Tribunal federal
{T 0/2}
2A.538/2003 /leb
Urteil vom 25. November 2003
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.
Parteien
A.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher
Manuel Rohrer, Seilerweg 9, Postfach 5016, 3001 Bern,
gegen
Migrationsdienst des Kantons Bern, Eigerstrasse 73, 3011 Bern,
Haftgericht III Bern-Mittelland, Amthaus, Hodlerstrasse 7, 3011 Bern.
Gegenstand
Ausschaffungshaft (Art. 13b

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den
Entscheid des Haftgerichts III Bern-Mittelland
vom 10. Oktober 2003.
Sachverhalt:
A.
Das Bundesamt für Flüchtlinge lehnte am 9. März 2001 das Asylgesuch des nach eigenen Angaben aus Nigeria stammenden A.________ (geb. 1984) ab und wies ihn aus der Schweiz weg. Die Schweizerische Asylrekurskommission bestätigte diesen Entscheid auf Beschwerde hin am 20. April 2001. Ab 1. September 2001 galt A.________ als verschwunden.
B.
Am 25. September 2003 ersuchte A.________ in der Empfangsstelle X.________ erneut um Asyl. Da er im Zusammenhang mit einem möglicherweise von ihm am 10./11. Oktober 2001 begangenen Diebstahl im Fahndungsregister ausgeschrieben war, wurde er dem Jugendgerichtspräsidenten des Oberlandes des Kantons Bern zugeführt und in Untersuchungshaft genommen. Im Anschluss hieran ordnete der Migrationsdienst des Kantons Bern am 8. Oktober 2003 gegen ihn die Ausschaffungshaft an, welche das Haftgericht III Bern-Mittelland (Haftrichter 1) am 9./10. Oktober 2003 prüfte und für die Dauer von drei Monaten bestätigte.
C.
A.________ hat hiergegen beim Bundesgericht am 7. November 2003 Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht mit dem Antrag, die Haftanordnung und den Bestätigungsentscheid aufzuheben und ihn umgehend aus der Haft zu entlassen. Er macht geltend, es fehle an einem durch die Haft zu sichernden Wegweisungsentscheid, nachdem er zwischen seinen beiden Asylgesuchen die Schweiz verlassen habe.
Das Haftgericht III Bern-Mittelland und der Migrationsdienst des Kantons Bern beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Das Bundesamt für Flüchtlinge hat sich nicht vernehmen lassen. A.________ hat am 17. und 21. November 2003 an seinen Ausführungen und Anträgen festgehalten.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Die zuständige Behörde kann einen Ausländer in Ausschaffungshaft nehmen, wenn die Voraussetzungen von Art. 13b

Ausschaffungshaft entfällt (Urteil 2A.462/ 2003 vom 3. Oktober 2003, E. 2.3.2, Urteil 2A.305/2001 vom 18. Juli 2001, E. 3d).
1.2 Das Haftgericht setzte sich in der Begründung seines Entscheids mit den Ausführungen des Beschwerdeführers, im November 2001 ausgereist und erst am 24. September 2003 von Italien her kommend wieder eingereist zu sein, nicht auseinander; seine Feststellung des relevanten Sachverhalts ist insofern offensichtlich unvollständig, als sich aus seinem Entscheid nicht ergibt, ob und aus welchen Gründen es den entsprechenden Einwand verworfen hat. Es fehlt in diesem Punkt an einer das Bundesgericht bindenden, entscheidwesentlichen Sachverhaltsfeststellung (Art. 105 Abs. 2

1.3 Der Beschwerdeführer entzog sich am 21. November 2001 - und nicht, wie zum Teil irrtümlich in den Akten und insbesondere im Überstellungsbeschluss des Jugendgerichtspräsidenten i.V. des Oberlands vom 7. Oktober 2003 festgehalten, am 21. November 2002 - einer polizeilichen Anhaltung durch Flucht, worauf er am 4. Februar 2002 im Fahndungsregister ausgeschrieben wurde. Gemäss einem vom Beschwerdeführer nachgereichten ärztlichen Zeugnis ist er vom 10. bis 20. Dezember 2002 offenbar in einem Spital in Kaduna wegen Malaria behandelt worden; zudem soll er sich gemäss einer ebenfalls nachträglich eingereichten Anklageschrift des "Court of Kaduna" vom 28. Juli 2003 im Sommer 2003 in Karkkuri aufgehalten und dort an einer nicht bewilligten Kundgebung beteiligt haben. Unter diesen Umständen ist mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer nach seiner polizeilichen Anhaltung im November 2001 tatsächlich ins Ausland abgesetzt hat und offenbar auch nach Nigeria zurückgekehrt ist. Zumindest muss dies aufgrund der vorliegenden Unterlagen, deren Echtheit nicht überprüft werden kann, als glaubhaft gemacht gelten. Davon geht nunmehr wohl auch der Migrationsdienst aus, wenn er in seiner Vernehmlassung darauf
hinweist, "dass der Gesuchsteller [...] auch im September 2003 erneut illegal und ohne jegliche Ausweisdokumente in die Schweiz eingereist" sei. Da mit der Ausreise der Wegweisungsentscheid vom 9. März 2001 dahin gefallen ist und wegen des noch hängigen Asylverfahrens keine neue formlose Wegweisung ergehen konnte (vgl. BGE 121 II 59 ff.), fehlt damit ein zu sichernder Wegweisungsentscheid und verstösst die angeordnete Ausschaffungshaft deshalb gegen Bundesrecht.
2.
Dies führt jedoch nicht zur Haftentlassung: Sowohl der Migrationsdienst wie das Haftgericht haben die Ausschaffungshaft des Beschwerdeführers nicht nur auf den Haftgrund der Untertauchensgefahr (Art. 13b Abs. 1 lit. c




Anhaltspunkte dafür, dass dieses nicht innert absehbarer Frist erledigt werden könnte, bestehen nicht (vgl. Art. 13c Abs. 6

3.
3.1 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit in dem Sinne teilweise gutzuheissen, als die vom Haftgericht am 10. Oktober 2003 als Ausschaffungshaft genehmigte Haft nicht als solche, sondern als Vorbereitungshaft zu genehmigen ist; im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
3.2 Obwohl der Beschwerdeführer teilweise obsiegt, rechtfertigt es sich nicht, dem Kanton Bern Kosten aufzuerlegen. Es ist indessen dem Gesuch des bedürftigen Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu entsprechen, nachdem seine Eingabe nicht zum Vornherein aussichtslos war und er mit seinem Antrag auf Haftentlassung unterliegt (vgl. Art. 152

Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne teilweise gutgeheissen, dass die vom Haftgericht III Bern-Mittelland am 10. Oktober 2003 als Ausschaffungshaft genehmigte Haft mit Wirkung ab 7. Oktober 2003 für drei Monate als Vorbereitungshaft bewilligt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
2.
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege bewilligt, und es wird ihm Fürsprecher Manuel Rohrer als unentgeltlicher Rechtsbeistand beigegeben.
3.
Es werden keine Kosten erhoben.
4.
Dem Vertreter des Beschwerdeführers, Fürsprecher Manuel Rohrer, wird für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 1'500.-- aus der Bundesgerichtskasse ausgerichtet.
5.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Migrationsdienst des Kantons Bern und dem Haftgericht III Bern-Mittelland sowie dem Bundesamt für Flüchtlinge schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 25. November 2003
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: