Tribunal federal
{T 0/2}
2A.192/2003 /kil
Urteil vom 23. Juli 2003
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Betschart, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Hungerbühler, Bundesrichterin Yersin,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.
Parteien
X.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Pablo Blöchlinger, Lutherstrasse 4, Postfach,
8021 Zürich,
gegen
Regierungsrat des Kantons Zürich,
Kaspar Escher-Haus, 8090 Zürich,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Kammer, Militärstrasse 36, Postfach, 8021 Zürich.
Gegenstand
Aufenthaltsbewilligung (Familiennachzug),
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Kammer, vom 5. März 2003.
Sachverhalt:
A.
X.________, geb. ... 1958, Staatsangehöriger der Elfenbeinküste, hat aus zwei nicht ehelichen Beziehungen vier Kinder, nämlich
- mit A.________ die Tochter B.________ (geb. 1985)
und
- mit C.________ die Töchter D.________ (geb. 1988)
und E.________ (geb. 1992) sowie den Sohn F.________
(geb. 1990).
Seine Kinder liess X.________ im Jahre 1996 im Heimatland zurück. Er reiste illegal in die Schweiz ein, wo er verhaftet und wegen Verwendung eines falschen oder nicht ihm gehörenden Passes mit sieben Tagen Haft sowie Fr. 300.-- Busse bestraft wurde. Sein Asylgesuch sowie ein dagegen erhobener Rekurs wurden abgewiesen. X.________ hätte daraufhin die Schweiz bis zum 15. Januar 1998 verlassen müssen. Aufgrund der am 27. März 1998 erfolgten Heirat mit der Schweizer Bürgerin G.________ (geb. 1957) erhielt er die Aufenthaltsbewilligung.
B.
Am 16. Juli 2001 stellte X.________ das Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für seine Kinder D.________ und F.________, die tags zuvor mit einem drei Monate gültigen Besuchervisum in die Schweiz eingereist waren. Er machte geltend, nach seinem Wegzug in die Schweiz seien die Kinder von seiner Mutter betreut worden. Seit einiger Zeit sei die Mutter aus gesundheitlichen Gründen jedoch nicht mehr in der Lage, diese Aufgabe wahrzunehmen, und sei auf die Mithilfe der Tochter B.________ angewiesen. B.________ selber werde nicht in die Schweiz kommen, da sie für eine schulische Integration zu alt sei. Hingegen sei er von der Familie aufgefordert worden, "vorerst zwei der Kinder (F.________ und D.________)" zu sich in die Schweiz kommen zu lassen. Da er jetzt hier lebe, könne er (zusammen mit seiner schweizerischen Ehefrau) die Betreuung der Kinder übernehmen.
Mit Verfügung vom 21. Januar 2002 wies das Migrationsamt des Kantons Zürich das Gesuch ab. Inzwischen war das Besuchervisum der Kinder abgelaufen. F.________ und D.________ reisten jedoch nicht aus, sondern blieben bei ihrem Vater und dessen schweizerischer Ehefrau, wo sie auch heute noch wohnen.
Der von X.________ gegen die Verfügung des Migrationsamtes erhobene Rekurs an den Regierungsrat des Kantons Zürich blieb ohne Erfolg, und am 5. März 2003 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich die gegen den Entscheid des Regierungsrates gerichtete Beschwerde ab.
C.
X.________ führt mit Eingabe vom 30. April 2003 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht mit den Anträgen, den Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben und das Migrationsamt anzuweisen, den Kindern D.________ und F.________ die Aufenthaltsbewilligung im Rahmen des Familiennachzugs zu erteilen. Sodann beantragt X.________, der Beschwerde sei aufschiebende Wirkung zu erteilen.
Die Staatskanzlei des Kantons Zürich beantragt namens des Regierungsrates, die Beschwerde abzuweisen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung stellt ebenfalls den Antrag, die Beschwerde abzuweisen.
D.
Mit Verfügung vom 6. Mai 2003 hat das präsidierende Mitglied der II. öffentlichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde superprovisorisch aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Der Rechtsvertreter von X.________ reichte am 3. Juni 2003 ein zusätzliches Arztzeugnis ein. Mit Eingabe vom 23. Juni 2003 nahm er ausserdem unaufgefordert zu der Vernehmlassung des Bundesamtes Stellung.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG schliesst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf dem Gebiete der Fremdenpolizei aus gegen die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen, auf die das Bundesrecht keinen Anspruch einräumt. Gemäss Art. 4 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) entscheiden die zuständigen Behörden, im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Verträge mit dem Ausland, nach freiem Ermessen über die Bewilligung von Aufenthalt und Niederlassung. Es besteht damit grundsätzlich kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, es sei denn, der Ausländer oder seine in der Schweiz lebenden Angehörigen könnten sich auf eine Sondernorm des Bundesrechts oder eines Staatsvertrages berufen (BGE 128 II 145 E. 1.1.1 S. 148; 127 II 60 161 E. 1a, S. 164, je mit Hinweisen).
1.2 Dass der Beschwerdeführer aufgrund von Vorschriften des innerstaatlichen Gesetzesrechts oder eines bilateralen Staatsvertrages einen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen an seine Kinder im Rahmen des Familiennachzugs hätte, wird mit Grund nicht behauptet. Ausser Betracht fällt namentlich, da der Beschwerdeführer nicht im Besitz der Niederlassungsbewilligung ist, die Anspruchsgrundlage von Art. 17 Abs. 2 ANAG, wonach ledige Kinder unter 18 Jahren Anspruch auf Einbezug in die Niederlassungsbewilligung ihrer Eltern haben, sofern sie mit diesen zusammenwohnen. Ein allfälliger Anspruch kann sich vorliegend einzig aus den herangezogenen Garantien der Bundesverfassung bzw. der Europäischen Menschenrechtskonvention ergeben.
Art. 8
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. |
Der in Art. 13 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 13 Schutz der Privatsphäre - 1 Jede Person hat Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihres Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs. |
|
1 | Jede Person hat Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihres Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs. |
2 | Jede Person hat Anspruch auf Schutz vor Missbrauch ihrer persönlichen Daten. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. |
Der Beschwerdeführer ist mit einer Schweizerin verheiratet und verfügt daher über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht (Art. 7 Abs. 1
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1.3 Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 104 lit. a
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werden, denn einer Behörde ist nicht vorzuwerfen, sie habe den Sachverhalt im Sinne von Art. 105 Abs. 2
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1.4 Das Bundesgericht wendet im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde das Bundesrecht von Amtes wegen an; es ist gemäss Art. 114 Abs. 1
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2.
2.1 Art. 8
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2.2 Das Verwaltungsgericht hat erwogen, vorliegend sei davon auszugehen, dass die Beziehung der Kinder zur Grossmutter weitaus enger sei als jene zum Beschwerdeführer. Die Grossmutter habe für die im Zeitpunkt der Ausreise des Vaters sehr jungen Kinder die Elternrolle übernommen, weshalb der Beschwerdeführer auch keinen Grund gesehen habe, seine Kinder früher in die Schweiz zu holen. Nun halte der Beschwerdeführer seine Mutter für nicht mehr in der Lage, die weitere Betreuung der Kinder zu übernehmen. Das vorgelegte Arztzeugnis, wonach die Frau am Parkinson-Syndrom leide, sei jedoch nicht geeignet, den behaupteten schlechten Gesundheitszustand der Mutter des Beschwerdeführers zu belegen. Inwiefern diese die altersgerechte Betreuung der beiden Kinder nicht mehr zu übernehmen vermöchte, sei nicht dargetan.
2.3 Der Schluss des Verwaltungsgerichts, es sei keine Änderung der Betreuungsverhältnisse dargetan, welche den Nachzug der beiden Kinder und das Auseinanderreissen der Geschwister bzw. Halbgeschwister rechtfertigen könne, lässt sich weder sachverhaltsmässig noch in Bezug auf die rechtliche Würdigung beanstanden. Dass die Grossmutter eine altersgerechte Betreuung der beiden heute 15 und 13 Jahre alten Kinder nicht mehr weiterführen könne, liess sich aus dem eingereichten Arztzeugnis nicht schlüssig ableiten, und es lässt sich auch nicht beanstanden, dass das Verwaltungsgericht solche Zeugnisse mit Zurückhaltung interpretiert. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass altersbedingte Hemmnisse für den Verbleib der Kinder bei den Grosseltern in manchen Fällen tatsächlich bestehen mögen. Es handelt sich dabei aber um Schwierigkeiten, die der emigrierte Elternteil, der seine Kinder - trotz der voraussehbaren zeitlichen Schranken einer solchen Lösung - der Obhut der Grosseltern überlässt, letztlich von Anfang an in Kauf genommen hat. Wer - wie der Beschwerdeführer - in ein anderes Land übersiedelt, hat grundsätzlich die sich daraus für die Pflege familiärer Beziehungen ergebenden Konsequenzen zu tragen (BGE 129 II 11 E. 3.4 S.
17, mit Hinweisen). Vorliegend durfte das Verwaltungsgericht zudem davon ausgehen, dass die erforderliche Betreuung auch durch die zurückgebliebene älteste Tochter B.________ gewährleistet blieb bzw. geblieben wäre, was den Interessen der Kinder wohl am besten entsprochen hätte. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Verweigerung des Familiennachzugs stehe im Widerspruch zu dem für die Schweiz am 26. März 1997 in Kraft getretenen Übereinkommen über die Rechte der Kinder (Kinderrechtekonvention, SR 0.107), ist insoweit unbehelflich.
2.4 Die vom Verwaltungsgericht geschützte Verweigerung des Familiennachzugs erweist sich auch nicht als unverhältnismässig. D.________ und F.________ haben die gesamte Kindheit in ihrer Heimat verbracht und waren dort sozial integriert. Als junge, anpassungsfähige Menschen, die ihre Wurzeln in der Elfenbeinküste haben, ist es ihnen zuzumuten, zur Familie ihrer Grossmutter bzw. Halbschwester zurückzukehren. Dass nach zweijähriger Anwesenheit in der Schweiz die Rückkehr in die Heimat mit Nachteilen verbunden ist, lässt den angefochtenen Entscheid nicht als unverhältnismässig erscheinen: Der Umstand, dass die beiden Kinder entgegen der mit dem Besuchervisum verbundenen Auflagen sich eigenmächtig in der Schweiz aufhalten und mit ihrem Vater zusammenleben, kann für die Beurteilung der familiären Situation und die Interessenabwägung nicht entscheidend sein.
3.
Wenn das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen für den nachträglichen Familiennachzug nicht als erfüllt ansah, verletzte es damit nach dem Gesagten nicht Bundesrecht.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen. Mit dem vorliegenden Entscheid in der Sache wird das - superprovisorisch bewilligte - Gesuch um aufschiebende Wirkung hinfällig. Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind dessen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht (2. Kammer) des Kantons Zürich sowie dem Bundesamt für Zuwanderung, Integration und Auswanderung schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 23. Juli 2003
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber: