mit Strafe bedrohte Tat verübt, die mit seinem Zustand in Zusammenhang steht; und
b  zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit dem Zustand des Täters in Zusammenhang stehender Taten begegnen.
2    Das Gericht kann den Vollzug einer zugleich ausgesprochenen unbedingten Freiheitsstrafe, einer durch Widerruf vollziehbar erklärten Freiheitsstrafe sowie einer durch Rückversetzung vollziehbar gewordenen Reststrafe zu Gunsten einer ambulanten Behandlung aufschieben, um der Art der Behandlung Rechnung zu tragen. Es kann für die Dauer der Behandlung Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen.
3    Die zuständige Behörde kann verfügen, dass der Täter vorübergehend stationär behandelt wird, wenn dies zur Einleitung der ambulanten Behandlung geboten ist. Die stationäre Behandlung darf insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.
4    Die ambulante Behandlung darf in der Regel nicht länger als fünf Jahre dauern. Erscheint bei Erreichen der Höchstdauer eine Fortführung der ambulanten Behandlung notwendig, um der Gefahr weiterer mit einer psychischen Störung in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen zu begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Behandlung um jeweils ein bis fünf Jahre verlängern.
StGB geltend. Die Strafe sei aufgrund der konkreten Umstände unverhältnismässig streng. Zudem sei weder dem Geständnis das richtige Gewicht zugekommen noch seien die weiteren strafmindernden Faktoren korrekt gewichtet worden. Insbesondere hätte sein Alter berücksichtigt werden sollen. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sei es eine aussergewöhnliche Konstellation, wenn gemäss der üblichen Lebenserwartung eine vom Richter auszusprechende Strafe klarerweise eine lebenslängliche Strafe darstelle. Zudem hätte das bisher makellose Vorleben zwingend eine weitere Senkung der ausgesprochenen Strafe nach sich ziehen müssen. Im Resultat hätte daher eine Strafe von maximal acht Jahren zugemessen werden dürfen.
2.
Gemäss Art. 63
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
1    Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
a  der Täter eine mit Strafe bedrohte Tat verübt, die mit seinem Zustand in Zusammenhang steht; und
b  zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit dem Zustand des Täters in Zusammenhang stehender Taten begegnen.
2    Das Gericht kann den Vollzug einer zugleich ausgesprochenen unbedingten Freiheitsstrafe, einer durch Widerruf vollziehbar erklärten Freiheitsstrafe sowie einer durch Rückversetzung vollziehbar gewordenen Reststrafe zu Gunsten einer ambulanten Behandlung aufschieben, um der Art der Behandlung Rechnung zu tragen. Es kann für die Dauer der Behandlung Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen.
3    Die zuständige Behörde kann verfügen, dass der Täter vorübergehend stationär behandelt wird, wenn dies zur Einleitung der ambulanten Behandlung geboten ist. Die stationäre Behandlung darf insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.
4    Die ambulante Behandlung darf in der Regel nicht länger als fünf Jahre dauern. Erscheint bei Erreichen der Höchstdauer eine Fortführung der ambulanten Behandlung notwendig, um der Gefahr weiterer mit einer psychischen Störung in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen zu begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Behandlung um jeweils ein bis fünf Jahre verlängern.
StGB misst der Richter die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Er berücksichtigt die Beweggründe, das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Schuldigen. Die Schwere des Verschuldens bildet das zentrale Kriterium bei der Zumessung der Strafe. Bei deren Bestimmung hat der Richter die Umstände der Tat (so genannte Tatkomponente) zu beachten, also das Ausmass des verschuldeten Erfolges, die Art und Weise der Herbeiführung dieses Erfolges, die Willensrichtung, mit welcher der Täter gehandelt hat und die Beweggründe des Schuldigen. Je leichter es für ihn gewesen wäre, das Gesetz zu respektieren, desto schwerer wiegen dessen Missachtung und damit das Verschulden. Neben diesen auf die Tat bezogenen Faktoren sind auch täterbezogene Elemente (so genannte Täterkomponente) zu berücksichtigen, so das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse des Täters, weiter aber auch sein Verhalten nach der Tat und im Strafverfahren, allenfalls gezeigte Reue und Einsicht sowie die Strafempfindlichkeit (vgl. BGE 129 IV 6 E. 6.1).

Dem Sachrichter steht bei der Gewichtung der genannten Strafzumessungskomponenten ein erheblicher Spielraum des Ermessens zu. Das Bundesgericht greift in diesen im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde, mit der ausschliesslich eine Rechtsverletzung geltend gemacht werden kann, nur ein, wenn der kantonale Richter den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn er von rechtlich nicht massgebenden Gesichtspunkten ausgegangen ist oder wenn er umgekehrt wesentliche Faktoren ausser Acht gelassen hat, und schliesslich, wenn er solche Elemente in Überschreitung oder Missbrauch seines Ermessens falsch gewichtet hat (vgl. BGE 129 IV 6 E. 6.1).
2.1 Nach der Rechtsprechung ist ein hohes Alter unter dem Titel der Strafempfindlichkeit im ordentlichen Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen (BGE 92 IV 201 E. I/d; 96 IV 155 E. III/4; zustimmend Günter Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil II, Bern 1989, § 7 N 55, S. 242; Stefan Trechsel, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl. 1997, Art. 63 N 22; ebenso das deutsche Recht, vgl. BGH vom 21. März 1990 und vom 18. Dezember 1990, in: Strafverteidiger 7/1990 S. 303 und 5/1991 S. 206; kritisch Karsten Schaumann, Alter, Krankheit und Behinderung im deutschen Strafrecht, insbesondere im Strafzumessungsrecht, Frankfurt 2001, insb. S. 80, 86 ff.).

Die Vorinstanz trägt dem hohen Alter des Beschwerdeführers (Jahrgang 1930) hinreichend und bundesrechtskonform Rechnung. Sie verneint bloss eine sehr grosse oder wesentliche Strafreduktion (angefochtenes Urteil S. 27). Zu einer stärkeren Berücksichtigung war sie nicht verpflichtet. Dabei war ihr bewusst, dass der Beschwerdeführer möglicherweise die Strafvollzugsanstalt nicht mehr als freier Mann verlassen wird. Auf den vom Beschwerdeführer herangezogenen Vergleich mit der Strafempfindlichkeit eines Schwerkranken ist hier nicht einzugehen. Das ist eine andere Frage sowie auch eine Frage der Hafterstehungsfähigkeit.
2.2 Wie der Beschwerdeführer einräumt, berücksichtigt die Vorinstanz das kooperative Verhalten, das Geständnis und das letztlich im Verfahren gezeigte positive Nachtatverhalten stark zu seinen Gunsten. Sie war aber nicht gehalten, diesen Strafminderungsfaktoren in jenem vom Beschwerdeführer gewünschten Masse Rechnung zu tragen. Zusammenfassend kann nicht davon ausgegangen werden, die Vorinstanz habe wesentliche Strafzumessungsfaktoren ausser Acht gelassen oder sie in Überschreitung oder in Missbrauch ihres Ermessens falsch gewichtet. Es kann auch keine Rede davon sein, die Strafe sei unhaltbar hoch ausgefallen. Die Vorinstanz qualifiziert das Verschulden zu Recht als ausserordentlich schwer, zumal gewisse Elemente des planmässigen und überlegten Vorgehens zum Mordtatbestand (Art. 112
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 112 - Handelt der Täter besonders skrupellos, sind namentlich sein Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung besonders verwerflich, so ist die Strafe lebenslängliche Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.154
StGB) hin tendieren (angefochtenes Urteil S. 25).
3.
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist abzuweisen. Entsprechend trägt der Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 278 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 112 - Handelt der Täter besonders skrupellos, sind namentlich sein Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung besonders verwerflich, so ist die Strafe lebenslängliche Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.154
BStP).

Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 26. Oktober 2005
Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
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Dokument : 6S.163/2005
Datum : 26. Oktober 2005
Publiziert : 22. November 2005
Quelle : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Strafrecht (allgemein)
Gegenstand : Strafzumessung (vorsätzliche Tötung)


Gesetzesregister
BStP: 278
StGB: 63 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
1    Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
a  der Täter eine mit Strafe bedrohte Tat verübt, die mit seinem Zustand in Zusammenhang steht; und
b  zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit dem Zustand des Täters in Zusammenhang stehender Taten begegnen.
2    Das Gericht kann den Vollzug einer zugleich ausgesprochenen unbedingten Freiheitsstrafe, einer durch Widerruf vollziehbar erklärten Freiheitsstrafe sowie einer durch Rückversetzung vollziehbar gewordenen Reststrafe zu Gunsten einer ambulanten Behandlung aufschieben, um der Art der Behandlung Rechnung zu tragen. Es kann für die Dauer der Behandlung Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen.
3    Die zuständige Behörde kann verfügen, dass der Täter vorübergehend stationär behandelt wird, wenn dies zur Einleitung der ambulanten Behandlung geboten ist. Die stationäre Behandlung darf insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.
4    Die ambulante Behandlung darf in der Regel nicht länger als fünf Jahre dauern. Erscheint bei Erreichen der Höchstdauer eine Fortführung der ambulanten Behandlung notwendig, um der Gefahr weiterer mit einer psychischen Störung in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen zu begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Behandlung um jeweils ein bis fünf Jahre verlängern.
112
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 112 - Handelt der Täter besonders skrupellos, sind namentlich sein Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung besonders verwerflich, so ist die Strafe lebenslängliche Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.154
BGE Register
129-IV-6 • 92-IV-201 • 96-IV-155
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