Tribunal federal
{T 1/2}
2P.137/2006 /fco
Urteil vom 23. Januar 2007
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Wurzburger, Müller, Karlen,
Gerichtsschreiber Küng.
Parteien
Peter Balmer,
Marco Giovanoli,
Beschwerdeführer,
gegen
Landrat des Kantons Glarus, 8750 Glarus,
vertreten durch Rechtsanwalt Matthias Auer.
Gegenstand
Art. 8
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 8 Rechtsgleichheit - 1 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. |
|
1 | Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. |
2 | Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung. |
3 | Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre rechtliche und tatsächliche Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit. Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit. |
4 | Das Gesetz sieht Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen der Behinderten vor. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden. |
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Landrates des Kantons Glarus vom 23. November 2005.
Sachverhalt:
A.
Am 23. November 2005 beschloss der Landrat des Kantons Glarus (Kantonsparlament) eine Änderung seines Beschlusses vom 2. Dezember 1987 über die Besoldungen der Behördenmitglieder. Diese führte ab Beginn der Amtsdauer 2006/2010 zu einer Reduktion des (maximalen) Jahresgehaltes der vollamtlichen Gerichtspräsidenten von bisher Fr. 190'615.-- auf neu Fr. 181'945.--. Die am 1. Juli 2006 in Kraft getretene Änderung wurde am 20. April 2006 im Amtsblatt des Kantons Glarus publiziert.
B.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 22. Mai 2006 beantragen Peter Balmer, Präsident des Verwaltungsgerichts, und Marco Giovanoli, Präsident des Kantonsgerichts, dem Bundesgericht, Ziff. I/Art. 1 Abs. 1 und 2 sowie Ziff. II des Beschlusses des Landrates des Kantons Glarus vom 23. November 2005, gemäss welchen Bestimmungen ihre Besoldung ab dem 1. Juli 2006 gekürzt wird, aufzuheben.
Der Landrat des Kantons Glarus beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
In ihrer Beschwerdeergänzung vom 31. August 2006 haben die Beschwerdeführer an ihren Anträgen festgehalten. Auch der Landrat des Kantons Glarus hat seinen Antrag bestätigt.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Zwar ist am 1. Januar 2007 das neue Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; AS 2006 1205) in Kraft getreten. Gemäss Art. 132 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 132 Übergangsbestimmungen - 1 Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten Verfahren des Bundesgerichts anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist. |
|
1 | Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten Verfahren des Bundesgerichts anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist. |
2 | ...118 |
3 | Die Amtsdauer der ordentlichen und nebenamtlichen Bundesrichter und Bundesrichterinnen, die gestützt auf das Bundesrechtspflegegesetz vom 16. Dezember 1943119 oder den Bundesbeschluss vom 23. März 1984120 über die Erhöhung der Zahl der nebenamtlichen Richter des Bundesgerichts gewählt worden sind oder die in den Jahren 2007 und 2008 gewählt werden, endet am 31. Dezember 2008.121 |
4 | Die zahlenmässige Begrenzung der nebenamtlichen Bundesrichter und Bundesrichterinnen gemäss Artikel 1 Absatz 4 gilt erst ab 2009.122 |
1.2 Gegen den angefochtenen Landratsbeschluss steht kein kantonales Rechtsmittel zur Verfügung. Die Beschwerdeführer, deren bisherige Besoldung durch die geänderte Regelung herabgesetzt wird, sind in ihrer Rechtsstellung betroffen und damit zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen diesen Erlass legitimiert (Art. 88
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 132 Übergangsbestimmungen - 1 Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten Verfahren des Bundesgerichts anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist. |
|
1 | Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten Verfahren des Bundesgerichts anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist. |
2 | ...118 |
3 | Die Amtsdauer der ordentlichen und nebenamtlichen Bundesrichter und Bundesrichterinnen, die gestützt auf das Bundesrechtspflegegesetz vom 16. Dezember 1943119 oder den Bundesbeschluss vom 23. März 1984120 über die Erhöhung der Zahl der nebenamtlichen Richter des Bundesgerichts gewählt worden sind oder die in den Jahren 2007 und 2008 gewählt werden, endet am 31. Dezember 2008.121 |
4 | Die zahlenmässige Begrenzung der nebenamtlichen Bundesrichter und Bundesrichterinnen gemäss Artikel 1 Absatz 4 gilt erst ab 2009.122 |
2.
2.1 Die Beschwerdeführer rügen vorab, der angefochtene Landratsbeschluss sei unter Verletzung des in Art. 86 Abs. 2
SR 131.217 Verfassung des Kantons Glarus, vom 1. Mai 1988 KV/GL Art. 86 - 1 Der Landrat regelt durch Verordnung seine Organisation, seine Sitzungen, das Verhandlungsverfahren, die Wahl und Organisation der Kommissionen sowie die Rechte und Pflichten der Landratsmitglieder.62 |
|
1 | Der Landrat regelt durch Verordnung seine Organisation, seine Sitzungen, das Verhandlungsverfahren, die Wahl und Organisation der Kommissionen sowie die Rechte und Pflichten der Landratsmitglieder.62 |
2 | Verfassungsänderungen, Gesetze und Verordnungen unterliegen einer zweiten Lesung. |
3 | Die Landräte verhandeln und stimmen ohne Instruktion. |
2.2 Der in Art. 73
SR 131.217 Verfassung des Kantons Glarus, vom 1. Mai 1988 KV/GL Art. 73 Gewaltentrennung - Die gesetzgebende, die vollziehende und die richterliche Gewalt sind dem Grundsatz nach getrennt. |
SR 131.217 Verfassung des Kantons Glarus, vom 1. Mai 1988 KV/GL Art. 91 Sachbefugnisse - Dem Landrat obliegen: |
|
a | die Prüfung und Genehmigung des Protokolls der Landsgemeinde; |
b | die Einberufung ausserordentlicher Landsgemeinden; |
c | die Oberaufsicht über den Regierungsrat, die kantonale Verwaltung und die Gerichte, insbesondere durch Prüfung und Genehmigung des Amtsberichts; |
d | Beschlüsse über grundlegende oder allgemeinverbindliche Pläne sowie über Richtlinien für die Planung kantonaler Bauten, Werke und Anstalten; |
e | die Erteilung von Konzessionen, soweit das Gesetz nichts anderes vorsieht; |
f | die Festlegung der Besoldungen und Taggelder sowie der Leistungen der Sozialversicherungen für die Behördenmitglieder und Angestellten des Kantons sowie für die Lehrpersonen des Kantons und der Gemeinden; |
g | der Entscheid von Kompetenzstreitigkeiten zwischen dem Regierungsrat und den Gerichten; |
h | das Recht der Begnadigung in den durch Gesetz vorgesehenen Fällen; |
i | die Anordnung kantonaler Truppenaufgebote, wenn die öffentliche Ordnung im Kanton gestört ist oder Gefahr von aussen droht; |
k | ... |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden. |
nur auf den Inhalt der neuen Besoldungsordnung, sondern auch auf die Frage des gültigen Zustandekommens der angefochtenen neuen Normen beziehen.
3.
3.1 Der Landrat bereitet als Parlament des Kantons die Verfassungs- und Gesetzgebung sowie die übrigen Beschlüsse der Landsgemeinde vor; er erlässt sodann Verordnungen, Verwaltungs- und Finanzbeschlüsse und entscheidet über grundlegende oder allgemeinverbindliche Planungen (Art. 82
SR 131.217 Verfassung des Kantons Glarus, vom 1. Mai 1988 KV/GL Art. 82 Stellung und Aufgabe des Landrates - 1 Der Landrat ist das Parlament des Kantons. Er zählt 60 Mitglieder.59 |
|
1 | Der Landrat ist das Parlament des Kantons. Er zählt 60 Mitglieder.59 |
2 | Er ist die oberste Aufsichtsbehörde des Kantons über Regierung, Verwaltung und Gerichte. |
3 | Er bereitet die Verfassungs- und Gesetzgebung und die übrigen Beschlüsse der Landsgemeinde vor. |
4 | Er erlässt Verordnungen, Verwaltungs- und Finanzbeschlüsse und entscheidet über grundlegende oder allgemeinverbindliche Planungen. |
Gemäss Art. 86 Abs. 1
SR 131.217 Verfassung des Kantons Glarus, vom 1. Mai 1988 KV/GL Art. 86 - 1 Der Landrat regelt durch Verordnung seine Organisation, seine Sitzungen, das Verhandlungsverfahren, die Wahl und Organisation der Kommissionen sowie die Rechte und Pflichten der Landratsmitglieder.62 |
|
1 | Der Landrat regelt durch Verordnung seine Organisation, seine Sitzungen, das Verhandlungsverfahren, die Wahl und Organisation der Kommissionen sowie die Rechte und Pflichten der Landratsmitglieder.62 |
2 | Verfassungsänderungen, Gesetze und Verordnungen unterliegen einer zweiten Lesung. |
3 | Die Landräte verhandeln und stimmen ohne Instruktion. |
SR 131.217 Verfassung des Kantons Glarus, vom 1. Mai 1988 KV/GL Art. 86 - 1 Der Landrat regelt durch Verordnung seine Organisation, seine Sitzungen, das Verhandlungsverfahren, die Wahl und Organisation der Kommissionen sowie die Rechte und Pflichten der Landratsmitglieder.62 |
|
1 | Der Landrat regelt durch Verordnung seine Organisation, seine Sitzungen, das Verhandlungsverfahren, die Wahl und Organisation der Kommissionen sowie die Rechte und Pflichten der Landratsmitglieder.62 |
2 | Verfassungsänderungen, Gesetze und Verordnungen unterliegen einer zweiten Lesung. |
3 | Die Landräte verhandeln und stimmen ohne Instruktion. |
1Verfassungsänderungen, Gesetze und Verordnungen unterliegen einer zweiten Lesung. Das Büro kann auch für andere Vorlagen eine zweimalige Lesung anordnen.
2Die zweite Lesung findet in der Regel frühestens 14 Tage nach der ersten Lesung statt. In dringenden Fällen kann der Rat beschliessen, dass die zweite Lesung eine Woche nach der ersten Lesung stattfindet. Ausnahmsweise kann er auch beschliessen, die zweite Lesung an demselben Tag wie die erste Lesung durchzuführen.
3Bei der zweiten Lesung entfällt die Eintretensfrage. Die Vorlage wird sogleich artikelweise beraten. Behandelt werden vorab diejenigen Bestimmungen, zu denen Anträge der vorberatenden Kommission, des Büros oder des Regierungsrates vorliegen.
4Erscheint dem Rat die Vorlage oder ein Antrag nicht entscheidungsreif, so setzt er die zweite Lesung für solange aus, bis die vorberatende Kommission, das Büro oder der Regierungsrat zu den noch offenen Fragen Stellung genommen haben.
Der Landrat erachtet in seiner Vernehmlassung das Erfordernis einer zweiten Lesung vorliegend als nicht anwendbar, weil es sich beim angefochtenen Erlass nicht um ein Gesetz oder eine Verordnung, sondern lediglich um einen "Beschluss" handle. Zudem habe diese Regelung lediglich den Charakter einer Ordnungsvorschrift, deren Verletzung nicht zur Aufhebung des betreffenden Erlasses führen könne.
3.2 Dass Verfassungs- und Gesetzesvorlagen im kantonalen Parlament einer zweimaligen (oder gar mehrfachen) Beratung bedürfen, entspricht einer seit dem 19. Jahrhundert üblichen und heute noch verbreiteten Regel (Jakob Dubs, Das Oeffentliche Recht der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Zürich 1877, S. 74 f.; Z. Giacometti, Das Staatsrecht der schweizerischen Kantone, Zürich 1941, S. 359 f.; Urs Bolz, in: Handbuch des bernischen Verfassungsrechts, Hrsg. Walter Kälin/Urs Bolz, Bern 1995, S. 449; Kurt Eichenberger, Verfassung des Kantons Aargau, Textausgabe mit Kommentar, Aarau 1986, N. 31 zu § 78). Diese Regelung soll - was auf Bundesebene durch das Zweikammersystem gewährleistet ist - die gründliche Beratung einer Vorlage sicherstellen und das Risiko emotional bestimmter Spontanentscheidungen mindern (Kurt Eichenberger, a.a.O.; Z. Giacometti, a.a.O., S. 359). Das Parlament soll zudem, was dem Referendum unterliegende Vorlagen anbelangt, die Möglichkeit der Fühlungnahme mit dem Volk bzw. mit der öffentlichen Meinung erhalten, um eine Vorlage nach der ersten Beratung allenfalls entsprechend anpassen zu können (Z. Giacometti, a.a.O., S. 360).
3.3 Überlegungen dieser Art liegen auch der Vorschrift von Art. 86 Abs. 2
SR 131.217 Verfassung des Kantons Glarus, vom 1. Mai 1988 KV/GL Art. 86 - 1 Der Landrat regelt durch Verordnung seine Organisation, seine Sitzungen, das Verhandlungsverfahren, die Wahl und Organisation der Kommissionen sowie die Rechte und Pflichten der Landratsmitglieder.62 |
|
1 | Der Landrat regelt durch Verordnung seine Organisation, seine Sitzungen, das Verhandlungsverfahren, die Wahl und Organisation der Kommissionen sowie die Rechte und Pflichten der Landratsmitglieder.62 |
2 | Verfassungsänderungen, Gesetze und Verordnungen unterliegen einer zweiten Lesung. |
3 | Die Landräte verhandeln und stimmen ohne Instruktion. |
unter die in Art. 86 Abs. 2
SR 131.217 Verfassung des Kantons Glarus, vom 1. Mai 1988 KV/GL Art. 86 - 1 Der Landrat regelt durch Verordnung seine Organisation, seine Sitzungen, das Verhandlungsverfahren, die Wahl und Organisation der Kommissionen sowie die Rechte und Pflichten der Landratsmitglieder.62 |
|
1 | Der Landrat regelt durch Verordnung seine Organisation, seine Sitzungen, das Verhandlungsverfahren, die Wahl und Organisation der Kommissionen sowie die Rechte und Pflichten der Landratsmitglieder.62 |
2 | Verfassungsänderungen, Gesetze und Verordnungen unterliegen einer zweiten Lesung. |
3 | Die Landräte verhandeln und stimmen ohne Instruktion. |
In denjenigen Kantonen, welche das Erfordernis der zweiten Lesung kennen, gilt diese Vorschrift meist nur für die Beratung von Gesetzen (vgl. etwa § 48 Abs. 2 KV/LU; § 44 KV/ZG; § 63 Abs. 2 KV/BL; § 78 Abs. 3 KV/AG; § 45 der Geschäftsordnung des Grossen Rates des Kantons Schaffhausen vom 20. Dezember 1999; Art. 35 Landratsgesetz/NW; Art. 49 der Geschäftsordnung des Kantonsrates des Kantons Appenzell A.Rh. vom 24. März 2003: Zweimalige Beratung von Vorlagen, die dem obligatorischen oder fakultativen Referendum unterstehen), doch finden sich auch weitergehende Regelungen (Art. 125 Loi sur le Grand Conseil du Canton de Vaud vom 3. Februar 1998: Zweite Lesung für Gesetze und Dekrete; § 49 KV/VS: Zweite Lesung für Gesetzes- und Dekretsentwürfe als Regel, von der abgewichen werden kann; § 83 Abs. 3 KV/JU: Zweite Lesung obligatorisch für Verfassungsbestimmungen, Gesetze und Dekrete; Art. 64
SR 131.229 Verfassung von Republik und Kanton Tessin, vom 14. Dezember 1997 KV/TI Art. 64 - 1 Hat der Staatsrat einem Gesetz oder einem rechtsetzenden Dekret nicht zugestimmt, so nimmt der Grosse Rat eine zweite Lesung vor. |
|
1 | Hat der Staatsrat einem Gesetz oder einem rechtsetzenden Dekret nicht zugestimmt, so nimmt der Grosse Rat eine zweite Lesung vor. |
2 | Der Staatsrat kann seine Stellungnahme innerhalb von spätestens drei Monaten vorlegen. |
3.4 In der Vernehmlassung des Landrates wird ausgeführt, die Besoldungen der Behördenmitglieder von Exekutive und Judikative seien stets - und in neuerer Zeit nur mit einer einzigen Lesung - in Form von Beschlüssen geregelt worden. Dem ist entgegenzuhalten, dass es auf die Bezeichnung des Erlasses nicht ankommen kann. Wenn der Landrat gestützt auf Art. 91 lit. f
SR 131.217 Verfassung des Kantons Glarus, vom 1. Mai 1988 KV/GL Art. 91 Sachbefugnisse - Dem Landrat obliegen: |
|
a | die Prüfung und Genehmigung des Protokolls der Landsgemeinde; |
b | die Einberufung ausserordentlicher Landsgemeinden; |
c | die Oberaufsicht über den Regierungsrat, die kantonale Verwaltung und die Gerichte, insbesondere durch Prüfung und Genehmigung des Amtsberichts; |
d | Beschlüsse über grundlegende oder allgemeinverbindliche Pläne sowie über Richtlinien für die Planung kantonaler Bauten, Werke und Anstalten; |
e | die Erteilung von Konzessionen, soweit das Gesetz nichts anderes vorsieht; |
f | die Festlegung der Besoldungen und Taggelder sowie der Leistungen der Sozialversicherungen für die Behördenmitglieder und Angestellten des Kantons sowie für die Lehrpersonen des Kantons und der Gemeinden; |
g | der Entscheid von Kompetenzstreitigkeiten zwischen dem Regierungsrat und den Gerichten; |
h | das Recht der Begnadigung in den durch Gesetz vorgesehenen Fällen; |
i | die Anordnung kantonaler Truppenaufgebote, wenn die öffentliche Ordnung im Kanton gestört ist oder Gefahr von aussen droht; |
k | ... |
SR 131.217 Verfassung des Kantons Glarus, vom 1. Mai 1988 KV/GL Art. 89 Rechtsetzung - Der Landrat ist zuständig für: |
|
a | die Beratung von Vorlagen und die Antragstellung zuhanden der Landsgemeinde; |
b | den Erlass von Verordnungen aufgrund von Ermächtigungen der Verfassung; |
c | den Erlass von Verordnungen aufgrund von Ermächtigungen der Landsgemeinde; |
d | den Erlass von Einführungsbestimmungen zu Bundesrecht und von Ausführungsbestimmungen zu interkantonalem Recht, soweit diese keinen Gegenstand der Gesetzgebung betreffen; |
e | die Genehmigung oder die Kündigung interkantonaler Vereinbarungen und anderer Verträge, soweit nicht die Landsgemeinde oder der Regierungsrat zuständig ist; |
f | eine Rechtsetzung in dringlichen Fällen anstelle der Landsgemeinde; solche Erlasse gelten bis zur nächsten ordentlichen Landsgemeinde. |
SR 131.217 Verfassung des Kantons Glarus, vom 1. Mai 1988 KV/GL Art. 91 Sachbefugnisse - Dem Landrat obliegen: |
|
a | die Prüfung und Genehmigung des Protokolls der Landsgemeinde; |
b | die Einberufung ausserordentlicher Landsgemeinden; |
c | die Oberaufsicht über den Regierungsrat, die kantonale Verwaltung und die Gerichte, insbesondere durch Prüfung und Genehmigung des Amtsberichts; |
d | Beschlüsse über grundlegende oder allgemeinverbindliche Pläne sowie über Richtlinien für die Planung kantonaler Bauten, Werke und Anstalten; |
e | die Erteilung von Konzessionen, soweit das Gesetz nichts anderes vorsieht; |
f | die Festlegung der Besoldungen und Taggelder sowie der Leistungen der Sozialversicherungen für die Behördenmitglieder und Angestellten des Kantons sowie für die Lehrpersonen des Kantons und der Gemeinden; |
g | der Entscheid von Kompetenzstreitigkeiten zwischen dem Regierungsrat und den Gerichten; |
h | das Recht der Begnadigung in den durch Gesetz vorgesehenen Fällen; |
i | die Anordnung kantonaler Truppenaufgebote, wenn die öffentliche Ordnung im Kanton gestört ist oder Gefahr von aussen droht; |
k | ... |
SR 131.217 Verfassung des Kantons Glarus, vom 1. Mai 1988 KV/GL Art. 91 Sachbefugnisse - Dem Landrat obliegen: |
|
a | die Prüfung und Genehmigung des Protokolls der Landsgemeinde; |
b | die Einberufung ausserordentlicher Landsgemeinden; |
c | die Oberaufsicht über den Regierungsrat, die kantonale Verwaltung und die Gerichte, insbesondere durch Prüfung und Genehmigung des Amtsberichts; |
d | Beschlüsse über grundlegende oder allgemeinverbindliche Pläne sowie über Richtlinien für die Planung kantonaler Bauten, Werke und Anstalten; |
e | die Erteilung von Konzessionen, soweit das Gesetz nichts anderes vorsieht; |
f | die Festlegung der Besoldungen und Taggelder sowie der Leistungen der Sozialversicherungen für die Behördenmitglieder und Angestellten des Kantons sowie für die Lehrpersonen des Kantons und der Gemeinden; |
g | der Entscheid von Kompetenzstreitigkeiten zwischen dem Regierungsrat und den Gerichten; |
h | das Recht der Begnadigung in den durch Gesetz vorgesehenen Fällen; |
i | die Anordnung kantonaler Truppenaufgebote, wenn die öffentliche Ordnung im Kanton gestört ist oder Gefahr von aussen droht; |
k | ... |
es hier ebenfalls um eine generell-abstrakt formulierte, zeitlich nicht limitierte Regelung, die, ungeachtet ihrer anderslautenden Bezeichnung ("Beschluss"), als rechtsetzende Verordnung des Landrates - bzw. als Änderung einer solchen - eingestuft werden muss und damit der Regel von Art. 86 Abs. 2
SR 131.217 Verfassung des Kantons Glarus, vom 1. Mai 1988 KV/GL Art. 86 - 1 Der Landrat regelt durch Verordnung seine Organisation, seine Sitzungen, das Verhandlungsverfahren, die Wahl und Organisation der Kommissionen sowie die Rechte und Pflichten der Landratsmitglieder.62 |
|
1 | Der Landrat regelt durch Verordnung seine Organisation, seine Sitzungen, das Verhandlungsverfahren, die Wahl und Organisation der Kommissionen sowie die Rechte und Pflichten der Landratsmitglieder.62 |
2 | Verfassungsänderungen, Gesetze und Verordnungen unterliegen einer zweiten Lesung. |
3 | Die Landräte verhandeln und stimmen ohne Instruktion. |
Entgegen der in der Vernehmlassung des Landrates vertretenen Auffassung handelt es sich beim Erfordernis der zweiten Lesung nicht um eine blosse Ordnungsvorschrift. Dagegen spricht schon der Umstand, dass diese Norm als wichtige Regel des parlamentarischen Rechtsetzungsverfahrens auf Verfassungsstufe verankert worden ist. In die gleiche Richtung gehen die Ausführungen im Verfassungskommentar: Ausnahmen seien selbst bei Zeitdruck nicht zulässig, doch könne das Landratsreglement vorsehen, dass in dringlichen Fällen die Frist zwischen den beiden Lesungen stark verkürzt werde (Rainer J. Schweizer, a.a.O., S. 352). Die geltende Landratsverordnung sieht denn auch in Art. 105 Abs. 2 für dringende Fälle die Möglichkeit der Verkürzung der ordentlichen Frist von 14 Tagen vor, wobei die zweite Lesung "ausnahmsweise" sogar an demselben Tag wie die erste Lesung stattfinden darf. Welche Schranken bei der Handhabung dieser Ausnahmeregelung zu beachten sind, bedarf hier keiner weiteren Prüfung, nachdem eine zweite Lesung des streitigen Besoldungserlasses zu Unrecht überhaupt nicht stattgefunden hat, weil sie nicht als notwendig erachtet wurde.
Der Einwand in der Vernehmlassung des Landrates, wonach auch die Durchführung einer zweiten Lesung am Ergebnis nichts geändert hätte, ist nicht geeignet, die vorstehenden Überlegungen in Frage zu stellen. Diese für das parlamentarische Rechtsetzungsverfahren geltende formelle Regel muss, ähnlich wie das Gebot der Gehörsgewährung vor Erlass belastender Verfügungen, unabhängig vom mutmasslichen Einfluss auf das Verfahrensergebnis befolgt werden.
3.5 Es fragt sich, welche rechtlichen Folgen die Missachtung der Regel von Art. 86 Abs. 2
SR 131.217 Verfassung des Kantons Glarus, vom 1. Mai 1988 KV/GL Art. 86 - 1 Der Landrat regelt durch Verordnung seine Organisation, seine Sitzungen, das Verhandlungsverfahren, die Wahl und Organisation der Kommissionen sowie die Rechte und Pflichten der Landratsmitglieder.62 |
|
1 | Der Landrat regelt durch Verordnung seine Organisation, seine Sitzungen, das Verhandlungsverfahren, die Wahl und Organisation der Kommissionen sowie die Rechte und Pflichten der Landratsmitglieder.62 |
2 | Verfassungsänderungen, Gesetze und Verordnungen unterliegen einer zweiten Lesung. |
3 | Die Landräte verhandeln und stimmen ohne Instruktion. |
3.6 Indem sich der Landrat bei der Beschlussfassung über die streitige Besoldungsrevision offensichtlich über Art. 86 Abs. 2
SR 131.217 Verfassung des Kantons Glarus, vom 1. Mai 1988 KV/GL Art. 86 - 1 Der Landrat regelt durch Verordnung seine Organisation, seine Sitzungen, das Verhandlungsverfahren, die Wahl und Organisation der Kommissionen sowie die Rechte und Pflichten der Landratsmitglieder.62 |
|
1 | Der Landrat regelt durch Verordnung seine Organisation, seine Sitzungen, das Verhandlungsverfahren, die Wahl und Organisation der Kommissionen sowie die Rechte und Pflichten der Landratsmitglieder.62 |
2 | Verfassungsänderungen, Gesetze und Verordnungen unterliegen einer zweiten Lesung. |
3 | Die Landräte verhandeln und stimmen ohne Instruktion. |
4.
Da es sich um vermögensrechtliche Interessen handelt, sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens dem Kanton Glarus aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1
SR 131.217 Verfassung des Kantons Glarus, vom 1. Mai 1988 KV/GL Art. 86 - 1 Der Landrat regelt durch Verordnung seine Organisation, seine Sitzungen, das Verhandlungsverfahren, die Wahl und Organisation der Kommissionen sowie die Rechte und Pflichten der Landratsmitglieder.62 |
|
1 | Der Landrat regelt durch Verordnung seine Organisation, seine Sitzungen, das Verhandlungsverfahren, die Wahl und Organisation der Kommissionen sowie die Rechte und Pflichten der Landratsmitglieder.62 |
2 | Verfassungsänderungen, Gesetze und Verordnungen unterliegen einer zweiten Lesung. |
3 | Die Landräte verhandeln und stimmen ohne Instruktion. |
SR 131.217 Verfassung des Kantons Glarus, vom 1. Mai 1988 KV/GL Art. 86 - 1 Der Landrat regelt durch Verordnung seine Organisation, seine Sitzungen, das Verhandlungsverfahren, die Wahl und Organisation der Kommissionen sowie die Rechte und Pflichten der Landratsmitglieder.62 |
|
1 | Der Landrat regelt durch Verordnung seine Organisation, seine Sitzungen, das Verhandlungsverfahren, die Wahl und Organisation der Kommissionen sowie die Rechte und Pflichten der Landratsmitglieder.62 |
2 | Verfassungsänderungen, Gesetze und Verordnungen unterliegen einer zweiten Lesung. |
3 | Die Landräte verhandeln und stimmen ohne Instruktion. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen und Ziff. I/Art. 1 Abs. 1 und 2 sowie Ziff. II (soweit Ziff. I/Art. 1 Abs. 1 und 2 betreffend) des Beschlusses des Landrates des Kantons Glarus vom 23. November 2005 betreffend die Änderung des Beschlusses über die Besoldungen der Behördenmitglieder werden aufgehoben.
2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem Kanton Glarus auferlegt.
3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern und dem Landrat des Kantons Glarus schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 23. Januar 2007
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: