U 244/98 Hm
I. Kammer
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Schön, Spira, Rüedi und nebenamtlicher Richter Walser; Gerichtsschreiberin Helfenstein
Urteil vom 22. August 2000
in Sachen
H.________, 1947, Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Markus Schmid, Steinenschanze 6, Basel,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Luzern, Beschwerdegegnerin,
und
Obergericht des Kantons Schaffhausen, Schaffhausen
A.- H.________, geboren 1947, arbeitet seit 1962 als angelernter Dachdecker und bezieht wegen der Folgen einer Arthrose des rechten Ellbogengelenks und eines leichten Ulnaris-Irritationssyndroms rechts seit dem 1. Oktober 1981 eine Rente der Invalidenversicherung unterschiedlicher Höhe, seit August 1986 eine halbe Rente, wobei das Eidgenössische Versicherungsgericht mit Urteil vom 21. Februar 1996 (I 283/95) im Rahmen der Prüfung einer Revisionsverfügung festgestellt hatte, dass H.________ auch nach dem 31. August 1994 Anspruch auf eine halbe Invalidenrente habe.
Am 6. Juni 1995 rutschte H.________ bei Dachreparaturarbeiten auf dem Gerüst aus, wobei er sich Verletzungen am linken Knie zuzog (Kniedistorsion mit Kreuzbandläsion und Knorpelschaden). Wegen dieses Unfalls und eines Rückfalls am 13. Februar 1996 bestand in der Folge eine Arbeitsunfähigkeit unterschiedlichen Ausmasses. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), bei welcher H.________ für Unfälle versichert war, erbrachte entsprechende Taggeldleistungen.
Mit Verfügung vom 28. April 1997 erstellte die SUVA eine Zwischentaggeldabrechnung für den Zeitraum vom 6. Juni 1995 bis 28. Februar 1997. Sie stellte dabei dem Gesamtanspruch auf Sozialversicherungsleistungen für den Zeitraum vom 6. Juni bis 7. Dezember 1995 und 22. März 1996 bis 28. Februar 1997 (bestehend aus den ausgerichteten UV-Taggeldleistungen von Fr. 62'669.-- und einer halben Invalidenrente von insgesamt Fr. 23'571.--) einen mutmasslichen Verdienstausfall von Fr. 70'094.90 (Fr. 102'208.10 abzüglich Eigenverdienst von Fr. 23'113.20) gegenüber und hielt fest, dass damit der Überschuss Fr. 7'145.40 betrage. Um diesen Betrag reduziere sich auf Grund von Art. 40

Eine gegen diese Verfügung erhobene Einsprache wurde von der SUVA mit Entscheid vom 28. Juli 1997 abgewiesen.
B.- Hiegegen liess H.________ Beschwerde an das Obergericht des Kantons Schaffhausen erheben mit dem Antrag, der Einspracheentscheid der SUVA sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass für die Zeit vom 6. Juni 1995 bis zum 7. Dezember 1995 und vom 22. März 1996 bis zum 28. Februar 1997 keine Überversicherung bestehe. Demgemäss sei die SUVA anzuweisen, dem Beschwerdeführer den Betrag von Fr. 7'145.40 entsprechend der festgestellten Überversicherung zu bezahlen. Mit Entscheid vom 10. Juli 1998 wies das Obergericht des Kantons Schaffhausen die Beschwerde ab.
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt H.________ die vorinstanzlich gestellten Rechtsbegehren erneuern.
Die SUVA schiesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während sich das Bundesamt für Sozialversicherung nicht vernehmen lässt.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.- a) Im Beschwerdeverfahren um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen ist die Überprüfungsbefugnis des Eidgenössischen Versicherungsgerichts nicht auf die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens beschränkt, sondern sie erstreckt sich auch auf die Angemessenheit der angefochtenen Verfügung; das Gericht ist dabei nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden und kann über die Begehren der Parteien zu deren Gunsten oder Ungunsten hinausgehen (Art. 132

b) Vorbehältlich besonderer Koordinationsregeln werden gemäss Art. 40


SR 832.202 Ordonnance du 20 décembre 1982 sur l'assurance-accidents (OLAA) OLAA Art. 51 Concours avec les prestations d'autres assurances sociales - 1 L'assuré ou ses survivants doivent indiquer à l'assureur tenu de fournir une prestation toutes les prestations en espèces versées par d'autres assurances sociales suisses ou étrangères. |
Die Vorschrift von Art. 40



SR 832.202 Ordonnance du 20 décembre 1982 sur l'assurance-accidents (OLAA) OLAA Art. 51 Concours avec les prestations d'autres assurances sociales - 1 L'assuré ou ses survivants doivent indiquer à l'assureur tenu de fournir une prestation toutes les prestations en espèces versées par d'autres assurances sociales suisses ou étrangères. |

SR 832.20 Loi fédérale du 20 mars 1981 sur l'assurance-accidents (LAA) LAA Art. 20 Montant - 1 La rente d'invalidité s'élève à 80 % du gain assuré, en cas d'invalidité totale; si l'invalidité n'est que partielle, la rente est diminuée en conséquence. |
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a | pour un taux d'invalidité de 40 % ou plus: de 2 points de pourcentage, mais de 40 % au plus; |
b | pour un taux d'invalidité inférieur à 40 %: de 1 point de pourcentage, mais de 20 % au plus.59 |

SR 832.20 Loi fédérale du 20 mars 1981 sur l'assurance-accidents (LAA) LAA Art. 31 Montant des rentes - 1 Les rentes de survivants se montent, en pour-cent du gain assuré: |

2.- Die von der SUVA erstellte Teilabrechnung für die Zeit vom 6. Juni 1995 bis 28. Februar 1997 ist in masslicher Hinsicht nicht bestritten, soweit es um die Höhe des Taggeldanspruches, die Höhe der ausgerichteten Renten der Invalidenversicherung, die Höhe des Erwerbseinkommens ohne Unfall und das nach dem Unfall effektiv erzielte Einkommen geht. Streitig ist indessen die von der SUVA vorgenommene Überversicherungsberechnung.
3.- a) Die Vorinstanz stellt sich im Wesentlichen unter Berufung auf Maurer, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, 1985, S. 539 bei Anmerkung 1401, sowie Wipf, Koordinationsrechtliche Fragen des UVG in SZS 1994, S. 13 und 15, auf den Standpunkt, die Rentenleistungen der Invalidenversicherung seien anzurechnen, auch wenn diese nicht aus dem Versicherungsfall entstanden seien, für den der Unfallversicherer zu leisten habe. Demgegenüber macht der Beschwerdeführer geltend, die bereits vor dem Unfall geflossenen Invalidenrenten seien im Rahmen der von der SUVA angestellten Überversicherungsberechnung nicht zu berücksichtigen, weil diese Renten nicht auf Grund des bei der SUVA versicherten Unfall-Ereignisses ausgerichtet würden. Im Bereich von Art. 40

b) Während das Eidgenössische Versicherungsgericht in BGE 115 V 281 Erw. 3a noch offengelassen hatte, ob eine Identität des Schadenereignisses unter dem Gesichtspunkt des Art. 40


SR 832.202 Ordonnance du 20 décembre 1982 sur l'assurance-accidents (OLAA) OLAA Art. 51 Concours avec les prestations d'autres assurances sociales - 1 L'assuré ou ses survivants doivent indiquer à l'assureur tenu de fournir une prestation toutes les prestations en espèces versées par d'autres assurances sociales suisses ou étrangères. |

Verbots der Überversicherung zur Ermittlung des massgebenden Verdienstes von der vollen Erwerbsfähigkeit auszugehen sei. Wenn ein Rentner der Invalidenversicherung, dessen Lohn wegen seiner stark eingeschränkten Erwerbsfähigkeit niedriger sei, verunfalle, werde das Taggeld der Unfallversicherung nicht wegen der zugesprochenen Invalidenrente gekürzt; der Verunfallte erhalte schon auf Grund seiner (nur) teilweisen Erwerbsfähigkeit ein niedrigeres Taggeld, das zusammen mit der Invalidenrente den Lohn eines Vollzeitbeschäftigten nicht erreiche.
Es besteht kein Anlass, diese Praxis einer weiteren Überprüfung zu unterziehen.
4.- Im vorliegend zu beurteilenden Fall ergibt sich jedoch eine Besonderheit, auf die das Eidgenössische Versicherungsgericht bereits im Urteil vom 21. Februar 1996 (I 283/95) hingewiesen hat.
a) Der Beschwerdeführer arbeitet seit 1962 als angelernter Dachdecker im elterlichen Betrieb. Nach dem Tod seiner Mutter im Jahr 1990 wurde er dessen angestellter Mitinhaber. Obwohl er nicht eigentlich an der Unternehmungsleitung teilnahm, sondern die gleiche bisherige Tätigkeit ausübte, wurde sein Lohn von rund Fr. 30'000.-- auf über Fr. 60'000.-- angehoben (vgl. das erwähnte Urteil, Erw. 5a). Wie sich dem am 21. Januar 1997 erstellten Rapport der SUVA entnehmen lässt, ging die damalige Firma im Jahr 1994 in Konkurs. Darauf übernahmen die Neffen des Beschwerdeführers die Firma und gründeten diese offenbar neu. Der Neffe des Beschwerdeführers hat dabei bestätigt, dass diesem stets ein voller branchenüblicher Lohn ausbezahlt worden sei, obwohl der Beschwerdeführer wegen der Ellbogenbeschwerden und der späteren Kniebeschwerden nicht mehr die volle Leistung erbracht habe. Weil der Beschwerdeführer aber sein Taufpate und Onkel gewesen sei, habe man das nicht so kleinlich betrachtet. Es steht weiter fest und ist unbestritten, dass auf dem Lohn, der 1996 Fr. 68'900.-- betragen hat, auch mit der SUVA abgerechnet wurde und deren Taggeldleistungen darauf basieren.
b) Geht man von diesen nicht bestrittenen Tatsachen aus, ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer trotz einer gesundheitlichen Einschränkung nach 1990 einen Lohn bezogen hat, den er auch ohne irgend ein schädigendes Ereignis erzielt hätte. Die Beschränkung der Erwerbsfähigkeit durch den früher erlittenen Unfall führte also in diesem Zeitraum zu keiner Reduktion des Lohns. Daneben bezog der Beschwerdeführer eine halbe Invalidenrente, womit seine Gesamtbezüge höher ausfielen als der Verdienst, den er bei voller Erwerbsfähigkeit als angelernter Dachdecker hätte erzielen können.
Anders als im Urteil RKUV 1999 Nr. U 325 S. 102 kann deshalb vorliegend nicht gesagt werden, das Taggeld der Unfallversicherung werde nicht wegen der zugesprochenen Invalidenrente gekürzt, weil der Verunfallte schon auf Grund seiner teilweisen Erwerbsunfähigkeit ein niedrigeres Taggeld erhalte, das zusammen mit der Invalidenrente den Lohn eines Vollbeschäftigten nicht erreiche. Vielmehr war hier der Lohn trotz eingeschränkter Erwerbsfähigkeit nicht herabgesetzt, weshalb auch das Taggeld auf der Basis eines Lohnes bei Vollbeschäftigung ausgerichtet wurde. Dies führt zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer bei voller Anrechnung der Invalidenrente und der damit verbundenen Kürzung des Taggeldes tatsächlich weniger Einkünfte erzielt als vor dem Unfall, als er neben dem Lohn eines voll erwerbsfähigen und vollbeschäftigten Arbeitnehmers zusätzlich auch die Teilrente der Invalidenversicherung bezogen hat.
c) Gleichwohl ist auch bei einer solchen Konstellation die Invalidenrente aus einem früheren Schadenereignis anzurechnen. Art. 40


SR 832.202 Ordonnance du 20 décembre 1982 sur l'assurance-accidents (OLAA) OLAA Art. 51 Concours avec les prestations d'autres assurances sociales - 1 L'assuré ou ses survivants doivent indiquer à l'assureur tenu de fournir une prestation toutes les prestations en espèces versées par d'autres assurances sociales suisses ou étrangères. |
mithin nicht an, dass ein Versicherter weiterhin davon profitieren kann, dass ihm der Arbeitgeber auf Grund besonderer Konstellationen trotz einer beschränkten Erwerbsfähigkeit und trotz dem Bezug einer Invalidenrente weiterhin den vollen Lohn bezahlt mit der Folge, dass letztlich mit Leistungen der verschiedenen Träger der Sozialversicherung Soziallohnkomponenten finanziert würden, die es dem Versicherten erlauben, ein höheres Einkommen zu erzielen als dasjenige, das er als voll Erwerbstätiger gesunder Arbeitnehmer überhaupt erreichen könnte.
Es kann deshalb dem Beschwerdeführer nicht gefolgt werden, wenn er die Auffassung vertritt, im Bereich von Art. 40

d) Ein solches Ergebnis ist nicht stossend, und insbesondere ist auch nicht zutreffend, dass damit das Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichtes vom 21. Februar 1996 in Frage gestellt oder unterlaufen würde. In diesem Urteil ging es um eine ganz andere Frage, nämlich diejenige der Bestimmung des Invaliditätsgrades. Hier spielen Soziallohnkomponenten rechtlich eine andere Rolle als bei der Bestimmung der Überversicherung gemäss Art. 40


Schliesslich kann eine Korrektur entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch nicht in der Weise erfolgen, dass der mutmasslich entgangene Verdienst einfach verdoppelt wird. Der mutmasslich entgangene Verdienst ist zwar in solchen Fällen ein hypothetischer Begriff, knüpft aber an reale Erwerbsmöglichkeiten der versicherten Person an, die bei voller Erwerbsfähigkeit offenstehen würden. Es würde dem System von Art. 40


SR 832.202 Ordonnance du 20 décembre 1982 sur l'assurance-accidents (OLAA) OLAA Art. 51 Concours avec les prestations d'autres assurances sociales - 1 L'assuré ou ses survivants doivent indiquer à l'assureur tenu de fournir une prestation toutes les prestations en espèces versées par d'autres assurances sociales suisses ou étrangères. |
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des
Kantons Schaffhausen und dem Bundesamt für Sozialver-
sicherung zugestellt.
Luzern, 22. August 2000
Im Namen des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der I. Kammer:
Die Gerichtsschreiberin: