Bundesstrafgericht
Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal
Geschäftsnummer: BB.2015.30
Beschluss vom 24. Juni 2015 Beschwerdekammer
Besetzung
Bundesstrafrichter Andreas J. Keller, Vorsitz, Cornelia Cova und Patrick Robert-Nicoud, Gerichtsschreiberin Chantal Blättler Grivet Fojaja
Parteien
Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland, Gesuchstellerin
gegen
1. Eidgenössische Revisionsaufsichtsbehörde (RAB),
2. Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II, Gesuchsgegner
Gegenstand
Aktenbeizug (Art. 194 Abs. 3

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 194 Beizug von Akten - 1 Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte ziehen Akten anderer Verfahren bei, wenn dies für den Nachweis des Sachverhalts oder die Beurteilung der beschuldigten Person erforderlich ist. |
Sachverhalt:
A. Mit Anzeige vom 12. Dezember 2013 erstatteten A., B. und C. bei der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland Strafanzeige gegen Unbekannt unter anderem wegen Verletzung des Bankgeheimnisses im Sinne von Art. 47

SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz BankG Art. 47 - 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich: |
|
a | ein Geheimnis offenbart, das ihm in seiner Eigenschaft als Organ, Angestellter, Beauftragter oder Liquidator einer Bank oder einer Person nach Artikel 1b oder als Organ oder Angestellter einer Prüfgesellschaft anvertraut worden ist oder das er in dieser Eigenschaft wahrgenommen hat; |
b | zu einer solchen Verletzung des Berufsgeheimnisses zu verleiten sucht; |
c | ein ihm nach Buchstabe a offenbartes Geheimnis weiteren Personen offenbart oder für sich oder einen anderen ausnützt. |
B. Gestützt auf diese E-Mail vom 15. Oktober 2013 entzog die RAB A. mit Datum vom 30. Januar 2014 in einem Gewährsverfahren die Zulassung als Revisionsexperte für fünf Jahre und löschte die entsprechende Eintragung im Revisionsregister. Dagegen erhob A. Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (Geschäftsnummer B-1171/2014) (Verfahrensakten RAB Urk. 68 und 75).
Ebenfalls am 30. Januar 2014 erstattete die RAB bei der Staatsanwaltschaft Frauenfeld Strafanzeige gegen A. wegen Verstosses gegen Art. 40 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Zulassung und Beaufsichtigung der Revisorinnen und Revisoren (Revisionsaufsichtsgesetz, RAG; SR 221.302) und wegen Ausnützen der Kenntnis vertraulicher Tatsachen (Art. 161 aStGB). Die Bundesanwaltschaft vereinigte diese Verfahren in der Folge mit der bereits bei ihr gegen A. eröffneten Strafuntersuchung SV.14.02227 (Verfahrensakten RAB Urk. 70).
C. Mit Schreiben vom 25. Februar und 7. März 2014 ersuchte die Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland die RAB um Bekanntgabe der Identität des Verfassers der E-Mail vom 15. Oktober 2013. Dies wurde von der RAB mit Schreiben vom 3. April 2014 verweigert (Verfahrensakten Ordner Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland Urk. 098 ff.).
D. Die Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland gelangte am 11. Februar 2015 an das Bundesverwaltungsgericht und ersuchte rechtshilfeweise um Herausgabe dessen Akten betreffend Geschäftsnummer B-1171/2014, einschliesslich der E-Mail vom 15. Oktober 2013 in nicht anonymisierter Form. Auf entsprechende Anfrage des Bundesverwaltungsgerichts hin vom 17. Februar 2015 beantragte die RAB am 24. Februar 2015, dem Akteneinsichtsersuchen der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland sei nicht stattzugeben.
In der Folge kam es zu einem Schriftenwechsel zwischen dem Bundesverwaltungsgericht und der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland. Dabei teilte das Bundesverwaltungsgericht der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland mit, es erachtete sich als nicht zuständig, den Konflikt betreffend Beizug von Akten aus dem Verwaltungsverfahren zwischen der RAB und der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland zu beurteilen. Mit Schreiben vom 10. März 2015 hielt es sodann fest, dass das Beschwerdeverfahren am 4. März 2015 zufolge Vergleichs als gegenstandslos geworden abgeschrieben und die Verfahrensakten der RAB retourniert worden seien. Mit formeller Verfügung vom 17. März 2015 schrieb das Bundesverwaltungsgericht das Rechtshilfeersuchen der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland vom 11. Februar 2015 mit Bezug auf die Vorakten der RAB als gegenstandslos geworden ab. Hinsichtlich der beim Bundesverwaltungsgericht verbleibenden Akten gewährte es – mit Ausnahme des gerichtlichen Vergleichs zwischen A. und der RAB – Einsicht in dieselben (Verfahrensakten Ordner Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland Urk. 230 ff.).
E. Mit Eingabe vom 18. März 2015 gelangt die Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts und ersucht darum, die RAB anzuweisen, ihr die vollständigen RAB-Akten Register-Nr. 104'628 einschliesslich der E-Mail Whistleblowing vom 15. Oktober 2013 16:07:55 ohne Anonymisierung gemäss Beilage 56 des RAB-Aktenverzeichnisses zugehen zu lassen (act. 1). Auf entsprechende Aufforderung der Beschwerdekammer vom 24. März 2015 hin erklärte die Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland mit Schreiben vom 26. März 2015, dass sich ihr Ersuchen um Aktenbeizug sowohl gegen die RAB wie auch gegen das Bundesverwaltungsgericht richte (act. 2 und 3).
F. Während das Bundesverwaltungsgericht auf die Einreichung einer Gesuchsantwort verzichtet (act. 5), beantragt die RAB in ihrer Eingabe vom 21. April 2015 die Abweisung des Ersuchens, eventualiter die Sistierung des Verfahrens bis die Bundesanwaltschaft darüber befinde, ob ein Strafverfahren eröffnet oder das Verfahren an das zuständige Strafgericht überwiesen werde. Subeventualiter seien der Gesuchstellerin nur die anonymisierten Beilagen Nr. 56a, 64, 67 und 69 zugänglich zu machen, andernfalls sei der Drittperson das rechtliche Gehör zu gewähren, bevor ihre Identität preisgegeben werde. Der Gesuchstellerin sei bis zur rechtskräftigen Erledigung des vorliegenden Verfahrens keine Einsicht in die Akten und insbesondere nicht in die Beilagen Nr. 56, 64a, 67a, 69a und 113a zu gewähren (act. 7).
Die Replik der Gesuchstellerin und die Duplik der RAB gingen am 30. April bzw. 18. Mai 2015 beim Gericht ein (act. 9 und act. 11).
Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:
1.
1.1 Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte ziehen Akten anderer Verfahren bei, wenn dies für den Nachweis des Sachverhalts oder die Beurteilung der beschuldigten Person erforderlich ist (Art. 194 Abs. 1

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 194 Beizug von Akten - 1 Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte ziehen Akten anderer Verfahren bei, wenn dies für den Nachweis des Sachverhalts oder die Beurteilung der beschuldigten Person erforderlich ist. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 194 Beizug von Akten - 1 Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte ziehen Akten anderer Verfahren bei, wenn dies für den Nachweis des Sachverhalts oder die Beurteilung der beschuldigten Person erforderlich ist. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 194 Beizug von Akten - 1 Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte ziehen Akten anderer Verfahren bei, wenn dies für den Nachweis des Sachverhalts oder die Beurteilung der beschuldigten Person erforderlich ist. |
Die Zuständigkeit der Beschwerdekammer ergibt sich aus Art. 37 Abs. 1

SR 173.71 Bundesgesetz vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG) - Strafbehördenorganisationsgesetz StBOG Art. 37 Zuständigkeiten - 1 Die Beschwerdekammern des Bundesstrafgerichts treffen die Entscheide, für welche die StPO13 die Beschwerdeinstanz oder das Bundesstrafgericht als zuständig bezeichnet. |
|
1 | Die Beschwerdekammern des Bundesstrafgerichts treffen die Entscheide, für welche die StPO13 die Beschwerdeinstanz oder das Bundesstrafgericht als zuständig bezeichnet. |
2 | Sie entscheiden zudem über: |
a | Beschwerden in internationalen Rechtshilfeangelegenheiten gemäss: |
a1 | dem Rechtshilfegesetz vom 20. März 198114, |
a2 | dem Bundesgesetz vom 21. Dezember 199515 über die Zusammenarbeit mit den internationalen Gerichten zur Verfolgung schwerwiegender Verletzungen des humanitären Völkerrechts, |
a3 | dem Bundesgesetz vom 22. Juni 200116 über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof, |
a4 | dem Bundesgesetz vom 3. Oktober 197517 zum Staatsvertrag mit den Vereinigten Staaten von Amerika über gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen; |
b | Beschwerden, die ihnen das Bundesgesetz vom 22. März 197418 über das Verwaltungsstrafrecht zuweist; |
c | Beschwerden gegen Verfügungen des Bundesverwaltungsgerichts über das Arbeitsverhältnis seiner Richter und Richterinnen und seines Personals sowie des Personals der ständigen Sekretariate der eidgenössischen Schätzungskommissionen; |
d | Konflikte über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit; |
e | Anstände, die ihnen das Bundesgesetz vom 21. März 199720 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit zum Entscheid zuweist; |
f | Anstände, die ihnen das Bundesgesetz vom 7. Oktober 199421 über kriminalpolizeiliche Zentralstellen des Bundes zum Entscheid zuweist; |
g | Konflikte über die Zuständigkeit nach dem Geldspielgesetz vom 29. September 201723. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 194 Beizug von Akten - 1 Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte ziehen Akten anderer Verfahren bei, wenn dies für den Nachweis des Sachverhalts oder die Beurteilung der beschuldigten Person erforderlich ist. |

SR 173.71 Bundesgesetz vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG) - Strafbehördenorganisationsgesetz StBOG Art. 39 Grundsatz - 1 Das Verfahren vor den Kammern des Bundesstrafgerichts richtet sich nach der StPO25 und nach diesem Gesetz. |
|
1 | Das Verfahren vor den Kammern des Bundesstrafgerichts richtet sich nach der StPO25 und nach diesem Gesetz. |
2 | Ausgenommen sind Fälle nach: |
a | den Artikeln 35 Absatz 2 und 37 Absatz 2 Buchstabe b; auf sie ist das Bundesgesetz vom 22. März 197426 über das Verwaltungsstrafrecht anwendbar; |
b | Artikel 37 Absatz 2 Buchstabe a; auf sie sind das Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 196827 sowie die Bestimmungen der einschlägigen Rechtshilfeerlasse anwendbar; |
c | Artikel 37 Absatz 2 Buchstabe c; auf sie sind das Bundespersonalgesetz vom 24. März 200028 und das Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 1968 anwendbar; |
d | Artikel 37 Absatz 2 Buchstaben e-g; auf sie ist das Verwaltungsverfahrensgesetz anwendbar.29 |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 194 Beizug von Akten - 1 Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte ziehen Akten anderer Verfahren bei, wenn dies für den Nachweis des Sachverhalts oder die Beurteilung der beschuldigten Person erforderlich ist. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 43 Geltungsbereich und Begriff - 1 Die Bestimmungen dieses Kapitels regeln die Rechtshilfe in Strafsachen von Behörden des Bundes und der Kantone zugunsten der Staatsanwaltschaften, Übertretungsstrafbehörden und Gerichte des Bundes und der Kantone. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 48 Konflikte - 1 Über Konflikte über die Rechtshilfe zwischen Behörden des gleichen Kantons entscheidet die Beschwerdeinstanz dieses Kantons endgültig. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 48 Konflikte - 1 Über Konflikte über die Rechtshilfe zwischen Behörden des gleichen Kantons entscheidet die Beschwerdeinstanz dieses Kantons endgültig. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 194 Beizug von Akten - 1 Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte ziehen Akten anderer Verfahren bei, wenn dies für den Nachweis des Sachverhalts oder die Beurteilung der beschuldigten Person erforderlich ist. |
1.2 Vorliegend verweigert die RAB als öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes (Art. 28 Abs. 2

SR 221.302 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Zulassung und Beaufsichtigung der Revisorinnen und Revisoren (Revisionsaufsichtsgesetz, RAG) - Revisionsaufsichtsgesetz RAG Art. 28 Aufsichtsbehörde - 1 Die Aufsicht nach diesem Gesetz obliegt der Eidgenössischen Revisionsaufsichtsbehörde (Aufsichtsbehörde). |
2.
2.1 Art. 194 Abs. 2

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 194 Beizug von Akten - 1 Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte ziehen Akten anderer Verfahren bei, wenn dies für den Nachweis des Sachverhalts oder die Beurteilung der beschuldigten Person erforderlich ist. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 194 Beizug von Akten - 1 Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte ziehen Akten anderer Verfahren bei, wenn dies für den Nachweis des Sachverhalts oder die Beurteilung der beschuldigten Person erforderlich ist. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 194 Beizug von Akten - 1 Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte ziehen Akten anderer Verfahren bei, wenn dies für den Nachweis des Sachverhalts oder die Beurteilung der beschuldigten Person erforderlich ist. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 44 Verpflichtung zur Rechtshilfe - Die Behörden des Bundes und der Kantone sind zur Rechtshilfe verpflichtet, wenn Straftaten nach Bundesrecht in Anwendung dieses Gesetzes verfolgt und beurteilt werden. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 43 Geltungsbereich und Begriff - 1 Die Bestimmungen dieses Kapitels regeln die Rechtshilfe in Strafsachen von Behörden des Bundes und der Kantone zugunsten der Staatsanwaltschaften, Übertretungsstrafbehörden und Gerichte des Bundes und der Kantone. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 101 Akteneinsicht bei hängigem Verfahren - 1 Die Parteien können spätestens nach der ersten Einvernahme der beschuldigten Person und der Erhebung der übrigen wichtigsten Beweise durch die Staatsanwaltschaft die Akten des Strafverfahrens einsehen; Artikel 108 bleibt vorbehalten. |
2.2 Vorliegend ersucht die Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland die RAB im Rahmen eines Strafverfahrens gegen Unbekannt wegen Verletzung des Bankgeheimnisses um Beizug der Akten im Verfahren Register Nr. 104'628 einschliesslich der nicht anonymisierten E-Mail vom 15. Oktober 2013. Sie führt dazu aus, dass der Verfasser der E-Mail vom 15. Oktober 2013 über Transaktionen auf Bankkonten von B. und C. bei der Bank D. informiert gewesen sei. Der Beizug der sich in den Akten befindlichen E-Mail in nicht anonymisierter Form sei daher geeignet zur Ermittlung der bis anhin unbekannten Täterschaft (act. 1 S. 2). Es steht ausser Zweifel, dass die E-Mail vom 15. Oktober 2013 unter Nennung des Verfassers der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland für das von ihr geführte Strafverfahren wegen Verletzung des Bankgeheimnisses von wesentlicher Bedeutung ist. Demgegenüber äussert sich die Gesuchstellerin mit keinem Wort dazu, inwiefern die übrigen Akten der RAB Register-Nr. 104'628 für ihr Verfahren betreffend Verletzung des Bankgeheimnisses wesentlich sein sollen. Bei diesen übrigen Akten handelt es sich um Dokumente im Zusammenhang mit dem Gewährsverfahren der RAB gegen A., die vorwiegend aus Korrespondenz der E. AG an die FINMA, Berichten der E. AG und Stellungnahmen von A. bestehen. Eine wesentliche Bedeutung dieser Akten für das von der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland eröffnete Strafverfahren wegen Verletzung des Bankgeheimnisses kann nicht ausgemacht werden. Soweit sich das Gesuch um Aktenbeizug auf sämtliche Akten der RAB im Verfahren Nr. 104'628 bezieht, ist es daher – mit Ausnahme der nicht anonymisierten E-Mail vom 15. Oktober 2013 – von vornherein abzuweisen. Hingegen ist die RAB grundsätzlich zur Herausgabe der nicht anonymisierten E-Mail vom 15. Oktober 2013 verpflichtet. Die sich aus Sicht der RAB diesem Grundsatz widersetzenden Gründe sind nachfolgend – soweit erheblich – zu prüfen.
3.
3.1
3.1.1 Die RAB macht in einem ersten Punkt geltend, gestützt auf Art. 24

SR 221.302 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Zulassung und Beaufsichtigung der Revisorinnen und Revisoren (Revisionsaufsichtsgesetz, RAG) - Revisionsaufsichtsgesetz RAG Art. 24 Strafverfolgungsbehörden - 1 Die Aufsichtsbehörde und die Strafverfolgungsbehörden müssen einander alle Auskünfte erteilen und Unterlagen übermitteln, die sie für die Durchsetzung dieses Gesetzes benötigen. |

SR 221.302 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Zulassung und Beaufsichtigung der Revisorinnen und Revisoren (Revisionsaufsichtsgesetz, RAG) - Revisionsaufsichtsgesetz RAG Art. 24 Strafverfolgungsbehörden - 1 Die Aufsichtsbehörde und die Strafverfolgungsbehörden müssen einander alle Auskünfte erteilen und Unterlagen übermitteln, die sie für die Durchsetzung dieses Gesetzes benötigen. |
3.1.2 Art. 24 Abs. 1

SR 221.302 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Zulassung und Beaufsichtigung der Revisorinnen und Revisoren (Revisionsaufsichtsgesetz, RAG) - Revisionsaufsichtsgesetz RAG Art. 24 Strafverfolgungsbehörden - 1 Die Aufsichtsbehörde und die Strafverfolgungsbehörden müssen einander alle Auskünfte erteilen und Unterlagen übermitteln, die sie für die Durchsetzung dieses Gesetzes benötigen. |

SR 221.302 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Zulassung und Beaufsichtigung der Revisorinnen und Revisoren (Revisionsaufsichtsgesetz, RAG) - Revisionsaufsichtsgesetz RAG Art. 24 Strafverfolgungsbehörden - 1 Die Aufsichtsbehörde und die Strafverfolgungsbehörden müssen einander alle Auskünfte erteilen und Unterlagen übermitteln, die sie für die Durchsetzung dieses Gesetzes benötigen. |

SR 221.302 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Zulassung und Beaufsichtigung der Revisorinnen und Revisoren (Revisionsaufsichtsgesetz, RAG) - Revisionsaufsichtsgesetz RAG Art. 24 Strafverfolgungsbehörden - 1 Die Aufsichtsbehörde und die Strafverfolgungsbehörden müssen einander alle Auskünfte erteilen und Unterlagen übermitteln, die sie für die Durchsetzung dieses Gesetzes benötigen. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 194 Beizug von Akten - 1 Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte ziehen Akten anderer Verfahren bei, wenn dies für den Nachweis des Sachverhalts oder die Beurteilung der beschuldigten Person erforderlich ist. |
3.2
3.2.1 Die RAB ist ferner der Ansicht, einer Herausgabe der fraglichen E-Mail stehen sowohl das öffentliche Interesse der RAB bei der Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben sowie das private Interesse des E-Mail-Verfassers am Persönlichkeitsschutz entgegen. Die RAB sei darauf angewiesen, Informationen von Personen zu erhalten, die auf mögliche Gesetzesverstösse aufmerksam machten. Ohne ausreichenden Schutz dieser Hinweisgeber würden Gesetzesverstösse unter Umständen nie ans Tageslicht kommen. Mit Bezug auf die privaten Interessen des E-Mail-Verfassers sei festzuhalten, dass sich dieser gegen eine Bekanntgabe seiner Identität ausgesprochen habe (act. 7 S. 4).
3.2.2 Nicht jedes öffentliche oder private Interesse steht der Einsichtnahme in die Akten entgegen. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob ein konkretes Geheimhaltungsinteresse das grundsätzlich wesentliche Interesse an der Einsichtnahme in die Akten überwiegt (Donatsch, a.a.O., N 21 zu Art. 194, unter Hinweis auf BGE 113 Ia 4). Ein öffentliches Geheimhaltungsinteresse besteht etwa dann, wenn bei der Bekanntgabe des Geheimnisses der Staat, seine Behörden oder deren Mitglieder am Vermögen, dem Ansehen oder ihrer Ehre geschädigt werden oder wenn ihnen andere Schwierigkeiten entstehen. Zu den öffentlichen Geheimhaltungsinteressen werden insbesondere solche aus den Bereichen des Militärs oder des Staatsschutzes, der Terrorbekämpfung oder der Spionageabwehr gezählt. Ein öffentliches Geheimhaltungsinteresse wird auch an der Anonymität verdeckter Ermittler bejaht, weil diese Personen nach abgeschlossenem Verfahren noch im Dienste der Polizei eingesetzt werden können (Bürgisser, a.a.O., N 10 zu Art. 194, unter Hinweise auf BGE 113 Ia 1 E. 4a; 133 I 33 E. 3.1). Ein privates Geheimhaltungsinteresse besteht, wenn es um die Wahrung von Bank-, Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse geht. Ein privates Geheimhaltungsinteresse kann sich auch aus dem Persönlichkeitsschutz ergeben, insbesondere wenn es um die Geheimhaltung von Daten aus dem Bereich der höchstpersönlichen Rechte geht, wie bei ärztlichen Gutachten oder Tagebüchern (Bürgisser, a.a.O., N 11 zu Art. 194).
3.3.3 Die RAB hat zweifelsohne ein Interesse daran, dass ihr von Drittpersonen mögliche Gesetzesverstösse mitgeteilt werden. Dieses Interesse ist vorliegend aber nicht stärker zu gewichten als das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung der mutmasslich begangenen Verletzung des Bankgeheimnisses, zumal es hier um ein Vergehen mit einer Strafandrohung von immerhin bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe und ein Offizialdelikt geht. Wie dargelegt, ist die Herausgabe der nicht anonymisierten E-Mail vom 15. Oktober 2013 für die weitere Ermittlung im Strafverfahren wegen Verletzung des Bankgeheimnisses zwingend. Die Notwendigkeit der Einsichtnahme in dieses Aktenstück ist daher höher zu gewichten als das konkrete Geheimhaltungsinteresse der RAB.
3.3.4 Mit Bezug auf den geltend gemachten Schutz der Geheim- und Privatsphäre der hinweisgebenden Drittperson ist darauf hinzuweisen, dass auch das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung bei Informanten nur dann ein Geheimhaltungsinteresse annimmt, wenn eine entsprechende Notwendigkeit besteht, diese zu schützen, etwa wenn diese Repressalien befürchten muss (BGE 103 I 490 E. 8; 95 I 103 E. 3, sinngemäss auch Urteil des Bundesgerichts 5A.1/2004 vom 13. Februar 2014, E. 2.2). Dass der Hinweisgeber im vorliegenden Fall konkret Vergeltungsmassnahmen zu befürchten hätte, wird weder glaubhaft dargelegt, noch bestehen gegenwärtig Anhaltspunkte für eine derartige Annahme. Die Möglichkeit, dass der Informant dereinst von der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland als Zeuge einvernommen werden könnte, genügt jedenfalls nicht für die Bejahung eines privaten Geheimhaltungsinteresses. Ebenso wenig steht dem Akteneinsichtsrecht der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland zum jetzigen Zeitpunkt der Quellenschutz der Medienschaffenden im Sinne von Art. 172

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 172 Quellenschutz der Medienschaffenden - 1 Personen, die sich beruflich mit der Veröffentlichung von Informationen im redaktionellen Teil eines periodisch erscheinenden Mediums befassen, sowie ihre Hilfspersonen können das Zeugnis über die Identität der Autorin oder des Autors oder über Inhalt und Quellen ihrer Informationen verweigern. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 174 Entscheid über die Zulässigkeit der Zeugnisverweigerung - 1 Über die Zulässigkeit der Zeugnisverweigerung entscheidet: |
3.4 An der Sache vorbei geht sodann die Argumentation der RAB, wonach anstelle der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland die Bundesanwaltschaft in ihrem Verfahren SV.14.02227 (vgl. supra lit. B.) über die Offenlegung der Identität des Informanten zu entscheiden habe, da nur sie abschätzen könne, ob tatsächlich unzulässige Transaktionen vorgenommen worden seien, und nur sie in der Lage sei, die erwähnte Güterabwägung vorzunehmen (act. 7 S. 5).
Vorliegend steht einzig die Frage im Raum, ob die fragliche E-Mail vom 15. Oktober 2013 für die Strafuntersuchung im Verfahren wegen Verletzung des Bankgeheimnisses der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland wesentlich ist oder nicht. Diese Frage ist – wie gezeigt – zu bejahen. Diesbezüglich ist unerheblich, zu welchem Schluss die Bundesanwaltschaft in ihrem Verfahren kommen wird. Selbst wenn sie zum Ergebnis kommen sollte, es seien keine unzulässigen Transaktionen vorgenommen worden, schliesst dies eine mögliche Verletzung des Bankgeheimnisses im Sinne von Art. 47

SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz BankG Art. 47 - 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich: |
|
a | ein Geheimnis offenbart, das ihm in seiner Eigenschaft als Organ, Angestellter, Beauftragter oder Liquidator einer Bank oder einer Person nach Artikel 1b oder als Organ oder Angestellter einer Prüfgesellschaft anvertraut worden ist oder das er in dieser Eigenschaft wahrgenommen hat; |
b | zu einer solchen Verletzung des Berufsgeheimnisses zu verleiten sucht; |
c | ein ihm nach Buchstabe a offenbartes Geheimnis weiteren Personen offenbart oder für sich oder einen anderen ausnützt. |
3.5 Schliesslich ist auch der prozessuale Antrag der RAB auf Einräumung des rechtlichen Gehörs des Informanten abzuweisen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör steht den Parteien (Art. 104

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 104 Parteien - 1 Parteien sind: |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 105 Andere Verfahrensbeteiligte - 1 Andere Verfahrensbeteiligte sind: |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 107 Anspruch auf rechtliches Gehör - 1 Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör; sie haben namentlich das Recht: |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 104 Parteien - 1 Parteien sind: |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 105 Andere Verfahrensbeteiligte - 1 Andere Verfahrensbeteiligte sind: |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 105 Andere Verfahrensbeteiligte - 1 Andere Verfahrensbeteiligte sind: |
4. Zusammenfassend ist das Gesuch um Aktenbeizug hinsichtlich der nicht anonymisierten E-Mail vom 15. Oktober 2013 (Verfahrensakten RAB Urk. 56) gutzuheissen. Die RAB ist anzuweisen, der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland Urk. 56 ihrer Verfahrensakten im Original oder in Kopie zuzustellen. Im Übrigen ist das Gesuch abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
5. Es ist keine Gerichtsgebühr zu erheben (Art. 47 Abs. 1

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 47 Kosten - 1 Die Rechtshilfe wird unentgeltlich geleistet. |
Demnach erkennt die Beschwerdekammer:
1. Das Gesuch um Aktenbeizug wird hinsichtlich der Herausgabe der nicht anonymisierten E-Mail vom 15. Oktober 2013 (Verfahrensakten RAB Register-Nr. 104'628 Urk. 56) gutgeheissen. Die Eidgenössische Revisionsaufsichtsbehörde wird angewiesen, Urk. 56 ihrer Verfahrensakten im Register-Nr. 104'628 der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland im Original oder in Kopie herauszugeben.
2. Im Übrigen wird das Gesuch abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
3. Es wird keine Gerichtsgebühr erhoben.
Bellinzona, 25. Juni 2015
Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts
Der Vorsitzende: Die Gerichtsschreiberin:
Zustellung an
- Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland
- Eidgenössische Revisionsaufsichtsbehörde RAB
- Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.